Kode 1-903 Diagnostik

  • Hallo zusammen,

    das ist sicher eine sehr kreative Idee, um die neuen Entgeltsysteme möglichst gut auszunutzen, aber ich möchte gar nicht wissen, was Herr Schaffert dazu sagen würde. ;)

    Eine Diagnostik nach 1-903 ist ein recht differenzierter und aufwendiger Vorgang, und es müssen zwei volle Stunden zusammenkommen. Ich glaube, daß wir in unserer Klinik noch nachschulen müssen, um das Augenmerk besser darauf zu lenken, gebe aber aus meiner Sicht auch zu bedenken, daß die Mitarbeiter bereits mit den Grundtätigkeiten für OPS stark beschäftigt sind und plädiere daher für schrittweise Nachbesserung.

    Nochmals im Ernst, die obige Methode, 1-903 zu generieren, wird sich nach meiner Einschätzung beim nächsten Besuch des MDK zu recht in Wohlgefallen auflösen. Für statthaft halte ich es allerdings, wenn man dort, wo es dem Patienten zuzumuten ist, eine geplante Diagnostik auf einen Tag zusammenlegt, um die verlangten zwei Stunden zu erreichen.

    Allerdings verstehe ich den Kollegen sehr gut. Man ist ja als OPS-Beauftragter bestrebt, das Beste aus den Kodes herauszukitzeln, um nicht gegenüber anderen Kliniken abzufallen. Allerdings ist vor Überkodieren zu warnen, da es die eigene Wahrnehmung künstlich verbessert und den Ruf beim MDK verschlechtert. Darf ich an dieser Stelle eine meiner Fehleinschätzungen zu besten geben, ohne daß ich mich zu sehr selber in die Pfanne haue? Ich habe versucht, die Mitarbeiter für Betreuungszeiten zu sensibilisieren. Dabei kam dann heraus, daß teilweise 4-minütige Betreuungen notiert wurden. Mein Kollege hat mich darauf aufmerksam gemacht, und wir haben das Ruder wieder herumgerissen.

    Wir haben jedoch nach meiner persönlichen Einschätzung noch etwa ein halbes Jahr Zeit, in welchem niemand die generierten Kodes auf die Goldwaage legen wird, weil einfach überall noch viele Fehler auftreten und der MDK auch erst noch OPS lernen muß.

    Grüße aus dem Regenwald,
    TicTac

    PS: Oops, nur mal ein paar Minuten mit meiner Schwester gesprochen, und schon werde ich von den Ereignissen im Forum überrollt ... *grins*

    There is a theory which states that if ever anyone discovers exactly what the universe is for and why
    it is here, it will instantly disappear and be replaced by something even more bizarre and inexplicable.
    There is another theory which states that this has already happened. ~Douglas Adams

  • Einen schönen guten Abend an alle

    und vielen Dank Herr Gohr für die schelle Antwort gestern.

    Inzwischen gab es ja reichlich Diskussionsstoff. Bisher hatte ich immer ein paar Bedenken, dass wir den Diagnostikcode in unserer Klinik allzu stiefmütterlich behandelt hätten. Hatte immer noch Herrn Schafferts wirklich tolle, zusammenfassende Präsentation der neuen Psych-OPS (ich glaube von März) im Hinterkopf, bei der der Diagnostikcode an erster Stelle gestanden hatte.

    Doch nach der regen Diskussion am heutigen Vormittag, bin ich hinsichtlich der Verwendung bzw. Nichtverwendung dieses Codes etwas beruhigter.

    Freundliche Grüße RoMi

  • Hallo RoMi,
    auch ohne den Vortrag von Herrn Schaffert zu kennen, glaube ich, dass der Diagnostik-Code so stark hervorgehoben(?) wurde, da er nicht bei den anderen üblichen Psychiatrie-Codes steht (sondern im ersten Kapitel) und deswegen sicherlich von einigen übersehen wird.

    Einen fröhlichen Tagesbeginn,

    B. Gohr

    Das Problem am Gesundheitssystem ist der aufrechte Gang. Der aufrechte Gang ist moralisch wünschenswert, orthopädisch aber eine Katastrophe.

  • Hallo Herr Gohr,
    nicht die Psychiatrie-Kodes sind hinten, sondern die Diagnostik-Kodes sind vorne.
    Für die Kodierung sind immer alle im gesamten OPS verzeichneten Prozeduren zu kodieren, es sei denn sie sind explizit der Somatik oder der Psychiatrie vorbehalten (steht aber dann auch beim Kode dabei).
    Das nur zur Klarstellung.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo Herr Horndasch,
    mir ist selbstverständlich klar, dass sämtliche verzeichneten OPS zu kodieren sind.
    Ich wollte mit vorangegangenem Posting nur darauf aufmerksam machen, dass es Codes gibt, die gern vergessen werden (gerade in der Anfangsphase eines neuen Entgeltsystems), und Herr Schaffert den 1-903 eventuell deswegen (habe ich auch so geschrieben) extra hervorgehoben hat.
    Wie gesagt: ich habe den Vortrag nicht gesehen / die Ausführungen nicht gelesen und habe nur eine Mutmaßung angestellt.

