AOP Rechnung für Sterilisation an Patientin wenn Kasse nicht zahlt ?

  • Habe ein etwas heikles Problem:

    Vor 3 Jahren (2004) wurde in unserer Klinik eine laparoskopische Sterilisation durchgeführt aus medizinischer Indikation (Z.n. Sectio, Z.n. tiefer Beinvenenthrombose). Damals hatte angeblich die Kasse mündlich zugesagt, die Kosten zu übernehmen. Die damaligen Klinik-Ärzte hatten sich darauf verlassen und den Eingriff als ambulate OP im Krankenhaus durchgeführt. Die der Kasse übermittelte EBM-Rechnung wurde jedoch zum MDK weitergeleitet, der eine medizinische Indikation darin natürlich nicht sah und mit Verweis auf die Streichung aus dem Katalog der gesetzlichen Kassen die Kostenübernahme für die Sterilisation ablehnte.

    Jetzt hat unsere Verwaltung die Rechnung an die Patientin geschickt, die sich natürlich beschwert und nicht zahlen will.

    Wer hat da den Fehler gemacht ?
    Hätte man sich eine Kostenzusage von der Kasse schriftlich bestätigen lassen müssen, wenn man als Krankenhausarzt von der medizinischen Indikation überzeugt ist. ?

    Bestände überhaupt die Chance, die Kosten erfolgreich bei der Patientin einzuklagen, wenn diese nicht zahlt ?
    (Meine persönliche Einschätzung ist, dass die Patientin sich in gutem Glauben hat operieren lassen, es sei eine Kassenleistung gewesen und ist somit nicht erstattungspflichtig, da sie ja nicht verpflichtet ist, die \"Rechtmäßigkeit\" der vertragsärztlichen Überweisung zur OP zu überprüfen und somit die Klinik Pech gehabt hat. Genauso wie ein Kassenrezept, das trotz unwirtschaftlicher Verordnung eingelöst wird, dem Verschreiber angelastet wird und nicht dem Patienten).
    Wie wird das im Forum gesehen?
    bh

    Ltd. Oberarzt einer Frauenklinik in Norddeutschland

  • Hallo,

    die Patientin wird sich in der Tat, so vermute ich, spätestens wenn sie sich juristischen Rat eingeholt hat, auf das sogenannte Sachleistungsprinzip berufen, demzufolge Vergütungsansprüche des Krankenhauses nur gegenüber ihrer Krankenkasse geltend gemacht werden können.

    Die Krankenkasse wird die medizinische Notwendigkeit der Behandlung bestreiten - sie hat dies ja auch aufgrund einer zwischenzeittlich durchgeführten Beurteilung durch den MDK ja wohl auch getan - und eine Vergütung der Leistung ablehnen.

    Die Erfahrung zeigt meines Erachtens, dass es gerade bei Indikationen, die nicht prinzipiell und nahezu regelhaft \"medizinisch\" begründet sind, die Krankenkassen bezeichnen diese Operationen oftmals sehr salopp als \"life-style-Behandlungen\", ratsam ist, sich vor dem Eingriff eine schriftliche Kostenübernahmebestätigung geben zu lassen. Die Krankenkasse hat ihrerseits dann auch die Möglichkeit, den MDK vorab um eine Beurteilung zu bitten. Dies bringt Sicherheit für alle Beteiligten.

    Gruß

    Der Systemlernende

  • Hallo bh,
    wie begründet der MDK, dass die Sterilisation bei Ihrem Fall nicht medizinisch begründet sei? Die anamnestische tiefe Beinvenenthrombose sehe ich durchaus als Kontraindikation zu OH. Wenn auch andere kontrazeptive Methoden als Alternative nicht zur Verfügung standen (und auch so dokumentiert sind), steht die Indikation zur Sterilisation doch auf sicheren Füßen.
    Gruß

    Dr.Gerhard Fischer
    Medizincontroller/Frauenarzt

  • Hallo Herr Dr. Fischer,
    aus meiner Erfahrung akzeptiert der MDK fast nie, dass keine anderen Verhütungsmethoden zur Verfügung standen. Und auch wenn ich auf der Kassenseite arbeite, kann ich die Ansicht des MDK nicht immer nachvollziehen.

    Wie würden Sie denn dokumentieren, dass andere Methoden nicht angewendet werden können?

    Gruß

    Mit freundlichen Grüßen

    Claudia Mertens

  • ÄÄhm - gabs da zur Verhütung nicht auch mal diese kleinen Gummidinger?? Die stehen eigentlich immer zur Verfügung, wenn man sie rechtzeitig gekauft hat...

    Gant abgesehen von der Frage der medizinischen Indikation ist es allerdings (gelinde ausgedrückt) eine erhebliche Fehlleistung der Verwaltung, die Kosten der Patientin in Rechnung zu stellen. Denn diese war offenbar in dem Glauben (wie Sie ja auch), eine Kassenleistung in Anspruch zu nehmen. Es wurde also weder ausdrücklich noch durch konkludentes Handeln ein Vertrag geschlossen, durch den die Patientin zu einer Zahlung verpflichtet werden könnte.
    Theoretisch könnte natürlich der Fall vorliegen, dass die Patientin sie angelogen hat, um die Leistung kostenlos zu bekommen - dann wäre sie zu Schadensersatz in Höhe der Behandlungskosten verpflichtet. Das nachzuweisen, dürfte allerdings unmöglich sein. Also entweder weiter mit der Kasse streiten oder die Vergütung unter \"Lehrgeld\" verbuchen. Unbedingt sollten Sie der Patientin schnellstmöglich mitteilen, dass es sich um ein bedauerliches Versehen gehandelt hat - wenn die Dame sich einen Anwalt nimmt, werden Sie nämlich bei dieser eindeutigen Rechtslage dessen Honorar auch noch zu bezahlen haben!

    Sonnige Grüße

    MDK-Opfer

  • @Caudia Maas und MDK-Opfer,
    Begründungen: Es ist wegen der Beinvenenthrombose eine sichere kontrazeptive Maßnahme erforderlich:
    Kontraindikation zu IUP, Latexallergie? bei den kleinen Gummidingern, miserabler Paerl-Index bei den Verhüterlis etc.
    Gruß

    Dr.Gerhard Fischer
    Medizincontroller/Frauenarzt

  • Schönen guten Tag,

    Wie wäre es denn mit \"Enthaltsamkeit\".

    Mal Ehrlich, ist es denn tatsächlich eine medizinische Begründung, wenn eine Frau die Pille nicht verträgt?. Abgesehen davon, dass die Kosten für die Pille ja auch selbst übernommen werden müssen (je nach Restdauer der Fruchtbarkeit kann man durch die Sterilisation ja sogar noch sparen), muss man sich meiner Ansicht nach für die Begründung dafür, dass die Empfängnisverhütung von der Gesellschaft bezahlt werden soll, doch etwas mehr einfallen lassen (schließlich liegt die Steigerung der Geburten im Interesse der Geselllschaft!)

    Unabhängig von dieser Meinung sehe ich es in dem Einzelfall auch nicht als gerechtfertigt an, der Patientin die Rechnung zu stellen, insbesondere wenn es an der erforderlichen vorherigen Aufklärung über das Kostenrisiko mangelt.

    Ich wüsnche noch einen schönen Tag,

  • Hallo Herr Schaffert,
    das mit der Enthaltsamkeit sollten Sie mal Ihren AVK-Patienten empfehlen, welche nach 30 Jahren Qualm zu Ihnen kommen. Das wird doch auch von der Gesellschaft toleriert und bezahlt. Im Übrigen hat die Patientin schon einen Sachleistungsanspruch bei medizinischer Indikation und die ist aus frauenärztlicher Sicht unumstritten.
    Gruß

    Dr.Gerhard Fischer
    Medizincontroller/Frauenarzt

  • Schönen guten Tag Herr Fischer,

    im Gegensatz zur Sterilisation sind die gesundheitlichen Folgen durch rauchen (noch) nicht ausdrücklich aus dem GKV-Leistungskatalog gestrichen. Ich gebe zu, dass mein Beitrag etwas provokant und vielleicht auch eher ironisch gemeint ist.

    Dennoch muss man eine Leistung, die nicht im Leistungskatalog enthalten ist, meines Erachtens sogfältig begründen, wenn sie die Kasse zahlen soll.

    Im Übrigen halte ich die Sterilisation für eine sehr gute Maßnahme zur Empfängnisverhütung bei abgeschlossener Familenplanung. Mann sollte sich dem nicht verschließen!

    ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Hallo Forum,

    vielleicht darf ich mal die grundsätzliche Kassensicht (und wohl auch die des Gesetzgebers) zum Thema Sterilisation zum Besten geben:

    § 24 b SGB V: \"Versicherte haben Anspruch auf Leistungen bei einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation

    Da ich die grundsätzliche Möglichkeit schwanger zu werden, nicht als Krankheit ansehe :d_zwinker: sollte dieser Fall tatsächlich relativ selten sein.

    Der hier genannte gehört nach meiner Meinung klar nicht zum berechtigten Personenkreis.

    Viele Grüße

    Michael Bauer :)
    Krankenkassenbetriebswirt