Hüft TEP Verweildauer und RV/KV

  • Hallo Leute,

    ich habe hier im Forum noch kein Beitrag gefunden der sich mit diesem Thema befasst hat, daher poste ich es hier.

    eine Frage zur Hüft-, Knie-, usw. TEP Implantation und Postoperative Versorgung über die Mittlereverweildauer.

    Wir liegen mit TEP Implantationen normalerweiser unter der MVWD
    danach werden die Pat. in die AHB (Anschlussheilbehandlung) entlassen.
    Die RV/KV fordern zunehmend dass die Patienten bei uns z. B. 3-5 Tage länger da bleiben, sprich deutlich über die MVWD.

    Kennt Jemand dieselbe Problematik bei sich im Hause?

    Vielen Dank für die schnelle Antwort

    Mit freundlichen Grüßen

    MedDoku

  • Hallo MedDoku,
    aus Sicht des Kostenträgers handelt es sich dabei um den Versuch, sicherzustellen, dass die Akutbehandlung (und damit auch die Frühmobilisierung!) abgeschlossen ist, bevor der Patient in die Reha geht. Reha-Häuser berichten gehäuft von Patienten, die zu früh von Akuthäusern entlassen werden und dann noch nicht rehafähig sind, wenn sie dort ankommen.
    Folge davon sind Verlängerungsanträge für die Reha, die dort - anders als im DRG-System - weil meist verweildauergetriggert auch noch richtig Geld kosten.
    Entscheidend ist nach meiner Meinung, dass man gegenüber der Reha-Klinik korrekte Angaben über den Zustand und die Rehafähigkeit des Patienten macht. Dann sollte auch die Kasse damit zufrieden sein. Entscheidend ist also nicht die Verweildauer, sondern der Zustand des Patienten bei Entlassung.

    Viele Grüße

    Michael Bauer :)
    Krankenkassenbetriebswirt

  • Hallo MedDoku,

    auch wir kennen dieses Ansinnen, die RV ist wohl der Meinung, daß sie im Reha-Bereich noch Leistungen aus dem Akutbereich finanzieren soll und verlangt daher eine entsprechend lange VWD im Akutbereich.

    Viele Grüße,

    V. Blaschke

    _____________________
    Dr. med. Volker Blaschke

  • Hallo Hr. Bauer,

    aus Sicht der Ärzte, sind die Patienten akut komplett versorgt und dürfen nun in
    der Reha weiter mobilisiert werden. Also aus medizinischer Sicht kein Grund mehr den Pat.
    länger da zu behalten. Der postoperativer Verlauf und Zustand des Patienten ist komplikationslos. Es werden sicherlich keine Pat. entlassen die sich von der OP noch nicht erholt haben und da stellt sich halt die Frage, ob es nur bei uns ist oder in anderen Krankenhäuser ähnliche Situation herrscht.

    Grüße
    MedDoku

  • Hallo allerseits,

    auch wir sind zu unserer Verblüffung schon mit derartigen Aufforderungen konfrontiert worden.
    Wenn man es ganz kurz fassen will:

    \"Blutige\" Entlassung durch Unterschreitung uGVD: Ja Bitte!
    \"Blutige\" Entlassung durch Unterschreitung mittl. VD: Nein Danke!

    @Herr Bauer:

    Zitat

    aus Sicht des Kostenträgers handelt es sich dabei um den Versuch, sicherzustellen, dass die Akutbehandlung (und damit auch die Frühmobilisierung!) abgeschlossen ist, bevor der Patient in die Reha geht.


    Ihre Erklärung in allen Ehren, und bitte nehmen Sie es nicht persönlich, aber für mich ist das eher ein Zeichen, wie verkommen die gesamte Situation mittlerweile ist:

    - Einerseits ist es den (meisten) Kassen doch vollkommen egal, was mit der \"Akutbehandlung\" von Patienten ist, die sich in der Nähe der unteren oder oberen Grenzverweildauer befinden; es wird hier nie gefragt, ob geeignete alternative Versorgungsmöglichkeiten bestehen, medizinische Leistungen in andere Bereiche verschoben werden und man unter dem Strich überhaupt nennenswert Geld einspart.

    - Andererseits mutmaßt man jetzt schon weitere Einsparpotentiale bei Unterschreitung der mittleren Verweildauer. Das ist mindestens paranoid, schlimmstenfalls der Einstieg in eine neue Runde von Abschlagsforderungen (für den Bereich von der unteren bis zur mittleren Grenzverweildauer).

    Nochmal: das soll kein allgemeines Kassenbashing darstellen, ich kann schon verstehen, wie aus Finanznot solche Überlegungen entstehen. Aber die Grenze zur Groteske ist hier für meine Begriffe schon deutlich überschritten!

    Mit freundlichen Grüßen

    Markus Hollerbach

  • Hallo Hr. Hollerbach,

    ich verstehe Ihren Ärger durchaus, kann ihn jedoch nur teilweise nachvollziehen. Wie immer bei solchen Fragestellungen kann ich nur aus eigener Sicht berichten:

    - wenn wir den Wunsch nach einer Entlassung vor Erreichen der UGVD äußern, hat das meistens mit für uns nicht nachvollziehbaren präoperativen Tagen oder stationären Behandlungen zu tun, die eigentlich nach § 115 b SGB V primär ambulant durchzuführen wären. Dies stellt für uns Auffälligkeiten dar, die wir nur durch MDK-Prüfung aufklären können. Was dann vor Ort bei der Begehung oder nach Aktenlage beprochen/begutachtet wird, entzieht sich unserem Einfluss. Wenn der MDK feststellt, dass eine frühere Entlassung möglich gewesen wäre und die Klinik nicht widerspricht gehe ich davon aus, dass Konsens herrscht.

    - wenn wie hier von MedDoku berichtet die Akutbehandlung abgeschlossen ist und eine (Anschluss-)Reha rechtzeitig eingeleitet wurde, gibt es nach meiner Auffassung für die KV/RV keinen Ansatzpunkt für eine erfolgreiche Fallprüfung. Hier geht es aber wohl auch erst um die Einleitung der Prüfung, so dass ein Ergebnis noch nicht vorliegt. Vielleicht müsste dieses abgewartet werden.

    - dass die KK im Sinne einer bedarfsgerechten medizinischen Versorgung darauf achten, dass der jeweils am besten geeignete Leistungserbringer zur rechten Zeit am Drücker ist, halte ich für eine notwendige Entwicklung eines modernen und vor allem auch finanzierbaren Gesundheitssystems. Dies ist in meinen Augen weder paranoid noch grotesk.

    Viele Grüße

    Michael Bauer :)
    Krankenkassenbetriebswirt

  • Hallo Herr Bauer,

    ich wollte eigentlich weniger verärgert als vielmehr sarkastisch rüberkommen.

    Zitat

    (..) für uns nicht nachvollziehbaren präoperativen Tagen oder stationären Behandlungen zu tun, die eigentlich nach § 115 b SGB V primär ambulant durchzuführen wären.

    Entschuldigen Sie bitte vielmals die Formulierung, aber das ist doch Bullshit: Sie leiten eine Fallprüfung nicht wegen eines formalen Verstoßes gegen irgendwelche Paragraphen ein, sondern weil Sie dadurch im stationären Topf Geld zu sparen hoffen. Das ist nicht ehrenrührig und in der Logik des Gesamtsystems auch konsequent und nachvollziehbar. Aber mit der von Ihnen ebenfalls geforderten \"bedarfsgerechten medizinischen Versorgung\" hat es wenig bis nichts zu tun, da hier nicht nach individuellem Bedarf des Patienten entschieden wird, sondern nach \"Kassenlage\" (Kalauer unbeabsichtigt). Das wird auch nicht dadurch besser, dass diese Entscheidungen durch den MDK getroffen werden.

    Um es nochmal deutlich zu formulieren: die untere Grenzverweildauer wurde explizit eingeführt, um die Versicherten vor vermeintlichen Begehrlichkeiten der Krankenhäuser zu schützen; heute finden sich letztere allerdings nicht selten in der bizarren Situation wieder, Patienten vor den Begehrlichkeiten deren eigener Krankenkasse schützen zu müssen. Die Argumentation, es ginge um den \"Zustand des Patienten bei Entlassung\", hielte ich für wesentlich glaubwürdiger, wenn es entsprechende Bemühungen und Untersuchungen auch und gerade in Bezug auf die untere und obere Grenzverweildauer gäbe. Sogar das Dogma des \"ambulant vor stationär\" ist sowohl in qualitativer wie in finanzieller Hinsicht weitgehend unbelegt, wie selbst Kollegen aus den Reihen des MDK zugestehen.

    Zitat

    (..) dass die KK im Sinne einer bedarfsgerechten medizinischen Versorgung darauf achten, dass der jeweils am besten geeignete Leistungserbringer zur rechten Zeit am Drücker ist, halte ich für eine notwendige Entwicklung eines modernen und vor allem auch finanzierbaren Gesundheitssystems.

    Herr Bauer, ich überblicke mittlerweile eine Unzahl von MDK-Gutachten aus den letzten Jahren, aber in kaum einem geht es um den \"am besten geeigneten\" Leistungserbringer (im Hinblick auf Qualität, Effizienz und Effektivität), sondern immer nur um den billigsten!

    Nochmal: ich habe Verständnis dafür, dass aus finanzieller Not so gehandelt und reagiert wird. Aber ich werde mich nicht daran beteiligen, dies auch noch schönzureden.

    Mit freundlichen Grüßen

    Markus Hollerbach

  • Hallo -

    nennt sich das Optimum Prinzip in der Ökonomie, wird aber meist als Minimum Prinzip durchgezogen oder wenn es in den Kram passt halt Umschalten auf Maximum Prinzip.

    Herzlichst.

    „Quod non in actis est, non est in mundo.“ (Was nicht in den Akten ist, ist nicht in der Welt)

  • Hallo Hr. Hollerbach,

    natürlich haben meine Prüfungen damit zu tun, dass ich weniger Geld bezahlen will, bzw. nur den gerechtfertigten Betrag bezahlen will. Aber ich brauche und benutze doch Aufgreifkriterien, um diese Fälle zu identifizieren. Es ist also keineswegs \"Bullshit\", dass diese Vorgaben eine Rolle spielen. Wenn Sie recht hätten, würde ich ja jeden Fall vorlegen, der in der Nähe oder exakt bei der UGVD liegt und das ist sicherlich nicht der Fall! :d_neinnein:

    Ich habe nicht behauptet, dass das bestehende System dafür sorgt, dass alle Patienten aktuell bedarfsgerecht in der jeweils notwendigen Versorgungsstruktur unterkommen. Es ist nur ein Schritt auf dem Weg dahin. Ich behaupte jedoch sehr wohl, dass es Kliniken gibt, die vor DRG-Einführung und MDK-Intervention das Wort \"Entlassungsmanagement\" höchstens vom Hören-Sagen kannten. Hier hat sicherlich bereits eine spürbare Qualitätsverbesserung stattgefunden. Diese wird sich auch noch fortsetzen.

    Das Dogma \"ambulant vor stationär\" kommt im übrigen vom Gesetzgeber und aus der Rechtsprechung. Ich beabsichtige deshalb auch weiterhin, mich daran zu halten.

    Viele Grüße

    Michael Bauer :)
    Krankenkassenbetriebswirt

  • Hallo Herr Bauer -

    als die VWD nur am Rande ein Thema war, brauchte es ein Entlassmanagement wie heute auch in dem Maße nicht. Da konnte \"Oma\" halt noch übers Wochenende bleiben wenn keiner die Wohnung heizen konnte. Heute muß halt jemand organisiert werden oder Oma friert und kommt mir einer Pneumonie erneut - die dann Fallzusammengeführt wird.

    Mir scheint hier werden ständig Ursache und Wirkung verwechselt.

    Herzlichst.

    „Quod non in actis est, non est in mundo.“ (Was nicht in den Akten ist, ist nicht in der Welt)

  • Nun aber mal langsam TT,
    das würde ja bedeuten, dass die Verkürzung der Verweildauer ausschließlich zu Lasten der Patienten und der medizinischen Qualität gegangen ist. Das kann und will ich nicht glauben!

    Viele Grüße

    Michael Bauer :)
    Krankenkassenbetriebswirt