Ausgleichsregelungen

  • Zitat


    Original von Rembs:

    Hallo,
    1) ist es gerecht, wenn begrenzt durch die Budgetierung, das Geld nicht in die Händer der effektivsten Menschen kommt?


    Effektivität heißt doch, beste Leistung zu günstigen Kosten zu erbringen und nicht, jedes Jahr in jeder Fallgruppe die gleichen Mengen zu erwirtschaften. Effektiv ist für mich danach ein Krankenhaus, das es schafft, durch Ausweitung seines Angebotes und/oder Werbemaßnahmen (= Mund-zu-Mund-Propaganda zufriedener Patienten) einen größeren Teil der Patienten an sich ziehen. Warum soll diese Mengenausweitung durch Ausgleichsregelungen bestraft werden? Wir "erzeugen" doch damit keine neuen Patienten, sondern werben sie lediglich anderen (weniger effektiv arbeitenden) Häusern ab.

    Timm Büttner

    Gruß aus Oberbayern

    Timm Büttner

  • Hallo Herr Büttner, hallo Herr Rembs,

    möglicherweise sind Sie gar nicht gegensätzlicher Meinung.

    Sie vertreten offenbar beide den Gedanken, dass das Geld der Leistung folgen sollte und würden deshalb vermutlich auch eine Nachzahlung der Kassen akzeptieren, weil das Krankenhaus so "erfolgreich/effektiv" war und deshalb die ursprünglich gezahlten Entgelte, die auf einer vorläufigen Schätzung beruhten, nicht ausreichen.

    Auch das Gegenteil kann eintreten, also "Misserfolg/Ineffektivität" und Rückzahlung.

    Wir müssen nur aufpassen, dass wir Erfolg nicht mit Anstieg des Casemix verwechseln.

    Zitat

    Original von T_Buettner:Effektivität heißt doch, beste Leistung zu günstigen Kosten zu erbringen und nicht, jedes Jahr in jeder Fallgruppe die gleichen Mengen zu erwirtschaften.
    ... Warum soll diese Mengenausweitung durch Ausgleichsregelungen bestraft werden?

    Wie Herr Büttner bin ich der Meinung, dass Erfolg nicht gleichbedeutend mit Punktlandung ist, sondern durchaus auch bei Unterschieden zwischen Vorjahres- und Jahres-Casemix möglich ist, dass Erfolg sogar überhaupt nichts damit zu tun haben braucht, wie sich der Casemix entwickelt, sondern damit, wie ein KH auf eine Casemix-Änderung kostenmäßig reagiert. Der Casemix wird m. E. überwiegend von außen vorgegeben (Patientenströme, (Ko-)Morbidität, Demographie).

    Auch wenn das KH versucht, die Patientenströme zu beeinflussen, ist entscheidend, dass es im Rahmen seines Versorgungsauftrages die durch die Patienten gestellten Aufgaben wirtschaftlich erfüllt. Das kann bei sinkendem Casemix ebenso gelingen wie bei steigendem. Nicht nur Wachstum, auch Gesundschrumpfen kann Erfolg bedeuten (ein ganz verwegener Gedanke bei all den Wachstumsprophezeiungen, die leider nicht eintreten).

    Mangels einer besseren Definition von "wirtschaftlich" halte ich es für legitim, hier die Abweichung von den Durchschnittskosten als Maßstab heranzuziehen. Und das geht dann sogar bei Einhaltung eines Gesamtbudgets, denn trotz geringerer Kosten darf der "Tüchtige" das an den Durchschnittskosten orientierte Entgelt behalten und wird nicht mit Rückzahlung bestraft.

    Ich weiß, dass dies nur eine Möglichkeit ist, das gedeckelte Budget zu verteilen, aber dieses Spiel könnte ich mitspielen, während Zielerreichung und Punktlandung inzwischen zum Selbstzweck geworden ist und an der Realität der Krankenhäuser vorbeigeht.

    Für die Krankenkassen ist es egal, wie rechnerisch der Kuchen verteilt wird, für die Krankenhäuser aber nicht.

    Zitat


    Original von Rembs:
    ... ist es gerecht, wenn begrenzt durch die Budgetierung, das Geld nicht in die Hände der effektivsten Menschen kommt?

    Herr Rembs, sind Sie mit meiner Interpretation Ihrer Aussage einverstanden oder würden Sie einen anderen Maßstab für Effektivität anwenden? Wie stellen Sie sich die Verteilung des Budgets vor?
    --
    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. Bernhard Scholz
    DRG-Beauftragter
    Kliniken des Landkreises Freyung-Grafenau gGmbH

    [center] Bernhard Scholz [/center]

  • Hallo Herr Kollege
    Glück Auf aus Gelsenkirchen

    ich glaube der Kollege Rembs, ich und Weitere bedürfen mal einer direkter Aussprache. Wann kommen Sie demnächst ins "Revier".
    Das wäre doch mal ein starker Aufhänger für den so oft geforderten "Stammtisch".

    Gelsenkirchen, kein Niederschlag seit 22 Std.
    --
    Michael Kilian
    Med. Informations-u. Qualitätsmanagement
    Evangelische Kliniken Gelsenkirchen

    Michael Kilian

    • Offizieller Beitrag


    Tolle Idee, ich bin dabei

    Gruß
    Eberhard Rembs
    Bochum

  • Hallo Forum, hallo Herr Rembs,

    da ist mir eine Anzeige über den Weg gelaufen, die mich an ein in diesem Thread vor drei Wochen diskutiertes Thema erinnert. Ich meine das hier:

    <rembs>
    Der Motorradfahrer oder Bungee-Springer (nicht der Diabetiker) zahlt z.B. 25% der DRG eigenfinanziert
    </rembs>

    Schauen Sie sich doch mal diese Anzeige an:

    http://www.initiative-gehe.de/kampagne/Motorrad.pdf

    Fragt sich natürlich, wer hinter dieser Kampagne steckt und mit wem man da ganz schnell unwissentlich unheilige Allianzen eingeht:

    Es ist die "Initiative GEHE" (http://www.initiative-gehe.de), in der Pharma- und Apothekenlobby dafür plädieren, in der Gesundheitspolitik bloß nicht am falschen Ende (bei Ihnen) zu sparen.
    Dafür hetzt man gerne auch mal die Mehrheit gegen ein paar alberne Minderheiten auf, weitere Beispiele:

    http://www.initiative-gehe.de/kampagne/Freeclimber.pdf

    Mich besonders ärgernd:
    http://www.initiative-gehe.de/kampagne/Paraglider.pdf

    Und für unsere Berlin-Fahrer: ;)
    http://www.initiative-gehe.de/kampagne/Alkohol.pdf

    Liebe Pharmafritzen, mal abgesehen davon, wie moralisch fragwürdig es sein mag, einem Kranken oder Verletzten seine eigene Schuld an seinem Unglück nachweisen zu wollen (weiter oben im Thread diskutiert), eine ganz sachliche Frage:
    Welche der folgenden Maßnahmen ist wohl geeigneter, für eine spürbare Senkung der Gesundheitsausgaben zu sorgen?

    a) Eigenbeteilgungen für Risikosportler
    b) Die überfällige Einführung der jahrzehntelang von Ihnen bekämpften Positivliste, die sicherstellen könnte, dass die Krankenkassen nicht mehr für erwiesenermaßen unwirksame Pharmaka blechen müssen?

    alternativ auch gerne c) Die Abschaffung der mittelalterlichen Zunftordnung für Apotheker und die Zulassung moderner Vertriebswege für Arzneimittel oder, oder, oder

    Freundliche Grüße

    Christian Jacobs

    • Offizieller Beitrag


    Hallo Herr Jacobs,
    kurze Antwort -zunächst- da direkt angesprochen:

    Ich stehe nicht hinter dieser Kampagne!!!


    Sie gehören nicht zu einer albernen Minderheit!!


    Schönen Gruß
    E. Rembs

    • Offizieller Beitrag


    Hallo Herr Jacobs,
    da haben Sie ja eine "tolle" Internet-Seite gefunden, Glückwunsch!

    Die pdf Beispiele mussen von jedem anständigen Menschen abgelehnt werden, hier werden Wahrheiten und Halbwahrheiten vermischt. Es wird an niedere Instinkte appeliert (Neid und Mißgunst).


    Über eine Eigenbeteiligung nachzudenken und auf sachlichem Niveau zu diskutieren muß erlaubt sein, mit diesen Anzeigen wird jedoch polarisiert und unzulässig polemisiert.


    Unter ökonomischen Gesichtspunkten ist das Geld für die Anzeigenschaltung, meiner Meinung nach, als Verschwendung zu werten (Finanzierung über welchen Etat? Spenden, steuerlich abzugsfähig?????)


    Schöne Grüße

    Eberhard Rembs

  • Na das ging aber fix...

    Die o.g. Links funktionieren bereits nicht mehr, wen's interessiert, der kann aber unter

    http://www.initiative-gehe.de/kampagne/motiv2.pdf

    (und analog motiv1, 3 und 4)

    die Plakate der Kampagne ansehen.
    Ich vermute mal, dass - obwohl mydrg.de natürlich unzweifelhaft die lesenswerteste Website überhaupt ist - eher nicht dieser Thread für den plötzlichen Tod der Gehe-Aktion verantwortlich ist.

    Schönen Morgen allerseits

    Christian Jacobs

  • ?( ?( ?( Lieber Herr Rembs,

    ich möchte mal was zum Thema "Markt" ablassen:
    Den Markt im Gesundheitswesen bestimmt leider nicht der Kunde, wie üblich, sondern p******er Weise der Anbieter, sprich der Arzt (auf jeden Fall in dem riesigen bereich Elektivmedizin). Ernsthaft: in der Urologie kann man natürlich jede Hydrocele ambulant operieren. Wenn man dies jedoch macht, wird die einzelne Hydrocele vielleicht nur noch die Hälfte von der stationären Operation kosten. Aber es werden mindesten 10 mal so viel Hydrocelen operiert!!!! Weil bisher jeder Urologe beruhigend zu einem alten Herrn (Gruss an Opa Krause) sagt: "Na da machen Sie sich mal keinen Sorgen, das ist nur ein bisschen Flüssigkeit, das tut nicht weh und es stört doch auch nicht, oder?" Und Opa Krause findet (in Angesicht eines 3-tägigen Krankenhausaufenthaltes...) , das es wirklich nicht stört. Kann es aber der Urologe ambulant machen (und damit Geld verdienen), dann sagt er natürlich: "Ach, kommen Sie, Herr Krause, das sieht doch häßlich aus, das mache ich Ihnen nächste Woche mal gerade in der Praxis weg." Und da ist nichts Unethische oder Verwerfliches oder sonst irgend was dran, das ist normale Betriebswirtschaft.
    Man müßte also Indikationsstellung und Leistungserbringung trennen. Wie wäre es mit Indikationsstellung von Wahleingriffen durch den MDK? Fände ich wunderbar, der MDK würde wieder am Patienten arbeiten, wir könnten den Kassen Leistungen anbieten (denn diese bezahlen ja auch!!!! so läuft es nämlich bei den Rechtsschutzversicherungen: die sehen sich den Fall voher an und entscheiden, ob sie bezahlen oder nicht!!!!). Und mit denen würden wir dann Preise verhandeln, nicht Kosten!!!

    Wenn es alles so einfach wäre wie in der Marktwirtschaft, wäre es nicht so kompliziert (und wenn wir zur Zeit eine florierende Marktwirtschaft hätten, dann wäre auch alles nicht so kompliziert).

    Im Endeffekt ist problematisch, dass wir Ärzte lauter verschiedene Verantwortungen haben: dem einzelnen Patienten gegenüber, dem Solidarsystem gegenüber, uns und unserer Familie gegenüber, den anderen med. Berufsgruppen gegenüber, etc. Über diese Verantwortungen müssen wir mehr wissen, wir müssen sie besser wahrnehmen und uns ihnen stellen. Oder wir müssen das beste Krankenversicherungssystem dieser Welt aufgeben: Dreiklassenmedizin, wir kommen!! (Zwei Klassen haben wir schon)
    Ich werde doch noch Pastorin (rheinisch-katholische....)!!!!! bei dem Predigertenor!!!
    Mit besten Grüßen
    patricia

    :besen: :besen: :besen:
    --
    Patricia Klein

    Patricia Klein