Leberbiopsie ambulant?

  • Hallo Forum,

    wir stehen in Diskussion mit einer Kasse bzw. dem MDK zu folgender Frage:
    Ein 58-jähriger Mann mit bekannter chron. Hep. C wird eingewiesen zur Leberbiopsie. Diese wird im Rahmen einer Laparoskopie durchgeführt. Der Pat. verbleibt 2 Tage stationär.
    Kodiert wird:
    1-694 (Diagnost. Laparoskopie)
    1-551.1 (Leberbiopsie durch Inzision: Nadelbiopsie)
    HD: B18.2 (chron. Virsuhepatitis)

    Abgerechnet wurde die DRG H12B.

    Der von der Kasse beauftragte MDK lehnt die stat. Notwendigkeit mit der Begründung ab, daß die Laparoskopie als \"1-er Ziffer\" im Katalog nach §115 steht.

    Die Leberbiopsie findet sich allerdings nicht im Katalog (wenn ich mich nicht verguckt habe). Wir stehen also auf dem Standpunkt, daß eine Leistung erbracht wurde, die nicht im Katalog zum AOP steht und demnach stationär erbracht werden kann/muß.

    Vom ärztlichen Sachverstand her würde mir eine amb. durchgeführte Leberbiopsie auch reichlich risikobehaftet erscheinen.

    Wer hat Recht?

    Viele Grüße
    NiR

  • Hallop Nichtraucher,

    Sie haben ja recht, wenn Sie meinen eine Laparoskopie mit Leber-PE sei reichlich risikobehaftet. Aber das ist ja nicht das Problem des freundlich Kollegen vom MDK. Der entscheidet ja, wenn das Risiko bekannt ist, da der Eingriff schon stattgefunden hat! Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, dass bisher jemals ein Verfahren gegen einen solch freundlichen Kollegen eröffnet worden ist, wegen fahrlässiger Körperverletzng usw.
    Auf der anderen Seite kommt es auch bei uns immer häufiger vor, dass stationäre Behandlungen, die nicht im Katalog stehen, abgelehnt werden, mit der Begründung, in Risiko und Umfang gleich mit einer Massnahme aus dem AOP zu sein.
    Nachträglich zu begründen fällt immer schwer. Wir versuchen die stat. Behandlung schon im Vorfeld zu klären, was auch nicht immer befriedigend gelingt. Gerade heute habe ich die amb. OP eines Pat. abgelehnt, da die KK die stat. Kosten nicht tragen will! Es handelt sich um ein Thoraxwandlipom, das grundsätzlich ambulant zu entfernen sei! Dass es sich um ein mönströses Gebilde von 20x20x10 cm handelt interessiert keinen. Lipom, nur ambulant.
    Tja, wo wird das hinführen?
    Grüße aus dem Regen Hessens

    schnippler2
    Med. Controller/Chirurg

  • Hallo Nir, hallo Schnippler,

    die Leberbiopsie kann, wie im Netz weitverbreitet nachzulesen, oft ambulant erbracht werden. Es gehört dabei selbstverständlich dazu, daß die Patienten eine gewisse Zeit (4-6h)nachbeobachtet werden. Geht es dem Patienten klinisch gut und liegt auch bei sonogr. Kontrolle nach 6h kein Anhalt für Komplikation/Blutung vor, dann kann der Patient ambulant bleiben. Gibt es begründete und dokumentierte Zweifel z. B. wg unklaren Sonobefundes, dann wird aus der ambulanten Untersuchung eine stationäre Aufnahme. Die unkomplizierte Leberbiopsie ist damit primär ambulant, die auffällige/komplizierte Leberbiopsie wird stationär überwacht.

    Und wenn ein Chirurg vor sich und dem Patienten plausibel begründen kann, warum ein Patient, dem ein großer Tumor entfernt worden ist, besser die eine oder andere Nacht ins KH gehört, dann sollte er dies auch dem MDK gegenüber begründen können. Eine Vorab-Kostenübernahme einfach so auf blauen Dunst wird`s nicht geben. Schon der Versuch, so etwas zu erlangen, deutet doch auf reichliche Unsicherheit bezüglich der stationären Behandlungsnotwendigkeit hin. Mit Bedacht hat doch der Gesetzgeber die Prüfung den Krankenhäusern zugewiesen. Und nicht einem Schreibtischtäter bei der Kasse oder dem MDK. Wie sollte auch die Kasse über den Sinn einer stationären Aufnahme entscheiden können? Die können ledigllich die Plausibilität der Erklärung des Chirurgen prüfen.

    Gruß
    MS

  • Liebes Forum,

    versuchen Sie es mal mit dieser Argumentation:
    1. Eine Leberpunktion stellt einen Eingriff dar, der mit einem erhöhten Risiko lebensbedrohli-cher Blutungen verbunden ist. Dementsprechend empfehlen die Gastroenterologischen Fach-gesellschaften eine postinterventionelle stationäre Überwachung von mindestens 24 Stunden mit engmaschigen Blutdruck- und Pulskontrollen.

    2. Dieser Eingriff ist nicht im der Struktur des „ambulanten Operierens\" zu erbringen, da diese im Katalog nicht abgebildet und damit nicht abzurechnen ist.

    3. Die Möglichkeit einer ambulanten Erbringung sehen wir ebenfalls als nicht gegeben an, da die Voraussetzung einer solch langen postoperativen Überwachung beim niedergelassenen Arzt nicht vorgehalten wird.

    Wenn Sie die postinterventionelle Überwachung sauber dokumentieren, müssten Sie auf der sicheren Seite sein.

    Gruß aus Mannheim
    TW

    Thomas Walter
    Medizincontrolling
    Universitätsklinikum Mannheim

  • Vielen Dank für die Stellungnahmen. Schade, daß die Vorstellungen so weit voneinander abweichen (4-6h / mind. 24h).
    Ich werde trotzdem noch einen weiteren Überzeugungsversuch beim MDK starten.

    (Hallo Herr Walter, schöne Grüße aus dem benachbarten LU)

    NiR

  • Hallo ins Forum,

    hier kommt der medizinische Laie mit Erlebnisbericht:

    Ich \"durfte\" mich aufgrund einer Auto-Immun-Erkrankung im vergangenen Jahr zum mittlerweile zweiten Mal einer Leberpunktion unterziehen.

    Nachdem ich beim ersten Mal (in demselben Krankenhaus zwei Jahre zuvor!) morgens kommen sollte und abends wieder nach Hause durfte (am Tag zuvor war ich vorstationär, nach der Punktion über 5 Std. regelmäßige Kontrollen), sollte ich diesmal um 17.00 Uhr am Montag kommen. Es wurde die \"übliche\" Diagnostik gemacht und das Aufklärungsgespräch vor dem Eingriff geführt.

    Am anderen Morgen um 09.00 Uhr sollte ich punktiert werden. Aus 09.00 Uhr wurde 13.30 Uhr und ich wurde - auf Station zurückgekehrt - regelmäßig überwacht (maximal alle halbe Stunde Blutdruckmessung und allgemeine Befragung nach Zustand, Schmerzen ect.). Um 17.30 Uhr fragte ich, wann ich nach Hause gehen könne. Der Stationsarzt kam und erklärte mir, dass ich 24 Stunden überwacht werden müsse. Meine laienhafte Nachfrage wegen des unterschiedlichen Vorgehens bei gleicher Untersuchung an gleicher Stätte zwei Jahre zuvor empfand er - gemessen an seiner Lautsärke und Wortwahl - wohl als unverschämt. Der Blutdruck wurde noch einmal kontrolliert - um 18.20 Uhr.

    Die Nachtschwester sah ich einmal, als sie sich um 21.00 Uhr vorstellte (ohne mich zu befragen oder den Blutdruck zu messen). Auf meine Frage, ob sie nicht den Blutdruck messen müsse, sah sie in meine Akte und sagte \"Nein, oder geht es Ihnen nicht gut?\"

    Am nächsten Morgen durfte ich frühstücken und um 09.30 Uhr das Krankenhaus verlassen.

    Ich möchte zu den sauberen Beschreibungen, wie alles laufen müsste (und zuweilen wohl den Eindruck suggerieren soll, dass es das in der Praxis auch tut) nichts weiter schreiben, ich wünsche mir von Praktikern nur etwas mehr Unterstützung für die Ausführungen von MariaSchimmer.

    Gruß,


    ToDo


    P.S.: Wer es sich nicht denken konnte. Abgerechnet wurde eine DRG ohne Abschlag, weil ich zwei Belegungstage im KH verbracht habe. Auf die \"normale\" Intervention meiner Krankenkasse wurde ein Bericht an den MDK geschickt, der von 24stündiger Überwachung sprach. Nach meiner schriftlichen Intervention und der Forderung nach der Fieberkurve wurde ohne weiteren Widerspruch die Zahlung storniert und ein Abschlag hingenommen...

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Zitat


    Original von twalter:

    Eine Leberpunktion stellt einen Eingriff dar, der mit einem erhöhten Risiko lebensbedrohli-cher Blutungen verbunden ist.


    Guten Tag,

    nach dem Beitrag von ToDo möchte ich mich heute tatsächlich mal auf seine Seite schlagen. Ich habe in den Jahren 1998 ff. Punktionen zur Kontrolle bei Lebertransplantierten begleitet und in der Tat eine lebensbedrohliche Komplikation erlebt. Diese manifestierte sich (Blutung) allerdings innerhalb relativ kurzer Zeit und wurde entdeckt, behandelt und behoben. Bei einer Punktion sollte heute in der Zeit nach der Intervention (6 h) über eine sorgfältige Evaluation (man denke etwa über die Qualität der Sonographie heutzutage nach) eine Komplikation mit hinreichender Sicherheit auszuschließen sein. Nach meiner Einschätzung ist daher die ambulante Erbringung möglich, sinnvoll und mit der nötigen Sicherheit für den Patienten erbringbar.

    Gruß aus DU
    Dr. med. Andreas Sander
    Evangelisches und Johanniter
    Klinikum Niederrhein

  • Hallo ToDo,
    wie hätten Sie es denn gefunden, wenn man Sie zur zweiten Punktion an einen Ihnen bis dahin völlig unbekannten Niedergelassenen verwiesen hätte, der weder Ihre Krankengeschichte noch die Ergebnisse der ersten Punktion kennt?
    Vielleicht hat das Krankenhaus wo Sie waren keine ambulante Ermächtigung und wie erwähnt steht die Leberbiopsie nicht im AOP-Katalog.

    Es geht oft gar nicht so sehr um die Frage, ob ambulant oder stationär sondern darum, ob das Krankenhaus überhaupt eine Leistung erbringen kann oder (mangels amb. Ermächtigung) gar nicht, auch wenn man dort die Patienten kennt, sie stationär vorbehandelt hat etc.

    Diskussionen über das, was alles ambulant geht, schön und gut.
    Aber dazu gehört auch die Diskussion über eine Zulassung der Krankenhäuser für die Erbringung jeglicher Leistungen!

    Viele Grüße
    NiR

  • Guten Morgen allerseits,


    Zitat


    Original von Nichtraucher:
    Hallo ToDo,
    wie hätten Sie es denn gefunden, wenn man Sie zur zweiten Punktion an einen Ihnen bis dahin völlig unbekannten Niedergelassenen verwiesen hätte, der weder Ihre Krankengeschichte noch die Ergebnisse der ersten Punktion kennt?

    Ach, wissen Sie, ich habe nicht eine einzige Schwester oder einen einzigen Arzt wieder erkannt, die mich bei meiner ersten Behandlung dort betreut haben.

    Wenn ich also entsprechend aufgeklärt worden wäre, dass das ambulant gemacht wird und ich nach 5-6 Stunden Überwachung nach Hause gehen kann (und dass das im Krankenhaus genauso ablaufen würde!!!) hätte ich sicher keine Bedenken gehabt. Im Gegenteil - bei meiner nächsten Punktion (die wohl irgendwann kommen wird) werde ich darauf bestehen! :d_zwinker:

    Zitat


    Vielleicht hat das Krankenhaus wo Sie waren keine ambulante Ermächtigung und wie erwähnt steht die Leberbiopsie nicht im AOP-Katalog.

    Es geht oft gar nicht so sehr um die Frage, ob ambulant oder stationär sondern darum, ob das Krankenhaus überhaupt eine Leistung erbringen kann oder (mangels amb. Ermächtigung) gar nicht, auch wenn man dort die Patienten kennt, sie stationär vorbehandelt hat etc.

    Diskussionen über das, was alles ambulant geht, schön und gut.
    Aber dazu gehört auch die Diskussion über eine Zulassung der Krankenhäuser für die Erbringung jeglicher Leistungen!

    1. Wie bereits erwähnt, hat MEINE Krankenkasse sich mit der Abrechnung als stationäre Leistung (mit einem Abschlag wegen Unterschreiten der uGVD) letztlich einverstanden erklärt. Es ging ja hier um zwei Streitpunkte: zum Einen die Frage ob ambulant oder stationär; zum Anderen um die (mir viel wichtigere) Verweildauer - haben Sie dazu auch eine Meinung, wie der Ablauf hier auf 2 Belegungstage \"gestreckt\" wurde???

    2. Ihre obigen Ausführungen in allen Ehren - aber ich finde eine Argumentation in Zeiten eines finanziell katastrophal ausgestatteten Gesundheitssystems wenig zielführend, die eine teurere Leistung bevorzugt, so lange die günstige (hier ambulante) Durchführung einer Leistung ohne erkennbaren Qualitätsverlust und ohne zwingend erhöhtes Risiko durchführbar ist.

    Und noch eine ganz persönliche Anmerkung:

    Mit Formulierungen wie \"wenn man Sie zur zweiten Punktion an einen Ihnen bis dahin völlig unbekannten Niedergelassenen verwiesen hätte\" erwecken Sie bei mir ganz persönlich den Eindruck, dass dieser niedergelassene Kollege nicht unbedingt annähernd so vertrauenswürdig ist wie ein Krankenhaus (wo man, wie oben beschrieben, nach mehr als einem Jahr auch nicht zwingend das Personal seines Vertrauens wieder findet...). Das wiederum halte ich für bedenklich...


    Gruß,


    ToDo

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Hallo ToDo,

    sicherlich ist die personelle Kontinuität in der Arztpraxis größer. Außerdem hat man immer Facharztstandard, im Krankenhaus nur selten.
    Trotzdem halte ich es für anstrebenswert, dort follow-up-Untersuchungen machen zu können, wo auch die Erstdiagnostik und ggf. -therapie durchgeführt wurde. Dafür gibt es gute und handfeste Gründe. Und warum sollte das teurer sein als in der Arztpraxis?

    Irgendwelche Eindrücke will ich nicht erwecken und ich möchte mir auch keine Meinung unterschieben lassen! Ich würde mich niemals öffentlich darüber äußern, für wie vertrauenswürdig ich die niedergelassenen ärztlichen Kollegen halte. Und selbstverständlich arbeiten sie genauso kompetent und sorgfältig wie die Kliniker.

    Viele Grüße
    NiR