Welcher Erlösanteil steht mir zu ?

  • Hallo Zusammen -

    eine Frage, die mir ( als IT Spezialist ) öfter gestellt wurde :

    Ist es möglich, schon bei der Beauftragung einer Leistung, den wahrscheinlichen oder voraussichtlichen Erlösanteil für den Leistungserbringer darzustellen ?

    Beispiel : Der behandelnde Arzt fordert aufgrund seiner Anamnese - mit einer entsprechenden ICD Kodierung versehen - eine Röntgenleistung an. Am besten natürlich digital.

    Der Wunsch wäre :
    Der Radiologe erhält neben den Patienteninformationen und den angefordereten Leistungen gleich eine Darstellung der Erlösanteile, die Ihm für die Erbringung der angeforderten Leistungen zustehen.

    a. Ist das grundsätzlich überhaupt denkbar ? D.h., stehen schon mit Festlegung einer Erstdiagnose die entsprechenden Erlösanteile für medizinische Leistungen fest ?

    b. könnte diese Information vom führenden KIS an das Subsystem übermittelt werden ? oder müßte

    c. das Subsystem diese Erlösinformation selbst hinterlegt haben bzw. bei einem Groupingsystem ( tagesaktuell ) abfragen ?

    Viele Grüße
    RISMATIK

  • Hallo RISMATIK,

    eine verbindliche Regelung, wie ein Krankenhaus mit den Erlösen, z. B. im Sinne einer internen Budgetierung, umgeht, gibt es zwar nicht. Aber vorstellbar wäre eine Aufteilung der Erlöse auf die Leistungserbringer über sog. Cost-Weights. Die Frage ist, ob die eigenen Kostenstrukturen zugrunde gelegt werden, oder ob man sich am Kalkulationsdurchschnitt der InEK-Daten orientieren will.

    Die Ermittlung von GOÄ-Ziffern und -Punkten, die auch dem -> Kalkulationshandbuch zugrunde liegt, ist Ihnen vermutlich bekannt und eignet sich für die Betrachtung der Kostenseite. Für die Erlösseite möchte ich im Folgenden das Konzept der Service-Weights darstellen.

    Egal, welche Methode, es wird sich immer um eine Näherung handeln. Der Anteil am Erlös kann vom Haus selbst kalkuliert werden, s. Kalkulationshandbuch. Dort sind für die verschiedenen Leistungerbringer sog. Kostenmodule vorgesehen, die für jeden einzelnen Behandlungsfall ermittelt und mittels des (für die an der Kalkulation teilnehmenden Häuser um Kostendaten erweiterten) §21-Datensatzes an das InEK gesendet werden.
    Datensatzbeschreibung ebenfalls im Kalkulationshandbuch bzw. aktuell bei G-DRG.de.

    Die der Kalkulationsrunde (des jeweiligen G-DRG-Jahrganges) zugrunde liegenden Kostendaten werden vom InEK veröffentlicht (s. u.), so dass zwei Varianten möglich sind:

    Entweder man hat mehr Vertrauen in die eigenen Daten und kann anhand ausreichender Fallzahlen hauseigene \"Clinical Profiles\" erstellen, d. h. man gruppiert die eigenen Fälle und bildet für gleiche DRGs Mittelwerte der Kostenmodule, oder man vertraut der wesentlich größeren Datenbasis des InEK und bedient sich dort.
    Am 28.11.2003 wurde der -> Reportbrowser für die Kalkulationsdaten G-DRG 2004 veröffentlicht. Vermutlich kommen die aktuellen Daten ebenfalls wieder Ende des Jahres.

    Damit kann man auch als nicht kalkulierendes Krankenhaus anhand der Kostentabellen seine Erlöse aufschlüsseln. Man bildet sog. Service-Weights, d. h. man teilt das Relativgewicht der Einzel-DRG im Verhältnis der Kosten in Relativgewicht-Anteile auf.

    In genau diesen Anteilen wird dann auch der erzielte Erlös auf die Leistungserbringer aufgeteilt.

    Ob z. B. der Erlösanteil Radiologie kostendeckend ist, hängt natürlich davon ab, ob der Basisfallwert hoch genug ist und ob der Radiologe nicht mehr als durchschnittlich viele Leistungen im Einzelfall erbracht hat bzw. wie die hauseigene Kostenstruktur (aktueller interner Punktwert) im Vergleich zum Kalkulationsdurchschnitt ist.

    Dies als Vorbemerkung.

    Nun zu Ihren Einzelfragen:

    ad a) Mit Festlegung der Erstdiagnose steht die DRG leider noch nicht fest, erst mit der Entlassung sind alle notwendigen Daten, z. B. über durchgeführte Operationen, Komplikationen oder Nebenerkrankungen vorhanden.

    ad b) das KIS kann möglicherweise vorläufige Groupingergebnisse abspeichern, letzlich wird es erst nach der Entlassung die abgerechnete DRG an ein Subsystem bereitstellen können.

    Das Vorhalten der Service-Weights (hauseigen oder InEK) ist denkbar, aber ich kenne bisher noch kein KIS, welches die Tabelle vorhält, technisch wäre es aber einfach (s. Daten des Report-Browsers).

    ad c) wo die Tabellen hinterlegt werden, ist technisch gesehen egal, ich würde Sie zentral im KIS oder MIS vorhalten und lieber vom Subsystem (meinen Sie ein RIS/PACS mit Leistungserfassung?, andere Leistungsbereiche mit eigener Leistungserfassung? ) die Leistungsdaten herkömmlich nach Einzelleistungen, z. B. GOÄ-Ziffern mit Standardpunkten oder eigener Kalkulation bewertet als interne Kosten an das KIS-System bzw. Managementinformationssystem (MIS) zurückmelden.

    Letztlich kann dann im MIS für jedes Kostenmodul bzw. jeden Leistungserbringer eine Gegenüberstellung von Kosten und Erlösen erfolgen.

    Mit freundlichen Grüßen

    [center] Bernhard Scholz [/center]

  • Vielen Dank für die ausführliche Beantwortung,Hr.Scholz.
    Ist sehr hilfreich bei den Diskussionen, in welchem IT System eigentlich welche Daten gepflegt werden ( sollten ).

    Eine Zusatzfrage : Wie Sie richtig annehmen, werden ja in den meisten RISystemen die Leistungen nach GOÄ / EBM oder auch Hauskatalogen erfasst.

    Im Sinne der Gegenüberstellung Kosten - Erlöse macht das ja auch durchaus Sinn. Die Frage ist : Machen die Leistungsbewertungen nach diesen Gebührenordnungen ( für stationäre Patienten )zukünftig überhaupt noch Sinn? Oder wird es - resultierend aus den Erfahrungen der INEK - auch dort eine Bewertungstabelle geben, die den DRG Erlösen näher steht ?

    Viele Grüße
    RISMATIK

  • Hallo RISMATIK,

    die Leistungserfassung nach GOÄ/EBM macht m.E. durchaus Sinn, z.B. für die Kalkulation von einzelnen DRGs und die interne Leistungsverrechnung.
    Im Augenblick baue ich eine interne Leistungsverrechnung in unserem Haus auf.
    Die Dienstleister (Radiologie, Labor, etc.) erfassen ihre Leistungen patientenbezogen. Für jede Leistung ist eine Bewertung nach GOÄ hinterlegt. Die Punkte je Leistung sind ein Maßstab für den Aufwand je Leistung.
    Am Ende einer Auswertungsperiode kann man aus den Kosten des Dienstleisters und der Summe der erfaßten GOÄ-Punkte einen hausinternen Punktwert berechnen und ihn ggf. für die Verwendung in der nächsten Abrechnungsperiode anpassen.
    Für jede Leistung können nun aus der Anzahl GOÄ-Punkte x interner Punktwert die internen Kosten berechnet werden. Damit ist es möglich, dem Dienstleister interne Erlöse zuzuweisen. Damit erhält der Dienstleister den ihm zustehenden Teil des DRG-Erlöses. Auf der anderen Seite werden dem Leistungsanforderer (der Station) interne Kosten zugewiesen.
    Nun kann man (ggf. auch schon vor Ende des KH-Aufenthaltes) die internen Kosten dem (ggf. voraussichtlichen) DRG-Erlös gegenüberzustellen.
    Der GOÄ-Katalog ist zwar nicht der perfekte Maßstab, aber in meinen Augen eine gute Grundlage für die Leistungsverrechnung.

    Viele Grüße!
    Hans Heiner Hartenfels

  • Hallo RISMATIC!

    Ich kann Herrn Hartenfels nur zustimmen. Auch wir verwenden die GOÄ als Grundlage der internen Leistungsbewertung. Über bestimmte Ungereimtheiten in der Gewichtung von einzelnen Leistungen muß man hinwegsehen. Hier gilt der Grundsatze: Alle werden gleich \"gut\" oder \"schlecht\" bewertet.

    Die GOÄ bietet Ihnen auch die Möglichkeit Arztanteile direkt nach Erbringung der Leistung auszuweisen. Punktzahl x Punktwert - ausgewiesene Sachkosten (Spalte 5 bzw. 9 GOÄ).

    Mit freundlichem Gruß
    F. Killmer

    Frank Killmer

  • Hallo Forum,

    die interne Leistungsverrechnung über die GOÄ mag für Radiologie und Labor gut funktionieren. Für die Anästhesie und Intensivmedizin (sofern es bei der Verlegung auf die Intensivstation um einen Fachabteilungswechsel handelt) muss dagegen anders vorgegangen werden. Die Anästhesie kann z.B. nach Anästhesieminuten bezahlt werden, die Berchnung bei Fachabteilungswechsel ist noch schwieriger (z.b. Anteil der Belegungstage x Gewichtung der Station).

    Stefan Stern

    Dr. Stefan Stern :sterne:
    Klinik für Anästhesiologie
    Klinikum der Universität München

  • Hallo Forum,

    im Kalkulationshandbuch findet sich unter Datenmodul Kosten folgende Aufstellung:

    [f2]\"Handbuch zur Kalkulation von Fallkosten Kapitel 8: Anlagen
    Version 2.0 – 31. Januar 2002
    Leistungsart
    PT Pflegetage
    PPR Minuten gem. PPR-Einstufung
    GIS gewichtete Intensivstunden
    IS Intensivstunden
    SN gewichtete Schnitt-/Nahtzeit (mit Gleichzeitigkeitsfaktor und Rüstzeit)
    AUK Aufenthaltszeit der Patientin im Kreißsaal
    GEB Anzahl Geburten
    LP Punkte lt. Leistungskatalog
    GD gewichtete Dialyse
    PTD Pflegetage mit Dialyse
    AN Anästhesiologiezeit
    IST Ist-Verbrauch (Einzelkosten)
    bei Verwendung mehrerer Leistungsarten auf Kostenmodulebene, sollen diese mit Komma getrennt hintereinander angegeben werden[/f2]

    Welche dieser \"Leistungsarten\" bzw. Umlageschlüssel für welches Kostenmodul üblicherweise verwendet werden (andere Schlüssel sind aber ausdrücklich erlaubt) findet sich in der Anlage 6 des KalkHB, s. pdf-Anhang). Für Intensiv z. B. gewichtete oder ungewichtete Intensivstunden.

    Mit freundlichen Grüßen

    [center] Bernhard Scholz [/center]

  • Hallo,

    die EBM ist für Laborleistungen ziemlich ungeeignet, da Sie Einzelleistungen bewertet, aber im Regelfall die heutigen Laborautomaten gleich duzende von Werten liefern und die Kosten dieser Kisten auch ganz erheblich von der Auslastung abhängen, da die sehr teueren und aufwendigen Eichmessungen ja täglich erfolgen, also müssten Notfallmessungen und die Gerätevorhaltungen nur dafür auch sehr viel teuerer bewertet werden.

    Kann ja sein, dass das im EBM 2005 besser abgebildet ist, aber ein Erlössystem ist halt kein Kostensystem...

    Grundsätzlich halte ich die EBM für ein Krücke zur Leistungserfassung, nur leider hat halt kaum einer was besseres... zumindest nicht ohne erheblichen Aufwand und ein schlechter Fallbezogener Kostenverteilungsschlüssel ist zumindest besser wie gar keiner....

    Gruß

    Thomas Lückert
    Stabsstelle Medizincontrolling
    Unfallkrankenhaus Berlin