Kodierhilfe etwas komplexer

  • Guten Morgen liebe Forummitglieder,
    ein etwas komplexer Fall, benötige Eure Hilfe. Also 81-jährige Patientin anamnestisch dokumentiert, verwirrt und erheblich exsikkiert aufgenommen.
    Eigenanamnese: Demenz, artieller Hypertonus, Inkontinenz, Demenz.
    Diese Patientin hat im Aufnahmelabor folgende Werte.
    Krea-Wert liegt bei 177 mmol/l
    im Voraufenthalt lagen die Werte bei 102 mmol/ bis 138 mmol/l.
    U-Protein positiv
    CRP-Entzündungswerte bei Aufnahme 305,83
    Therapie: Infusionsgabe E153+KCL, Nacl+10 KCL, 500 Glucose 5%, Ciprobay 400 i.V. und Furesis-Gabe, Ein- und Ausfuhrkontrollen.
    Im Verlauf zeigte sich eine Harnwegsinfektion mit Keimzuordnung B96.2.
    Unsere Klinik hat codiert als HD N17.8, die Exsikkose wurde dort nicht mitbenannt. Nun wurde aber dieser Fall vom MDK geprüft und als HD E86 und als ND die N17.8, d.h. wir haben jetzt das Problem der Änderung unserer DRG L60D mit Fallwert von 0,967 in K62Z mit Fallwert von 0,685.
    Wenn ich die KDE-268 richtig gelesen habe, dann haben wir ein Problem. Ich sehe hier nicht unbedingt ein akutes Nierenversagen abgebildet, aber möchte nicht den Fall an den MDK nicht verlieren und benötige Argumentationsgrundlagen.

    Lieben Dank im Voraus.

    Viele Grüße aus Berlin.

  • Hallo und guten Morgen,

    ich habe leider die Umrechnung von mmol/l in mg% (für Krea und Harnstoff) nicht parat, gehe aber davon aus, daß ein Nierenversagen vorlag.
    Wie waren die Elektrolyte (Sie haben mit KCl und NaCl behandelt), wie die BGA.

    Wegen der Exsikkose würde ich verweisen auf:
    1107a Dehydratation bei Gastroenteritis: Bei stationärer Aufnahme zur Behandlung einer Gastroenteritis mit Dehydratation wird die Gastroenteritis als Hauptdiagnose und „Dehydratation” (E86 Volumenmangel) als Nebendiagnose angegeben.

    In Ihrem Fall also HD Niere + ND E86.

    Hatte die betagte Patientin bereits vorbestehend eine eingeschränkte Nierenfunktion? Dann siehe bitte unter:
    D006e Akute und chronische Krankheiten
    Leidet ein Patient gleichzeitig an der chronischen und akuten Form derselben Krankheit, wie z.B. akute Exazerbation einer chronischen Krankheit, so wird nur dann die akute Form der Krankheit als Hauptdiagnose und die chronische Form als Nebendiagnose kodiert, wenn es für die akute und chronische Form dieser Krankheit unterschiedliche Schlüsselnummern gibt.

    Mit freundlichen Grüßen

    Lunge - Internist / Pneumologe

  • Gern! Ich hoffe, es hilft Ihnen.
    Vielleicht können Sie über den weiteren Ablauf berichten, gern auch als PN, weil sich dieses Problem auch bei uns immer mal wieder einstellt.

    Mit freundlichen Grüßen

    Lunge - Internist / Pneumologe

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    der Ausgang dürfte für andere auch interessant sein. Daher lieber eine öffentliche Darstellung, wenn möglich.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

    • Offizieller Beitrag

    Guten Tag,


    siehe auch:


    „Die Erkenntnis dieser eminenten Bedeutung des ANV für Krankheitsverlauf und Prognose haben die Notwendigkeit einer klaren Definition dieses Organversagens unterstrichen. Merkwürdigerweise haben sich über Jahrzehnte mehr als 30 unterschiedliche Definitionen des ANV entwickelt. Von den einzelnen Arbeitsgruppen wurden sehr unterschiedliche Definitionen verwendet, die meist auf dem Ausmaß der Erhöhung des Serumkreatinin oder der Dialysenotwendigkeit basierten.“

    Das akute Nierenversagen: Der grundlegende Wandel eines Syndroms vom einfachen Organversagen zum systemischen Krankheitsprozess
    Wien Klin Wochenschr (2009) 121: 8–12


    und


    http://www.ddah.de/pdf/anv.pdf


    S. 159

    Die einfachste und aktuellste Definition der akuten Nierenschädigung
    der Acute Kidney Injury Workgroup lautet:
    Funktionelle oder strukturelle Veränderungen oder Marker der
    Nierenschädigung inklusive Auffälligkeiten in Blut-, Urin- und
    Gewebsuntersuchungen oder bildgebenden Verfahren über einen
    Zeitraum von weniger als drei Monaten.
    Die vom gleichen Gremium empfohlenen aktuellen Klinischen Kriterien
    für das ANV lauten:
    · Abrupter (innerhalb von 48 h) Einbruch der Nierenfunktion
    gegenwärtig definiert als
    · Anstieg des Serumkreatinin von >0,3 mg/dl oder 25 μmol/l
    oder um 50% vom Ausgangswert ODER
    · eine Reduktion des Urinvolumens
    (Oligurie von <0,5 ml/kg/h für >6h)


    Gruß

    Eberhard Rembs

  • ERembs: AKIN- Statdieneinteilung des aNV meiner Meinung nach eigentlich auch klar, MDK fordert für dei Kodierung des aNV aber immer AKIN 3. Erst in diesem Satdium läge ein Nierenversagen vor. Wie sind die Erfahrungen im Forum?

    Gruß
    klauswiha

  • Zitat


    Original von klauswiha:
    ERembs: AKIN- Statdieneinteilung des aNV meiner Meinung nach eigentlich auch klar, MDK fordert für dei Kodierung des aNV aber immer AKIN 3. Erst in diesem Satdium läge ein Nierenversagen vor. Wie sind die Erfahrungen im Forum?

    Gruß
    klauswiha

    Moin Klauswiha,

    bisher zwar noch keine Probleme mit dem MDK in dieser Sachfrage, aber eigentlich hat der MDk doch Recht? AKIN steht ja nur für das \"Acute Kidney Injury Network\" und ist keine Stadien Einteilung des Akuten Nierenversagens (ANV), sondern der Nierenschädigung. Um dies klarer zu kennzeichnen, hat man ja erst die RIFLE-Kriterien eingeführt: Risk of renal dysfunction, Injury to the kidney, Failure of kidney function, Loss of kidney function and End-stage kidney disease

    Und hier wird das ANV erst als \"Failure of kidney function\" (als dritte Stufe) aufgeführt, welche nach den Kriterien nun einem AKIN 3 entspricht:

    Quelle:
    Acute renal failure – definition, outcome measures, animal models, fluid therapy and information technology needs: the Second International Consensus Conference of the Acute Dialysis Quality Initiative (ADQI) Group
    Rinaldo Bellomo, Claudio Ronco, John A Kellum, Ravindra L Mehta, Paul Palevsky and the ADQI workgroup
    http://ccforum.com/content/8/4/R204

    Viele Grüße
    Jannis

  • Hallo Jannis,

    das sieht die FOKA, wie auch ich anders:
    Kommentierung FoKA (Fachausschuß für ordnungsgemäße Kodierung und Abrechnung, sozusagen die Karnkenhausseite)
    Dissens:
    zu 1: Bei der Stadieneinteilung der akuten Nierenschädigung nach AKIN und RIFLE handelt es sich um Einteilungen des akuten Nierenversagens (ANV) nach Schweregraden. Nach DKR kann somit ein ANV jeglicher Schwere kodiert werden, sobald ein Ressourcenverbrauch zu verzeichnen war.

    Viele Grüße

    klauswiha

  • Hallo,

    wir prozessieren jetzt wegen Nicht-Anerkennung von N17.9 durch Kasse bzw. MDK bei einem Pat., der nachweislich, da aus Reha-Klinik zu uns verlegt, ein ANV nach AKIN 1 oder 2 hatte und der MDK wieder mal die alte Leier fährt mit Stadium 3. Begründet wird dies - jetzt wird es interessant - dass Stadium 1 AKIN ja dem Stadium "Risk" nach RiFLE entspricht d.h. nur Risiko aber nicht ANV. Super, oder.

    Mir erscheint die Vergütungsrelevanz erst ab Stadium 3 absolut willkürlich. Bereits 2010 wurde von der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie das Problem erkannt und beim DIMDI ein Antrag gestellt, die N17.9 als Fünfsteller mit den entsprechenden Stadien in den ICD zu stellen, also N17.91 bis .94 und .99. Und zwar genau mit dem Argument, dass dann unterschiedliche Schweregrade des ANV ein Trennkriterium werden können. Dem wurde für 2011 nicht entsprochen und auch nicht nach erneutem Antrag für 2012. Ich schließe daraus, dass daher der Schweregrad des ANV nach Willen des DIMDI eben nicht als Trennkriterium vorgesehen sein soll und habe daher, nach mehreren Kompromissangeboten an die Kasse, vorgeschlagen, einen SG-Prozess einzuleiten, da die Mehrvergütung inzwischen mit anderen Forderungen verrechnet wurde.

    Bin auf das Ergebnis gespannt. Weiß jemand, ob da schon so ein Prozess läuft und ggf. sogar wie er ausgegangen ist?

    Regen in Baden.

    OKIDOCI 8)