Palliativmedizin

  • Hallo Forum,
    Fragen an alle Leute, die eine Palliativstation in ihrem Haus haben:
    Wie finanziert sich diese? Über die ganz normalen DRGs (da der OPS ja noch nicht gruppiert)? Rechnet sich das oder ist das ein Zuschussgebiet?
    Oder hat jemand die Palliativstation als besondere Einrichtung ausgliedern können? Wenn ja zu welchen Konditionen?
    Bin dankbar für alle Informationen (gern auch als PN)!

    In der Hoffnung auf :sonne:

    Viele Grüße aus Sachsen
    D.Zierold

  • Hallo Herr Zierold,

    wir haben im Hause seit ein paar Monaten eine Palliativ Einheit, die über die DRG\'s abgerechnet werden. In machnen Fällen rechnet sich dieses in anderen dann wiederrum auch nicht.
    Wir haben noch keine genauen Auswertungszahlen, vom Gefühl her, ist es dann aber wohl doch so, dass die entstandenen Kosten erstattet werden und wir ncht \"drauf\" zahlen müssen!

    Viele Grüße
    casapietra

  • ps:
    Mich würde in diesem Zusammenhang jedoch auch noch etwas interessieren.
    Die Pat. auf der Pallitivstation weisen meistens viele Bösartige Neubildungen auf, die jedoch nicht mehr alle behandelt und weiter diagnostiziert werden. Kann ich diese dann trotzdem kodieren, weil die natürlich im Endstadium mitverantwortlich für den Tod des Patienten waren und somit pflegerischen Aufwand betrieben haben?
    Gruß
    casapietra

  • Hallo, Frau Zierold,
    bisher finanzieren sich nur wenige Palliativstationen über die DRG - genaugenommen wohl keine, denn das ist nicht möglich. Aber es rechnen einige darüber ab. Hierzu gibt es Empfehlungen der DGR, wie bei den meist komplexen Diagnosen vorgegangen werden kann:
    Falls ein Pat. mit mehreren Symptomen, verursacht durch mehrere (mehr al 2) Metastasenlokalisationen und oder Primärtumor behandlet wird, ist der Primärtumor HD, alle Metastasenlokalisationen ND, ggf. auch einzelne Symptome, falls diese ND-Definition erfüllen. Dies trifft auf die meisten Palliativpatienten zu, z.b. exulceriertes Mammaca mit Leber- Lungen- und Peritonealbeteiligung, Atemnot, Leberausfall und Subileus sowie große Wunde.
    Falls zwei Metastasenlokalisationen oder Primärtumor und eine Metastasenlokalisation Symptome verursachen, gilt die Auswahl nach Resourcenverbrauch. Z.b. Exulceriertes Mammaca mit Hirnmetastasen (und Krampfanfällen)
    Falls nur ein Symptom behandelt wird - und der Pat. damit wirklich stationär auf einer Palliativstation ist (selten) wird die dafür verantwortliche Metastasenlokalisation kodiert. Z.B. exulceriertes Mammaca.
    Immer aber die Z515 mitkodieren (um die Pat. hinterher herausfischen zu können).
    Die Kasse hakt immer dann nach, wenn eine andere HD weniger Erlös bringen würde. Ich habe es bei über 1000 Fällen noch nie erlebt, dass eine Korrektur hinterher mehr Erlös bedeutet hätte - es geht also nie um die Sache.
    Rechnen tut sich das, wenn Sie mehr als 20 Betten haben und sehr gut dokumentieren bzw. kodieren. Die meisten kleinen Palliativeinheiten (weniger als 8 Betten) werden mit 20 - 30% Verlust rechnen müssen. Ob das über Spenden finanzierbar ist, weiß ich nicht. Es gibt einige Einrichtungen, die den Weg der \"gesonderten Einrichtung\" gegangen sind. Da weiß ich leider nicht, ob die am Ende besser dastehen.
    Problem der Palliativpatienten ist, dass die Aufenthaltsdauer nicht oder kaum beeinflussbar ist. Bei einem Anteil von 50 - 60% Sterbenden - Herr Selter möge bitte den zynischen Ausdruck entschuldigen- ist die DRG-verträgliche Verweildauer schwer kalkulierbar. Seit 2005 kommt noch die noch weniger kalkulierbare Gruppe der \"Kurzlieger\" dazu (bei uns ca. 10 - 15 %, die innerhalb 24 h versterben, und wo wir dann mit den Kassen über eine ambulante Abrechnung streiten müssen).
    Mann kann genau erkennen, dass im DRG-System die Onkologen wenig zu sagen hatten. Beispiel: Pat. mit Ileus - schwer krank, viel Aufwand (z.B. häufiges schwallartiges Erbrechen, Bett frisch, Antiemetika, usw) - eine \"konservative Therapie\" ist da nicht vorgesehen, das Relativgewicht relativ tief und die MVD auch. So jemand wird in den Köpfen der DRG-Väter entweder operiert, oder er hat keinen Ileus, denn wo gibts denn sowas, dass ein Ileus nicht operiert wird! Dieses Dilema ist übrigens unabhängig von dem Primärtumor. Und da die Palliativpatienten (fast) alle nicht operiert werden, greift das Argument der Fallpauschale nicht, denn es pauschlisiert sich nichts. Wir haben eine \"Negativselektion\" an Patienten - was die DRG betrifft.
    Ähnlich ist das mit den konservativ onkologischen Patienten. Da auf Palliativstationen keine Chemotherapüie mehr gemacht wird, gibt es nie Zusatzentgelte. Die Basis-DRG der Tumordiagnosen wurde allerdings 2005 um eben diese Zusatzentgelte gekürzt. Seither ist der Erlös nochmal um ca. 10% gesunken.
    Die DGP ist an der Arbeit und versucht entweder eine entsprechende Gewichtung der OPS 8-982.- zu erreichen (Richtwert mindestens 3!) oder die Palliativmedizin komplett rauszunehmen.
    Womit wir dann ein anderes Problem hätten: Was ist Palliativmedizin? Welche Stationsflure mit Schild \"Palliativstation\" sind auch wirklich eine? Wo sind denn die \"Palliativmediziner\" (es gibt meines WIssens erst 12 anerkannte!), die das Qualitätskriterium einer Palliativstation erfüllen?
    Die OPS ist ja leider schon so \"abgebröckelt\" im Vergleich zu der Vorgabe der DGP, dass wahrscheinlich in vielen Häusern die Ziffer kodiert wird, ohne dass Palliativmedizin gemacht wird. Das ist eben das Problem einer Disziplin, die erst etabliert werden muss.
    Bis dahin versuchen wir, so Kodierregelkonform wie möglich zu arbeiten, dokumentieren so gut wie möglich und hoffen auf Nachbesserung 2006. Der einzige Vorteil: Da die Pat. oft bereits tot sind, wenn die Kasse anfragt, kommen wir m it unserem Widerspruch oft durch.
    Also, nicht verzagen ...
    Gruß aus dem verregneten München
    Susanne
    :roll:

    Susanne in München :i_drink: