HD bei Chemotherapie von Lungenmetastasen

  • Guten Tag,
    was unterscheidet denn den von Herrn Stern geschilderten Fall vom Beispiel 5 in den DKR?
    Auch da werden nur die Metstasen behandelt, und zwar systemisch. Der Primärtumor wurde bereits vorher operativ entfernt.
    HD bleibt aber Primarius, auch wenn bereits entfernt.


    Hier der Wortlaut des Beispiels (0201f):
    Beispiel 5
    Ein Patient wird zur systemischen Chemotherapie von Lebermetastasen stationär aufgenommen. Drei Monate zuvor war ein Karzinom am Colon transversum operativ entfernt worden.
    Hauptdiagnose: C18.4 Bösartige Neubildung des Kolons, Colon transversum
    Nebendiagnose(n): C78.7 Sekundäre bösartige Neubildung der Leber

    noch mal: was genau unterscheidet jetzt den Pat. von Herrn Stern vom Beispielpatienten? Ob die OP 3 Monate oder 5 Jahre zurückliegt dürfte ja wohl nicht die ausschlaggebende Relevanz haben.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo Herr Horndasch,
    die Beschreibung des Beispiels 5 ist unvollständig, denn es wird nicht angegeben, ob die Metastasen zum Zeitpunkt der Primär-OP bereits vorhanden waren. Klinisch ist davon auszugehen und es handelt sich um die Fortsetzung der Primärtherapie - anders als im Falle von metachronen Metastasen, 5 Jahre später, wie im Fall von Herrn Stern beschrieben.

    Dr. Rolf Bartkowski
    Arzt f. Chirurgie, Med. Informatik
    Berlin

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    dann auch meine Meinung....

    Die DKR sind mit Vorsicht, Weitsicht und in einigen Fällen auch mit einem Restlichtverstärker zu beleuchten.
    Wir haben so einige Formulierungen, wo man bei Weiterlesen dann einen anderen Sachverhalt vermittelt bekommt.

    Beispiel:

    Die Definition für ND, DKR D003.
    Hier sind dann also ND zu kodieren, wenn sie den entsprechenden therapeutischen, diagnostischen oder pflegerischen Aufwand verursachen.

    Würde bei Diagnostik bedeuten: Ein path. Laborwert = Kodierung.

    Ist aber nicht, weil es dann noch unter der gleichen DKR den Passus \"Abnorme Befunde\" gibt. Bedeutet, nur zu kodieren, wenn eine Therapie oder weiterführende Diagnostik gemacht wird.

    So sehe ich auch oben geschilderten Sachverhalt. Also ein Spezifizierung eines Sachverhaltes (Metastasenbehandlung mit Therapie-X vs. syst. Chemo):
    Aufnahme zur Metastasentherapie = Metastase HD.
    ES SEI DENN:
    Aufnahme zur Metastasentherapie mittels systemischer Chemo = Primarius HD.

    So sehe ich das.

    Gleichwohl bedarf es an vielen Stellen einer besseren (klareren) Formulierung der DKR.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Hallo allerseits,

    diese Diskussion ist m.E. ein abschreckendes Beispiel dafür, wie man eigentlich klar geregelte Sachverhalte völlig unnötig verkomplizieren kann.
    Der Sinn einer Kodierregel besteht doch darin, in vergleichbaren Fällen für gleiche Kodierung zu sorgen - und nicht, um als Rohmaterial für Übungen in vergleichender Semantik zu dienen!

    Seit 2005 ist in den DKR klar geregelt, dass bei Aufnahme zur systemischen Chemotherapie von Metastasen als Hauptdiagnose der Primärtumor kodiert wird. Ob diese Metastasen nun innerhalb von ein paar Wochen oder erst ein paar Jahre nach Behandlung des Primärtumors auftreten, wird durch die Kodierregel in keiner Weise eingeschränkt.

    Zitat

    Original von Bartkowski:
    Die vermeintlich widersprüchliche Passage der DKR lautet
    \"erfolgt die Aufnahme primär zur systemischen Chemotherapie von Primärtumor und/oder Metastasen...\"
    Der Passus bezieht sich somit auf die Primärtherapie,

    Das Wörtchen \"primär\" bezieht sich nicht auf irgendeine stattgehabte Therapie (davon steht da nämlich nichts), sondern auf die Umstände der aktuellen Aufnahme (um zu verhindern, dass als Hauptdiagnose ein Malignom angegeben wird, wenn der Patient eigentlich wegen eines Verkehrsunfalls aufgenommen wurde).

    Warum muss hier mit Gewalt ein Problem konstruiert werden, wo überhaupt keines ist? Warum soll dieselbe Behandlung unterschiedlich kodiert werden in Abhängigkeit des zeitlichen Auftretens von Metastasen? Darüberhinaus hat die Kodierregel den Vorteil, dass der Primärtumor normalerweise klar lokalisiert ist, während Metastasen schon mal gleichzeitig an verschiedenen Orten entdeckt werden - was dann?

    Mit freundlichen Grüßen

    Markus Hollerbach

  • Guten Morgen allerseits,

    ich hatte eigentlich vermutet, daß diese Diskussion mit der Stellungnahme von Herrn Selter beendet sei. Zum letzten Beitrag möchte ich gerne folgendes sagen:
    1. Es lag mir fern ein Problem zu konstruieren, wo ich keines sehe
    2. Wenn ich zur Erfüllung einer Kodierregel drei andere brechen muß, dann muß auch eine Diskussion darüber erlaubt sein, d.h. in meinem Fall

    wenn ich also (wohl nach Meinung der überwiegenden Mehrheit hier im Forum)
    als HD C20 Rektumkarzinom codiere
    - wähle ich absichtlich nicht die spezifischte Diagnose, was ich eigentlich behandle
    - breche ich die \"Killerregel\" Nr.1, nämlich Hauptdiagnose ist die Erkrankung, die nach Analyse hauptsächlich für die stationäre Aufnahme verantwortlich ist
    - breche ich die Regel auf S. 70 oben, nämlich Hauptdiagnose ist die Metastase, wenn die stationäre Aufnahme nur zu deren Behandlung erfolgte.

    Mit freundlichen Grüßen,
    Dr. Stefan Stern

  • Hallo Herr Stern,

    bitte nehmen Sie meine Ausführungen nicht persönlich, so waren und sind sie nicht gemeint.

    Zitat

    - wähle ich absichtlich nicht die spezifischte Diagnose, was ich eigentlich behandle
    - breche ich die \"Killerregel\" Nr.1, nämlich Hauptdiagnose ist die Erkrankung, die nach Analyse hauptsächlich für die stationäre Aufnahme verantwortlich ist
    - breche ich die Regel auf S. 70 oben, nämlich Hauptdiagnose ist die Metastase, wenn die stationäre Aufnahme nur zu deren Behandlung erfolgte.

    - sie behandeln immer noch ein \"Metastasierendes Rektum-Ca\" - warum soll das nicht spezifisch sein?
    - die DKR D002f ist eine Allgemeine DKR - also gerade keine \"Killerregel\" (was immer das sein mag), sondern eine Grundregel, von der im speziellen Fall abgewichen wird (das gerade ist ja der Sinn von Speziellen Kodierregeln!).
    - \"brechen\" Sie auch keine \"Regel auf S. 70\": wie Herr Selter ja schon ausgeführt hat, besteht eine Kodierregel i.A. nicht aus einem einzelnen Satz (wie etwa die Zehn Gebote), sondern aus einem Textblock, der im Sinnzusammenhang zu lesen und zu interpretieren ist.
    Die Aussage von DKR 0201f ist: \"Bei Aufnahme zur alleinigen Behandlung von Metastasen sind die Metastasen Hauptdiagnose, es sein denn, die Aufnahme geschieht zur systemischen Chemotherapie\". Das ist m.E. kein Widerspruch, sondern vielmehr eine Präzisierung.

    Mit freundlichen Grüßen

    Markus Hollerbach

  • Hallo Herr Hollerbach,

    danke für Ihre Klarstellung, habe mich gefreut! Und übrigens- ich kann die C20 als HD nach dieser ganzen Diskussion schon akzeptieren, wenn auch mit etwas Bauchschmerzen. Aber das hat man beim Codieren wohl öfter.......

    Schönen Tag noch wünscht Ihnen
    Dr. Stefan Stern

    P.S. Mit \"Killerregel\" meinte ich eine Kodierregel, die sozusagen alle anderen sticht bzw. schlägt, weil sie so enorm wichtig ist. Dies hatte ich von der DKR D002f einfach so angenommen. Ich hoffe man verzeiht mir meine jugendliche (?) Phantasie.

  • Hallo und guten Tag,
    ich kann der Argumentation leider nicht folgen, sehe hier eher so etwas wie vorauseilenden Gehorsam, die DKR möglichst ohne anzuecken auszulegen.

    Zitat Hollerbach: \"Der Sinn einer Kodierregel besteht doch darin, in vergleichbaren Fällen für gleiche Kodierung zu sorgen - und nicht, um als Rohmaterial für Übungen in vergleichender Semantik zu dienen!\"

    Die Praxis der Kodierregeln sieht anders aus! Statt für Klarheit zu sorgen, ringen die verantwortlichen Autoren wohl eher um jeden Buchstaben, jedes Komma und lassen bei Nichteinigung alles beim alten.

    Wenn ein Patient mit neu aufgetretenen Leber-, Lungen- Knochen- oder sonstigen Metastasen aufgenommen wird, ist es doch ein bestimmtes Organgebiet, welches akut erkrankt ist und entsprechende behandlungsbedürftige Symptome verursacht (Lungen- / Leberfunktion, Schmerzen, path. Fraktur). Ziel muss es demnach sein, durch die Kodierung (der Metastase) in die zutreffende Hauptdiagnosengruppe zu gelangen, diese hat in der Regel nichts mehr mit dem Primärtumor zu tun. Und genau dieses Ziel wird mit den DKR verfolgt. Da dies nicht deutlich genug wird, ist eine offizielle Klarstellung dringend erforderlich, am besten vom DIMDI!
    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. Rolf Bartkowski
    Arzt f. Chirurgie, Med. Informatik
    Berlin

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Hr. Bartkowski,

    hier kann doch gar keine Unklarheit bestehen, da doch sonst der spezielle Passus zur Kodierung bei Chemo/Bestrahlung bei Metastasen völlig obsolet wäre. Man brauchte dann gar keine spezielle Regel und ließe es über die D002 laufen.
    Eine offizielle Klarstellung gäbe es nur durch die Anpassung der DKR und da glaube ich nicht wirklich dran. Ich sehe hier auch keinerlei Bedarf.

    Zitat

    Original von Bartkowski:
    sehe hier eher so etwas wie vorauseilenden Gehorsam, die DKR möglichst ohne anzuecken auszulegen.

    Ich glaube kaum, dass man mir diesen Vorwurf machen kann.

  • Hallo Herr Bartkowski,

    Zitat

    Ziel muss es demnach sein, durch die Kodierung (der Metastase) in die zutreffende Hauptdiagnosengruppe zu gelangen, diese hat in der Regel nichts mehr mit dem Primärtumor zu tun. Und genau dieses Ziel wird mit den DKR verfolgt.

    Nein, dieses Ziel wird mit der DKR 0201f überhaupt nicht verfolgt - im Gegenteil!

    Zur Erinnerung: bis 2004 ergab sich die zutreffende Hauptdiagnose bei Chemotherapie von Metastasen aus den DKR 0201 (\"Sofern ein Patient nur wegen Metastasen behandelt wird, sind die Metastasen der Hauptdiagnose-Kode\") und 0211 (\"Bei Patienten, die zur Chemotherapie aufgenommen werden, ist als Hauptdiagnose das Malignom zu kodieren, das mit der Chemotherapie behandelt wird\"). Diese Regelung war schwammig (was bedeutet \"nur wegen Metastasen\", was steht für \"Malignom\" - Primärtumor oder Metastase? Was ist bei gleichzeitiger Behandlung von Metastasen in unterschiedlichen Organen? ) und führte in der Abrechnungspraxis zu vielen Auseinandersetzungen mit KK/MDK.

    2005 wurde dann in die DKR 0201 der hier bereits mehrfach zitierte Passus neu aufgenommen. Dieser stellt klar, dass bei Aufnahme zur systemischen Chemotherapie von Metastasen das primäre Malignom Hauptdiagnose ist - im Gegensatz zur lokalen Behandlung von Metastasen. Seither herrscht Ruhe an der \"Abrechnungsfront\" - mir zumindest sind aus den letzten Jahren keine Diskussionen mit dem MDK über dieses Thema mehr bekannt.

    In den Folgejahren wurde diese Regelung dann auch sinngemäß für die Strahlentherapie übernomme, auch hier wird zwischen \"systemischer\" und lokaler Bestrahlung differenziert (aber eben nicht zwischen \"primärer Therapie\" und \"Folgetherapie\").

    Es ist mir völlig rätselhaft, warum Sie jetzt, 3 Jahre nach der Neuformulierung, ohne jede Not plötzlich eine Neuinterpretation dieser eigentlich relativ klar formulierten Kodierrichtlinie in den Raum stellen. Ob es wirklich Ziel sein \"muss\", in die MDC für das von der Metastase betroffene Organ zu gelangen, darüber lässt sich trefflich streiten. Fakt ist aber, dass die derzeitige DKR 0201f eine solche Interpretation gerade nicht zulässt!

    Mit freundlichen Grüßen

    Markus Hollerbach