Ab wann inkomplette Querschnittslähmung?

  • Hallo,

    und wieder mal ein grenzwertiger Fall:

    Patient mit Fussheberschwäche bds. , keine vegetativen Ausfälle mit Claudicatio Spinalis (100 m an Gehstützen) mit Myelographisch nachgewiesener Spinalkompression, kommt zur Disectomie und Fixateur interne Einbau.

    Unsere Neurochirurgen bestehen auf der Codierung der chronischen inkompletten Paraparese G82.03 + Höhehencode als Nebendiagnose bei M43.16 Spondylolisthesis Lumbalbereich als Hauptdiagnose.

    Der MDK sieht hier M51.1 und G55.1 als korrekt an.

    Wie sehen sie das?

    Mit freundlichen Grüßen

    Thomas Lückert
    Stabsstelle Medizincontrolling
    Unfallkrankenhaus Berlin

  • Hallo Herr Lueckert,

    ein heikler Fall, bei dem tatsächlich weitere Meinungen interessieren.

    Ich versuche mich mal mit einer Lösung anhand Ihrer Angaben:

    Die vom MDK vorgeschlagene Diagnose wird diesem aufwändigen Fall überhaupt nicht gerecht, wäre wohl eher bei reiner Diskektomie anzuwenden.

    Außerdem liegt eine sek. Myelopathie vor, so dass man über die M51.0+G99.2 oder eher noch M51.8+G99.2+G55.1 als HD diskutieren muss. Bei Ihrer Konstellation spielt es für den Erlös keine Rolle, ob M51.- oder M43.16 als HD gewählt werden, es spricht aber vieles für M43.16.

    Die Eingruppierung in I09C oder B nach OP hängt von der Anerkennung der G82.03... als eigenständige ND ab. Diese würde ich persönlich davon abhängig machen, ob der Patient auch noch im postoperativen Verlauf entsprechende Probleme geboten hat und entsprechend rehabilitiert werden musste (Physiotherapie, Verlegung...). Bei einem Diagnostikaufenthalt mag die Sache anders gewichtet sein.

    Gruß murx

  • Hier muss man sich fragen, was war die hauptsächliche Ursache der Myelopathie bei diesem Pat.: Druck durch die Bandscheibe auf das Myelon oder das instabile Wirbelgefüge wegen Spondylolisthese? Die direkte Ursache wäre für mich die HD. Claudicatio spinalis oder sek. Myelopathie als ND.

    Gruß
    Ordu

  • Hallo,

    danke für die Antworten..

    Zu dem fall: Die Paretischen Symptome hielten nach der OP an und wurden mit Corticosteroiden behandelt, worauf sich die Beschwerden besserten.

    Wie Murx schon sagt geht um die ND, da diese triggert.

    Aber nach bereits 2 ausführlichen Widersprüchen (unsere Neurochirurgen sind da besonders fleißig), sehe ich kaum noch Chancen...

    Thomas Lückert
    Stabsstelle Medizincontrolling
    Unfallkrankenhaus Berlin

  • Hallo nach Berlin
    Ich würde die M51.1 als HD und die G95.2 als ND kodieren. Denn so wie es den Anschein hat ist der BSV die Ursache der Kompression und somit die Kompression nur ein Symptom. Als Myelopathie würde ich das nicht bezeichnen.

    Gruss aus Hannover

    :whistling: Sven aus Hamburg

  • Hallo, S.A.

    vielen Dank für Ihren Vorschlag. Ich gebe gern zu, dass für die Nebendiagnose G95.2 sehr viel spricht. Allerdings ist der Begriff Myelopathie vielleicht zeitabhängig und insgesamt sehr vage, da möchte ich mich jedoch nicht so weit in ein fremdes Fachgebiet \"hineinbegeben\". Ich verweise aber in diesem Zusammenhang auf den sehr gut gestalteten Kodierleitfaden Wirbelsäulenchirurgie 2007 des BVMed, wo auch die \"Myelopathie\" als Kodierempfehlung aufgeführt ist.

    Bei Eingruppierung Ihrer Lösung mit Diskektomie + Osteosynthese ergäbe sich
    B61Z, vielleicht wäre damit das Problem im Sinne der Klinik elegant gelöst.

    Es bleiben grundsätzliche Fragen. 1. Wie kann es sein, dass inhaltlich verwechselbare Kodierungen einmal in I09- und einmal in B61Z \"landen\"?. Wann wird B61Z endlich bereinigt?

    2. Wann ist ein Begleitsymptom einer neurologischen Erkrankung eindeutig so schwerwiegend, dass es als eigenständig kodiert werden darf? Hier ergeben sich doch immer wieder unergiebige Diskussionen mit dem MDK.

    Ich meine, dass das individuelle Engagement einzelner Neurochirurgen begrüßenswert ist. Mindestens so wichtig wäre aber, dass Fachgesellschaften und Berufsverbände der Neurologie und Neurochirurgie sich nicht nur mit Leitlinien, sondern auch mit Kodierleitlinien nach dem Vorbild des BVmed befassen und Begutachtungs- und Argumentationshilfen liefern würden, mit denen man diese Auseinandersetzungen besser bestehen kann. Diese sollten gleichzeitig für Kliniken und MDK transparent gemacht werden, keinesfalls mit dem MDK \"verhandelt\", sondern festgesetzt werden. Meines Wissens hat der Geschäftsführer des Berufsverbandes NC insoweit schon den Anfang gemacht, als er sich mit Anforderungskriterien an Gutachten (auch MDK-Gutachten) befasst hat (gern PM an mich).

    Gruß murx