Erhängt und reanimiert - Welche HD?

  • Hallo Forum,
    folgender Fall beschäftigt uns:
    Eine Person wird nach suizidalem Erhängen aufgefunden und erfolgreich reanimiert. Im ersten CCT bereits erhebliches Hirnödem. Pat. wird beatmet, weitere Zunahme des Hirnödem, ohne Einklemmung. Nierenversagen, Kreislaufinsuffizienz trotz entsprechender Therapie. Pat. verstirbt nach 91 Std.= Beatmungsdauer.
    Folgende ICDs:
    T71 Ersticken
    I46.0 Erfolgreiche Reanimation (erste Proteste....)
    G93.1 anox. Hirnschädigung, andernorts nicht klassifiziert
    S06.1 traumat. Hirnödem (irgendwie auch nicht)
    S06.73! Bewußtlosigkeit>24 Std.
    F32.9 reakt. Depression (oder andere psychatr. Ziffer)

    Was ist die Hauptdiagnose?

    Danke.
    P.Dietz

  • Hallo, P.Dietz !

    Tragischer Fall, aber die HD scheint mir eindeutig:
    HD ist die Erkrankung/das Symptom, das nach abschließender Wertung Anlass der stationären Aufnahme war, hier
    T71 Strangulation, in Verbindung mit X84.9! (Suizdiversuch).

    Die übrigen sind Nebendiagnosen.
    Die Reanimation war zunächst erfolgreich - Wiederherstellung des Kreislaufs, so sarkastisch es klingt.
    Schwieriger ist es mit den S06.-- Diagnosen - Suizidversuch durch Erhängen ist natürlich im weiteren Sinne eine erhebliches Trauma, unter S06 fallen aber eigentlich ja die \"echten\" Schädel-Hirn-Traumata z.B. nach Sturz. Insofern wäre m.E. alternativ auch R40.2 und G93.6 möglich.
    G93.1 umfasst offenbar traumatische und nichttraumatische Hypoxien, in den Exklusiva ist das Trauma jedenfalls nicht aufgeführt, also zulässig.
    Auf jeden Fall noch einen Kode aus N17.- (akutes Nierenversagen !) kodieren.
    Auch wenn die Depression zum Suizid führte, war das führende Problem ja das Erhängen. (NB: Die Depression ist als ND vermutlich nicht zulässig, weil wahrscheinlich im Koma keine antidepressive Behandlung oder Diagostik erfolgte....)

    Damit führt der Fall in X64A, unabhängig davon, ob man sich für S06.-- oder die unspezifischeren Kodes entscheidet,

    meint mit herzlichen Grüßen

    Dr. K. Kessler
    Oberarzt Neurologie
    Kliniken Maria Hilf GmbH, Mönchengladbach

    Dr. K. Kessler
    Oberarzt/DRG-Beauftragter
    Neurologische Klinik
    Kliniken Maria Hilf GmbH
    41063 Mönchengladbach

  • Hallo Herr Dr. Kessler!

    Die T81.0 würde ich auch codieren.
    Der Grund der Strangulation (X84.9!) geht die Kasse nichts an.
    Melden Sie auch erfolglose Suizidversuche der Kasse?
    Dies kann für den Versicherten durchaus nachteilige Konsequenzen haben.

    Mit freundlichem Gruß
    F. Killmer

    Frank Killmer

  • Hallo allerseits,

    es gibt m.E. keinen Grund, X84.9! zu kodieren - die Information hat für den Fall abrechnungstechnisch keine Bedeutung, ist aber datenschutzrechtlich sehr fragwürdig! In DKR 1916a wird festgelegt, daß zumindest bei Vergiftungen die Absicht der Selbsttötung nicht zu kodieren sei - warum sollte man bei anderen Formen der Selbstbeschädigung anders kodieren?

    Bei der Frage zur Kodierung des Hirnödems tendiere ich zur S06.1, da es sich hierbei ja doch um eine \"Folge äußerer Ursachen\" handelt und nicht um eine Krankheit.

    Mit freundlichen Grüßen,

    Markus Hollerbach

  • Hallo Forum,
    das Problem ist natürlich wieder mal ein finanzielles - dies mal noch als Nachtrag:

    HD T71 ->DRG X64A, bei uns knapp 1800 EUR (4 Tage Int.-Therapie)!
    HD S06.1 ->DRG B78A mehr als doppelt so viel EUROs (=aufwandsgerecht)
    HD G93.1 -> DRG B67B mit Rg 1,33 irgendwo dazwischen.

