schwerwiegende chronische und banale akute Diagnose

  • Hallo,

    wenn bei einem Patienten eine schwerwiegende chronische Krankheit (die aber für sich allein genommen keinen stationären Aufenthalt rechtfertigt) und eine banale akute Erkrankung (die für sich allein genommen ebenfalls keinen stationären Aufenthalt rechtfertigt) zusammenkommen, und der Patient deswegen dann stat. aufgenommen werden muß - was ist dann HD? Per definitionem die akute Erkrankung oder kann man hier von konkurrierenden Hauptdiagnosen ausgehen?

    Konkreter:

    Z.B. akuter oberer Atemwegsinfekt bei kongenitaler myotoner Dystrophie mit Beteiligung der Atemmuskulatur.

    MfG,
    M. Achenbach

  • Hallo Hr. Achenbach,

    in Ihrem konkreten Beispiel der obere Atemwegsinfekt, ND ist dann die myotone Dystrophie.

    Klassisches Beispiel dafür, daß das InEK schnell die wesentlichen Splits erkennen muß, damit solche Fälle ökonomisch abbildbar sind. Wesentlich für die Indikation zur stationären Behandlung sind aber die G-AEP-Kriterien und die Override-Options, nicht so sehr einzelne ICD-Kodes. Das muß man hoffentlich einem Facharzt des entsprechenden Stoffgebietes bei MdK nicht klar machen.

    Hessen, heiter bis wolkig
    Eckardt

  • Hallo Herr Eckardt,

    danke für die prompte Antwort. Im Prinzip kann ich das nachvollziehen, ich will aber zum Einzelfall noch etwas konkreter werden:

    Die Infektion war letztlich eine Otitis media. Der aufnehmende Kollege dachte zusätzlich an eine Bronchitis, nahm das Kind bei einer Hyperkapnie dann auf.

    Letztlich lag eine alveoläre Hypoventilation vor, diese war ex post das Aufnahmekriterium. Würden Sie in Kenntnis dieser Fakten immer noch die Otitis als HD sehen?

    MfG,
    M. Achenbach

  • Hallo Herr Achenbach,

    Zitat

    Letztlich lag eine alveoläre Hypoventilation vor, diese war ex post das Aufnahmekriterium.

    --> es zählt der Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der Entlassung.
    --> alveoläre Hypoventilation HD, falls die DKR erfüllt sind.
    --> wenn nicht wird m.E. die Hyperkapnie HD


    Gruß

    der Eastfries

    N. Richter
    medCo, DRGB, DSB

    \"Haben Sie jemals darunter gelitten, dass sie trotz Ihrer enormen Intelligenz
    von Menschen abhängig sind, um Ihre Aufgaben ausführen zu können?\"
    - \"Nicht im geringsten. Ich arbeite gerne mit Menschen.\"

  • Hallo Eastfries und Kollegen,

    die stationäre Begründung kann ich nachvollziehen, nur wenn Sie die kodieren, aber nicht behandeln, kommt die Anfrage von der KK, ob die chron. Erkrankung überhaupt den :dkr: 2005 ND-Definition entsprechen ?( .
    So ging es uns mit einem sehr immobilen MS-Patienten, der wegen einem akuten Atemwegsinfekt stationär bei uns war. Wir durften schön belegen, was wir alles der ND-Definition entsprechend getan haben (Pflege, Therapie, etc.), mal abgesehen davon, dass der nette Gutachter doch als HD die J20.9 vorschlug (man beachte bei J20.x die Exklusiva :i_baeh: ). Der andre Fall: wir kodieren die stat. Begründung nicht und haben die Anfrage, warum der Patient nicht ambulant behandelt wurde :boom: .

    Fazit: egal wie man´s macht, es kommt eine Anfrage :d_zwinker: .

    Gruß aus Bayern

    Andrea-FS1 :d_v:

  • Hallo,

    im konkreten Fall (übrigens von 2004) hatte der aufnahmende Kollege als eine der Aufnahmediagnosen eine akute Bronchitis kodiert, weil er (fälschlicherweise) annahm, die Atemprobleme hingen damit zusammen. Eine Bronchitis konnten wir im Verlauf ausschließen.

    Die alveoläre Hypoventilation ist aber Folge der Myotonen Dystrophie. Der Patient (1 1/2 Jahre) hatte aus diesem Grunde schon eine Zwerchfellraffungs-OP hinter sich, danach war kein dauerhafter O2-Bedarf mehr da. In der Akutsituation hingegen benötigte der Pat. wieder O2.

    Wir kodierten bei Entl. die Myotone Dystrophie als HD, weil diese als Ursache der resp. Insuffizienz aufnahmeentscheidend war.

    MfG,
    M. Achenbach

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von mach:
    Wir kodierten bei Entl. die Myotone Dystrophie als HD, weil diese als Ursache der resp. Insuffizienz aufnahmeentscheidend war.

    Hallo Herr Achenbach,

    erfolgte denn eine Behandlung der Myotonen Dystrophie? Wenn nicht (und sie werten die resp. Insuff. als Symptom), müssten Sie die respiratorische Insuffizienz als HD nennen. Sollte es nicht als Symptom gewertet werden, sondern als eigenständige Erkrankung (wobei dann die genaue Ursache der resp. Insuff. angegeben werden müsste), wäre dann die Myotone Dystrophie ebenfalls nur ND.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Hallo Herr Selter,

    ja, es erfolgte eine Behandlung.
    [list=1]
    [*]Lagerungsbehandlung (Vorbeugung Dekubitus, es bestand keiner)
    [*]Krankengymnastik (nicht nur Atemgymn. sondern auch Erhalt der Gelenkbeweglichkeit)
    [*]adäquate Ernährung (flüssig-breiige Kost, da aufgrund der Diagnose kauschwach)
    [/list=1]

    MfG,
    M. Achenbach

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Herr Achenbach,

    ich möchte dies zur Diskussion stellen:

    Eigentlich behandeln sie damit nicht die Erkrankung, sondern verhindern (bzw. reduzieren oder kompensieren) Folgeerscheinungen. Hier darf man dann u.U. eine Diskussion mit dem MDK führen. Wie würden Sie dann argumentieren, wenn man Ihnen sagt, dass Sie die Erkrankung nicht behandelt haben und deswegen hier die HD-Zuordnung nicht nachvollzogen werden kann?

    P.S.
    Ich habe Ihnen wegen einer pädiatrischen Frage eine Mail über das Forum geschickt.

  • Hallo Herr Selter,

    Wenn Therapie als rein ursächliche Therapie verstanden wird, haben Sie recht. Aber wäre dann strenggenommen nicht auch die Kodierung einer renalen Hypertonie unzulässig, wenn ich nur den Blutdruck senke?

    MfG,
    M. Achenbach

  • Hallo Herr Achenbach,

    der Vergleich zwischen renaler Hypertonie und der
    Konstellation im obigen Bsp. hinkt etwas, würde ich sagen.
    Wenn Sie den erhöhten Blutdruck bei renaler Hypertonie
    senken, behandeln Sie eine unmittelbare Folge z. B.
    einer renovaskulären Erkrankung. Da man so kausal wie
    möglich kodieren soll, wird die Kodierung \"renale Hypertonie\"
    oder ähnliches lauten, auch wenn bloß der Blutdruck gesenkt
    wurde. Würde man dagegen eine Stenose z. B. der A. renalis
    behandeln (Dilatation, OP), dann wäre die Stenose selbst
    als HD zu kodieren und die renale Hypertonie als ND.
    Gruß
    Ordu