Setzt §115b das Verfahren nach §275 außer Kraft?

  • Liebe Kollegen,

    eine nicht ganz so große, aber auch nicht ganz kleine Kasse hat das Thema ambulante OPs entdeckt. In forschem Ton bekommen wir bei vielen Patienten, bei denen unsere stationären Leistungen auch im §115b aufgeführt sind, eine kurze Nachricht, daß die Leistung auch ambulant hätte erbracht werden können, die Kostenzusage sei daher ungültig. Auch wolle man die Fälle nicht bezahlen.

    Auf Rückfrage heißt es, der Landesverband sei der Meinung, das bisherige Verfahren (§275) könne auf diese Fälle nicht angewendet werden, das KHS sei nun eindeutig in der Beweislast und müsse VORAB bei Beantragung der Kostenübernahmeerklärung eine medizinische Begründung für die statinonäre Durchführung mitliefern.

    Abgesehen davon daß dies nicht wirklich praktikabel ist (wie lange soll man auf die Übernahmeerklärung warten? Soll man nach 2 Tagen erfahren, daß der mittlerweile operierte Patient doch hätte ambulant operiert werden müssen? etc...), vermag ich in der Vereinbarung zum §115b nichts zu entdecken, was die Ansicht der Kasse auch nur ansatzweise untermauert. Meiner Ansicht nach gilt das bisherige Überprüfungsverfahren weiter, d. h. retrospektive Fallprüfung durch den MdK.

    Hat jemand ähnliche Erfahrungen oder gibt es zu diesem Thema vielleicht schon Sozialgerichtsentscheidungen?

    Viele Grüße,

    V. Blaschke

    _____________________
    Dr. med. Volker Blaschke

  • Hallo Herr Blaschke,

    i.d.R. wird das Verfahren zur Überprüfung der Notwendigkeit einer stationären Behandlung in den Rahmenverträgen nach $112 Abs.2 Nr.2 SGB V geregelt. Meiner Meinung nach besteht für die KK nur dann eine Kostenübernahmepflicht, wenn das Behandlungsziel nach Prüfung durch das Krankenhaus u.a. nicht durch ambulante Behandlung erreicht werden kann (siehe auch §39). Hierzu gehören auch die Leistungen nach § 115b. Allerdings kann dennoch eine vollstationäre Leistung erforderlich sein, wenn die im §115b gennannten allgemeinen Tatbestände zutreffen. Sollten diese Tatbestände bei Aufnahme des Patienten vorliegen, so sind diese M.E. nach dem 301 der KK zu melden. Ansonsten kann die Kostenübernahme abgelehnt werden.

    Viele Grüße
    Mirko

  • Hallo Mirko, hallo Forum...

    Nein, laut Landesvertrag IST eine Kostenübernahmeerklärung zu geben. Sie kann nicht von der Übermittlung von über in §301 bzw. den Landesverträgen genannten Daten hinaus abhängig gemacht werden. Das ist gesetzlich eindeutig so geregelt, und wir werden auch dementsprechend vorgehen.

    Viele Grüße,

    V. Blaschke

    _____________________
    Dr. med. Volker Blaschke

  • Hallo, Herr Dr. Blaschke,

    der Bezug auf den Landesvertrag ist nicht mehr möglich, da nach meiner Einschätzung Gütersloh in NRW liegt und hier seit dem 01.04.04 der Vertrag, auf den hier Bezug genommen wird, nicht mehr gilt. Sicher kann ich Ihr Unbehagen verstehen. Allerdings hat das BSG ein von Ihnen beschriebenes Verfahren durch den Urteils-Wortlaut nahe gelegt. Die Kostenübernahme-Erklärung wird in Ihrer Wirkung oft überschätzt, jedoch kann diese über ihren deklaratorischen Charakter hinaus ein Problem bei der Durchsetzung von Rückerstattungsansprüchen bei primärer Fehlbelegung nach sich ziehen.

    In der Wirkung weiß ich, dass aber zurückgehaltene Erklärungen oft einen Rattenschwanz an Problemen nach sich ziehen. Was halten Sie davon, wenn Sie sich mit der KK in Verbindung setzen, um einen beidseitig befriedigenden Ablauf zu gewährleisten?

    Gruß
    Dieter R
    MA einer KK

  • Hallo Herr Blaschke,

    anscheinend eine neue Variante eines alten Themas....

    Der Anspruch eines Versicherten auf vollstationäre Behandlung im Krankenhaus wird durch den §39 SGB-V geregelt: diese liegt vor, falls die Prüfung durch das Krankenhaus ergibt, daß das Behandlungsziel nicht durch ambulante oder teilstationäre Behandlung erreicht werden kann. Die Zahlungsverpflichtung der Kasse entsteht unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten! Hat die Kasse dagegen Einwände, kann sie nach §275 den MDK mit der Prüfung beauftragen.

    Die Kostenübernahmeerklärung dagegen hat, wie in diesem Forum an X Stellen nachzulesen ist, nur deklaratorischen Charakter.

    Weigert sich die Kasse, zur Überprüfung der Abrechnung den dafür gesetzlich vorgesehenen Weg zu gehen, stellt sie sich m.E. nach selbst ins juristische Abseits.

    Mit freundlichen Grüßen,

    M. Hollerbach

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von DR:
    ...
    der Bezug auf den Landesvertrag ist nicht mehr möglich, da nach meiner Einschätzung Gütersloh in NRW liegt und hier seit dem 01.04.04 der Vertrag, auf den hier Bezug genommen wird, nicht mehr gilt...

    Guten Abend und ein ebenso guter Hinweis, der mich erneut daran erinnert, dass ich schon längst nachfragen wollte, wie das denn jetzt - nach Auslaufen des 112-Landesvertrages zum 01.04. - alles so weitergeht ? Rechtsfreier Raum ? Dieter R. beschreibt die \"Kassen\"-haltung: \"...auf den hier Bezug genommen wird, nicht mehr gilt.\" Kann ich eifrig meinem geliebten EK Unna einen ebensolchen Standpunkt aus entgegengesetzter Sicht empfehlen ? Was meinen Sie ? Muss ich gar mit Dieter R. das Schwert kreuzen und die verstaubten Chakkos wieder auspacken ?

    Schönen Abend noch
    wünscht allerseits
    B. Sommerhäuser

  • Ja, es ist richtig, daß der Landesvertrag von der Kassenseite gekündigt worden ist, nach Meinung der KGNW gilt er jedoch weiter, bis ein neuer geschlossen worden ist. Die Kassen haben sich m. W. dazu nicht eindeutig geäußert, es scheint aber stillschweigend so zu laufen.

    Viele Grüße,

    V. Blaschke

    _____________________
    Dr. med. Volker Blaschke

  • Hallo, Herr Sommerhäuser,

    da ich mehr den indonesischen Kampfkünsten zugeneigt bin schlage ich vor:
    Toya(Langstock), Tongkat(Kurzstock), Pedang(einhändiges Schwert), Golok(Machete) Tjabang(Kampfgabel) usw. Wir könnten es vielleicht aber auch im Diskurs versuchen.

    Tatsächlich weggefallen sind ja nicht sämtliche Verträge, sondern der nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V. Die anderen haben noch ihre Gültigkeit. Ein rechtsfreier Raum entsteht aber auch hier nicht, da es viele Einzelgesetze, Verordnungen, Budgetabschlüsse, BSG-Urteile und nicht zuletzt etwa in Fälligkeitsfragen das BGB. Sie wissen vielleicht, dass ich ein Freund des Konsens bin. Oft erledigt sich vieles, wenn man sich gegenseitig die Situation erklärt.

    Herr Dr. Blaschke weist indirekt darauf hin, dass an sich die Position des KH ohne Vertrag eher geschwächt ist. Warum sollte ansonsten die KGNW auf die Nachwirkung bauen? Im Regelwerk selbst ist keine Nachwirkung eingebaut. Insoweit bleibt die Nachwirkung unklar. Herr Dr. Blaschke, ich würde Ihnen Recht geben, wenn außerhalb des Vertrags ein wie von Herrn Sommerhäuser angenommener rechtsfreier Raum entsteht. Dies ist aber hier nicht der Fall.

    Gruß
    Dieter R
    MA einer KK

    • Offizieller Beitrag

    Guten Abend, Dieter R.,

    Zitat


    Original von DR:
    ...
    Tjabang(Kampfgabel) usw. Wir könnten es vielleicht aber auch im Diskurs versuchen.

    gut, dass Sie mir meine kleine Anmerkung nicht übel genommen haben. Klar bevorzuge auch ich die Diskussion. Aber \"Kampfgabel\" hat auch etwas. Sehr schön.

    Schöne Grüße
    sendet
    B. Sommerhäuser