MDK-Anfrage zu Abrechnung 02/2004

  • Liebe Teilnehmer,
    unser Haus hat keine Information darüber, wie lange rückwirkend ein Fall geprüft werden darf. Von uns wird eine Epikrise vom Februar 2004 angefordert. Von einer zeitnahen Prüfung kann ja da keine Rede sein. Wie sollen wir uns verhalten?
    Für eine Empfehlung wäre ich sehr dankbar.

    Labi

  • Guten Tag Frau Labi,

    der Ausdruck \"zeitnahe Prüfung\" ist in der Tat ein sehr dehnbarer Begriff und wurde auch hier (auch heute) im Forum vermehrt diskutiert. Evtl. finden Sie dort eine Anregung und/ oder Antwort auf Ihre Frage.

    Ich wünschte, ich könnte Ihnen die Frage direkt beantworten – soll heißen einen genauen Zeitraum nennen. 8)

    MfG

  • Danke für den Tipp, Herr Scholze, zumindest bin ich zu der Erkenntnis gekommen, dass mir hier wahrscheinlich niemand so richtig helfen kann.

    Labi

  • Hallo Labi,

    ich würde gegenüber der KK, da man hier wohl kaum noch von einer zeitnahen Prüfung sprechen kann, bezüglich des Rechtes der KK auf Prüfung der Krankenhausbehandlung den Einwand der Verwirkung (von der Rechtsprechung aus dem Grundsatz von Treu und Glauben - § 242 BGB - entwickelt) erheben, da die KK ihr Recht ohne nachvollziehbaren Grund über längere Zeit nicht ausgeübt hat und das Krankenhaus damit darauf vertrauen durfte, dass das Recht nicht mehr ausgeübt würde.

    Mit freundlichen Grüßen

    Mährmann

  • Guten Tag Fr. Labi

    Wir verweisen in ähnlich gelagerten Fällen auf ein Urteil des BSG Az: B3 KR 11/01 R vom 13.12.2001

    Dort heißt es: „Die Einleitung des Verfahrens .......ist deshalb spätestens dann notwendig, wenn die KK nach Vorlage der Rechnung und dem Fälligwerden der geforderten Vergütung (§ 12 Abs 4 KBV: 14 Kalendertage nach Rechnungseingang) Zweifel an der Behandlungs- notwendigkeit hat.
    Unterlässt sie dies, so ist sie nach Treu und Glauben mit solchen Einwendungen endgültig ausgeschlossen, die bis dahin geltend gemacht werden konnten.“
    Zur Begründung wird weiter ausgeführt: „Die Überprüfung kann aber nur dann durchgeführt werden, solange sich der andere Vertragspartner darauf einstellen kann und muss. Es soll nicht ein Gutachter nachträglich allein auf schriftliche Dokumentationen angewiesen sein, sondern vor allem die anschauliche Beurteilung des laufenden Falles oder die frische Erinnerung des behandelnden Krankenhausarztes im Zusammenwirken mit dem Vertreter des MDK nutzbar sein.“

    Als Resultat verweigern wir hier Rechnungsprüfungen, die länger als acht Wochen nach Rechnungsstellung eingeleitet werden. Eine gewisse Kulanz im Miteinander ist meist hilfreich.
    In diesem Sinne sollte man natürlich die doch letztlich faire Zusammenarbeit mit den meisten Kassen nicht aus den Augen verlieren und in Einzelfällen auch eine längere Frist einräumen.

    Die Reaktionen der Kassen auf die o.b Vorgehensweise sind übringens in den meisten Fällen durchaus in unserem Sinne positiv.

    Als Hinweis ist noch anzufügen, daß das entscheidenden Datum die Rechnungsstellung des Hauses und nicht das Entlassdatum sein muß.
    Darüberhinaus gilt das Urteil nicht für private Kassen.

    Gruß

    D. Lindner

    D. Lindner
    Arzt
    Leiter med. Controlling
    St. Marien-Hospital Düren

  • Hallo Labi,

    man muss einfach die KK oder private Versicherung darauf hinweisen, dass sie ihr Recht auf Überprüfung der Krankenhausbehandlung über eine unangemessen langen Zeitraum ohne nachvollziebaren Grund nicht ausgeübt habe und daher das Recht verwirkt sei.

    Daneben kann man zusätzlich auf die an anderer Stelle hier im Forum schon angesprochenen Urteile des SG Speyer (S 7 KR 544/02 und S 7 KR 496/02) und das von Herr Lindner angeführte BSG- Urteil hinweisen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Mährmann

  • wie wär es denn mal mit einem blick in §112 landesvertrag? dort ist im allgemeinen etwas über diese problematik zu finden.

    gilt die treu und glauben geschichte auch umgekehrt??
    dieses BSG urteil ist aber nicht mehr zeitgerecht. im DRG system MUSS alles schriflich dokumentiert sein, es reicht also nicht die \"frische erinnerung\" des behandelnden arztes :d_zwinker:

    mfg

  • Hallo Forum,

    Landesvertrag ist immer gut - jedenfalls dann, wenn es einen gibt, was ja derzeit nicht überall der Fall ist.

    Treu und Glauben ist ein allgemeiner Rechtsgrundsatz - und das zumindst seit dem es das BGB gibt - verabschiedet 1896 - in Kraft seit 1900.

    Da die KÜVe auch in DRG Zeiten weiter gelten und das BSG Bezug auf den KÜV nimmt und außerdem ausdrücklich feststellt, dass allein die Dokumentation in der Akte für eine seriöse Überprüfung nicht ausreichend ist ( \"Es soll nicht ein Gutachter nachträglich allein auf schriftliche Dokumentationen angewiesen sein, sondern vor allem die anschauliche Beurteilung des laufenden Falles oder die frische Erinnerung des behandelnden Krankenhausarztes im Zusammenwirken mit dem Vertreter des MDK nutzbar sein. Dies ist der beste Weg, aufgekommene Zweifel möglichst rasch und unbürokratisch auszuräumen.\") gibt es eigentlich keinen Grund, die vom BSG aufgestellten Grundsätze nicht mehr anzuwenden. Aber - und davon bin ich völlig überzeugt - das BSG wird sicher noch reichlich Gelegenheit bekommen sich mit dieser Frage zu beschäftigen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Mährmann

  • Sehr geehrter Gleitzeitökonom

    In Bezug auf die Einschätzung der Zeitgemäßheit des von mir genannten BSG Urteils muß ich widersprechen.
    Richtig ist, daß im DRG-System alles dokumentiert werden sollte. Das war vorher aber auch nicht anders.
    Nicht zeitnah dokumentierte Tatbestände können durchaus im Sinne einer aus der Erinnerung des behandelnden Arztes gemachten späteren Mitteilung dokumentationsfähige Qualität erlangen.
    Dieser Gedanke findet auch im seit letzten Jahr gültigen §17c KHG Wiederhall, in dem als Beweismittel bei Stichprobenerhebungen durchaus auch die Erinnerung und spätere Aussage des behandelnden Arztes explizit genannt wird.
    Im übrigen wird der Grundtenor des zitierten Urteils auch von ( fast )allen Kostenträgern respektiert. Als Resultat sehen wir hier praktisch keine neuangefragten Altfälle mehr.
    Es lohnt sich also diesbezüglich mit den Kassen das, vielleicht sogar kollegiale, Gespräch zu suchen.

    Gruß

    D. Lindner
    Arzt
    Leiter med. Controlling
    St. Marien-Hospital Düren