• Hallo,

    warum landet folgender Fall hartnäckig in der DRG für eine unkomplizierte vaginale Entbindung?
    Was braucht frau denn noch, außer einer Anämie und einer Streptokokkenendometritis?

    HD o48
    ND o85, b95.1, o99.0, z37.0
    Prozedur 9-260

    Oder kann ich da was schlauer kodieren?

    Fragt sich
    Christian Jacobs

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von cjacobs:
    Hallo,

    warum landet folgender Fall hartnäckig in der DRG für eine unkomplizierte vaginale Entbindung?
    Was braucht frau denn noch, außer einer Anämie und einer Streptokokkenendometritis?

    HD o48
    ND o85, b95.1, o99.0, z37.0
    Prozedur 9-260

    Oder kann ich da was schlauer kodieren?


    Lieber Herr Jacobs,
    tolles Beispiel....
    die Nebendiagnosen werden beim "groupen" nicht berücksichtigt.
    Selbst wenn Sie Sepsis als Nebendiagnose kodieren, ändert sich nichts.


    Nur am Rand, hilft Ihnen aber leider auch nicht: mit o72.1 kämen Sie in die C DRG


    Wer weiß die Antwort?


    Ebenso ratlos wie Herr Jacobs


    Eberhard Rembs
    Arzt für Chirurgie

    Bochum

  • Hallo Forum,

    die ganze Geburtshilfe-MDC verwendet nicht die sonst üblichen CCL-Nebendiagnosen, das sieht man z. B. an den DRG-Legenden:

    MDC14 Schwangerschaft, Geburtshilfe und Wochenbet

    DRG DRG_TEXT
    O01A Entbindung durch Kaiserschnitt mit mehreren
    komplizierenden Diagnosen, davon mindestens eine
    schwerwiegende
    O01B Entbindung durch Kaiserschnitt mit
    schwerwiegender komplizierender Diagnose
    O01C Entbindung durch Kaiserschnitt mit mittelschwerer
    komplizierender Diagnose
    O01D Entbindung durch Kaiserschnitt ohne komplizierende
    Diagnosen
    O02Z Vaginale Entbindung, mit komplizierenden operativen
    Eingriffen
    O03Z Extrauterine (ektopische) Schwangerschaft
    O04Z Operative Eingriffe nach Entbindung oder Fehlgeburt
    O40Z Schwangerschaftsabbruch mit Dilatation und
    Kürettage, Aspirationskürettage oder Hysterotomie
    O60A Vaginale Entbindung mit mehreren komplizierenden
    Diagnosen, davon mindestens eine schwerwiegend
    O60B Vaginale Entbindung mit schwerwiegender
    komplizierender Diagnosen
    O60C Vaginale Entbindung mit mittelschwerer
    komplizierender Diagnose
    O60D Vaginale Entbindung ohne komplizierende Diagnosen
    O61Z Nichtoperative Behandlung nach Entbindung oder
    Fehlgeburt
    O62Z Drohende Frühgeburt
    O63Z Schwangerschaftsabbruch ohne Dilatation und
    Kürettage, Aspirationskürettage oder Hysterotomie
    O64Z Vorzeitige Wehen
    O65A Sonstige vorgeburtliche stationäre Aufnahme mit
    schwerwiegender komplizierender Diagnose
    O65B Sonstige vorgeburtliche stationäre Aufnahme mit
    mittelschweren oder ohne komplizierende
    Diagnosen

    Der CCL von 3 aus CC - O85: 2, O99.0: 2 fällt daher unter den Tisch.

    Was genau "schwerwiegende komplizierende Diagnosen" und "mittelschwere komplizierende Diagnosen" sind, geht nur aus den Tabellen des entsprechenden Kapitels im Definitions-Manual hervor. Wer dieses nicht hat, dem hilft evtl. auch LUMRIX weiter.

    Aber bald werden wir ja ein deutsches Handbuch bekommen (Version 0.9, 20.7.02 ? ) :roll:
    --
    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. Bernhard Scholz
    DRG-Beauftragter
    Kliniken des Landkreises Freyung-Grafenau gGmbH

    [center] Bernhard Scholz [/center]

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von Scholz:
    Hallo Forum,

    die ganze Geburtshilfe-MDC verwendet nicht die sonst üblichen CCL-Nebendiagnosen, das sieht man z. B. an den DRG-Legenden:


    Der CCL von 3 aus CC - O85: 2, O99.0: 2 fällt daher unter den Tisch.


    Hallo Dr. Scholz,
    danke für die schnelle Antwort. Kennen Sie die plausible Erklärung, warum der CCL von 3 unter den Tisch fällt?
    Übrigens: Lumrix hilft nicht weiter.
    Also bleibt nur das Definition Manual.


    Schöne Grüße
    Eberhard Rembs
    Arzt für Chirurgie
    Bochum

  • Sorry, der Tip mit Lumrix hilft hier nicht weiter, da dort nur auf die ICD10-HD einer eingegebenen DRG verwiesen wird, z. B.:

    http://simon.informatik.med.uni-giessen.de/drg/O/O60D.xml

    DRG O60D > ICD-Hauptdiagnose
    http://simon.informatik.med.uni-giessen.de/servlet/icddrg…=icd10v2&k=O60D

    Bedeutung Vaginal Delivery W/O Complicating Diagnosis
    Partition Medical
    MDC MDC 14 Pregnancy, childbirth & the puerperium

    Habe leider meine Manuals nicht zur Hand und weiß daher nicht, welche der 10 Tabellen die richtigen sind.
    Ich denke, dass es wichtig ist, die Ursache der Anämie anzugeben, z. B.:

    Code Legende

    O441 Placenta praevia mit Blutung
    O450 Vorzeitige Plazentalösung bei Gerinnungsstörung
    O460 Präpartale Blutung bei Gerinnungsstörung
    O670 Intrapartale Blutung bei Gerinnungsstörung
    O678 Sonstige intrapartale Blutung
    O679 Intrapartale Blutung, nicht näher bezeichnet
    O720 Blutung in der Nachgeburtsperiode
    O721 Sonstige unmittelbar postpartal auftretende Blutung

    andere präpartale und späte postpartale Blutungen scheiden offenbar aus.

    Für die Endometritis habe ich nichts gefunden, auch Infekte des Genitaltraktes sind wohl keine komplizierenden Diagnosen (?). Eventuell kommt in Zusammenhang mit der Endometriose Vorzeitige Entbindung oder Schock in Frage

    Code Legende
    O60 Vorzeitige Entbindung
    O751 Schock während oder nach Wehentätigkeit und Entbindung

    Mal ausprobieren!

    --
    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. Bernhard Scholz
    DRG-Beauftragter
    Kliniken des Landkreises Freyung-Grafenau gGmbH

    [center] Bernhard Scholz [/center]

  • Guten Morgen,

    die naheliegende Antwort "weils so im definition manual steht" oder "weil der Groupingalgorithmus so aussieht" war mir schon klar ...
    Ebenso, dass die Sortierung in A bis D hier nicht über den CCL läuft.

    Wenn aber eine DRG eigene Zuordnungstabellen verwendet, sollten darin nicht auch einigermaßen logisch die typischen erschwerenden Nebendiagnosen für diese Fallgruppe auftauchen? Z.B. bei der B70A finde ich das meiste nachvollziehbar.

    Warum aber das gute alte "Kindbettfieber" keine komplizierende Diagnose (nicht mal eine moderate) für die Geburtshilfe-DRG ist, bleibt mir nach wie vor unklar.
    Sowas hilft immer sehr, wenn man Gynäkologen die Logik des DRG Systems erklären will ...

    Grüße
    Christian Jacobs

  • Hallo,

    dass die Geburtshilfe eine Extrawurst bei den komplizierenden Nebendiagnosen brät ist sachlich sicher richtig.

    Die Diagnose:
    O99.0 Anämie (Geburts/Wochenbett komplizierend) ist sicher sehr häufig, mit dem Kode nicht ausreichend differenziert (Hb 11.0 oder 6.0?, Behandlung Fe oral oder Massentransfusion), in der Behandlung (wenn überhaupt eine erfolgt -> L. Heilmann: Hb - ein geburtshilflicher Risikofaktor?) meist wenig aufwändig.
    Daher halte ich es für angemessen, dass die Anämie nicht schweregradsteigernd ist.

    O85 B95.1! hat ein ähnliches Problem:
    Fieber im Wochenbett (nicht gleichzusetzen mit Sepsis!) ist häufig, oft ätiologisch nicht sicher zu klären (Milchstau/-einschuss; Subinvolutio oder tatsächlich eine puerperale Endomyometritis).
    Auch hier ist die Kodierbarkeit nicht differenziert genug, um einen Schweregrad abzubilden.
    Gerade die Angabe der Streptokokken der Gruppe B macht stutzig: häufig wird bei Nachweis dieser Keime subpartal eine i.-v.-Antibiose durchgeführt. Dies behandelt keine Infektion, und die Behandlung dient auch nicht primär der Mutter. Es ist vielmehr als Prophylaxe für das Kind zu sehen. Diese Situation ist nicht als moderate oder schwere Komplikation einzustufen.

    Fazit:
    Anämie/Fieber im Wochenbett mit B-Streptokokkenbesiedlung haben in der Ausprägung das weite Spektrum von (fast) Normalbefund bis zur schweren, behandlungsintensiven Komplikation. Unsere Kodierungspraxis und Klassifikationssysteme lassen eine ausreichende Differenzierung derzeit nicht zu. Daher kann das Problem durch eine Modifikation des Definitions Manual alleine nicht gelöst werden.


    Schöne Grüße


    István Bechtold

  • Guten Morgen,

    Danke für Ihre Antwort. Nett auch, dass ...

    <bechtold>
    L. Heilmann: Hb - ein geburtshilflicher Risikofaktor?
    </bechtold>

    ..Sie mich an meinen eigenen Chefgynäkologen verweisen :)

    Gruß
    Christian Jacobs

    • Offizieller Beitrag

    Hallo und vielen Dank Dr. Bechtold,

    Extrawürste fordert jede Fachgesellschaft (berechtigt??) für sich ...

    Sie haben mir als "Nicht-Geburtshelfer" verständlich erklärt, daß die
    Geburtshilfe differenziert betrachtet werden muß.

    Zitat


    Original von bechtold:
    Hallo,

    dass die Geburtshilfe eine Extrawurst bei den komplizierenden Nebendiagnosen brät ist sachlich sicher richtig.


    O85 B95.1! hat ein ähnliches Problem:
    Diese Situation ist nicht als moderate oder schwere Komplikation einzustufen.

    István Bechtold


    Somit sind Ihre ausführlichen Hinweise über die häufig fehlende ökonomische Relevanz bei den geschilderten Nebendiagnosen ein zusätzlicher Beweis, daß das aus. DRG-System ein "intelligentes" System ist.


    Schöne Grüsse
    Eberhard Rembs
    Bochum

  • Hallo Herr Bechthold und Herr Rembs!

    Zitat


    Original von bechtold:
    Fazit:
    Anämie/Fieber im Wochenbett mit B-Streptokokkenbesiedlung haben in der Ausprägung das weite Spektrum von (fast) Normalbefund bis zur schweren, behandlungsintensiven Komplikation. Unsere Kodierungspraxis und Klassifikationssysteme lassen eine ausreichende Differenzierung derzeit nicht zu. Daher kann das Problem durch eine Modifikation des Definitions Manual alleine nicht gelöst werden.

    Nicht eine Modifikation ist primär erforderlich, sondern die Veröffentlichung des Handbuches, damit man weiß, wie man kodieren muß und wo evtl. Modifikationen Sinn machen.

    Zur Erläuterung:
    Wenn ich jetzt hier die 808 ICD Einträge aus den 9 Tabellen der Basis-DRG O60 angebe, nach Abzug von Doppeleinträgen verbleiben 510 unterschiedliche ICD, denen man wiederum das Merkmal "schwerwiegende komplizierende Diagnose", "mittelschwere komplizierende Diagnose" oder "keine komplizierende Diagnose" zuweisen könnte, hätten Sie eine gute Grundlage zur Verbesserung der Kodierpraxis. Immerhin können Sie ja im Gegenzug die gut 2800 ICDs der CCL-Diagnosenliste in Ihrem Fachgebiet "lockerer" nehmen.

    Wenn nach dieser Information noch Bedarf besteht, differenziertere ICDs oder Handbuchänderungen zu fordern, kann man dies ja tun.

    Nach wie vor vertrete ich die Auffassung, dass man das Handbuch braucht, um richtig kodieren zu können, erst in zweiter Linie sind Kodierhilfen im Stile der DKR sinnvoll. Wir hätten uns viele Diskussionen erspart, wenn bereits im November 2000 (!), so wie es geplant war, eine Handbuchübersetzung veröffentlicht worden wäre.

    Zur Erinnerung:

    http://dedi694.your-server.de/mydrgj/apboard…ost&postid=2826

    http://dedi694.your-server.de/mydrgj/apboard…ost&postid=3040

    Schaffen wir den Endspurt? :kangoo: :kangoo: :kangoo:

    Zitat


    Original von Rembs:
    Somit sind Ihre ausführlichen Hinweise über die häufig fehlende ökonomische Relevanz bei den geschilderten Nebendiagnosen ein zusätzlicher Beweis, daß das aus. DRG-System ein "intelligentes" System ist.

    Das System ist tatsächlich sehr intelligent, wie hier am Beispiel der Geburtshilfe gezeigt wird, kann sich jede Fachgesellschaft einbringen.

    Auch die Neugeborenen werden z. B. nach ganz eigene Regeln gruppiert.

    Diejenigen, die immer noch schreiben, man könne die klinische Wirklichkeit mit DRGs nicht abbilden, sollten sich zunächst einmal besser über die vielfältigen Möglichkeiten informieren, die so ein Grouperalgorithmus bietet.

    --
    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. Bernhard Scholz
    DRG-Beauftragter
    Kliniken des Landkreises Freyung-Grafenau gGmbH

    [center] Bernhard Scholz [/center]

  • Zitat


    Original von Scholz:

    Schaffen wir den Endspurt? :kangoo: :kangoo: :kangoo:

    Sieht fast danach aus! :kangoo: :kangoo: :kangoo:
    Zwar nicht am 30.11.2000 aber demnächst:
    http://www.g-drg.de/

    Zitat


    News
    Definitionshandbücher
    - German Diagnosis Related Groups, Version 0.9 -
    Ab dem 5.8.2002 werden die Definitionshandbücher Band 1 bis 5 im Downloadbereich zur Verfügung stehen.



    Und es gibt sie doch!
    yelclap.gif

    Letztlich beeindruckt und erleichtert gratuliert dem BMG
    --
    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. Bernhard Scholz
    DRG-Beauftragter
    Kliniken des Landkreises Freyung-Grafenau gGmbH

    [center] Bernhard Scholz [/center]