Mitwirkungspflicht der KK bei MDK Gutachten

  • Hallo Forum,

    mir schwirren so einige Bruchstücke zur Mitwirkungspflicht der KK bei Erstellung von MDK Gutachten im Kopf herum. Ich bekomme diese aber nicht mehr zusammen.
    :sterne:


    Wir haben in letzter Zeit vermehrt Schreiben der KK mit Gutachten die über 8Monate alt sind. Dies bedeutet wir hatten vor mind. 9Monaten eine Anfrage des MDK´s mit entsprechenden Unterlagen beantwortet. Der MDK hat sein Gutachten erstellt. Das Gutachten hat dann ca. 7-8 Monate entweder beim MDK oder bei den KK gelegen ohne das Krankenhaus zum Inhalt des Gutachtens zu informieren.
    Wir sind zwischenzeitlich davon ausgegangen das unsere übermittelten Unterlagen unsere Abrechung bestätigten.
    Von daher sind wir doch etwas überrascht jetzt entsprechende Rückforderungen der KK (auf Basis des Gutachtens) zu erhalten.

    Meine Frage:
    Gibt es Argumentationen/ Gerichtsurteile zum Zeitraum der Gutachtenerstellung. Oder entsprechendes zur Mitwirkungspflicht der KK.
    Ich glaube mich erinnern zu können, dass ein Sozialgericht die KK aufgefordert hat auf die schnellstmögliche Gutachtenerstellung seitens des MDK´s einzuwirken.
    Unterlässt sie dies so hat sie sich nicht an den Grundsatz der zeitnahen Überprüfung gehalten.

    Mit welcher Argumentation kann ich den Begehrlichkeiten der KK zu diesen Altfällen (in denen sie offensichtlich den MDK frühzeitig eingeschaltet haben) beikommen?

    Für weiterführende Hinweise bin ich sehr dankbar.

    Gruß
    MiChu

    Gruß

    MiChu ;)
    Sei nicht unglücklich vor der Zeit, denn was dich, als dir drohend, in Angst versetzt, wird vielleicht nie kommen. (Seneca)

  • Guten Morgen ins Forum, hallo MiChu,

    ich denke, Sie müssen zwei mögliche Sachverhalte unterscheiden:

    1) liegt der Begutachtungsauftrag so lange beim MDK bzw. hängt deren Schreibdienst nach Begutachtung so lange mit der Erstellung des schriftlichen Gutachtens hinterher oder

    2) liegt das Gutachten, das der Kasse in Ihrem Fall offenbar ein Einsparpotential bescherte, wirklich mehrere Monate unbearbeitet bei der Kasse?

    Im Fall 1) halte ich die Kasse für unangreifbar. Die von Ihnen zitierte Rechtsprechung kenne ich nur im Zusammenhang mit der EINLEITUNG des Prüfverfahrens (also der Beauftragung des MDK). Aufgrund der Rechtsstellung des MDK ist eine Beschleunigung von Prüfverfahren beim MDK durch die Krankenkasse dieser weder zugedacht noch praktisch umsetzbar. Denn eine solche richterliche Verpflichtung würde schließlich alle Kassen veranlassen, Druck auf den MDK auszuüben, was zur Folge hätte, dass keine Kasse bevorzugt behandelt wird aber im Gegenteil der bürokratische Aufwand bei Kassen und MDK wiederum steigt, was mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen weiteren Zeitverzug für jedes einzelne Prüfverfahren mit sich brächte.

    Eine solche Rechtsprechung wäre nicht nur an der Praxis vorbei, sie wäre m. E. dumm und ohne jede Weitsicht - und schließlich würde sie auch Ihnen nicht die letztlich eingeforderten zeitnahen Gutachten bringen.

    2) In diesem Fall könnte ich Ihren Ärger durchaus verstehen. Allerdings fehlt mir die Grundlage für eine Sanktionierung der Kasse. In den Fällen, in denen der Kasse durch ein MDK-Gutachten eine Ersparnis (Erstattung) in Aussicht gestellt wird, straft sie sich durch monatelange Untätigkeit doch eindeutig selbst.

