mehrere mögliche Hauptdiagnosen?

  • Hallo liebes Forum,

    es gibt zu diesem Thema war schon einige Themen, aber paste nicht so richtig rein. Eigentlich habe ich auch ne klare Meinung zur Frage, allerdings hat eine Klinik bei uns eine interessante Denkweise.

    Konstellation 70j. Pat. wird mit Obstipationen aufgenommen (entsprechend schlechter Zustand, Schmerzen, 7 Tage ohne Stuhlgang etc.).
    bekannt seit Monaten Lumboischalgie, schon durch Orthopäden untersucht- Va. ossöre Metastasierung eines Harnblasen- Ca (operiert 3 Jhare zuvor) DD: Osteomyelitis; damals Biopsie des Os sacrum- chron. Osteomyelitis;
    Auf Grund der Ischalgien über längeren Zeitraum Morpinpräparat eingenommen.
    Beurteilung: Obstipation als Arzneimittelnebenwirkung bei sachgerechter Einnahme also K59.0 plus Y57.9- an sich klar

    Nun findet sich eine Fraktur des BWK 11 als Ursache der Ischalgie, wahrscheinlich osteoporotisch,- myelitisch oder Tumor, da kein Trauma bekannt. Die Fraktur wird operativ versorgt:

    Es resultiert entweder die 901B bei Obstipation als HD - möglich auch K56.4 als HD, egal.

    Bei Fraktur M84.48 resultiert die I09A. Klinik argumentiert Ursache war die bisher nicht erkannte Fraktur des BWK, deshalb Gabe von Morphin, daraus resultiert die Obstipation also Ursache des Symptoms ist die Fraktur- ergo HD.

    In diesem Zusammenhang habe ich mir nochmal das Von Herrn Balling erwähnte Urteil des SG Würzburg vom 13.11.2006 (Az.: S 15 KR 293/04) hier im Forum angesehen, wo ja begründet wird:
    \"Aus diesen Gründen sei bei Unklarheiten wie vorliegend (\"Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthalts\") für das Gericht diejenige Auslegung der DKR vorzuziehen, die leistungsorientiert ist und eine adäquate Abbildung der Krankenhausleistung ermöglicht. Diese führe dazu, dass die Diagnose C18.2 (bösartige Neubildung: Colon ascendens) als Hauptdiagnose anzusehen sei. \"
    Leider ist dieses Urteil nicht unter \"Sozialgerichtsbarkeit\" zu finden.

    Inhaltlich würde es unseren Fall auch abdecken,denn der Aufwand für die Versorgung der WS ist ja mit der I09 sachgerechter als mit der Fehler-DRG.

    Bitte um Kommentare.

    Mfg

    Uwe Neiser


  • Schönen guten Tag Herr Neiser,

    die Frage wäre für mich: Wie würden Sie kodieren, wenn die Fraktur konservativ behandelt worden wäre (und somit keine Fehler-DRG ergeben hätte) ?

    Meiner Ansicht nach ist die Kodierung zunächst einmal unabhängig vom DRG-Ergebnis zu betrachten. Dabei ist jedoch die Argumentation, dass die Wirbelfraktur Grund der Morphingabe und somit auch Grund der Obstipation ist, nicht von der Hand zu weisen. Da sie im Aufenthalt diagnostiziert und behandelt wurde, ist sie nach der Kodierrichtlinie D002f Abschnitt \"Zuweisung der zugrunde liegenden Krankheit als Hauptdiagnose\" durchaus denkbar.

    Erst im Fall von mehreren möglichen Kodierungen würde für mich auch das Ergebnis eine gewisse Rolle spielen, und da ist die I09 natürlich tatsächlich treffender, als eine Fehler DRG.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Hallo,

    Im Prinzip muss ist dies doch die klassische Konstellation, bei der eine der konkurrierenden HD einen höheren Ressourcenverbrauch ausgelöst hat. Insofern ist diese \"vom behandlenden Arzt\" (und eben nich vom MDK-Arzt) auszuwählen....

    übersehe ich etwas?

    merguet

  • Hallo Herr Schaffert,

    natürlich soll die kodierung sachgerecht sein und nicht erlösoptimiert, das ist klar.
    Und im Lichte des zitierten Urteils erscheint der Blick zur sachgerechten Vergütung auch gerade im Hinblick auf Ihre Frage der konservativen Therapie legitim.
    Der Aufwand, der mit der OP entsteht ist ja mit der I09 kalkuliert, ohne OP ist er geringer.
    Ihre Frage mal umgedreht, was wäre für ein Unterschied in den KH Kosten gewesen, wenn der Pat. primär wegen Schmerzen und Fraktur eingweisen woren wäre ohne Morphinobstipation. da wäre die I09 unzweifelhaft gewesen.
    Im vorliegenden Fall lag er länger, machte zusätzlicheh Aufwand und soll weniger erlösen?
    Natürlich ist es eine Einzelfallbetrachtung und das system ich ein pauschales System, das ist klar. Allerdings ist zum großen Teil im DRG System ja die Kalkulation einer Erkrankung und Ihrer Behandlung mit der DRG abgegolten; eine medizinisch sinnvolle Verknüpfung von Diagnostik und Therapie zweier nicht zusammenhängender Erkrankungen wird aus meiner Sicht nur unzureichend abgebildet. Bsp. Pneumonie- Behandlung; Zufallsbefund eines gastroinstestinalen Tumors, der gleich mit Staging ausdiagnostiziert wird.

    Danke für Ihren Kommentar

    Uwe Neiser


  • Schönen guten Tag allerseits,

    Zitat


    Original von merguet:
    Im Prinzip muss ist dies doch die klassische Konstellation, bei der eine der konkurrierenden HD einen höheren Ressourcenverbrauch ausgelöst hat. Insofern ist diese \"vom behandlenden Arzt\" (und eben nich vom MDK-Arzt) auszuwählen....

    Sie haben zwar Recht mit dem \"behandelnden Arzt\", dürfen jedoch den \"Ressourcenverbrauch\" nicht übersehen. Insofern hat der behandelnde Arzt auch nur eine eingeschränkte Auswahlmöglichkeit. Und wenn beide Diagnosen zur Auswahl stehen, hat die Behandlung der Fraktur mittels OP sicherlich mehr Ressourcen verbraucht, als die Diagnostik und Therapie der Verstopfung.

    Somit ist für mich die einzige Frage, ob die etwas um die Ecke gedachte Argumentation der Grunderkrankung \"pathologische Fraktur\" als Hauptdiagnose überhaupt in Frage kommt. Wenn man dies bejaht, dann ist sie auch diejenige, die die meisten Ressourcen verbraucht hat und daher auszuwählen.

    Ich bin in dieser Frage aber selbst noch etwas hin und her gerissen. Denn wenn ich andere Beispiele konstruiere, würde ich eher zu einen \"NEIN\" neigen, z. b. bei Blutung wegen Marcumar bei Arrhytmie. Selbstverständlich würde ich hier auch nicht die Arrhythmie als HD wählen, selbst wenn Sie während des Aufenthaltes weiter behandelt worden wäre.

    Spannend!

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Hallo zusammen,

    wirklich sehr interessanter Casus.
    Ich würde aber ebenfalls die BWK-Fraktur als HD wählen, denn sie ist die Ursache der Schmerzmedikation mit Obstipationsfolge (ND) und wurde letztenlich ja auch behandelt (OP).

    Schönen Tag

    riol

    Viszeralchirurg/Unfallchirurg

  • Hallo Zusammen,

    cih würde hier eher für die ursprüngliche Kodierung plädieren: Der Patient wurde aufgrund der Opsitpation aufgenommen, und der Grund der Opstipation war die Morphingabe. Ob der Grund für die Morhingabe ausschließlich die BWK-Fraktur war, ist bisher unbewiesen, insbesondere da diese ja auf Grund der Ischialgien schon länger durchgeführt wurde.

    mfg

    Bern

    ehemaliger Versicherungsvertreter

  • Hallo,

    in der \"Ursache - Wirkung\" Betrachtung ist hier für mich der entscheidende Faktor bei der Definition der HD, dass die Fraktur, weswegen die Morphingabe erfolgte (wenn auch offensichtlich ohne Kenntnis der Fraktur), auch behandelt wurde. Falls die Fraktur nicht behandelt worden wäre, würde ich für Obstipation als HD plädieren.

    Gruß
    Ordu

  • Schönen guten Tag allerseits,

    gerade heute kommt mir ein Fall mit vielleicht vergleichbarer Fragestellung auf den Tisch:

    Diabetischer Pat. erhält ambulant Chemotherapie ( NHL, CHOP Schema). Unter der Chemo entwickelt sich eine Hyperglykämie. Daraufhin Einweisung ins Krankenhaus. Hier wird der BZ durch Infusion und Insulin schnell weitgehend normalisiert. Es erfolgt die Fortsetzung der Chemo.

    Da das Chemo-Schema Prednisolon enthält, kann der BZ Anstieg auf das Medikament zurückgeführt werden. Daraus ergibt sich folgende Ursachenkette:

    stat. Aufnahme <-- BZ-Anstieg <-- Prednisolon <-- Chemo <-- Lymphom

    Da das Lymphom weiterbehandelt wurde, ist es Hauptdiagnose, oder?

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Hallo Herr Schaffert,

    entsprechend der MDK SEG4 Nr. 59 könnte man den BZ Anstieg als Komplikation der CT verstehen, damit gäbe es such ein Argument für das L. als HD, oder?

    Mit Gruß

    Kodierempfehlung Nr. 59
    Schlagworte: Wiederaufnahme, Komplikation, Chemotherapie, Neutropenie, Nebenwirkungen
    Stand: 28.02.2006
    Aktualisiert: 10.01.2007
    Problem/Erläuterung
    Ist die „Toxizität“ der Chemo- oder Strahlentherapie (z.B. Neutropenie) als
    Komplikation zu verschlüsseln? Siehe Beispiel 1-3.
    Kodierempfehlung
    Eine Arzneimittel-Nebenwirkung ist als eine Komplikation zu werten und damit
    auch eine Komplikation im Sinne der Regelung zur Wiederaufnahme. Dies gilt
    auch für die Chemo- und Strahlentherapie. Ansonsten müsste eine spezielle
    Vorschrift für die Onkologie erfolgen (s. folgende Beispiele 1 – 3).
    Beispiel 1:
    76-jährige Patientin mit AML, laufende Chemotherapie, noch keine Vollremission,
    Aufnahme mit pathologischen Leberwerten durch Chemotherapie (Entlassung
    vor einer Woche) in schlechtem AZ. Nach einigen Tagen deutliche Befundbesserung
    und Entlassung.
    Wiederaufnahme wegen Komplikation:
    Ja.
    Beispiel 2:
    76-jähriger Patient mit einem Pankreas-Ca-Rezidiv, laufende Chemotherapie
    mit Cisplatin und Gemcitabine, aktuell notfallmäßige Aufnahme mit massiven
    Cisplatin-induziertem Erbrechen nach der letzten Chemotherapie (Entlassung
    vor einem Tag), keine Darmobstruktion in der Diagnostik.
    Wiederaufnahme wegen Komplikation:
    Ja (wenn DD anderer Ursache unwahrscheinlich).

    riol

    Viszeralchirurg/Unfallchirurg

    • Offizieller Beitrag

    Hallo riol,

    da haben Sie aber noch nicht die aktuelle Version.

    Kodierempfehlung Nr. 59
    Schlagworte: Wiederaufnahme, Komplikation, Chemotherapie, Neutropenie, Nebenwirkungen
    Stand: 28.02.2006
    Aktualisiert: 08.01.2008
    Problem/Erläuterung
    Ist die „Toxizität“ der Chemo- oder Strahlentherapie (z.B. Neutropenie) als
    Komplikation zu verschlüsseln? Siehe Beispiel 1-3.
    Ab 2008 gilt nach FPV, § 2 Absatz 3:
    Werden Patienten oder Patientinnen, für die eine Fallpauschale abrechenbar
    ist, wegen einer in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses fallenden
    Komplikation im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung innerhalb der
    oberen Grenzverweildauer, bemessen nach der Zahl der Kalendertage ab dem
    Aufnahmedatum des ersten unter diese Vorschrift zur Zusammenfassung fallenden
    Aufenthalts, wieder aufgenommen, hat das Krankenhaus eine Zusammenfassung
    der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale
    vorzunehmen. Eine Zusammenfassung und Neueinstufung wird nicht
    vorgenommen bei unvermeidbaren Nebenwirkungen von Chemotherapien und
    Strahlentherapien im Rahmen onkologischer Behandlungen. Die Absätze 1 und
    2 gehen den Vorgaben nach den Sätzen 1 und 2 vor. Die Sätze 1 und 2 ergänzen
    die Vorgaben nach § 8 Abs. 5 des Krankenhausentgeltgesetzes.
    Somit sind die Empfehlungen in folgenden Beispielen für Fälle bis einschließlich
    2007 gültig, ab 2008 nicht mehr zutreffend.

    Und hierzu ist zu sagen, dass es sich um eine Klarstellung handelt und keine Neuereung. Ich würde natürlich auch schon vor 2008 dies so sehen (siehe auch Tuschen-Brief)

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau