unbehandelte Metastase und unbehandeltes Ca! HD???

  • Hallo alle Zusammen,

    ich habe ein Problem bei der Benennung der Hauptdiagnose im Bezug auf die Kodierung von Metastasen und Primärkarzinom.

    Ein Patient wird aufgrund zunehmender Verwirrtheit in einer Neurologie aufgenommen, mit dem V. a. Hirnmetastasen. Gleichzeitig leidet er unter einem posttraumatischen hirnorganischen Syndrom (Z.n. subduraler Blutung vor 3 Jahren) und einer Alkoholabhängigkeit, welche sich zu einem Alkoholentzugsdelir im Aufenthalt entwickelt.

    Es wird ein C-CT veranlasst, welches die Hirnmetastasen bestätigt. Der Primärtumor ist unbekannt und wird während des Aufenthaltes über ein CT gesichert. Hierbei handelt es sich um ein Blasenkarzinom.

    Der Patient wird zur Strahlentherapie vorgestellt, diese ist jedoch aufrund des schlechten AZ nicht möglich. Des Weiteren wird er urologisch vorgestellt und auch hier ist eine chirurgischer Eingriff aufgrund des schlechten AZ nicht möglich.

    Der Patient wird entlassen, ohne dass eine spezifische Therapie aufgrund des Ca´s oder der Metastasen veranlasst wurde.

    Was ist meine Hauptdiagnose?
    Blasen-Ca?
    Hirnmetastase?

    Vielen Dank schon im Voraus für alle Antworten und Hilfe!


    Vera

  • Hallo Vera,

    ich würde als Hauptdiagnose in diesem Fall das Blasenkarzinom kodieren, da es die \"zugrunde liegende Krankheit\" im Sinne der DKR D002d darstellt. Die Auswahl der Metastasen als Hauptdiagnose käme m.E. nur in Betracht, wenn der Ressourcenaufwand der Metastasendiagnostik deutlich über dem der Primärtumorsuche läge, was im geschildertan Fall ja wohl nicht zutrifft.

    Mit freundlichen Grüßen

    Markus Hollerbach

  • Hallo Vera,liebes Forum,

    ich würde die Hirnmetastase als HD und das Blasen-Ca als ND kodieren.

    Die Aufnahme erfolgte wegen Verwirrtheit> Folge der Hirnmetastasen,diese veranlassten die Fokussuche nach dem Primärtumor(diagn.Mehraufwand).
    Für beide erfolgte keine Behandlung und der Patient wird entlassen zusätzlich wäre noch Z53 und F10.4 Entzugssyndrom mit Delir zu kodieren.

    Mal sehen, wases noch für Meinungen dazu gibt.

    Bin gespannt.

    Schönen Tag noch

    Gruß Lacessere :sonne:

  • Laut DKR 2006, s. 4 (Zuweisung der zugrunde liegenden Krankheit als HD)
    stellen die cerebralen Metastasen die HD dar. Diese wurden als Ursache der zur stat. Aufnahme geführten Beschwerden daignostiziert. Eine Behandlung muss nicht erfolgen.
    Gruß
    Ordu

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    egal in welche Richtung argumentiert wird, mit der DKR D002d kommt man hier nicht weiter. Die Metastasen sind keine Symptome, somit ist dieser Passus gar nicht anwendbar (weder pro noch contra für Metastase oder Primarius).
    Es ist außerdem über die Spezielle DKR 0201e geregelt, wie die HD bei bösartigen Erkrankungen festzulegen ist (somit geht es hier sowieso nicht über die D002d)).
    Es stellt sich hier allerdings das Problem dar, dass nicht behandelt wurde, was die Sache einfacher gemacht hätte. Insgesamt gesehen, kann ich aber hier nur das Blasen-CA als HD sehen. Da die Diagnostik den Primarius erbrachte (und dies in der 0201e auch bevorzugt wird), ist Folgendes in meinen Augen ausschlaggebend:

    0201e Auswahl und Reihenfolge der Kodes
    Die Reihenfolge der anzugebenden Kodes hängt von der Behandlung während des betreffenden Krankenhausaufenthaltes ab. Erfolgt die Aufnahme zur Diagnostik/Behandlung des primären Malignoms, ist das primäre Malignom als Hauptdiagnose-Kode zuzuweisen.

    Letztlich ging es ja darum, den Fall als ganzes diagnostisch abzuklären, hin bis zur Bestimmung des Primärtumors. Eine Behandlung bezüglich der Metastasen erfolgte nicht, deswegen ist dieser Passus schwer anwendbar:

    Erfolgt die Aufnahme nur zur Behandlung von Metastasen, ist/sind die Metastase(n) als Hauptdiagnose-Kode anzugeben und zusätzlich, sofern bekannt, eine bzw. mehrere Nebendiagnose(n) für den Primärtumor (siehe Beispiel 4). (...) Erfolgt die Aufnahme des Patienten sowohl zur Behandlung des Primärtumors als auch der Metastasen, ist gemäß DKR D002 Hauptdiagnose (Seite 4) (zwei Diagnosen erfüllen gleichzeitig das Kriterium der Hauptdiagnose) diejenige Diagnose als Hauptdiagnose auszuwählen, die die meisten Ressourcen verbraucht hat.

    Natürlich kann man aber auch sagen, dass sehr wohl zur Behandlung aufgenommen wurde, dies aber nur einfach wegen des AZ nicht durchgeführt wurde. Allerdings hinkt das etwas, weil der Aufnahmegrund „Behandlung von Metastasen und/oder Primärtumor“ wohl nicht vorgelegen haben kann, wenn man noch gar nicht wusste, was vorliegt (gerade im Zusammenhang mit den anderen genannten Erkrankungen). Wenn man das aber mal gelten lassen würde, wäre nach Ressourcenverbrauch zu gehen und da fällt es mir dann schwer zu unterscheiden.

    Unter Würdigung aller Aspekte und dem Wissen, dass man hier wahrscheinlich bis zum Nimmerleinstag diskutieren müsste (und ich hier nicht ein Sozialgericht bemühen wollte), würde ich mich für das Blasen-CA entscheiden.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Hallo Herr Selter,

    dieser Fall kann gut mit dem Beispiel 6 auf s. 62 vergliechen werden.
    Dieser Pat. wurde auch wegen V. a. Hirmetastasen in der Neurologie aufgenommen, mit dem Unterschied, dass keine spez. Behandlung erfolgte.
    Der behandelnde Arzt sollte jedoch auch in diesem Fall festlegen können, was die HD ist (schliesslich können nicht alles in den DKR geregelt werden, machmal ist auch gesunder Menchenverstand gefragt). Er wird vermutlich die Hirnmetastasen wählen. Letztendlich hat ja die Entdeckung dieser Metastasen die weitere Diagnostik und damit den meisten Ressourcenverbrauch veranlasst.
    Gruß

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Herr Ordu,

    das Beispiel ist ja nun eben nicht (direkt) anwendbar, da keine Therapie erfolgte. Aber ich sagte ja bereits, dass, wenn man den Begriff \"Behandlung\" hier nicht zu eng sieht, nach Ressourcenverbrauch zu entscheiden wäre (was hier ja wohl nicht so einfach ist). Allerdings neigt der MDK dazu, solche Formulierungen exakt zu würdigen und ich unter Würdigung aller Aspekte (siehe oben), mich für das Blasen-CA entscheiden würde. Den gesunden Menschenverstand als Kodierhilfe einzusetzen, würde ich persönlich als \"Off-Label Use\" bezeichnen und kann davon nur abraten. Eigenstudien haben gezeigt, dass hier mit erheblichen Nebenwirkungen zu rechnen ist und dabei noch nicht mal das Therapieziel annähernd erreicht werden kann.

  • Hallo Forum,

    da die Sachlage (wegen der fehlenden Behandlung) in den speziellen Kodierrichtlinien nicht eindeutig beschrieben ist, würde ich mich auf die DKR D002d zurückziehen:
    Nachdem die dem aufnahmebegründeten Symptom (Verwirttheit) zugrundeliegende Krankheit (Metastasen) in diesem Aufenthalt diagnostiziert wurde, sind die Metastasen zu kodieren. Eine Behandlung ist nicht erforderlich.

    Grüße

    Thomas Walter
    Medizincontrolling
    Universitätsklinikum Mannheim

    • Offizieller Beitrag

    Guten Tag Herr Walter,

    es wird schwer sein, die D002d als maßgebliche Grundlage hier ins Rennen zu werfen. In der 0201e ist die Reihenfolge der Diagnosen beschrieben und hier ist keine Behandlung nötig: \"Erfolgt die Aufnahme zur Diagnostik/Behandlung des primären Malignoms, ist das primäre Malignom als Hauptdiagnose-Kode zuzuweisen.\" Letztlich wurde ja nun mal im Aufenthalt die Diagnostik des primären Malignoms vorgenommen und ich habe somit keine großen Schwierigkeiten, das dann auch als HD anzusetzen. Für mich bleibt es der größte gemeinsame Nenner, aber es handelt sich hier um einen Kompromiss. Vielleicht möchte ja mal Jemand die Frage ans InEK weiterleiten? Lasse mich gerne vom Gegenteil überzeugen.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    in diesem Zusammenhang die neue Kodierempfehlung der SEG 4. Danach möchte der MDK dann auch das primäre Malignom als HD kodiert sehen (bzw. CUP-Syndrom, wenn nicht bekannt):

    Kodierempfehlung Nr. 94 (Mehrheitsvotum)
    Schlagworte: CUP-Syndrom, Peritonealcarcinose, Metastasen, Hauptdiagnose
    Stand: 28.06.2006
    Problem/Erläuterung: Aufnahme einer Patientin mit Bauchschmerzen; die Diagnostik ergibt eine Peritonealkarzinose (C78.6 Sekundäre bösartige Neubildung des Retroperitoneums und des Peritoneums). Der Primärtumor kann nicht geklärt werden. Kann das CUP-Syndrom (cancer of unknown primary) als Hauptdiagnose kodiert werden (C80 Bösartige Neubildung ohne Angabe der Lokalisation)? Kodierempfehlung Hauptdiagnose C80, Nebendiagnose C78.6. Nach der ICD-Systematik handelt es sich bei C78.6 um eine sekundäre bösartige Neubildung. Als Grunderkrankung liegt neu diagnostiziert ein CUP-Syndrom vor. Es handelt sich um ein Krankheitsbild, das onkologisch als \"histologisch oder zytologisch gesicherte Metastasierung eines durch die primäre Diagnostik nicht gefundenen Primärtumors\" (Schmoll et al. 2006) definiert wird und somit als ursächliche Diagnose die Hauptdiagnose darstellt. Da die Aufnahme nicht nur zur Behandlung der Metastasen erfolgte, greift hier nicht die Ausnahmeregelung der speziellen Kodierrichtlinien Neubildungen bezüglich der Einordnung der Metastase als Hauptdiagnose (0201e).