Präop. Behandlungstage

  • Liebes Forum,
    eine große, auf Gesundheit bedachte KK, aus dem benachbarten Hessen, verschickt standardmäßig folgendes Schreiben:
    ...
    Aus den vorliegenden Unterlagen (Anm.: Endrechnung) ist die Notwendigkeit einer stationären präop. Behandlung nicht nachvollziehbar.
    Wir werden die Behandlung ab dem OP-Tag vergüten.
    Sollten Sie an der Berechnung der präop. VWD festhalten, bitten wir um eine entsprechende Mitteilung, damit wir das vorgeschriebene Prüfverfahren einleiten können.
    ...

    Hieraus ergibt sich ein neuer Papierkrieg ohne Ende. Selbstverständlich bestehen wir auf Einschaltung des MDK.
    Wie sehen die Erfahrungen der hessischen Kollegen aus?:boom:

    MfG
    J. Schikowski

    :augenroll: Joris Schikowski
    MC Klinikum Bad Salzungen
    Vors. RV MD der DGfM e.V.

  • Hallo,

    leider keine hessische Erfahrung, wohl aber hierzulande geübte Praxis:
    Fälle sammeln, soweit das Ihre Liquidität zuläßt, und zur SG-Klage bringen. Wir beauftragen damit unsere Kanzlei. Es handelt sich hier de facto trotz der Einlassung der Kasse ("sollten Sie ... daran festhalten, ...")um eine pauschale Rechnungskürzung unter Umgehung des Prüfverfahrens. Diese führt zum Forderungsabschnitt, d.h. die Kasse wird bereits aufgrund dieses Verfahrensfehlers ohne weitere Anhörung zur Zahlung verpflichtet. Sollten Sie diesen harten Kurs nicht mögen, machen Sie der Kasse das Angebot, unter Verzicht auf den Rechtsweg und weitere Bürokratie 60% des Differenzbetrages nachträglich zu entrichten. Meist ist das ohnehin das Ergebnis der SG-Verfahren.
    Unabhängig davon sollten Sie natürlich Ihr perioperatives Management und die Dokumentationsqualität kritisch prüfen.

    Grüße von der Saale hellem Strande

    S. Henze

  • Schönen guten Tag Herr Schikowski und alle anderen!

    Hier mein Standardbrief in solchen Fällen (oder bei "Vorschlag", ambulant abzurechnen):


    Die beiden eingerückten Absätze sind alternativ oder auch gar nicht zu verwenden, je nach Sachlage.

    Dies ist noch eine kooperative Form der Antwort, insbesondere da ich in der Regel die entsprechenden MDK-Unterlagen gleich mitschicke um einen weiteren Schriftwechsel zu vermeiden. Ich halte allerdings das Vorgehen der Krankenkasse für nicht rechtmäßig und überlege mir durchaus, ob ich meinen Entscheidungsträgern bei weiterer Eskalation solcher Anfragen nicht empfehlen sollte, gar nicht auf das Schreiben zu reagieren und die Beträge nach Fälligkeit formal zu mahnen und einzuklagen.

    Ich habe mir auch schon überlegt - angesichts dieser offensichtlichen unrechtmäßigkeit - ob ich mich nicht an die entsprechende Aufsichtsbehöre (Bundesversicherungsamt o.ä.) wenden sollte. Dies würde aber vermutlich nur in einer gemeinsamen Aktion mehrerer Krankenhäuser Sinn machen.

    Schönen Tag noch
    --
    Reinhard Schaffert

    Medizincontroller
    Facharzt für Chirurgie
    Krankenhausbetriebswirt(VWA)
    Kliniken des Wetteraukreises

  • Hallo Herr Schaffert,

    verstehe ich das richtig: sie schicken in solchen Fällen die Entlaßberichte der Patienten zur Weiterleitung an den MDK an die Kasse? Ist das rechtmäßig?

    (Um nicht falsch verstanden zu werden: ich sehe ein solches Vorgehen durchaus als deutliche Arbeitserleichterung für beide Seiten und würde auch gerne so verfahren, war aber bisher der Ansicht, dies sei datenschutzrechtlich nicht zulässig).

    Auf Aufklärung hoffend,

    Markus Hollerbach

  • Schönen guten Tag Herr Hollerbach!

    Zitat


    Original von mhollerbach:
    verstehe ich das richtig: sie schicken in solchen Fällen die Entlaßberichte der Patienten zur Weiterleitung an den MDK an die Kasse? Ist das rechtmäßig?


    In einem geschlossenen Umschlag, adressiert an den MDK halte ich das auch Datenschutzrechtlich für OK. Ich sagte ja auch: Das ist ein sehr kooperatives Verhalten. Da ich aber auch solche Schreiben immer nur beantworte, wenn ich vorher in die Akte gesehen und daher den E-Bericht sowieso vorliegen habe, mache ich das auf diesem Wege, anstatt den Brief ohne Unterlagen zu schicken und dann nach ein bis zwei Wochen die Akte wieder herauszusuchen, wenn die Anfrage direkt vom MDK kommt.

    Aber wie gesagt: Eigentlich bin ich der Ansicht, dass die Krankenkasse dadurch, dass sie die Rechnung von sich aus und ohne Einschaltung des MDK kürzt, sich eine rechtliche Blöße gibt, die bereits aus rein formalen Gründen zu einem Erfolg des Krankenhauses im Klagefall führen würde. Ganz abgesehen davon riskiert die Krankenkasse dabei, nach Fälligkeit der Rechnung Verzugszinsen zahlen zu müssen. Als Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse halte ich das für Veruntreuung meiner Mitgliedsbeiträge.