    Es sei denn, sie hat den Rechnungsbetrag gegen geltendes Recht (höchstrichterliche Rechtsprechung) zurückbehalten. Dann würde ich Ihnen empfehlen, der Kasse Verzugszinsen - zumindest für den unstrittigen Betrag - in Rechnung zu stellen.

    Schwülheiße Grüße aus dem bergischen Land


    ToDo

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Hallo MiChu,

    das passt ja, das Thema hatten wir nämlich in unseren Häusern auch gerade. Es gibt leider noch kein Urteil, in dem steht, dass die Kasse mit ihren Einwendungen gegen die KH-Rechnung ausgeschlossen ist, wenn der MDK sich solange Zeit läßt, obwohl der eigentliche Prüfauftrag der Kasse an den MDK zeitnahe - will nach der aktuellen Rechtsprechung heißen: mangels anderer Regelung im Landesvertrag innerhalb von zwei Wochen nach Rechnungslegung - erfolgt ist.

    Wir haben jetzt einfach mal beim MDK angefragt, man möchte uns bei allen offenen Prüfungen / streitigen Fällen mitteilen, wann der konkrete Auftrag von der Kasse erteilt wurde. In einem aktuellen Fall kam die Kasse nämlich fast 1 1/2 Jahre später, weil wir eine Klage eingereicht haben.

    Hier noch zwei Entscheidungen, die vielleicht weiterhelfen:

    LSG Brandenburg L 4 KR 34/03

    LSG München L 4 KR 295/05

    ( beide auf http://www.sozialgerichtsbarkeit.de abrufbar )

    Man könnte aber wie folgt argumentieren:

    Der MDK wird durch Umlage durch die Kassen finanziert, gehört also juristisch betrachtet zum Organisationsbereich der Kasse. Wenn die Prüfaufträge aber dort so lange schmoren, dass der jeweilige Fall wegen des Zeitablaufs praktisch kaum noch aufklärbar ist ( behandelnder Arzt arbeitet nicht mehr in dem Krankenhaus, Erinnerung lässt nach etc. ), müsste sich doch die Kasse ein Organisationsverschulden zurechnen lassen. Es kann in der Praxis keinen Unterschied machen, ob der Fall im Krankenhaus nur deswegen erst Monate oder Jahre später geprüft wird, weil der MDK vorher nicht tätig geworden ist, oder weil die Kasse es versäumt hat, einen rechtzeitigen Prüfauftrag zu erteilen. Das Ergebnis ist das Gleiche: der Fall ist nur noch nach Aktenlage und aus der Erinnerung der Ärzte zu beurteilen, die Beweislage ist denkbar bescheiden. Die Kasse kann sich m.E. nach Erteilung eines rechtzeitigen Prüfauftrages nicht zurücklehnen und sagen \"it\'s out of our hands\".

    Mal sehen, was das Sozialgericht dazu sagt.

    Viele Grüße

    Attorney

    Rechtsanwältin

  • Hallo Attorney,

    sehr interessanter Beitrag!

    Wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang Korrekturen von Datensätzen nach § 301 mit Erlösrelevanz durch Krankenhäuser, nur weil ein arbeitsüberlasteter Medizincontroller erst drei, vier Monate (und teilweise noch länger) nach Behandlung des Patienten zur Durchsicht der Akte kommt?

    Was ist denn da mit dem Erinnerungsvermögen des behandelnden Arztes?

    Wenn hier ein Dritter, der an der Behandlung nicht direkt beteiligt war, ex post die Kodierung verändern kann und sich dabei auf die Dokumentation berufen darf, muss das jeder andere Dritte (MDK) auch dürfen, oder?

    Die bisherige Rechtsprechung erhebt m. E. recht generell den Anspruch, dass für eine Überprüfung eines Falls bestimmte Fristen nicht überschritten werden sollten. Das muss doch eigentlich immer gelten, ganz gleich, wer die Prüfung veranlasst.

    Oder kann man Recht so beugen, dass in einem solchen Fall die Kasse, die die evtl. Nachberechnung nicht akzeptiert, mit ihren Einwendungen ausgeschlossen ist, weil die Behandlung schon so lange zurück liegt? :d_gutefrage:

    Zum MDK:

    Sicherlich haben Sie nicht ernst gemeint, dass der MDK wegen seiner Finanzierung quasi den Kassen zuzurechnen ist. Wenn doch, helfe ich gern mit den entsprechenden Rechtsgrundlagen... :d_zwinker:

    Gruß,


    ToDo

    Freundliche Grüße


    ToDo

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  • Hallo,

    gibts bei uns auch, so ne alten Fälle. Gutachten kommt nach einem Jahr und später. Meiner Meinung nach muss man das nicht unbedingt mitmachen. Nach Treu und Glauben (BGB §??) könnten die KHs davon ausgehen, dass so ein Fall vom MDK für das KH positiv beschieden wurde und keine Rückforderungen mehr zu erwarten sind. und das gerade, weil die arbeitsüberlasteten Medizincontroller positive Bescheide fast nie mitgeteilt bekommen haben. Da hat man sich nicht die Mühe gemacht, noch extra nen Brief ans KH zu schicken. Wenn die KKs allerdings \"Warteschleifenbriefchen\", so ungefähr mit dem Inhalt \"Bitte haben sie noch ein klein wenig Geduld...\", verschickt hätten, sähe die Sache vieleicht anders aus.

    mfg

    Reeka

  • @ Attorney

    Danke für die Hinweise. Leider stelle ich mich scheinbar zu dumm an. :j_ungewiss:

    Ich bin nicht in der Lage die angesprochenen Gerichtsurteil aufzurufen.
    Was muss ich wo auf der Seite Suche auf Sozialgerichtsbarkeit eingeben um zu den gewünschten Urteilen zu gelangen??
    Habe schon einige Möglichkeiten probiert.
    Immer kommt die Meldung „Kein Datensatz gefunden“.

    Bitte um Hilfe.

    Danke

    Gruß

    MiChu ;)
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  • ToDo

    Ich für meinen Teil halte die Grundaussage „Gleiches Recht für alle“ für richtig.
    Ich fasse alte Fälle solange nicht mehr an bis mich nicht die KK dazu bringt. Entweder durch Anfrage über den MDK oder Ihre Prüfpraxis selbst. Wurde auch schon mehrfach diesbezüglich von KK Seite angezählt warum ich den Fälle im Nachhinein neu abrechnen will wenn sich bei der Prüfung durch den MDK keine Rückforderung seitens der KK herausgestellt hatten.
    Das ich mir den Fall, wenn dieser schon durch die KK nachgefragt wird, erneut anschaue und evtl. Fehlabrechungen (Kodierungen) korrigiere finde ich völlig in Ordnung.

    Es wäre schön wenn für alle Beteiligten ein verbindliches Verfahren existieren würde.
    Gefahr sehe ich aber darin das sich Hintertüren mit „Warteschleifenbriefchen“ offen gehalten werden.

    Gruß

    MiChu ;)
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  • @ reeka

    Ist soweit klar. So gehts auch beim BSG. Aber welches Datum führt mich zu den aufgeführten Urteilen

    Gruß

    MiChu ;)
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  • Der MDK sieht sich einer Flut von Gutachtenaufträgen gegenüber und vor allem kein Land mehr. Einzige Konsequenz kann aber nur sein, dass man den MDK so ausstattet, dass gut und gerne 100% der stationären Kontakte geprüft und beurteilt werden können. Wir machens doch auch. Geht mir ja nur um die Wehrgerechtigkeit!

    Gutachten nach 1,5 Jahren nachzuliefern und andere unter den Tisch fallen zu lassen (wo auch immer: Kasse oder MDK) ist absolut inakzeptabel. Wütend macht es auch.

    mfg

    Reeka