N17.8 Akutes Prärenales Nierenversagen oder R39.2 extrarenale Urämie

  • Lieber Herr Dietz, liebe Medicus,

    so allein ist willis nicht. Und so falsch ist die Herleitung auch nicht. Herr Dietz hat Recht, wenn er unter die zur extrarenalen Urämie führenden Störungen auch noch den verstopften Abfluß, die postrenale Urämie zuordnen möchte.

    In dem von Willis vorgestellten Beispiel gibt es a. eine chronische Niereninsuffizienz. Und b. da oben drauf eine akute extrarenale Urämie. (Oder wie würden Sie ein Krea von 8,xx einordnen?) Extrarenale Urämien stellen aber ein Exclusivum für die N17-19 dar, so daß diese Codierung hier nicht gewählt werden darf.


    Auch in unserem Hause wird die Vorgabe des ICD so ausgelegt, daß alle ANVs unter N17 zu codieren sind. Mit der Ausnahme der extrarenalen Urämie. Wobei in unserem Hause die Diskussion eher darum ging, was denn eine Urämie sei. Letztendlich hat sich die Abteilung entschlossen - weil es keine definitiven Grenzwerte gibt - jede Erhöhung der harnpflichtigen Substanzen aus extrarenaler Ursache als extrarenale Urämie im Sinne des ICD zu werten.
    Damit ist die Codierung eindeutig, die Pathologien werden auseinander gehalten. Und die unterschiedlichen Aufwände ergeben unterschiedliche DRGs.

    Als Controller kann ich mit einer solchen klaren Festlegung gut leben. (Und ich persönlich glaube auch, daß damit der ICD richtig \"gelesen\" wurde)
    Unser MDK übrigens auch....

    Noch schönen Abend

    cro

  • Hallo,
    da muß ich etwas widersprechen. Letztlich führt jede extrarenale Ursache zu einer RENALEN Funktionsstörung. Auch das Akut-auf-chronische Nierenversagen.
    Ich will es mal so erläutern:
    Pat. kommt mit Exsikkose - oder besser allgemeiner - einem Volumenmangel jeglicher Genese - und fehlender Urinausscheidung. Das Krea liegt bei 2.8, das Kalium ist durchaus noch normal, Urin<500 ml/d. Dies ist keine Urämie (im Vollbild), aber ein akutes Nierenversagen (ein prärenales).
    Dass der MDK mit dieser Unsinns-Ziffer kein Problem hat ist klar, lässt sich doch damit sicher der eine oder andere EURO \"sparen\".

    Ich bleibe ausserdem dabei: R ist ein Symptom, die zugrundeliegende Erkrankung ist N. Das Exklusivum ist meiner Ansicht nach hier nicht korrekt.

    Auf jeden Fall trifft eben die Definition des akuten Nierenversagens auf diese Fälle zu, und damit wird N17 kodiert.

    Viele Grüße
    P. Dietz
    Ausserdem:

  • Hallo Herr Dietz,

    wenn das Benzin alle ist, kodieren Sie keinen Motorschaden, sondern Sie fahren zur Tankstelle und füllen den Tank auf.
    Wenn das Wasser alle ist und der Motor (hier:Niere) nicht mehr läuft, kodieren Sie einen Nierenschaden? Nein. Das tun Sie nicht wirklich. Sie kodieren die Exsikkose, füllen wieder Wasser auf - und der Motor, hier: die Niere, läuft wieder.


    Jedenfalls füllen wir das Wasser wieder auf, codieren Exsikkose und entlassen unseren Patienten dann wieder. Das Krea liegt dann (meist) wieder da, wo es vorher auch lag.

    Motorschaden und Tank leer erfordern unterschiedliches Vorgehen, haben unterschiedlich hohe Aufwände und werden in unterschiedlichen DRGs abgebildet.

    Daß Sie die Rifle-Klassifikation kennen und danach ein ANV feststellen müssen, spielt für die Kodierung keine Rolle: Die Rifle-Klassifikation unterscheidet nicht nach intra- und extrarenal, unser Kodiervorschriften tun das sehr wohl. Das Exklusivum ist keine \"Unsinns-Ziffer\" und kann nicht aus Unwillen außer Acht gelassen werden. Kodiervorschriften sind so, wie sie sind. An dieser Stelle unterscheiden sie zwischen intrarenalem und extrarenalem Schaden. Und das extrarenale Nierenversagen ist eben hier nicht mit der N17 abzubilden.

    Gruß

    W.

  • Hallo Willis,
    hier prallen Welten aufeinander ;)

    Aber Sie nehmen eine falsche Analogie. Es fehlt nicht Benzin, sondern Öl - und es handelt sich um einen Zweitakter, der das Öl mit dem Sprit bekommt. Und wenn das Öl fehlt, nimmt der Motor Schaden. Das ist der Punkt. Und der Motorschaden ist nunmal die N17.

    Und eine Klassifikation einer Erkrankung sollte sehr wohl eine Rolle spielen, so eine Klassifikation wird ja nicht zum Spaß gemacht, sondern um z.B. eine klare Zuordnung zu erhalten. Diese Klassifikation ist die Einteilung eines akuten Nierenversagens. Warum sollte man dafür nun einen anderen Terminus nehmen?

    Ich kann auch noch anders argumentieren - und dafür Prügel beziehen: Ich sehe nicht ein, warum ich einen redundanten nicht CC-Code nehmen soll, wo es einen passenderen CC-Code gibt. Warum wohl meinen Sie, wird nun auch die akute Zystits runtergestuft? Es geht nur um\'s liebe Geld. Und da macht ein ANV einen erheblichen Aufwand, den ich korrekt abgebildet haben will (via CC-Level).

    Wenn alle Nebendiagnosen nix mehr wert sind, dann ist es mir auch egal. Dann brauche ich aber auch nur noch EINE Diagnose...

    Schönen Tag noch
    P. Dietz

  • Lieber Herr Dietz,

    wollen Sie sagen, daß Sie sich von monetären Erwägungen bei dem Finden des richtigen Codes (ver)leiten lassen? Tss tss tss.

    Aber so weit sind wir gar nicht auseinander. Wenn wir einen Motorschaden haben, einen definitiven Funktionsverlust, was ja entstehen kann bei der Exsikkose, dann muß dieser intrarenale Schaden mit seinen Konsequenzen behandelt und abgebildet werden.
    Aber bei weitem nicht jede Exsikkose mit Krea-Erhöhung führt zu einem Nierenschaden (auch wenn die Kriterien für ein ANV erfüllt sind). In diesen Fällen steht eben die Exsikkose oben, ggf. die Gastroenteritis, oder was sonst zu der extrarenalen Urämie geführt hat. Die R39.2 ist bei uns sehr selten HD.

    Auch einen schönen Tag.

    W.

  • Ok, die HD ist in diesen Fällen eher nicht das Nierenversagen (ich lasse bewußt den Code weg). Da sind wir uns einig - und wäre das Nierenversagen so eklatant, dass durch Be- oder Entwässerung nicht behebbar, dann ist es auch als HD denkbar. Dann aber ist es bereits ein Motorschaden und damit als N17 zu kodieren. Wann würden Sie R39.2 als HD kodieren? Doch eigentlich nie. Warum aber dann als ND???

    Viele Grüße
    P. Dietz

  • Lieber Herr Dietz,

    aktuelles Beispiel aus unserer Urologie: 85jährige Pat. kommt mit seit drei Monaten zunehmend eingeschränkter Nierenfunktion (Krea 9,2, Kalium5,6, Harnstoff 280mg/dl) zur Aufnahme. Sonographisch Hydronephrose, Einlage von Splints, Rückgang der Werte. So die bewundernswert schlanke Kurzfassung der Urologen.
    Die Codierung aus der Urologie lautet: HD Hydronephrose, ND Diabetes und Hypertonie. Schluß.
    Das reicht mir so nicht. Der Harnwegsinfekt und der Keim müssen nachgetragen werden. Und die R39.2. Was auf die DRG aber keinen Einfluss hat. Aber der Urologe betont, daß er sich um die postrenale Urämie gekümmert hat.

    Und dann werde ich gleich noch einmal nachschauen, ob es hier nicht doch einen echten Nierenschaden gegeben hat.

    Auch viele Grüße
    W.

    • Offizieller Beitrag

    Guten Tag


    Lesetipp:

    Mitarbeiterin MDK Nordrhein

    http://www.dimdi.de/dynamic/de/kla…emie-steuer.pdf


    S.3
    „Aus nephrologischer Sicht ist nicht ersichtlich, welches Krankheitsbild/Symptom
    mit dem Symptomenkode R39.2 zu verschlüsseln ist...“



    Eine Niereninsuffizienz mit einer GFR unter 10ml mit R39.2 zu kodieren, erscheint mir wenig spezifisch!!!


    Gruß

    Eberhard Rembs