    Schönen Tag noch,
    --
    Reinhard Schaffert

    Medizincontroller
    Facharzt für Chirurgie
    Krankenhausbetriebswirt(VWA)
    Kliniken des Wetteraukreises

  • Hallo,

    ich empfehle hier Zurückhaltung. Die Kasse bekommt von mir keine Patientenunterlagen, auch nicht im versiegelten Umschlag.
    Zu Beginn meiner Tätigkeit 2001 habe auch ich viel Zeit darauf verwendet, schöne Standardbriefe zu entwerfen. Hat mir auch Spaß gemacht, hier Kompetenz zu vermitteln und meine gepfefferten Kommentare mit allerlei BSG-Entscheidungen zu spicken. Erfolg war mäßig. Zweiter Schritt: Kassen eingeladen, Grundsatzfragen gemeinsam erörtert. Ergebnis: beeindruckende, aber nur kurz anhaltende Erfolge. Neuer Krankenhausfallmanager bei der Kasse und die ganze Sch... ging von vorne los.
    Heute bekommt die Kasse einen Standard-Dreizeiler mit Fristsetzung und ggf. Vergleichsangebot, nach spätestens 4 Wochen geht's zur Anwaltskanzlei. Klappt ganz gut. Meist ohne Gerichtsverfahren. Wir haben kaum Aussenstände.

    Gruß von der Saale....

    S. Henze

  • Hallo Forum, insbesondere Herr Hollerbach,

    der Bundesbeauftragte für den Datenschutz hat in seinem Jahresbericht 2001 ebenso wie das Bundesversicherungsamt im Juli 2001 und die KGNW (ebenfalls im Juli 2001) die Zusendung der angeforderten Patientenunterlagen im gesonderten, verschlossenen Umschlag zur Weiterleitung an den MDK als zulässig bzw. unbedenklich erklärt.

    Herr Henze:

    Schön, dass Sie mit diesem Vorgehen so viel Erfolg haben. Natürlich gibt Ihnen jeder Richter Recht, wenn die Kassen Zahlungen ganz oder teilweise verweigert/zurückbehalten haben. Wie verhalten Sie sich aber bei Anforderungen von Unterlagen, wenn der Rechnungsbetrag in voller Höhe - und unter Berufung auf die BSG-Rechtsprechung - unter Vorbehalt gezahlt wurde und parallel die Prüfung durch die Kasse eingeleitet wurde??

    Ich würde Ihnen empfehlen, in diesen Fällen dem MDK bzw. aufgrund o.a. Grundlage auch den Kassen zur Weiterleitung an den MDK die Berichte zu übersenden.

    Gruß,


    ToDo

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Schönen guten Tag allerseits und insbesondere ToDo!

    Zitat


    Original von ToDo:
    Wie verhalten Sie sich aber bei Anforderungen von Unterlagen, wenn der Rechnungsbetrag in voller Höhe - und unter Berufung auf die BSG-Rechtsprechung - unter Vorbehalt gezahlt wurde und parallel die Prüfung durch die Kasse eingeleitet wurde??


    Ich habe der im Eingangsbeispiel gemeinten Kasse in einem Gespräch genau diesen Vorschlag gemacht, so wie es auch andere Kassen praktizieren: Den Betrag unter Vorbehalt zahlen und wenn das MDK Gutachten da ist ggf. absetzen (oder wenn binnen einer Frist (z.B. 4 Wochen) die Unterlagen nicht beim MDK eingegangen sind).

    Diese Krankenkasse hat das abgelehnt. Eines der Probleme bei dieser Kasse ist, und das Eingangsbeispiel stellt das ja dar, dass sie einfach einen Betrag nicht bezahlt, ohne den MDK einzuschalten.

    Schönen Tag noch,
    --
    Reinhard Schaffert

    Medizincontroller
    Facharzt für Chirurgie
    Krankenhausbetriebswirt(VWA)
    Kliniken des Wetteraukreises

  • Hallo Forum, wird nach fristgemäßer Rechnungsbegleichung (ob mit Vorbehalt oder nicht) unmittelbar oder zeitnah ein MDK-Prüfverfahren veranlaßt, senden wir die Patientenunterlagen per Einschreiben mit Rückschein an die MDK-Behörde. Das ist ein regelhaftes Procedere.

    ToDo:
    Sie haben hier im Forum zurecht schon Lob geerntet und ich will mich dem anschließen, da Sie oft die Dinge (vor allem juristisch) auf den Punkt bringen.
    Leider stellt sich der Dialog mit den "Kassenfürsten" bei uns oft weniger angenehm dar. Die Fallmanager einiger Kassen scheinen in Grundsatzfragen (befristete Kostenübernahmeerklärung, Rechnungskürzung ohne MDK, ...) an zentrale Vorgaben gebunden, so daß jedwede Argumentation denen gegenüber, auch die Verweise auf Gesetzestexte und BSG-Entscheide ohne Konsequenzen bleiben. Wir haben bis auf einen hohen Papierverbrauch kaum Effekte.
    Wir pflegen den Dialog mit den Kostenträgern und haben insgesamt wenig Probleme. Es verbleiben jedoch mit einigen Kassen scheinbar unlösbare Probleme, die wir momentan mit Hilfe unserer Anwaltskanzlei lösen müssen. Es bleibt zu hoffen, daß daraus vielleicht mittelfristig eine Strategieänderung bei den "Problemkassen" folgen wird, vielleicht denken die sich aber, bedingt durch eigene finanzielle Nöte, schon den nächsten Trick aus.

    Freundliche Grüße von der Saale

    S. Henze

  • Hallo allerseits,

    mein Dank an Herrn Schaffert, ToDo und Herrn Henze für die Aufklärung bzw. Hinweise!

    Grüsse aus Baden,

    Markus Hollerbach