Verrechnung von strittigen Beträgen

  • Hallo Forum,
    ist eine Verrechnung von bereits gezahlten (nach Meinung der KK fälschlicherweise) Beträgen mit unstrittigen Fällen zulässig???
    Der MDK hat es einmal begutachtet und jetzt bekommen wir ein Ultimatum zur Rückzahlung oder Verrechnung. Für mich ist der Fall aber noch nicht abschliessend geklärt.
    Danke für gute Hinweise.
    :kong:

    Viele Grüße aus Sachsen
    D.Zierold

  • Hallo ihr da draussen,
    ich muss das Thema noch mal aufwärmen!
    Wir werden doch nicht das einzige Krankenhaus sein dem so etwas untergejubelt wird??? Oder?!?!?!
    Hat jemand Erfahrung und Tipps???
    :chicken:

    Viele Grüße aus Sachsen
    D.Zierold

  • Schönen guten Tag Frau Zierold!

    Nach BGB §§ 387 ff ist eine Aufrechnung prinzipiell möglich:

    Zitat

    BGB § 287

    Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.

    Da die Krankenkasse der Ansicht ist, dass Sie ihr die Rückzahlung schulden, wäre also die Aufrechnung rechtens, wenn Sie nicht widersprochen hätten. Denn:

    Zitat

    BGB § 390

    Eine Forderung, der eine Einrede entgegensteht, kann nicht aufgerechnet werden.

    Ich bin kein Jurist und kann leider nicht 100prozentig beantworten, ob und inwieweit diese Regelungen auch für das eigentlich dem Sozialrecht unterliegenden Verhältnis zwischen Krankenhaus und Krankenkasse anwendbar sind. Ich gehe aber davon aus, dass dies so ist, so lange es keine andere Regelung im SGB gibt (weiß ich leider auch nicht sicher, aber ich habe keine gefunden).

    Ich bin jedoch aufgrund der zitierten Paragrafen der Ansicht, dass die Kasse nicht aufrechnen dürfte, solange Sie widersprechen. Auch die Krankenkasse wäre dann auf den Klageweg angewiesen.

    Durchsetzbar wäre diese Ansicht, auch wenn sie juristisch einwandfrei sein sollte, jedoch vermutlich auch wieder nur gerichtlich! Bleibt wohl nur, die Krankenkasse aufrechnen zu lassen und dann sozialrechtlich (oder bei privaten privatrechtlich) zu klagen.

    Andere oder Ergänzende Meinungen erbeten!!! (Lesen denn hier wirklich keine Sozialjuristen mit? )

    Schönen Tag noch,

  • Da ich auch kein Jurist bin, muß ich mich auf die Äußerung eines Juristen bei einer Tagung zum Thema beschränken. Sinngemäß sind Voraussetzung für eine Aufrechnung Gegenseitigkeit und Gleichartigkeit der Forderung. Die Gleichartigkeit ist ihm zufolge jedoch nicht gegeben, da die Kassenforderung nicht vollwirksam ist, die des Hauses schon.

    In der Hoffnung, das Zitat sinngemäß und korrekt wiedergegeben zu haben...

    Viele Grüße,

    V. Blaschke

    _____________________
    Dr. med. Volker Blaschke

  • Hallo Frau Zierold (sorry),

    im folgenden zunächst eine Äußerung des BMGS:

    Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit und soziale Sicherung vom 26. September 2003. In diesem Schreiben stellt das BMGS auf Seite 3 wie folgt klar:

    „Der 3. Senat des Bundessozialgerichts hat sich in seinem Urteil vom 23.07.2002 (B 3 KR 64/01 R) zur Fälligkeit von Krankenhausrechnungen geäußert.(...) Vielmehr können die Krankenkassen Einwendungen auch noch nach Bezahlung der Rechnung geltend machen und eine Erstattung zu viel gezahlter Beträge – auch im Wege der Aufrechnung gegen spätere Krankenhausrechnungen – verlangen.“

    Nähere Einzelheiten sollten sich dazu in den Landesverträgen gem. §112 SGB V finden. Diese sind z.T. für die BL ja sehr unterschiedlich. Insbesondere wird beim Recht zur Aufrechnung unterschieden, ob rechnerische oder sachliche Beanstandungen der KK vorliegen. Also mal den §112 für Ihr Bundesland genau studieren und die KG fragen.

    MfG

  • Hallo, Frau Zierold(Herr Schäfer: nach dem Bio-Zeichen müsste das gelten),

    Herrn Schäfer kann ich hier im vollem Umfang Recht geben.

    Anders wäre es meiner Ansicht ja auch schlimm. Es kann ja nicht sein, dass ich aus formalen Gründe widerspreche und damit schon eine Rechtssituation zu meinen Gunsten herstelle. Siehe auch dazu das Schikaneverbot des § 226 BGB.

    Gruß
    Dieter R
    MA einer KK

  • Schönen guten Tag allerseits und insbesondere DR!

