MDK-Begutachtung durch fachfremden Arzt?

  • Liebe Kollegen,

    als psychiatrisch / psychotherapeutische Klinik hatten wir alle MDK-Begutachtungen in der Vergangenheit von einer Kollegin vom Fach. Die Auseinandersetzungen sind schwierig, aber jedenfalls wird ein gewisses fachliches Niveau nie verlassen.

    Neuerdings bekommen wir wiederholt Anfragen / Gutachten von einer Ärztin für Anästhesie mit Zusatztitel Psychotherapie.

    Irgendwie hab ich im Hinterkopf, wir hätten Anspruch darauf, von einer Fachkollegin (und das heisst in unserem Fall: Ärztin / Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, nichts anderes) begutachtet zu werden. Kann mir jemand weiterhelfen puncto Rechtsgrundlage / Gerichtsurteil in dieser HInsicht?

    Danke und Gruss

    Martin Kleinschmidt

    Dr. Martin Kleinschmidt
    Arzt / Med.Contr.
    Alexianer KH Krefeld

  • Hallo Herr Kollege Kleinschmidt,

    Welche Qualifikation ist von einem MDK-Prüfarzt zu fordern?

    Da haben wir ein unerschöpfliches Thema. Nach meiner Kenntnis soll der begutachtende Arzt beim MDK Facharzt für den zu begutachtenden Fall sein, doch wie weit geht die Definition Facharzt? Zu unterscheiden ist die Einzelfallprüfung nach §§275 SGB V und die Stichprobenprüfung nach §17 C KHG:

    „Schon aus Gründen der fachlichen Kompetenz müssen die eingesetzten Prüfärzte Fachärzte mit abgeschlossener Weiterbildung sein und dürfen nur ihr Fachgebiet betreffende Fälle überprüfen. Es liegt auf der Hand, dass nur ein Facharzt mit gleicher Qualifikation die Behandlungsentscheidungen seines Kollegen im Krankenhaus kompetent beurteilen kann.“ (Quaas, zur Fehlbelegungsprüfung im Krankenhaus NZS 2002 Heft 9).

    Im Buch \"Das Recht im Krankenhaus\" herausgegeben vom Landesverband der Betriebskrankenkassen Baden-Württemberg findet sich eine \"Vereinbarung zum Prüfverfahren des Medizinischen Dienstes nach § 17c Abs. 4 in Baden-Württemberg\". Die Prüfvereinbarung Ba-Wü leitet sich von den gemeinsamen Empfehlungen auf Bundesebene ab (dort § 3 zur Qualifikation der Prüfer). Dies beruht auf einer gesetzlichen Vorgabe. Nach § 17 c Abs. 4 Satz 8 KHG ist näheres zum Prüfverfahren zu vereinbaren, u.a. zur fachlichen Qualifikation der Prüfer:

    § 3 Fachliche Qualifikation der Prüfer
    (1) Eine richtige Bewertung der zu überprüfenden Behandlungsfälle setzt eine entsprechende fachliche Qualifikation der Prüfer voraus….Die Erörterung nach § 2 Abs. 8 erfolgt zwingend in Anwesenheit eines der geprüften Abteilung fachgleichen Facharztes (Gebietsbezeichnung) des MDK vor Ort im Krankenhaus. Eine Berufung auf einen Mangel an ausreichend ausgebildeten Fachärzten kommt nicht in Betracht. ……

    D.h. hier waren die Kassen gezwungen, entsprechende Zugeständnisse zu machen. Macht auch Sinn, weil das Prüfverfahren nach § 17 c schon eine gewisse Außenwirkung hat (siehe dort Abs. 3).

    Diese Außenwirkung fehlt bei der Einzelfallbegutachtung nach den §§ 275 ff SGB V. Die gesetzliche Idee hinter den Einzelfallprüfungen ist ja die, dass die Kasse einen soweit wie möglich zutreffenden Eindruck über die zu prüfende Behandlung erhält. Lässt sie die Sache durch irgendeinen fachlich inkompetenten Menschen prüfen, fällt das spätestens in einem Gerichtsverfahren auf sie zurück mit der Folge Verzugszinsen und Prozesskosten. So halt die Idee. Ergebnis also aus meiner Sicht: wir müssen uns im Rahmen §§ 275 leider auch von mäßig qualifizierten Gutachtern prüfen lassen, haben dann aber mehr Chancen vor dem Sozialgericht.

    MfG

  • Hallo Herr Kleinschmidt,

    ein hilfreiches Urteil zu diesem Thema ist die Entscheidung 14 W 363/02 des OLG Koblenz vom 24. Juni 2002. Hier hat das OLG einem Gutachter die Entschädigung nach dem ZEG verweigert, da er außerhalb seines Fachgebietes tätig geworden ist, was das OLG für unzulässig hielt.

    Daneben lohnt sich, zumindest wenn man ein Zweitgutachten verlangt hat, ein Hinweis auf Ziff 5.1.3 der \"Richtlinien über die Zusammenarbeit der Krankenkassen mit dem medizinischen Dienst der Krankenversicherung.\" Die Richtlinien sehen an dieser Stelle eine Begutachtung durch einen Arzt des selben Fachgebiets wie das des behandelnden Arztes vor.

    Mit freundlichen Grüßen

    Mährmann

  • Zitat


    Original von Maehrmann:
    Entscheidung 14 W 363/02 des OLG Koblenz vom 24. Juni 2002

    Zitat


    Original von Maehrmann:
    Ziff 5.1.3 der \"Richtlinien über die Zusammenarbeit der Krankenkassen mit dem medizinischen Dienst der Krankenversicherung.\"

    Hallo Herr Mährmann!
    Leider habe ich nach beiden von Ihnen genannten Quellen erfolglos gegoogelt. Haben Sie entsprechende Links parat ?

    Vielen Dank schon mal und freundliche Grüße!

    Dr. Peter Leonhardt
    Neurologe
    Arzt für Med. Informatik
    Med. Controlling


    I'd rather have a full bottle in front of me than a full frontal lobotomy

  • Hallo Peter,

    den Volltext habe ich auch nicht, aber die Leitsätze:

    Zitat

    1. Ein Sachverständiger muß im Rahmen der ihm obliegenden Vorprüfung (§ 407a ZPO) ihm bekannte Umstände offenbaren, die Zweifel an seiner Unbefangenheit wecken können (hier: frühere private Tätigkeit für einen Beteiligten). Versäumt er den gebotenen Hinweis und wird er deshalb später erfolgreich wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, so verwirkt er seinen Entschädigungsanspruch, auch wenn ihm nur einfache Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist.

    2. Für die Vorprüfung nach § 407 a ZPO kann der Sachverständige in der Regel keine Entschädigung verlangen, wenn er die erforderlichen Feststellungen ohne nennenswerten Arbeitsaufwand treffen kann.

    Grüße,
    Michael