Vorgesehene Änderungen zur MDK-Einzelfallprüfung nach dem GKV-WSG

  • Auch Ihnen einen schönen guten Tag Hr. Schaffert,

    dass wir uns und Ihnen viel Arbeit machen ist uns bewusst. Wir wissen es auch wirklich zu würdigen, wenn wir zu den Med-Controllern einen guten Kontakt haben.

    Aber Sie werden mir ja nicht vorschlagen wollen, das Prüfhandwerk einzustellen, oder? Wenn wir die falschen Fälle von vornherein aus den 301er Daten identifizieren könnten, würden wir auch nur diese reklamieren, vielleicht könnten Sie ja zukünftig ein Zeichen an alle Fälle machen, die falsch abgerechnet werden :augenroll:

    Scherz beiseite! Eigentlich hatte ich gehofft, Sie würden auch eine Anmerkung machen zu der erklecklichen Zahl von Fällen, die tatsächlich falsch abgerechnet werden. Aber gut. Eine Regelung wie die geplante ist nur ein weiteres Feld, auf dem KH und KK unterschiedlicher Auffassung sind, welche dann wieder von einem Gutachterdienst, Sozialgericht,...

    Eine wirkliche Weiterentwicklung des Systems sehe ich darin auch nicht.
    :sterne:

    Viele Grüße

    Viele Grüße

    Michael Bauer :)
    Krankenkassenbetriebswirt

  • Liebe Diskutanten,

    Es ist doch einduetig, daß v.a. deswegen Fälle aufwändig werden, weil eben die Prüfroutinen greifen. Die immer wieder bemühte Dunkelziffer (die mir von einem MDK-Arzt mal als Begründung genannt wurde, warum er der Kasse kodierfehler zu unseren Ungunsten nicht nennen würde, wenn sie nicht spezifisch angefragt waren) exsistiert m.E. nicht.

    Andererseits werden eine Flut von Prüfanträgen gestellt, \"weil die Summen so hoch sind\". Auf Nachfrage heißt es dann \"wir müssen das, meine Vorgesetzten, das Bundesversicherungsamt etc. verpflichten uns\" usw.

    Im Falle der Zusatzentgelte und Beatmungsstunden geht das häufig völlig ergebnislos aus. Den Fälle, wo Grenzen überschritten wurden, stehen ebensoviele gegenüber, bei denen noch Anspruch nachgemeldet werden kann.

    Wenn eine Neuregelung allein zur Verringerung der Anfragen bzgl der ZE führen würde, wäre aus meiner Sicht schon eine riesige Aufgabe bewältigt.

    Gruß

    merguet

  • Liebes Forum,

    die Prüfquote ist kein Kriterium. Sinnvoll ist die Gegenüberstellung von Aufwand und Erfolg. Oder die Fehlerquote.
    An der Quote der geprüften Fälle kann man nur ablesen, daß die Kasse dieses Verfahren für sinnvoll und effektiv im Sinne von kostensparend hält. Und auf die Kosten achten, auf die richtige Verwendung der ihnen überantworteten Mittel achten, das ist die vornehmste Pflicht der Kassen. Dieser Pflicht gehen sie nun offensichtlich so effektiv nach, daß die Lobby der DKG nun diesen Passus ins Gesetz einpflegen will. Damit werden die Bemühungen der Kassen, eine sinnvolle und richtige Verwendung der Mittel zu überwachen, unterlaufen. Sie werden auf einmal dafür bestraft, daß sie ihrer Pflicht nachkommen.
    Im Sinne der Zwangs-Mitglieder der Versicherten-Gemeinschaft ist diese Bestrafung der Überprüfung der Mittelverwendung sicher nicht.

    Da dieser Passus aber für alle gleichermaßen gilt, sich also kein Wettbewerbsvorteil für die Konkurrenz-Kasse ergibt, wird das Geschrei klein bleiben, wenn der Gesetzgeber in seiner unendlichen Weisheit hier eine Sonderwirtschaftszone Krankenhaus, zunehmend auch privater Krankenhauskonzern, schafft. Hut ab vor dieser Lobby-Leistung. Die Aktien werden sicher steigen!


