Ein Quartal DRG und viele Fragen

  • Liebe Forumsmitglieder,

    das erste Quartal unter DRG ist nun überstanden und nach Analyse aller Daten erfüllen wir unser Soll in jeder Hinsicht:
    Der CMI entspricht bis auf 2 Stellen hinter dem Komma der Vereinbarung und auch die Fallzahlen stimmen. Erfreulicherweise ist auch die Bettenauslastung mit 82,5% akzeptabel.

    Trotzdem sind natürlich Problematiken aufgetreten, die ich hier einmal zur Diskussion stellen will.

    1. Nebendiagnosen:

    „Nach DKR können Nebendiagnosen dann als Krankheiten interpretiert werden, wenn das Patienten- Management durch
    - Therapeutische Maßnahmen
    - Diagnostische Maßnahmen
    - Erhöhten Betreuungs- ., Pflege- und /oder Überwachungsaufwand
    beeinflusst wurde.“

    Beispiel:
    Eine postoperative Anämie wird mit einem Eisenpräparat oral oder mit Ery-Konzentraten behandelt. Beides stellt nach strenger Definition ja wohl eine therapeutische Maßnahme dar und kann im Einzelfall, beim Vorliegen einer weiteren CCL-relevanten Nebendiagnose, eine Höhergruppierung bedeuten. In unserem Fall I03B statt I03C, was ein Erhöhung des CMI um rund 1 bewirkt.

    Frage:
    Wie handhaben sie das in Ihrer Klinik?
    Ist eine noch so geringe Beeinflussung des Patienten-Managements ausreichend für eine Verschlüsselung als ND und damit Höhergruppierung (Upcoding)?

    2. Kostendeckung Endoprothetik

    Durch eine Patientenbezogene Leistungs- und Materialerfassung ist es uns jederzeit möglich Aufwand und Erlös gegenüberzustellen. War die Hüft- und Kniegelenksendoprothetik vor DRG ein Zugewinngeschäft, ist unter DRG eine Kostendeckung nicht mehr zu erreichen.

    Frage:
    Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
    Welche Konsequenz werden sie ziehen?

    3. Anfragen Kostenträger

    Ohne dass ich mich darüber beschweren will, aber die Anfragen der Kostenträger haben im Vergleich zum Vorjahr stark nachgelassen.

    Frage:
    Wie sieht das bei Ihnen aus?
    Welche Art von Anfragen erhalten Sie von den Kostenträgern?

    Ich hoffe auf rege Diskussion und wünsche allen ein frohes Osterfest!


    Dr. med. Boris H. May
    Facharzt für Orthopädie
    Medizin-Controlling
    Orthoklinik Lüneburg GmbH
    Ginsterweg 5-7
    21335 Lüneburg
    Germany
    E-Mail: boris.may@orklg.de
    Homepage: http://www.orklg.de

  • Hallo Herr May,

    wir haben auch das erste Quartal rum und liegen sehr gut im Soll. Obwohl am Anfang trotz massiver Vorbereitung einiges drunter und drüber geht stimmt unser CMI auf VIER Stellen hinter dem Komma, eigentlich wahnsinnig bei 70.000 Fällen im Jahr, aber die diversen Effekte scheinen sich wie durch ein wunder gegenseitig aufzuheben.

    Zu Ihren Fragen:

    1.) Wir kodieren Anämie nur bei Transfusion, vorsichtshalber:rotate:

    2.) die Unterdeckung resultiert aus einer miserablen Abbildung der
    Implantate in der ersten Runde der Kostenrechnung. Vor irgendwelchen Konsequenzen sollten wir Version 2.0 abwarten

    3.) Wir werden von den Kostenträgern "zugeschüttet", haben aber auch
    ein furchtbar breites Spektrum, aber zum glück können wir mit
    einigen Kassen einen sehr kollegialen Dialog führen, was
    NEU ist, früher war das anders.

    Bis bald mal, jetzt erst frohe Ostern

    Gruss
    Michael Wilke :smokin:

    • Offizieller Beitrag

    Guten Tag Herr May,

    es wird in den DKR nicht unterschieden, was eine Therapie genau beinhalten muß, um sie eben zur Therapie im Sinne der DKR zu machen.
    Abgesehen davon erfüllen Sie z.B. auch im Falle der oralen Behandlung der Anämie ALLE Kriterien: Diagnostik (Labor, Primär und Kontrollen), Therapie (medikamentös) und Pflege (jemand muß es ja hinbringen und die Einnahme "kontrollieren"). Ich sehe keinen Grund, warum Sie es dann nicht kodieren sollten. Die Transfusion ist kein Kriterium pro/contra Kodierung. Ansonsten wüßte ich auch nicht, warum ich irgendwelche anderen Krankheiten/Symptome verschlüsseln sollte, wenn "nur" mit Tabletten therapiert wird: Diabetes, Herzisuff., Infektionen,...
    Ich kann nur die Kodierung empfehlen. Der MDK kann Ihnen da auch kein Upcoding vorwerfen.

    Was die Endoprothetik betrifft:
    Verschiedene Gesellschaften haben beim Vorschlagswesen zur G-DRG-Systematik diese Problem (teure Implantate) vorgebracht. Wir werden sehen, inwiefern es zu einer wie-auch-immer-gearteten Anpassung kommt. Außerdem sind die RGs und der Basisfallpreis auf Basis der Erstkalkulation, also kann man abschließend noch gar nicht sagen, ob und wie hoch Verluste entstehen.

    Prüfungen durch die Kassen:
    Dort wird ja auch erst mal Erfahrung gesammelt. Ich gehe nicht davon aus, dass die DRGs uns weniger KK-Anfragen bescheren wird.

    Gruß


    --
    D. D. Selter

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Hallo Herr May,
    bezüglich der Anämietherapie kann ich Herrn Selter nur zustimmen.
    Es gibt noch keinen Grund für Sonderaktionen und Rabatte. Auch die orale Eisengabe verursacht Kosten und erfüllt obendrein alle Nebendiagnosebedingungen.
    Die DKR unterscheidet nur nach durchgeführter therapeutischer/diagnostischer Maßnahme (auch wenn sie noch so gering ist) oder nicht durchgeführter Maßnahme. Eine Abwägung nach Größe des Aufwandes ist dort nicht festgeschrieben.
    Nebenbei bemerkt gelten die DKR für uns UND die Kassen bzw. den MDK, auch wenn der Bekanntheitsgrad offensichtlich auf beiden Seiten sehr inhomogen ist. ;)

    Viele Ostergrüße aus Halle

    St. Zacher 8)

  • Und - das kann ich nur immer wieder sagen - die DKR enthalten prima Beispiele für den Aufwand, den man betreiben muß, um eine Nebendiagnose angeben zu können, man sehe sich nur die Beispiele auf Seite 12 (DKR 2003)an.

    Die medikamentös weitergeführte Behandlung der koronaren Herzkrankheit, das klingt nach ein bißchen ASS, und das scheint mir vom Aufwand nicht weit weg von dem oralen Eisenpräparat.

    Viele Grüße,

    V. Blaschke


    --
    _____________________
    Dr. med. Volker Blaschke
    Arzt für Dermatologie / Allergologie / Qualitätsmanagement
    Medizincontroller
    Herzzentrum Göttingen
    http://www.herzzentrum-goettingen.de

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    Dr. med. Volker Blaschke