Folgen des GKV WSG: § 112 und andere

  • Hallo Herr Merguet,

    Zitat


    Original von merguet:

    3. Die Inhaltliche Diskussion um Strukturvoraussetzungen, Zeitpunkte von CTs, die Notwendigkeit, Ausdrucke von Monitorbildern des EKG zu machen oder Untersuchungszeitpunkte, die auch nicht um 30 Minuten über den vorgeschriebenen 6 Stunden liegen dürfen, möchte ich gerne gerichtlich klären lassen.
    Abgesehen davon, dass die Abwehr der Komplexbehanldung ein Sport geworden zu sein scheint, möchte ich gerne schlicht Klarheit. Wenn Gerichte bestätigen, dass ein 2. CT gemacht werden muss, bitte, dann eben auch dieses. Wenn eine neurolog. Untersuchung auch des 6. Patienten einer Stroke unit nicht 30 MInuten später sein darf, Bitte. Wenn es Nötig ist, Monitor-Bilder auszudrucken, obwohl völlig klar ist, dass der Patient mit diesem verbunden war, bitte. Für derartigen Unsinn möchte ich aber gerichtliche Klärung.


    was die zeitlichen Grenzen der Komplexbehandlung angeht, muss ich da leider zeimlich Humorlos sein. Wenn ein Kode bestimmte Grenzen vorsieht, gelten diese exakt. Anders gesagt: Wénn im OPS sechs Stunden stehen, sind diese zu beachten, oder der Kode wird nicht verwendet. Sofern Sie in der Lage sind, ihre Prozesse entsprechend umzustellen, können Sie es natürlich wieder tun.

    Dies liegt absolut in der Logik des DRG-Systems, welches lediglich Pauschalen vergütet. Umgedreht bekommen Sie ja auch nicht weniger, wenn der Einzelfall mal billiger als die DRG war.

    Wenn Sie allerdings ohne medizinische Notwendigkeit ein weiteres CT durchführen, nur um in den Genuss der höheren Abrechnung zu kommen, dann begeben Sie sich in die Niederungen der Körperverletzung. Entschuldigung, wenn dass jetzt sehr aggressiv klingt, aber die DRGs sollen den medizischen Fall ökonomisch abbilden, sie dienen nicht als Leitlinie zur Behandlung.


    Wenn Sie sagen sollten, mir doch egal, ob der Patient eine unnötige Strahlenbelastung hat, ich brauche das für meine Abrechnung, dann kollidiert das in meinen Augen mit der medizinischen Ethik. Und zwar ziemlich heftig.

    Oder würden Sie Patienten operieren, obwohl diese es gar nicht nötig haben?


    Sollten Sie allerdings ein paar Sitzungen Physiotherapie zuviel durchführen, wäre das höchstens unwirtschaftlich. Und ob das der MDK wirklich nachweisen kann, wage ich zu bezweifeln.

    Wohlgemerkt, wir streiten uns hier in erster Linie nicht um die Art der Behandlung, sondern um die Art der Abrechnung derselben (in diesem Fall konkret um die Anwendung der Komplexkodes).

    Nachdenklich

    Bern

    ehemaliger Versicherungsvertreter

  • Hallo Bern,

    habe Ihre Antwort erst jetzt gesehen und bin entsetzt. Die darin enthaltenen Unterstellungen sind inakzeptabel.

    Zu Ihrer Humorlosigkeit in der Sache: Wir hängen´s an einem konkreten Beispiel auf: Eine Stroke unit habe 6 Betten. Sinn der Sache ist die adäquate medizinische Versorgung aller Patienten. Es hat NICHTS mit mangelhaft organisierten Prozessen zu tun, wenn die Versorgung der anderen 5 Patienten dazu führt, dass der 6. 30 Minuten später neurologisch untersucht wird, als im Text vorgesehen.

    Der hierin enthaltene Vorwurf der Desorganisation ist unerträglich, vor allem dann, wenn man beobachtet, was teilweise auf einer stroke unit los ist. Wenn unter diesen Umständen eine Aberkennug des Codes tatsächlich auf 30 Minuten beruht, obwohl nachweislich der gesamte Aufwand betrieben wurde, soll mir das ein (hohes) Sozialgericht bestätigen.

    Zur CT-Diskussion: Es ist völlig eindeutig, dass es bei der Definition des Kataloges darum geht, das die Diagnostik überhaupt gemacht wird. Wenn ein bereits vorliegendes CT dazu führt, dass der Code aberkannt wird, obwohl gerade in diesem Fall ja der Gedanke der spezialisierten Behandlung in einer speziell ausgewiesenen Einheit besonders augenfällig umgesetzt wurde, dann ist das völlig absurd.

    Auch diesen Unsinn will ich mir von einem SG bestätigen lassen.

    Der Aufwand der Schlaganfallbehandlung ist doch kein papiertiger. Da werden spezielle Einheiten gebaut, personell und apparativ ausgestattet und da gehen die Patienten durch. Für die oben angegebenen Beispiele muß sich das niederschlagen können.

    Warten wir die SG -Urteile ab. Den Aspekt der Strahlenbelastung habe ich im Übrigen selbst angesprochen. Ich habe NICHT dafür plädiert, eine zusätzliche Untersuchugn zu initiieren, sondern festgestellt, dass ein SG mir sagen soll, ich kann den Code nur ansetzen, wenn ich es im eigenen Hause getan habe. Das ist auch ziemlich eindeutig formuliert.

    Im übrigen ist Ihr Tonfall sowie auch der von Mr. Freundlich in diesem Thread ungewöhnlich scharf. Im Geegensatz zu manch anderer Auseinandersetzung erkenne ich hier auch keine ironische Distanz mehr. Ich glaube nicht, dass ich mit meinen Beiträgen dazu Anlass biete.

    Gruß

    merguet

  • Hallo Herr Merguet,

    wenn mein Tonfall zu scharf war, möchte ich mich in aller Form dafür entschuldigen. Zur Abrechnungsproblematik haben wir unterschiedliche Ansichten, ich wollte Ihnen aber keinesfall eine absichtliche Falschkodierung oder -abrechnung vorwerfen. Was die Fehlbehandlung angeht, möchte ich das auch nur als prinzipielle Feststellung verstanden wissen, nicht als persönlichen Vorwurf gegen Sie oder Ihr Krankenhaus.

    Trotzdem bleibe ich bei meiner Meinung:

    Wenn ein CT bereits vorliegt, die Qualität desselben ausreichend ist und nicht im Laufe des Aufenthaltes ein neues notwendig wird, dann können Sie es nicht für Ihren Aufenthalt kodieren (außer im Rahmen einer Verbringung). Und nur damit Sie einen bestimmten Kode erreichen, dürfen Sie keine \"unnötigen\" Leistungen erbringen, insbesondere dann nicht, wenn diese Leistungen eine Strahlenexposition des Patienten bedingen.

    Das DRG-System soll den Fall abbilden, nicht die Behandlung steuern. Das so etwas trotzdem passiert, ist in einem gewissen Rahmen nicht überaschend, da auch Krankenhäuser rechnen müssen. Soweit das nicht zu Lasten des Patienten geht, werde ich mich auch nicht weiter aufregen, da es \"nur\" um Geld geht. D. h. wenn Sie einen Patienten unnötigerweise stationär aufnehmen, obwohl eine ambulante OP möglich gewesen wäre, dann ist das unwirtschaftlich, aber medizinisch nicht zu beanstanden. Bei überflüssigen CTs hört für mich aber der Spaß auf.

    Zu den zeitlichen Grenzen: Wenn bestimmte Grenzen nicht eingehalten werden, können Sie den Patienten selbstverständlich behandeln und abrechnen, allerdings ohne den Komplexkode. Dabei geht es gerade nicht darum, ob sie schlecht organisert sind, oder ihnen gerade ein Notfall dazwischen kommt. DRG sind Pauschalen, eine Ungerechtigkeit im Einzelfall wird nicht berücksichtigt (selbstverständlich auch nicht zugunsten der Krankenkassen).

    Das gleiche gilt selbstverständlich auch für die Beatmungsstunden, die TISS/SAPS-Kodes etc. Auch hier werden statistische Abgrenzungen vom INEK vorgegeben, ein wirklicher Kostensprung ist mit dem Erreichen der Grenzen im Einzelfall nicht verbunden. Solten Sie also eine Punktlandung machen, und den Patienten genau auf der Grenze haben, dann bekommen Sie eben eine Menge Geld mehr. Schade für die KK, aber so ist das nun mal.

    Es handelt sich bei den OPS-Definitionen um normativ festgelegte Grenzen. Wenn wir im Einzelfall anfangen zu verhandeln, ob es mal ein bischen mehr oder weniger sein darf, können wir das DRG-System auch gleich abschaffen.

    Dann möchte ich aber auch kein E87.6 bei einer Tablette Kalium mehr...

    Nicht ironisch, aber hoffentlich auch nicht zu offensiv

    MFG

    Bern

    ehemaliger Versicherungsvertreter

  • Hallo bern,

    Ihr Beitrag bringt die Diskussion auf die Sachebene zurück, vielen Dank dafür. Ich bleibe dennoch dabei:

    Ziel einer Komplexbhandlung ist die medizinische Versorgung. Wenn diese standardisiert und für alle gelich auf hohem Niveau abgewickelt wird, darf die monetäre Abwicklung an derartigen Details nicht scheitern. Meine Meinung. Was anderes sind generelle Strukturelle Defizite bei der Erfüllung der Kriterien.

    Wir lassen uns überraschen, es ist ja auch zu fragen, ob jede Kasse bei der Darlegung der speziellen Umstände dann uns verklagt, bzw. wir diese verklagen müssten.

    Im Übrigen ist unser Dauerbrenner die Nichtanerkenntnis des EKG, was uns dazu geführt hat, Monitor-Trendbilder auszudrucken. Tolle Entwicklung, und was für ein Fortschritt für den Patienten. Meiner Meinung genügte hier der Beweise des ersten Anscheins, aber ich bin kein Jurist.

    Ein ähnliches Beispiel ist das Fehlen von Handzeichen für Leistungen der ger. Kompl., das derzeit in einem anderen Thread diskutiert wird.

    Gruß

    merguet

  • Hallo Herr Merguet,

    das mit dem Verklagen richtet sich nach dem Vorgehen im Einzelfall, in Abhängigkeit vom jeweiligen landesvertrag. Müssen wir hier aber nicht ausdiskutieren :k_biggrin:

    Was die EKG-Bilder angeht: ein Intensivpatient (Stroke-Unit etc. analog) wird ja wohl am Monitor hängen, was den MDK da reitet verstehe ich auch nicht.

    und die Handzeichen sollten ausreichen, sofern man nachvollziehen kann, was wie oft gemacht worden ist. Mein Tipp: Klären Sie mit dem MDK, wie er es haben will. dann kann er auch nicht mehr meckern. sollte es dann immer noch Probleme geben, bin ich gefühlt auf Ihrer Seite.

    MFG

    Bern

    ehemaliger Versicherungsvertreter