    Natürlich sagt Fall- \" Pauschale\", dass im Einzelfall man halt mal Pech hat - aber die Diskussion zeigt wieder das Problem - erst mindestens 2 Ziffern beschreiben das Problem ausreichend (T71 UND (S06.1 ODER G93.1)) - doch was ist die \"wichtigste\" oder \"richtigste\"?
    T71 ist ja schon vorbei (auch wenn wir bei aller Tragik den Rest vom Strick erst im Krankenhaus entfernt haben), und S06.1 (\"traumatisch\" doch deshalb, weil ein von aussen einwirkendes Ereignis - Abdrücken der Carotiden - zum Hirnödem Anlass gibt) ja auch BEHANDELT wird - im Gegensatz zu T71 - und Grund für die Behandlung ist.

    Viele Grüße
    Peter

  • Es sollte ohne Smiley sein, nämlich Fall-\" Pauschale\" heissen.
    Sorry. Und das Bearbeiten des Beitrages wollte nicht richtig.
    ***
    Verstehe ich nicht - Häkchen bei SMILEYs deaktivieren half auch nicht??

    --> Hallo Herr Dietz, wurde korrigiert. Muss wohl irgendwo ein Fehler sein... Gruß B. Sommerhäuser<--

  • Hallo,

    @ Hr. Killmer und Hollerbach

    1. glaube ich nicht, dass es Sinn einer optimalen Weiterentwicklung des Vergütungssystems ist, (heute) erlösunabhängige Diagnosen/Prozeduren \"nur\" aus Gründen des Datenschutzes wegzulassen. Der ICD 10 ist unter strengen Datenschutzaspekten erstellt und zur Übermittlung an Kostenträger zugelassen worden. Wo ist Ihr juristisches Problem???

    2. Ich bezweifele leider Ihre Glaubwürdigkeit im Umgang mit dem Datenschutz. Wenn Sie jetzt böse werden, überlegen Sie sich einfach sehr gut die Antwort auf diese Frage: Wäre die (um bei diesem Fall zu bleiben) X84.9! z.B. schweregradsteigernd - oder wie auch immer erlössteigernd - würden Sie sie dann auch zum Schutz des Patienten weglassen? Würden Sie sich dann noch Gedanken machen um \"nachteilige Konsequenzen\" ? (die können Sie mir übrigens gern mal erläutern, um nicht bei unverhohlenen Unterstellungen zu bleiben!!!)

    3. Wenn Sie die Ursache nicht kodieren, erhält der Versicherte aufgrund der übrigen Diagnosen von der Kasse einen Unfallfragebogen zur Prüfung evtl. Ersatzansprüche, den er im Rahmen der Mitwirkungspflichten nach dem SGB wahrheitsgemäß und vollständig auzufüllen hat! Aus Rücksicht auf den Patienten unterdrücke ich z.B. diesen Bogen, wenn mir die Ursache bekannt ist.

    Also, vielleicht sehe ich das \"mal wieder\" zu sehr aus Kostenträgersicht. Vielleicht erwischen Sie sich aber auch ab und an dabei, den Bogen etwas zu überspannen!?

    Gruß,


    ToDo

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Hallo ToDo

    Ich darf Ihnen versichern, daß auch die Zuordnung eines Schweregrades an unserer Entscheidung nichts ändern würde!

    Schönes Wochenende!

    F. Killmer

    Frank Killmer

  • Guten Tag!!
    Hatte in der Klinik einen ähnlichen Fall. HD T71 ist richtig wobei ich der Patientin die Verletzungen im Halsbereich als ND hinzucodiert habe. Diese vermisse ich hier. Würde die F 32.9 weglassen. Als ND gehören alle Codes hinzu, die bis zum Eintritt des Todes therapierelevant gewesen sind.
    Gruß Wintzer

  • Zitat


    Original von Killmer:
    Hallo ToDo

    Ich darf Ihnen versichern, daß auch die Zuordnung eines Schweregrades an unserer Entscheidung nichts ändern würde!

    Schönes Wochenende!

    F. Killmer


    Damit haben Sie meinen zweiten Punkt widerlegt. Und wenn es wirklich so ist, verzichten Sie meines Erachtens zawr auf Ihnen zustehende Erlöse, aber es ehrt Sie auch!

    Dennoch würde ich gern Ihre Meinung zu den Punkten 1 und 3 wissen.

    Auch Ihnen ein schönes Wochenende,


    ToDo

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Hallo ToDo!

    zu Punkt 3: Wenn der Versicherte Ihnen diese Auskunft erteilt, ist dies seine Sache.

    zu Punkt 1: Die Problematik des Suizidversuchs, greift sicherlich noch nicht bei den GKV\'en. doch private Versicherer könnten versuchen, sich eines \"Risikos\" zu entledigen. Hier könnten m. E. Schadensersatzforderungen des Patienten auf uns zukommen.

    Schönen Abend!

    Mit freundlichem Gruß
    F. Killmer

    Frank Killmer