    G.

  • Schönen guten Tag Herr Gital,

    Richtig: Wesentlich ist die Gegenüberstellung von Aufwand und Erfolg sowie die Fehlerquote. Die Fehlerquote liegt, selbst bei den hier von Kassenmitarbeitern genannten Zahlen, zwischen 60% und 90%. In den von mir ausgewerteten Fällen unseres Hauses sogar bei ca. 95% der Fälle. Also lediglich 5% der Fälle sind im sinne der Krankenkassen erfolgreich, wobei es da nicht selten um ein paar hundert Euro pro Fall geht (1-2 Tage OGVD-Zuschlag o.ä.).

    Und noch einmal zur Nachhilfe: Die Veränderungen durch die MDK-Prüfung unterliegen der Ausgleichsregelung! In unserem Fall heißt das, dass der Betrag, den der MDK zugunsten der Krankenkassen erzielt, unsere bestehenden Mehrerlöse mindert. Da wir von den Mehrerlösen sowieso 65% zurückzahlen müssen, besteht der langfristige finanzielle Gewinn für die Krankenkassen aus den MDK-Prüfungen lediglich aus 35% dieses Betrages.

    Rechenbeispiel:
    Krankenhausbudget: 20.000 t€
    Ist Erlös ohne MDK-Prüfung: 20.100 t€
    \"Korrektur\" durch MDK: -10 t€
    Ist Erlös nach MDK-Prüfung: 20.090 t€

    Mehrerlös ohne MDK: 100 t€
    Mehrerlös nach MDK: 90 t€

    Mehrerlösausgleiche(65%)
    ohne MDK: -65 t€
    nach MDK: -58,5 t€

    also ohne MDK Prüfung bekommt die Krankenkasse über die Ausgleiche 65 t€,
    nach MDK Prüfung bekommt sie 10 t€ + 58,5 t€ = 68,5 t€
    also lediglich 3,5 t€ mehr!

    Klar, die Liquiditätsbetrachtung bleibt da außen vor, schließlich fließen die Ausgleiche erst Jahre später. Ich glaube dennoch, das dies den wirtschafltichen \"Erfolgsfaktor\" MDK-Prüfung und den ach so verantwortungsvollen Umgang mit den Mitgliedsbeiträgen etwas relativiert.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

    P.S.: Und noch ein wenig Nachhilfe: Nach wie vor befindet sich der allergrößte Teil der Krankenhäuser in öffentlicher oder frei-gemeinnütziger Trägerschaft. Im Gegensatz zu anderen Wirtschaftzweigen - die weit mehr staatlich gefördert werden - ist im Gesundheitswesen (auch bei den meisten privaten Trägern) die Re-Investitionsquote verhältnismäßig hoch. Aufgrund der relativen Personalintensität und nationalen Bindung fließen \"Gewinne\" zu einem erheblichen Anteil in Arbeitsplätze und nur zu einem vernachlässigbaren Anteil in die Renditen der Anleger.

  • Hallo Herr Bauer,

    eine Frage zur Klarstellung: meinen Sie mit \"geprüfte Fälle\" alle Fälle, die vom Krankenhaus abgerechnet werden, oder nur die mit MDK-Begutachtung? Ersteres würde für eine schlechte Kodierung sprechen, letzteres fände ich unauffällig.

    @ Herrn Schaffert: Die Abrechnungsprüfer werden an ihren Ergebnissen gemessen, die Ausgleiche werden über alle Krankenkassen gemeinsam erhoben. Damit hat die Krankenkasse, die am besten prüft, einen klaren finanziellen Vorteil.

    Zitat


    Original von merguet:

    Andererseits werden eine Flut von Prüfanträgen gestellt, \"weil die Summen so hoch sind\". Auf Nachfrage heißt es dann \"wir müssen das, meine Vorgesetzten, das Bundesversicherungsamt etc. verpflichten uns\" usw.


    Ich dachte, dieser Quatsch hätte sich mittlerweile erledigt.

    Zitat


    Original von merguet:

    Wenn eine Neuregelung allein zur Verringerung der Anfragen bzgl der ZE führen würde, wäre aus meiner Sicht schon eine riesige Aufgabe bewältigt.


    Da stimme ich Ihnen völlig zu.

    mfg

    Bern

    ehemaliger Versicherungsvertreter

  • Hallo Bern,
    ich meine damit die geprüften Fälle. Eine Quote von 30 % halte ich nicht für unauffällig. Und wie gesagt - wir sprechen von unseren Top-Häusern, d.h. es geht hier schon auch um Beträge.
    Wünsche einen schönen Tag!

    Viele Grüße

    Michael Bauer :)
    Krankenkassenbetriebswirt

  • Schönen guten Tag Herr Bern,

    Zitat

    Original von bern:
    @ Herrn Schaffert: Die Abrechnungsprüfer werden an ihren Ergebnissen gemessen, die Ausgleiche werden über alle Krankenkassen gemeinsam erhoben. Damit hat die Krankenkasse, die am besten prüft, einen klaren finanziellen Vorteil.

    Vielen Dank für die klare Aussage. Mir ist das schon bewusst. Aber das relativiert doch erheblich die edle Sorge um das Gemeinwohl und zeigt, dass auch die Krankenkassen letztlich nichts weiter als partikuläre betriebswirtschafltiche Interessen verfolgen.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Hallo Herr Schaffert, hallo Forum,

    diese Sichtweise ist für die meisten Beteiligten wahrscheinlich schon wieder zu \"makro\"oekonomisch. :)

    Ähnlich ist es doch mit dem Streitpunkt ambulant/stationär: Nehmen wir die strittigen Fälle ambulant/als AOP, passiert folgendes:

    - \"virtueller\" DRG-Erlös sinkt erst einmal, ebenso die Liquidität
    - es gibt \"echtes\" Geld z.B. für eine AOP ohne Mehrerlösausgleich (die Kostenträger könnten/werden aber später versuchen, diesen \"Mehrerlös\" aus dem Budget herauszunehmen)
    - \"einfache\" Fälle fallen ´raus, der CMI steigt, dadurch sinkt bei gegebenem Budget der Basisfallwert, der Konvergenzdruck sinkt...

    Und was ist jetzt das Ergebnis? U.U. ist es also gar nicht schlecht, die strittigen Fälle als AOP abzurechnen....
    Und das soll man dann mal einem klinisch tätigen Kollegen erklären, der um seine \"stationären\" Fälle kämpfen möchte...

    Gruß, J.Helling

    PS: OK, unsere Berufsgruppe lebt von der Komplexität - so wie dieses Forum :biggrin:

  • Hallo Herr Schaffert,

    Zitat


    Original von R. Schaffert:

    Vielen Dank für die klare Aussage. Mir ist das schon bewusst. Aber das relativiert doch erheblich die edle Sorge um das Gemeinwohl und zeigt, dass auch die Krankenkassen letztlich nichts weiter als partikuläre betriebswirtschafltiche Interessen verfolgen.

    Die edle Sorge um das Gemeinwohl ergibt sich aus unserem Auftrag, an dem wir gemessen werden. Da wir alle nur Menschen sind, die ihrem Arbeitgeber verantwortlich sind, halte ich das auch nicht für schädlich, ebenso wie die Krankenhäuser einem Versorgungsauftrag nachkommen und dafür entsprechend ordentlich Geld sehen wollen.

    Sofern Sie diese Aussage auch gegen sich selber gelten lassen, bin ich damit völlig einverstanden.


    Ebenfalls einen schönen Tag wünscht

    Bern

    ehemaliger Versicherungsvertreter

  • Schönen guten Tag Herr Bern,

    jeder von uns streitet für seine Interessen (bzw. die seines Brötchengebers). Dies ist in einem System, in dem der \"Wettbewerb\" ja gerade gestärkt werden soll, selbstverständlich. Und weder Sie noch ich werfen uns das gegenseitig vor. Somit sind wir uns - abgesehen natürlich von der Bewertung der vorgesehenen Änderungen des § 275 SGB V - durchaus einig.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag