Personalbedarfsermittlung über DRG / Software

  • Hallo,

    mich bewegt seit einiger Zeit das Problem, mittelfristig unsere Personalbedarfsberechnung von der klassischen Vorgehensweise (Ermittlung via Anhaltszahlen, Benchmarkung etc) konsequent auf die DRG-gestützte Erlössituation umzustellen. Das heißt der Personalbedarf wird sich zukünftig nicht mehr am Aufwand (erbrachten Leistungen) orientieren, sondern der Erlös bestimmt zukünftig unsere Leistungen und unseren Stellenplan.

    Meine konkrete Frage hierzu:
    Gibt es schon erste Erfahrungen hierzu und was gibt der Markt an Software zu diesem Thema her. Habe leider noch nicht sooo furchtbar viel dazu gefunden. Erfahrungen wären hier ganz hilfreich zumal nach meinen ersten Erfahrungen die DRG\'s im Jahresvergleich z.T. sehr hohen Verwerfungen unterliegen. Dies führt aber letztendlich nicht an der Tatsache vorbei, das auch unser Haus mit den DRG-Erlösen leben muß und hoffentlich auch zukünftig leben kann.

    Gruß

  • Hallo,

    leider kann ich Ihnen auch nicht sagen, ob es so ein Softwaregestütztes Tool schon gibt.

    Ich möchte aber darauf hinweisen, dass eine einfache Gegenüberstellung IST in Ihrm Haus, mit dem Soll-Vorgaben des INEK, nicht so ohne weiteres weiterverwendet werden können.

    Zum einen haben Sie ja auch sicherlich \"Überschreitungen der oberen Grenzverweildauer\" hier bekommen Sie einen Zuschlag pro Tag -der zwar in den wenigsten Fällen die Kosten abdecken wird, wohl aber gibt es bestimmte medizinische Indikationen, bei denen eine solche Überschreitung unvermeidbar sein wird. Dies gilt es meiner Meinung nach unbedingt bei einer Personalbetrachtung im Vergleich zu den INEK-Werten mit einzuarbeiten.

    Als zweites könnte es sein, dass bestimmte Leistungen über Zusatzentgelte zusätzlich zur DRG vergütet werden. Zum Beispiel beim Einbau von besodneren Implantaten (ich bin ökonom, und bitte daher meinen medizinischen Unverstand zu entschuldigen)- hier dekcen die Erlöse für die Zusatzentgelte nicht nur die reinen Implantatkosten mit ab, sonderen es werden auch die Mehrkosten des Personals mit vergütet, so dass hier ein weitere Tatbestand, der auch nicht in den offiziell kalkulierten Kosten weiderzufinden ist,Berücksichtigung werden muss.

    Ich hoffe, ich konnte einige Anregungen zu Überlegungen bzgl. dieser Thematik geben

    Grüsse aus Bad Wildungen


    J. Raddatz

  • Guten Tag,

    auch ich möchte mich zunächst der Warnung anschließen, einfach die Kalkulationsdaten des InEK in Sollvorgaben für das eigene Haus umzusetzen. Man möge dabei die Limits bedenken, die die Kalkulation immer noch hat, auch wenn die Datenlage grundsätzlich besser geworden ist.
    Zum praktischen Vorgehen:
    Mir ist auch kein Tool bekannt, das direkt auf die Daten eines Hauses aufsetzt und zwanglos diesen Vergleich pro DRG, pro FA, pro Teileinheit ... möglich macht. Es gibt aber durchaus die Möglichkeit, aus den Daten des DRG-Browsers (Download vom InEK) mit etwas Handarbeit (z.B. Access) verwertbare Crosslinks auf eigene Daten zu bauen. Dabei ist auch das Problem der Zu- und Abschläge lösbar, wenn man auf die effektiven Kostengewichte aufsetzt. So etwas geht dann in allen Bereichen (Personal, Material, Personal- und Sachkosten nicht-medizinischer Infrastruktur).
    Unsere Erfahrungen mit einem solchen Verfahren sind derzeit noch uneinheitlich. Ich glaube, daß man derzeit noch nicht ausreichende Sicherheit hat, damit eine interne Steuerung komplett umzusetzen.
    Ich bin aber grundsätzlich auch der Meinung, daß man in der Erkenntnis, jeden Euro Erlös nur einmal ausgeben zu können, zwangsläufig mit den Vorstellungen des InEK konfrontiert wird und längerfristig ein Umdenken erfolgen muß: von Personalbedarfsberechnung (Frage: wieviel brauche ich?)) hin zu Personalmachbarkeitsberechnung (Frage: wieviel kann ich mir/das Haus sich leisten?)).
    BTW: muß nicht zwingend glücksbringende Erkenntnisse liefern.

    Trotzdem schönes WE,

    Gruß aus DU
    Dr. med. Andreas Sander
    Evangelisches und Johanniter
    Klinikum Niederrhein

  • Hallo Saarlodri,

    grundsätzlich macht es Sinn, die Ausgabensituation der Einnahmesituation anzupassen. Und Personalkosten machen da nun mal den größten Teil aus.
    Flexibilität insbesondere auf Seiten des Personals ist heute gefragt. Jedoch ist Ihr ist Personal ja keine einfache Manövriermasse. Wie gehen Sie mit Belegungsschwachen Monaten/Quartalen um?

    Bei der Personalbemessung müssen Sie sich sicherlich auch an Ihren Möglichkeiten orientieren. Die Bemessung allerdings allein an aktuellen umsatzzahlen zu bemessen ist nicht einfach.

    Sonnige WE-

    Mit freundlichen Grüßen

    D. Duck

  • Zitat


    Original von Dobby, der Hauself:
    Die sind darauf spezialisiert.

    Guten Abend,

    auch wenn an diesem wundervollen Sonntag der laue Abend eher lockt als die Krankenhauswelt:

    ich kann nur nochmals eindringlich :d_neinnein: davor warnen, unreflektiert mit diesen Daten auf die Realität loszugehen. Wer nicht weiß, was er tut, macht damit Pandoras Büchse auf (inhaltliche Erklärung in der Weltliteratur nachlesbar).

    Auch der Verweis auf externe Berater hilft nicht weiter, denn:
    Mit einem externen Berater können Sie nur Problemfelder beackern, die Sie selbst (!) überblicken.

    Aber vielleicht möchten ja die Forums-Mitglieder ihre tollen Erfahrungen selbst machen.

    Gruß aus DU
    Dr. med. Andreas Sander
    Evangelisches und Johanniter
    Klinikum Niederrhein

  • Schönen guten Tag allerseits!

    Ich möchte mich Herrn Sanders Warnung anschließen und darauf hinweisen, dass es sich bei den vom InEK veröffentlichen Kostendaten (DRG-Browser) um Durchschnittskosten der beteiligten Krankenhäuser handelt. Die Übertragbarkeit ist im Einzelfall genau zu prüfen, insbesondere wenn nur bestimmte Kostenarten (z.B. Personalkosten) betrachtet werden.

    Denn die Kostenverteilung kann in einzelnen Häusern sehr unterschiedlich sein: Ein kleines Haus mit wenig Fachabteilungen, dass sich bestimmtes Fachwissen (z.B. Neurologe, Pathologe) konsilarisch \"einkauft\", hat bei bestimmten DRGs möglicherweise weniger Personalkosten, dafür mehr Sachkosten. Gleiches gilt für \"outgesourctes\" Personal, dass zwar die Personalkosten entlastet, die Sachkosten jedoch steigert.

    Ein einfacher Vergleich seiner Kostenverteilungen mit den Kalkulationsdaten mag zwar hilfreich und verlockend einfach sein, darf jedoch noch nicht mit einer DRG-orientierten Personalbedarfsberechnung verwechselt werden.

    Ich wüsnche einen schönen Tag,

  • Hallo und guten Tag,

    es ist natürlich richtig, dass die DRG mit allen ihren Vor- und Nachteilen nur Durchschnittswerte abbildet und damit nur dem virtuellen Krankenhaus grundsätzlich gerecht wird. Aber auch die \"althergebrachten\" Anhaltszahlen sind nichts anderes als Mittelwerte, die im Einzelfall zwar mit hausindividuellen Ansätzen verfeinert werden können, aber im Gegensatz zur DRG eben keine Rückschlüsse auf die Erlösseite zulassen. Langfristig wird auch im KH nur der Überleben können, dessen Erlös- und Kostensituation zumindest ausgeglichen ist und dieser Weg geht m.E. nur über die DRG. Die 2. Variante :strauss: erscheint mir nicht zielführend.

    @D.Duck
    Belegungsschwache Monate: Standardreaktionsmuster sind
    a) Kapazitätsanpassungen durch Schließung von Stationen/ Funktionsstellen
    b) Flexibilisierung bei der Personalkapazität wird zunehmend durch das Instrument des Jahresarbeitszeitkontes realisiert und zum Teil auch durch standortübergreifenden Personaleinsatz. In welche Richtung sich der Personalbedarf im Benehmen mit der DRG Abrechnung entwickeln wird ist seit längerem bekannt (nämlich nach unten). Darüber hinaus arbeiten viele KH\'s seit längerer Zeit in den potenziellen Überhangbereichen mit befristeten Verträgen, welche entsprechend zusätzliche Steuerungsmöglichkeiten bieten.

    So long und einen sonnigen Tag (und bitte das Trinken nicht vergessen), :i_drink:

    Saarlodri

  • Hallo!
    Die Frage ist ,ob man die sämtliche DRG`s zu Sollkosten verdichten kann.
    Denn die Inek-Daten müssen ja zu Sollksoten modelliert werden und können nicht 1:1 üebrnommen werden.
    Dazu lesen Sie Artikel von Ralf Nüssle aus ku 11/2005.
    Schöne Grüße!

  • Hallo Saarlodri,

    ich halte Ihr Vorhaben, wenn überhaupt so durchführbar, so wie meine Vorschreiber für unzweckmäßig und riskant.
    Spontan kam mir die Assoziation der Hirnchirurgie mit einer Kettensäge in den Sinn.

    Da die Daten des InEK - wie erwähnt - Durchschnittsdaten von Uniklinik bis Landkrankenhaus sind und obendrein zumindest teilweise immer noch etwas lückenhaft sein dürften, stellt sich als erstes schon mal das Problem, die Daten auf die konkreten Gegebenheiten an Ihrem Haus zu übertragen. Das allein dürfte in Teilen schon in Spökenkiekerei ausarten.

    Der zweite Punkt ist m.E. die zwar mittlerweile etwas verlangsamte, unstreitig aber noch vorhandene Fluktuation im DRG-System an sich. Wenn ich Ihr Ansinnen richtig verstanden habe, wollen Sie ja das Personal an den DRG-Erlösen orientieren. Mithin stehen Sie also vor der Aufgabe, Ihre Personalstruktur (überspitzt gesagt) jährlich zu verändern. Mal abgesehen von den Problemen, die es mit dem Betriebsrat geben dürfte, wäre eine solche beständige Unruhe im Personalpoool einerseits nicht sonderlich motivationsfördernd und zum Zweiten täte sich damit auch gleichzeitig das Problem sich stöändig ändernder Workflows auf, was wiederum auf Kosten der Qualität ginge, was wiederum die Patientenzahlen beeinflußt..... Sie verstehen vermutlich, worauf ich hinaus möchte.

    Die DRGs sind ein reines Abrechnungssystem. Und so wenig, wie ein Supermarkt seine Personalstruktur primär am Erlös aus dem Verkauf von Lebensmitteln ausrichtet, so wenig taugt m.E. das DRG-System um etwas anderes zu machen, als eben abzurechnen.

    Natürlich muß man seinen Personalbedarf am Erlös orientieren. Aber ich halte es für vernünftiger, anhand der für das Haus vorhandenen Daten konkrete Mißverhältnisse aufzuspüren und individuelle Lösungsansätze zu entwickeln, als zu einem undifferenzierten Rundumschlag auszuholen.

    Kurzsichtige....verzeihung: kurzfristige Lösungen, wie sie immer wieder von Krankenhausträgern gefordert werden, gehen meiner Meinung nach regelhaft nach hinten los.
    Die Balance zwischen einer ausreichenden Personaldecke und Kosteneffizienz zu finden ist sicher nicht einfach. Aber wenn Sie die Vorgaben der Kostendeckung erfüllen wollen, reicht es nicht, irgendwelche gemittelten Kalkulationsdaten zu nehmen, sondern Sie müssen individuell und gezielt Ihre Kostenstrukturen eruieren und ebenso gezielt an die Einnahmen anpassen.
    Und da helfen Ihnen althergebrachte Controllinginstrumente dann eher weiter, als Durchschnittskalkulationen, die allenfallls als grobe Leitlinie taugen.
    Im Endeffekt werden Sie dann auch nicht um eine Mischkalkulation herumkommen, denn alles andere würde bedeuten, daß Sie das ein oder andere Tätigkeitsfeld, das für Sie nicht rentabel ist, abstoßen. Das hat aber u.U. wieder Auswirkungen auf Ihr Image, somit auf die Patientenstruktur und -zahl, sowie auch die Personalstruktur. Denn auch Assistenzärzte wollen etwas lernen - und nicht nur Blinddärme ausbauen.

    Was nützt Ihnen eine InEK-Daten-ausgedünnte Personaldecke, wenn Ihnen die Patienten wegbleiben, weil sie sich nicht mehr wohlfühlen?

    Etwas so komplexes wie die Personalplanung, mit alll ihren Auswirkungen auf Qualität, Image, Workflows etc. würde ich nicht primär an etwas so schwammigem wie InEK-DRG-Daten festmachen. Zumal die Vergangenheit gezeigt hat, daß es im DRG-System viele Knöpfe gibt, an denen mit Begeisterung gedreht wird.

    Just my two Cents.

    Herzliche Grüße,

    N.

    \"Steinigt ihn, er hat ´Jehova´ gesagt!\"

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    zur Info: Es handelt sich hier ja um einen alten Thread. Saarlodri war vor ca. 1 Jahr das letzte Mal im Forum angemeldet. Deswegen werden die Ratschläge wohl nicht ankommen.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau