Guten Tag,
man stelle sich ein Krankenhaus vor, das sich entschlossen hat, zur Steigerung der Transparenz im Gesundheitswesen freiwillig den Qualitätsbericht neu zu fassen und im Rahmen der üblichen Wege zu publizieren. Es aktualisiert motiviert alle Daten, überwindet die im letzten Jahr bereits erlebten Hürden und liefert das fertige Dokument im Standardformat (PDF) bei der Annahmestelle ab. Von dort wird dann mitgeteilt, das die Publikation nur erfolgen könne, wenn auch die gleichzeitige Lieferung im XML-Format erfolgen würde. Bei allen Bedenken im KH, daß nämlich die Verpflichtung zur Lieferung als XML-File erst im kommenden Jahr zur Pflicht erhoben wird, wird dennoch eine XML-Lieferung bereitgestellt.
Den erstaunten Mitarbeitern wird dann von der Annahmestelle mitgeteilt, daß man doch bitte das neue Format (wird als 1.2 bezeichnet) zu liefern sei, andernfalls sei eine Publikation nicht möglich. Verwundert über dieses Vorgehen wird diskutiert, daß es sich doch insgesamt um ein freiwilliges Verfahren handele, so daß doch die Lieferung in der für das Folgejahr vorgesehenen Form aktuell auch kaum möglich sei (Spezifikation liegt zwar vor, aktuelle Software liefert nur das alte Format, eine festgeschriebene Regelung gibt es allerdings noch nicht. Wie auch, für ein freiwilliges (!) Verfahren) - seitens der Annahmestelle jedoch kein Einlenken: entweder aktuelles Format oder keine Publikation.
Da die Abgabe auf keinen Fall in der vorgesehen Frist (31.10.) erfolgen kann, wird durch die Annahmestelle großzügig eine Verlängerung gewährt. Wohlgemerkt, wir haben es ja immer noch mit einem freiwilligen Verfahren zu tun, beim dem sich einer der Freiwilligen immer wieder auf Formalia beruft, die der andere Freiwillige einfach zur Kenntnis nehmen darf, denn gegen Formalia kann man sich dann wehren, wenn es klare Regeln gibt. Solche Verfahren sind dann aber häufig eben nicht mehr freiwillig. Hmm.
Auf der Suche nach einem Tool, das die Daten in das neue Format konvertiert, wird die gesamte Republik durchkämmt - mit mäßigem Erfolg. Lediglich einige kommerzielle Anbieter erklären sich, natürlich gegen Entgelt, bereit, das neue Format zu produzieren. Mittlerweile hat sich ein gewisses Zähneknirschen breitgemacht, jedoch soll die gesamte Arbeit der Aktualisierung nicht umsonst gewesen sein.
Der Anbieter macht sich nach Auftragserteilung flugs ans Werk und liefert eine schicke XML-Datei, die an die Annahmestelle abgeliefert wird. Sie wird abgewiesen, wobei interessanterweise nur die Meldung an das KH zurückgegeben wird, nicht jedoch so etwas wie ein Fehlerprotokoll. Wäre auch zu schön gewesen. Suchen ist schließlich immer dann besonders spannend, wenn man noch nicht einmal weiß, wonach man suchen soll. Das Thema QB wird bei interen Besprechungen inzwischen im Bereich von realsatirischen Ereignissen diskutiert. Vorschläge, den Sachverhalt zur Aufbereitung an Ephraim Kishon zu liefern, weil man von dem lange nichts mehr gehört hat, werden laut. Der Anbieter überarbeitet inzwischen sein Werk noch einmal, wobei der nächste Abgabeversuch bei dem bekannten Ergebnis endet. Wilde Mailkontakte aller Beteiligten folgen, denn wir schreiben inzwischen schon Mitte Dezember. Gerüchten zufolge haben in Deutschland bisher etwa 70 KH Erfolg gehabt. Wie das geschehen konnte, bleibt unklar. Bei über 2.000 Häusern läßt sich aber folgern, daß es vielleicht doch nicht trivial ist. Vielleicht haben die 70 KH irgendeinen Zauber entdeckt, den wir bisher vergeblich suchen. Oder haben über unbekannte Rituale mit den Göttern des XML-Himmels Kontakt aufgenommen. Anfragen bei einigen von ihnen lieferten Aussagen wie: \"Tja, das war in der Tat eine spannende Aufgabe.\"
Vier Tage vor dem Heiligen Abend ist das KH keinen Schritt weiter. Die Beteiligten haben schon beinahe aufgegeben. Ihre Kinder lernen inzwischen Gedichte wie:
\"Die Nacht vor dem Heiligen Abend,
da liegen die Kinder im Traum,
sie träumen von schönen Sachen
und von dem Weihnachtsbaum.\"
In Abwandlung diese Klassikers träumen die Beteiligten von der Erzeugung des XML-Files durch das Christkind. In diesem Jahr vermutlich ähnlich wahrscheinlich wie ein Meter Neuschnee in der Weihnachtsnacht im Rheinland. Einen klassischen Schornstein, durch den der Weihnachtsmann flugs einschweben könnte, haben wir in unserem KH leider nicht zu bieten, daher entfällt auch diese Option ersatzlos. Rudolf, das rotnasige Rentier, sieht auch keine Chance, da man Bits und Bytes des XML-Formates nicht auf dem Schlitten festbinden kann.
Eigentlich eine tolle Geschichte, die man später seinen Enkelkindern an langen Winterabenden erzählen kann. Schade nur, daß man (nicht, als wäre das sehr neu) mal wieder im KH Arbeitszeit vielleicht nicht sonderlich sinnvoll investiert hat, über die ich hinsichtlich der Größenordnung in Anbetracht meiner aufkommenden Festtagsstimmung erst vielleicht wieder im neuen Jahr nachdenken werden.