• Hallo Kollegen,

    das mit der Aufnahmediagnose und der Einweisungsdiagnose ist schon ein Problem. Ich glaube aber, dass die Verständnissprobleme bei den obigen Diagnosearten von einem "falschen" Bild der Behandlungskette des Patienten bei uns Ärzten hervorgerufen wird.
    Bleiben wir mal bei den oben genannten Fällen. Der Patient wird vom Hausarzt eingewiesen, stellt sich in der Rettungsstelle vor und wird im Verlauf auf eine Station transferriert.

    Die Einweisungsdiagnose vom Hausarzt dient mir als Rettungsstellendoktor initial nur als "Anhaltspunkt". Wir wissen doch, dass vielfach die Arzthelferin nur die Diagnosen des Patienten auf die Einweisung schreibt, die oben auf der Patientenkartei des Hausarztes stehen.

    Ich als Rettungsstellendoktor untersuche den Patienten nun. Damit kläre ich, teilweise unbewußt, gleich zwei Dinge. Zum einen halte ich einen stationären Aufenthalt für erforderlich (wenn ich ihn aufnehme) und zweitens weise ich dem Patienten die Station oder Abteilung zu. Das heißt, ich lege initial den hauptsächlichen Behandlungsgrund für mein KH fest. Wurde der Patient eingewiesen wegen "Schnupfen" und vor meiner Rettungsstelle hatte er sich aber das Bein gebrochen, lege ich ihn zu den Chirurgen auf die Station. Unabhängig von der Einweisung lege ich damit den hauptsächlichen Aufnahmegrund fest. Erst mit dem Eintritt in das KH beginnt die "Journey of the patient", wie die Engländer es mit diesem treffenden Ausdruck verdeutlichen. Ob der Patient von einem Taxifahrer, der Oma oder dem Hausarzt eingewiesen wird, nehme ich zur Kenntnis. Den tatsächlichen Aufnahmegrund legen aber wir als Krankenhausärzte fest. Lege ich ihn mit "Schnupfen" zu den Inneren Kollegen und stellt sich später heraus, dass er sich das Bein gebrochen hat, ist das als fehlerhafter Behandlungsweg zu interpretieren. Übersehe ich bei der Aufnahme das Gangrän, welches den meisten KH-Aufwand erfordert, und schicke den Patienten wegen Schnupfen zu den Inneren Kollegen, habe ich grosse Schwierigkeiten das Gangrän im nachherein als Hauptdiagnose zu verschlüsseln.

    Langer Rede, kurzer Sinn: An der Schnittstelle Aufnahme des Kranken im KH und Entscheidung auf welche Abteilung der Patient transferriert wird, wird der hauptsächliche Behandlungsgrund für das KH definiert.

    P.S.:Auch bei uns gehen viele Patienten vom Pförtner auf die Station.

    LG E. Hilf

  • [quote]
    Original von E. Hilf:
    Übersehe ich bei der Aufnahme das Gangrän, welches den meisten KH-Aufwand erfordert, und schicke den Patienten wegen Schnupfen zu den Inneren Kollegen, habe ich grosse Schwierigkeiten das Gangrän im nachherein als Hauptdiagnose zu verschlüsseln.

    Hallo Forum,
    m.E. bedeutet "nach Analyse" dass mindestens bis zur Entlassung eine Entscheidung über die "aufnahmeveranlassende" Hauptdiagnose möglich ist. Bei polymorbiden geriatrischen Patienten ist die Hauptdiagnose z.B. im Falle einer zur Aufnahme führenden "Verschlechterung des Allgemeinzustandes" oft überhaupt erst im Verlauf zu stellen.
    In Ihrem Beispiel müsste der behandelnde Arzt m.E. entscheiden:

    1. ob die Schluckstörung allein oder mehrere Symptome wie z.B. Exsikkose usw. Grund für die Aufnahme war.

    2. welche Ursache den zur Aufnahme führenden Symptomen zugrunde liegt. Da eine (fieberhafte) Gangrän zu einer Verschlechterung vorbestehender anderer Erkrankungen führen wird, ist die Gangrän eine mögliche HD. Sind die zur Aufnahme führenden Symptome sehr unbspezifisch kann vereinzelt de facto nach Aufwand entschieden werden (z.B. Nachweis einer Pneumonie und eines Harnwegsinfektes bei Aufnahme wegen Fieber und Somnolenz)

    Grüsse M.Goesling

  • Hallo Forumsteilnehmer,

    bei mir erhebt sich jetzt die Frage: kann die Aufnahmediagnose nach der Übermittlung an die KK nochmals korrigiert oder um Nebendiagnosen vermehrt werden? Auf diese Weise wäre man nicht von Anfang an so gebunden. Hat jemand damit Erfahrung? Wie seht Ihr das?
    Danke im Voraus für Eure Hilfe.

    --
    Einen freundlichen Gruß vom MDA aus Schorndorf

    [size=12]Freundlichen Gruß vom Schorndorfer MDA.

  • Zufallsbefund als Hauptdiagnose?

    Hallo Forum, hallo Herr Selter,

    obwohl die Frage nach der richtigen Hauptdiagnose hier breits ausführlich diskutiert wurde, bin ich nach wie vor nicht davon überzeugt, warum im aufgezeigten Fall das Gangrän die Hauptdiagnose sein soll.
    Dazu ein weiteres Beispiel:
    Patientin kommt zur Konisation wegen rezidivierend auffälligem CK-Abstrich. Die von der Patientin bereits mitgebrachten Laborwerte zur präoperativen Abklärung zeigen einen auffälligen Befund (z.B. Sturzsenkung), die weiteren, auch im Rahmen der präoperativen Routine, diagnostischen Maßnahmen (z.B. Röntgen Thorax) führen letztendlich zu einem bislang unentdeckten Bronchialkarzinom mit anschließender Lungenteilresektion und entsprechenden weiteren Therapiemaßnahmen. Die ursprünglich geplante Konisation wurde ebenfalls durchgeführt, der histologische Befund war allerdings unauffällig bzw. zeigte nur einen geringradige Dysplasie.
    Veranlaßt hat den Aufenthalt m.E. die Zervixdysplasie. Die von der Patientin mitgebrachten Laborwerte, sowie die weiteren präoperativen Maßnahmen führten allerdings zum Bronchial-Ca.
    Wenn ich Herrn Selter nun richtig verstanden habe, wäre dann das Bronchial-Ca die Hauptdiagnose, da es ja bei Aufnahme auch schon bestand und auch kurz darauf diagnostiziert wurde (Pat. lag zunächst auf der Gyn). Oder sollte doch die Zervixdysplasie, sie hat ja meiner Meinung nach die Aufnahme veranlasst, Hauptdiagnose sein???
    ... warum dann nicht auch die Schluckstörung als Hauptdiagnose ?!?...
    siehe auch DKR 2003 Seite 5 Bsp. 1 Zitat: "Entscheidend für die Auswahl der Hauptdiagnose sind die Umstände der Aufnahme. Somit ist ... die Hauptdiagnose, weil ... die Aufnahme hauptsächlich veranlasste."

    MfG aus dem wieder weißen München,

    Dirk Last. :rotate:

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Herr Last,

    ich wiederhole jetzt nur, ohne neue Erkenntnisse beisteuern zu können.
    Leider sind die DKR nicht nur Schwarz/Weiß, sondern es graut...
    Deswegen kommt es oft darauf an, wie man an eine Interpretation herangeht. Jedoch beziehe ich hier eine klare Position, siehe auch Stellungnahme DKG.

    Ihr Fall:
    Wenn bei Aufnahme mitgebrachte Untersuchungsergenisse und eigene davon abgeleitete zusätzliche diagnostische Maßnahmen eine andere (bzw. zusätzliche und im Vordergrund stehende) Erkrankung zeigen ("nach Analyse") und diese für das behandelnde Krankenhaus maßgeblich die stationäre Aufnahme bedingt, ist dies die HD.

    Warum die Schluckstörung im ursprünglichen Beispiel nicht HD ist, wurde doch schon eingehend diskutiert.

    Gruß
    --
    D. D. Selter

  • Meines Wissens wird die Indikation zur stationären Behandlung von den verantwortlichen Krankenhausärzten gestellt. Dies müssen damit auch entscheiden, warum ein Patient aufgenommen wird.
    MfG

  • Hallo Forum,

    was mich als Kliniker (der nur nebenbei die Codiererei aufgedrückt bekommen hat, diese dann aber auch so gut wie eben möglich zu bewältigen versucht) an diesem Casus besonders stört, ist, dass hier offensichtlich keiner auf die Idee kommt, dass der Hausarzt (der ja seine Patienten kennen sollte und der nach dem Willen unserer Standesoberen "Gatekeeper" sein soll) die Gangrän überhaut nicht zur Kenntnis genommen hat. Ebenso würde mich in dem Fall mit der Konisation stören, dass auch hier der Hausarzt die Sturzsenkung nicht erkannt hat und dass auch keine präoperative Klärung im Vorfeld des stationären Aufenthaltes stattgefunden hat. Es geht m.E. nicht an, dass die Krankenhäuser noch zusätzlich für derartige Defizite im ambulanten Bereich bezahlen sollen (einer der Vordiskutanten hat bereits ähnliches geschrieben). Aber auch rein formal bin ich nach dem was ich bisher gelernt habe der Meinung, dass hier zwei unterschiedliche Erkrankungen vorliegen, die jede für sich einen stationären Aufenthalt indizieren, bei Aufnahme vorliegen und festgestellt werden und mit dann nach den DKR die Wahl bleibt, die Diagnose als HD zu wählen, die den höheren Aufwand generiert.

    MR

    M.Rost