Hauptdiagnose LE oder TVT

  • Hallo liebes Forum,

    hiermit möchte ich wieder einmal eine Frage an das Forum stellen.
    Auslöser ist eine verbale Auseinandersetzung mit einen lieben Kollegen. :roll:
    Folgender Fall.
    Ein Patient wird mit starker Dyspnoe und thorakalen Schmerzen stationär aufgenommen. Nach Diagnostik steht die gesicherte Diagnose \"Lungenembolie\"! :a_augenruppel:
    Nach weiterer Diagnostik wird weiterhin eine tiefe Beinvenenthrombose gesichert. :uhr:
    Jetzt stellt sich uns die Frage nach der Hauptdiagnose.
    Mein Kollege ist der Meinung, dass die TVT die Ursache der LE sei und deshalb als HD kodiert werden muß. :erschreck:
    Ich meine, dass der Patient mit Dyspnoe und thorakalen Schmerzen aufgenommen wurde (Aufnahmegrund) - Symptome der LE -. :d_niemals:
    Wenn als weiterer Aufnahmegrund Schmerzen in den Beinen beschrieben wäre, hätte ich auch unter Umständen die TVT als HD gewählt. :p

    Ich freue mich auf Eure Meinungen.

    Danke im Voraus.


    Mit freundlichen Grüßen :sonne:


    ochpowi

  • Guten Morgen!
    Ich gebe Ihnen recht.Der Grund des Patienten ins Krankenhaus zu gehen waren die Brustschmerzen.Vermutlich hätte er die Thrombose garnicht oder erst später bemerkt.
    Viele Grüße

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von ochpowi:
    Wenn als weiterer Aufnahmegrund Schmerzen in den Beinen beschrieben wäre, hätte ich auch unter Umständen die TVT als HD gewählt

    Guten Morgen,

    warum?
    Es läge dann immer noch neben der Lungenembolie die Thrombose vor, geändert hat sich dadurch nichts. Hier muss man dann die HD-Regel anwenden. Hauptsächlich hat dann immer noch die Lungenembolie den stationären Aufenthalt begründet. Anders verhält es sich nur dann, wenn der Patient mit einer Thrombose aufgenommen wird und die Embolie erst später auftritt.
    Anderes Beispiel: Wenn ein Patient eine lokale Infektion-X hat und ich nehme ihn mit dem Bild einer Sepsis auf, werde ich auch die Sepsis als HD nennen und nicht die lokale Infektion.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Hallo liebe Mitstreiter,

    danke für die schnelle Beantwortung.
    Werde gleich meinen Kollegen das Ergebnis mitteilen.
    Der war bis dato der Meinung, dass die LE als Symptom der TVT zu werten ist. :i_baeh:

    Gruß

    ochpowi

  • Hallo liebes Forum,

    mir erscheint es zumindest zweifelhaft, ob tatsächlich die Lungenembolie HD ist.
    Wenn tatsächlich eine TVT nachgewiesen wurde, wird für mich die D002d Zuweisung der zugrunde liegenden Krankheit als Hauptdiagnose relevant.

    Mir ist bewusst, dass die Definition Symptom in den DKR ungeschickt ist und sollte meines Erachtens eigentlich nicht für relevante Erkrankungen benutzt werden. Allerdings sehen das die DKR anders. Hier wird auch ein Krampfanfall als Symptom qualifiziert (Beispiel 4 und 5 zu der DKR D002d).

    Insofern wäre für mich beim aktuellen Fall die TVT als kausal verursachende Erkrankung die HD und die Lungenembolie ND.

    Kann das widerlegt werden ?

    Vielen Dank für zahlreiche Antworten

    Sonnige Grüße aus München
    valdobbiadene

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von valdobbiadene:
    Kann das widerlegt werden ?

    Guten Tag valdobbiadene,

    ja, es kann.

    Die Lungenembolie ist definitiv kein Symptom einer Thrombose. Hier kann man von \"Folge\" sprechen. Die DKR erwähnen auch \"verwandt\".
    Die Embolie und Thrombose sind zwei eigenständige Erkrankungen und wenn sie bei Aufnahme vorliegen, ist prinzipiell nach der D002d zu kodieren: Was ist hauptsächlich verantwortlich für die Veranlassung....? Das ist hier wohl dann die Embolie, also HD.

    Wäre von beiden Diagnosen die Definition gleichberechtigt getroffen, müsste man folgendes berücksichtigen:

    Zwei oder mehr Diagnosen, die gleichermaßen der Definition der
    Hauptdiagnose entsprechen
    Wenn zwei oder mehrere Diagnosen in Bezug zu Aufnahme, Untersuchungsbefunden und/oder der durchgeführten Therapie gleichermaßen die Kriterien für die Hauptdiagnose erfüllen und ICD-10-Verzeichnisse und Kodierrichtlinien keine Verschlüsselungsanweisungen geben, muss vom behandelnden Arzt entschieden werden, welche Diagnose am besten der Hauptdiagnose-Definition entspricht. Nur in diesem Fall ist vom behandelnden Arzt diejenige auszuwählen, die für Untersuchung und/oder Behandlung die meisten Ressourcen verbraucht hat. Hierbei ist es unerheblich, ob die Krankheiten verwandt sind oder nicht.

    In 2004 wurde der letzte Satz (neu in 2005) durch folgende Passage erklärt :

    Zwei oder mehr verwandte Krankheiten, die jeweils unabhängig voneinander der Definition der Hauptdiagnose entsprechen können
    Sofern zwei oder mehr verwandte Krankheiten (z.B. Krankheiten im selben ICD-10-GMKapitel oder Manifestationen, die typischerweise mit einer bestimmten Krankheit gemeinsam auftreten) potenziell der Definition der Hauptdiagnose entsprechen, muss vom behandelnden Arzt entschieden werden, welche Diagnose am besten der Hauptdiagnose-Definition entspricht.

    Denken Sie auch an das von mir oben genannte Beispiel. \"Anderes Beispiel: Wenn ein Patient eine lokale Infektion-X hat und ich nehme ihn mit dem Bild einer Sepsis auf, werde ich auch die Sepsis als HD nennen und nicht die lokale Infektion.\"

    Ich darf Ihnen versichern, das hier die Embolie zweifelsfrei als HD genannt werden würde (wenn sie hauptsächlich die Veranlassung...).
    Ein Anfrage beim InEK bezüglich dieses Themas hatte dies auch schon vor längerer Zeit bestätigt.

  • Hallo Herr Selter,

    ich halte auch die HD Embolie für korrekt, da bei Aufnahme die thorakalen Schmerzen im Vordergrund standen.

    Dennoch müsste man unter Berücksichtigung der Kodierrichtlinien - angenommen, die LE wäre unstrittig ein Symptom - die TVT als Hauptdiagnose kodieren.

    Entscheidend für mich ist also die Frage, wo man die Grenze zwischen Symptom und eigenständiger Erkrankung ziehen kann und soll.

    Wenn ein Patient mit ventr. HRST aufgenommen wird und es zeigt sich eine schwere Aortenstenose, würden Sie dann die Rhythmusstörung als Symptom oder als eigenständige Erkrankung sehen ?

    Analog Ihrer Argumentation der Lungenembolie als \"Folge\" der TVT gilt für mich gleiches auch bei Aszites und Leberzirrhose (vgl. Beispiel 6 der DKR zu D002d). Aszites ist für mich auch mögliche Folge der Leberzirrhose. Die Kodierrichtlinien sehen aber hier nicht eine \"Folge\" der Leberzirrhose und damit eine eigenständige Erkrankung, sondern klassifizieren Aszites als Symptom und nicht als eigenständige Erkrankung.


    Mit freundlichem Gruß
    valdobbiadene

    • Offizieller Beitrag

    Hallo v.,

    wir können viele Beispiele finden, wo etwas durch etwas anderes bedingt ist. Ich hatte Ihnen z.B. auch das Beispiel der Sepsis genannt. Nach Ihrer Argumentation müsste man dann den (wenn gefunden) Herd als Infektion zur HD machen. Zum anderen habe ich Ihnen die DKR der \"verwandten\" Krankheiten bei mehreren Diagnosen, die gleich berechtigt die HD-Definition erfüllen, aufgezeigt.

    Warum die LE hier kein Symptom ist, würde ich zuerst mal medizinisch erklären. Wenn man in der Literatur unter Thrombose nachschaut, findet man nirgends den Hinweis, dass als \"Symptom\" die LE auftritt. Man findet aber selbstverständlich den Hinweis, dass eine LE hieraus resultieren kann (\"Folge\" ist nicht gleich \"Symptom\").
    Ich habe aber größtes Verständnis für Ihre Argumentation, weil ich selber schon mal diese beim InEK vorgebracht habe. Nämlich die, dass in solchen Fällen kodiertechnisch wie unter \"Symptome\" in den DKR kodiert werden sollte. Dieser Argumentation wurde sich aber dort nicht angeschlossen, da die Kausalkette nicht bestätigt werden kann. Die Kausalkette war aber offensichtlich, genauso wie bei der Thrombose --> LE:

    Frage
    \"Ein Patient wird mit Oberschenkelthrombose aufgenommen (keine typischen Risikofaktoren liegen vor), es erfolgt eine Thrombektomie. Im Verlauf zeigt sich bei der weiteren Diagnostik ein Kolon-CA, es erfolgt während des gleichen Aufenthaltes eine Hemikolektomie. Nach Analyse der Befunde wurde die Thrombose im Sinne eines paraneoplastischen Syndroms gewertet.

    Ist es hier statthaft, das CA als HD zu nennen und die Thrombose als ND.
    Hierfür würde die DKR D002C sprechen:
    Zuweisung der zugrundeliegenden Krankheit als Hauptdiagnose
    Wenn sich ein Patient mit einem Symptom vorstellt und während des
    Krankenhausaufenthaltes die zugrundeliegende Krankheit diagnostiziert wird, so ist die zugrundeliegende Krankheit als Hauptdiagnose zu kodieren und das Symptom wird nicht kodiert. Dies betrifft Symptome, die im Regelfall als eindeutige und unmittelbare Folge mit der zugrundeliegenden Krankheit vergesellschaftet sind (siehe Beispiel 2)..... Stellt ein Symptom jedoch ein eigenständiges, wichtiges Problem für die medizinische Betreuung dar, so wird es als Nebendiagnose kodiert (siehe Beispiel 3 und Einleitung zu Kapitel XVIII der ICD-10-GM).

    Ist die Thrombose korrekterweise im Sinne dieser DKR als Symptom zu werten?\"

    Antwort
    \"...in den Deutschen Kodierrichtlinien 2004 ist die Hauptdiagnose \"... Die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich ist...\"

    Aufgrund Ihrer Schilderung des Sachverhaltes wurde der Patient wegen einer Thrombose aufgenommen (...). Demnach ist die Thrombose als Hauptdiagnose anzusehen.\"

    Nachfrage
    \"...Sie schreiben:

    \"Aufgrund Ihrer Schilderung des Sachverhaltes wurde der Patient wegen einer Thrombose aufgenommen (...). Demnach ist die Thrombose als Hauptdiagnose anzusehen.\" und beziehen sich hier auf die HD-Definition.

    Die DKR gehen hier wie schon beschrieben weiter: Wenn sich ein Patient mit einem Symptom vorstellt und während des Krankenhausaufenthaltes die zugrundeliegende Krankheit diagnostiziert wird, so ist die zugrundeliegende Krankheit als Hauptdiagnose zu kodieren....Stellt ein Symptom ... ein eigenständiges, wichtiges Problem für die medizinische Betreuung dar, so wird es als Nebendiagnose kodiert.

    Warum sollte ... nicht in diesem Sinne kodiert werden? Die Thrombose ist hier als \"Symptom\" zu werten. Sie wäre nicht aufgetreten, wenn nicht das CA (zugrundeliegende Erkrankung) sie verursacht hätte.

    Für eine abschließende Stellungnahme zu diesem Punkt wäre ich dankbar.\"

    Letzte Antwort:
    ...sofern Sie in dem geschilderten Fall die Thrombose als \"Symptom\" bewerten, entspricht ihre Kodierung den Kodierrichtlinien. Aus den vorliegenden Fakten können wir allerdings nicht diese Bewertung der Kausalkette des medizinischen Sachverhaltes bestätigen.

    Jetzt kann man natürlich sagen: Wenn die Kausalkette stimmt, wird alles zum \"Symptom\". Das kann so einfach aber nicht klappen, vor allem nicht mit der Begründung „Wenn Sie es so werten, dann ist es gut“.

    Zum anderen hatte ich auch die Antwort auf die Frage, ob bei LE und OS-Thrombose, die LE als Symptom der Thrombose zu werten sei und deswegen die Kodierung der HD = Thrombose sein muss (zugrundeliegende Erkrankung), ein klares – Nein - bekommen.

  • Hallo Valdobbiadene,

    R18 Aszites ist unter dem :icd: Kapitel XVIII Symptome zu finden, deshalb auch das :dkr: Beispiel...

    Bei den HRST bei der Aortenstenose würde ich je nach :dkr: D002d \"zwei oder mehr Diagnosn, die der HD-Definition entsprechen\" entscheiden.

    PS: falls ich den Namen nicht ganz richtig geschrieben habe, sorry, aber bei Ihrem Nick fängt man ja schon unterm Schreiben das Schwitzen an :biggrin:


    Einen schönen Abend noch, auch heute wieder ab in den Biergarten :i_bier:

    Gruß aus Bayern

    Andrea-FS1 :d_v: