Somatoforme Schmerzstörung als Hauptdiagnose (F45.4)

  • :( Hallo Forum,

    welche Kodierung ist in folgendem Fall richtig?
    Aufnahme wegen unklarer Bauchschmerzen R10.4. Nach diversen Untersuchungen kommt der Internist zu dem Schluss, dass es sich um eine somatoforme Schmerzstörung handelt F45.4.
    Der MDK erkennt diese Kodierung nicht an, da keine psychiatrisch-neurologische Abklärung erfolgt sei und eine derartige Diagnose nur von einem Facharzt für Psychiatrie/Neurologie gestellt werden könne.
    Sollte man diese Argumentation des MDK akzeptieren?

    Viele Grüsse, Dobby ?(

  • Psychosomatische Krankheitsbilder sind Bestandteil der internistischen Weiterbildung.
    Was hat der MDK denn für eine Alternativ-Diagnose?

    M.Rost

  • Hallo Dobby,
    bei uns werden prinzipiell diese Diagnosen vom MDK abgelehnt. Auch mit mehreren Widersprüchen bin ich da nicht weitergekommen. Eher im Gegenteil. Das es sich hierbei auch um eine sog. \"Ausschlussdiagnose\" handelt, interessiert nicht.

    Gruß Mia

  • Hallo Dobby, hallo Mia,

    möglicherweise hat der MDK mit der Ablehnung ja recht - aber sicher nicht mit dieser Begründung! Weder ICD-10 noch DKR beinhalten eine derartige Regelung - sonst dürfte umgekehrt der Psychiater ja keinen Schnupfen diagnostizieren ;)

    Die Pauschalablehnung der F45er von Nicht-Psychiatern dürfte eher den Grund haben, dass hierbei oft sehr fahrlässig verfahren wird und alles, was man sich gerade nicht anderweitig erklären kann, dann halt wohl somatoform sein muss (die Wahrscheinlichkeit für diese Diagnose scheint übrigens stark anzusteigen, wenn Arzt und Patient nicht miteinander zurechtkommen...)

    Nach dem ICD-Diagnosemanual muss aber mindestens vor Diagnosestellung eine schizophrene, affektive oder hypochondrische Störung ausgeschlossen werden (die ja allesamt auch Schmerzen machen können). Nach den diagnostischen Leitlinien der WHO muss ein emotionaler Konflikt oder ein psychosoziales problem vorliegen, das schwerwiegend genug ist, um als Auslöser plausibel zu sein. Es handelt sich also mitnichten um eine reine Ausschlussdiagnose :d_neinnein: . Wenn einfach nix zu finden ist, dann handelt es sich eben um R.irgendwas.

    Wenn Ihr Internist eine entsprechende Exploration durchgeführt und dokumentiert hat (der Zeitbedarf dafür liegt übrgens deutlich näher an 2 Stunden als an 5 Minuten), wüsste ich nicht, was es an der Diagnose zu meckern gäbe. Aus meiner Erfahrung heraus wage ich aber die Vermutung, dass ein Internist an einem Akutkrankenhaus dies nur in seltenen Fällen tut...

    Widerspruch dürfte sich also nur lohnen, wenn mit den F45ern in Ihrem Haus sorgfältig umgegangen wird. Erfahrungsgemäß ist das in vielen Kliniken aber nicht der Fall, daher bringe ich in diesem Fall sogar dem MDK ein gewissees Verständnis entgegen, der sowas dann halt erstmal pauschal ablehnt (auch wenn die Begründung mit der Fachrichtung sicherlich nicht zieht).Ehrlich gesagt geht es mir etwas gegen den Strich, wie leichtfertig Patienten oft eine Diagnose verpasst wird, die ihnen in der Weiterbehandlung manchmal erhebliche Schwierigkeiten macht - wobei ich natürlich hoffe, dass das bei Ihnen nicht der Fall ist :d_zwinker:

    Sommerheisse Gruesse

    MDK-Opfer (dem trotz Fachrichtung Anästhesie noch nie eine F45 gestrichen wurde :i_baeh: )

  • Hallo,

    die paar Euros für ein psychiatrisches Konsil sind sicher gut investiert, abgesehen davon, dass dem Pat. damit geholfen ist und dass man auch in anderen rechtlichen Zusammenhängen abgesichert ist!

    mfg

    M.Rost

  • Wertes Forum,
    der Meinung der Kollegen möchte ich mich anschließen : Grundsätzlich sollten weittragende Diagnosen von einem Facharzt der entsprechenden Disziplin untermauert werden. Aber davon steht nichts in den DKR - noch nicht. Um auf einer sachlichen Ebene zu bleiben, sollten wir uns einfach an diesen Rahmen halten. \"Gesetze und Verträge\" werden nicht für Friedenszeiten, sondern für den Krieg gemacht. Wenn der MdK eine fachärztliche Diagnosebestätigung fordert, würde ich zunächst hinterfragen, ob der gutachtende Kollege auch Facharzt dieser Disziplin ist. Im Zweifelsfall würde ich von der KK immer eine Begutachtung durch einen entsprechend qualifizierten Facharzt fordern.
    Hessen, sonnig 11 Grad
    Eckardt

  • Hallo Forum,
    sorry, aber damit würde ich gar nicht erst anfangen: Was ist denn eine weittragende, oder eine schwierige Diagnose? Wenn das einreißt, dürfen wir irgendwann für jede Hypokaliämie den Nephrologen und für jeden Schnupfen den HNO-Arzt holen, wenn wir sie anerkannt haben wollen.

    Wenn eine Diagnose korrekt nach den Regeln der Kunst gestellt ist, ist das doch unabhängig von der Frage, welches Facharztzeugnis über dem Schreibtisch hängt. Ich traue mir z.B. durchaus zu, eine somatoforme Srörung zu erkennen, oft zusammen mit Neurologen, Orthopäden, Psychologen - aber ohne Psychiater. Als Anästhesist ist man ja sowieso für alles zuständig :biggrin:
    Bei dem letzten Patienten, den ich von einem Psychiater (Uni, Professor undsoweiter) mit der Diagnose \"somatoforme Schmerzstörung\" zugewiesen bekam (vorgestern), konnte ich übrigens im a.p.-Röntgenbild der LWS kaum noch ein Bandscheibenfach abgrenzen, die Skoliose war auch ohne Bild bestens erkennbar und über den Rest des Achsenskeletts breiten wir mal lieber den Mantel des Schweigens... :erschreck:
    Nix für Ungut, aber irgendwie hänge ich dem romantischen Ideal nach, dass Kenntnisse wichtiger sind als Zeugnisse...

    Schönes Wochenende

    MDK-Opfer

  • Hallo,

    absolut einverstanden. Ich würde als Internist ja auch nicht einfach eine Psychodiagnose in die Welt setzen ohne vorher alles andere abgeklärt zu haben. Sonst wäre manch ein Simulant in seiner Übertreibung schon tot...

    M.Rost