    Ich denke schon, das eine Aufrechnung grundsätzlich möglich ist. Im Gegensatz zu Herrn Blaschkes Aussage denke ich schon, dass die Forderungen gleichartig sind (nämlich Geld). Allerdings sehe ich auf Grund des oben zitierten § 390 die Möglichkeit der Aufrechnung nur im gegenseitigen Einverständnis. Sobald eine Einrede besteht, ist die Aufrechnung (eigentlich) nicht mehr möglich.

    Dem widerspricht meiner Ansicht nach auch das Zitat des BSG nicht, denn es geht ja von einer berechtigten Rückforderung der Krankenkasse aus.

    Schönen Tag noch

  • Hallo und vielen Dank für die Tipps.
    Ich bin jetzt ein bisschen schlauer.

    (==> Hr. Schaefer: eine Landesvertrag nach §112 gibt es in Sachsen leider nicht. P.S.: Ich glaube auch nicht mehr daran je einen lesen zu dürfen ...)

    Interesant wäre noch wie das Problem praktisch gehandhabt wird - egal ob es nun rechtens ist oder nicht.
    Ignorieren und Widerspruch aufrechterhalten? Oder Klagen alle fleissig im Lande auf und ab??

    :jaybee:

    Viele Grüße aus Sachsen
    D.Zierold

  • Hallo, Herr Schaffert,

    was ist denn eine berechtigte Forderung? - Das ist im Übrigen ein Problem, wie es im BGB immer wieder auftaucht. Das BGB ist meisterhaft angelegt in seiner offenen Gestaltung, setzt aber immer die Evidenz des objektiv Richtigen voraus. Oft genug kann dann eben nur der Richter entscheiden, ob die Einrede substanziiert ist. Also, ich kenne durchaus Fälle, wo nur noch so etwas wie: Nein, doch, nein, doch.... ausgetauscht wird. Da sehen wir nun die Argumentationskette als beendet an. Irgend wann muss man ja einmal zu Potte kommen.

    Hallo, Frau Zierold,

    ohne Ihren Kollegen vorgreifen zu wollen. Die Entscheidung wird Ihnen wohl keiner abnehmen können. Ich denke, dass nur Sie entscheiden können, wie sauber der Fall aufgestellt ist. Wenn es Ihnen ums Prinzip geht, sollten Sie darüber nachdenken, um Sie am Ende lediglich als \"Prozesshänselin\" darstehen.

    Gruß
    Dieter R
    MA einer KK

  • Sehr geehrter Herr Schaffert,

    es ist klar, daß hier Geld gegen Geld aufgerechnet werden soll, aber das war nicht mit \"gleichartig\" gemeint. Nach Aussage des vortragenden Juristen bezieht sich dies hierbei auf die Unstrittigkeit der Forderungen. Die Forderung des Hauses mit Erstellung der Rechnung ist zunächst unstrittig, da dies im 112er Landesvertrag so geregelt ist, d. h., die Kasse hat zu zahlen, und zwar ohne Abzüge, Verzögerungen usw. Sie kann also nicht ihrer (!) Meinung nach zu Unrecht vorher gezahlte Gelder mit einer solchen Rechnung aufrechnen.

    Sofern in einem strittigen Fall das MdK-Verfahren abgeschlossen ist und von beiden Seiten akzeptiert ist, müßte dann konsequenterweise allerdings eine Aufrechnung möglich sein. Frau Zierolds Frage bezog sich auf einen noch strittigen Fall, und damit scheidet nach meiner Interpretation eine Aufrechnung aus.

    V. Blaschke

    _____________________
    Dr. med. Volker Blaschke

  • Schönen guten Tag DR!

    Zitat

    Original von DR:
    Oft genug kann dann eben nur der Richter entscheiden, ob die Einrede substanziiert ist. Also, ich kenne durchaus Fälle, wo nur noch so etwas wie: Nein, doch, nein, doch.... ausgetauscht wird.

    Nocheinmal:

    Zitat

    § 390 BGB
    Eine Forderung, der eine Einrede entgegensteht, kann nicht aufgerechnet werden.

    Da steht kein Wort davon, dass die Einrede substantiiert sein muss. Die Konsequenz dieses Paragrafen ist - natürlich sind wir uns da einig, Herr Blaschke - dass eine Aufrechnung nur im gegenseitigen Einvernehmen möglich ist.

    Zitat

    Original von DR:
    Irgend wann muss man ja einmal zu Potte kommen.

    Dann müssen eben auch einmal die Krankenkassen ihr Geld einklagen und bis zum Ende des Verfahrens warten! Wenn sie Recht bekommen, dürfen sie ja dann auch die üppigen Verzugszinsen mitnehmen. Warum soll es nur den Krankenhäusern so gehen? Im übrigen dürfen die Krankenhäuser auch nicht ihre Forderungen an die Kassen gegen die Arbeitgeberanteile der Beiträge aufrechnen (Ich habe dafür zwar keine Quelle, aber soviel ich weiß, wurde dies ausdrücklich verboten).

    Es darf nicht vergessen werden, dass es zunächst die Krankenkasse ist, die gegen eine berechtigte Forderung (die laut BSG eine unmittelbare Folge der Entscheidung des Krankenhausarztes zur stationären Behandlung ist) Einrede erhebt. Wie sieht es denn da mit der Substanz aus?

    Schönen Tag noch,