    Grüße,

    B. Gohr

    Das Problem am Gesundheitssystem ist der aufrechte Gang. Der aufrechte Gang ist moralisch wünschenswert, orthopädisch aber eine Katastrophe.

  • There is a theory which states that if ever anyone discovers exactly what the universe is for and why
    it is here, it will instantly disappear and be replaced by something even more bizarre and inexplicable.
    There is another theory which states that this has already happened. ~Douglas Adams

  • Hallo Herr Gohr,

    ich denke, Sie haben genau richtig gemutmaßt. Der Diagnostikcode stand sicher nur aus dem Grund der nummerischen Reihenfolge im OPS-Verzeichnis an vorderster Front.

    Freundliche Grüße und auch ein schönes WE RoMi

  • Hallo Hr. Schaffert, Hallo Fr. AnMa,
    ich kam leider nicht dazu, Ihnen bezüglich des Codes 1-903 zu beantworten.
    Die Generierung dieses Codes für alle Patienten wurde festgelegt, nachdem alle Beteiligten sich einig waren, dass es nach Maßgabe der Mindestmerkmale bei der Vergabe dieses Codes tatsächlich zu so ein Aufwand bei allen Patienten kommen würde. Ich weiß es nicht, wie weit sie Hr. Schaffert mit der Arbeit der Psychiatrie und deren Ablauf vertraut sind, aber wie Sie aus diesem Forum festgestellt haben, ist Psychiatrie in vielen Hinsichten so Komplex, dass es sich mit paar Nummern nicht verstehen lässt. Es ist kein Beinbruch oder Blindarm- OP, dass die Abläufe zum größten Teil definiert sind.
    Das Ziel der Codierung soll Schaffung der Transparenz sein. Diese ist aber bei diesem Codiersystem nicht gegeben.
    Z.B.
    1. Therapie (Gruppe) Dauer 45 min., kann sie mit 25 min ¼ Einheit codiert werden.
    Es wird auch so gemacht. Insgesamt sind mir 10 Therapien pro Woche mit dieser
    Dauer bekannt.
    2. Therapie (Gruppe) Dauer 60 min., kann sie mit 50 min. 0/5 Einheit codiert werden.
    3. ein fundiertes Einzelgespräch Dauer 15 min., wird nicht codiert.
    Das sind Beispiele aus vielen, die im Codiersystem als Grundrauschen tituliert wird. Nach meiner Auffassung, ist die Arbeit auf Psychiatrie und deren Ablauf kein Grundrauschen sondern Grundozeanen. Daher kann hier keine Rede von Transparenz und schon gar nicht vom Betrug sein.

    AnMa schrieb: Aus der Somatikerfahrung kann ich nur davon abraten. Es darf nur kodiert werden, was tatsächlich erbracht wurde.

    Genau das ist in Psychiatrie das Problem, es kann nicht codiert werden, was tatsächlich geleistet wurde.


    Ich werde Euer Bedenken diesbezüglich ernst nehmen und an Zuständige weitergeben!

    Freundliche Grüsse

    rasmas

  • Schönen guten Tag rasmas,

    ich verstehe, dass es Ihnen um Transparenz und die Abbildung ihrer Leistungen geht und dass sie dies aus Ihrer psychiatrischen Erfahrung heraus in der Psychiatrie als komplexer erachten, als in der Somatik.

    Ich möchte Ihnen einfach aus meiner langjährigen Erfahrung mit dem DRG-System und seiner Einführung einige Hinweise geben.

    Zum einen geht es nicht um die Abbildung aller möglichen Leistungen und Aufwände. Ich habe dies in verschiedenen Beiträgen bereits gesagt und tue dies hier noch einmal, weil es mir wichtig ist: Es geht darum, verschiedene Aufwandsähnliche (nicht etwa Aufwandsgleiche) Patientengruppen zu unterscheiden, um sie \"pauschal\" (nicht etwa \"gerecht\") zu vergüten (§17d Abs. 1 KHG). Nicht mehr und nicht weniger! Es geht keinesfalls darum, alle möglichen Leistungen abzubilden. Dagegen werde ich konsequent argumentieren, weil dies bedeuten würde, dass noch mehr Personal und Zeit für Dokumentation aufgewendet und der eigentlichen Patientenversorgung entzogen wird. Was \"ähnlich\" im Zusammenhang mit den Patientengruppen heißt, werden wir sehen, wenn das System eingeführt wird. Und ich bin überzeugt davon, dass sich manch einer die Augen reiben wird, was alles im Ozean des Grundrauschens untergehen wird. In der Somatik ist das im Übrigen auch ein erheblicher Anteil - z. B. fast die gesamte nicht invasive Diagnostik (einschließlich auch äufwändiger CT oder MRT oder anderer Großgeräteuntersuchungen).

    Zum Zweiten geht es auch nicht um den \"gefühlten\" Aufwand. Wenn Sie sagen, dass es bei allen Patienten zu einem den Mindestmerkmalen des Diagnostikcodes entsprechenden Aufwand kommen würde, dann ist das ja schön und gut, aber eine wesentliche Regel eines kodierungsbasierten Abrechnungssystems ist, dass die Kodierung der Dokumentation folgt. Also erst wenn die entsprechende Leistung für Dritte nachvollziehbar dokumentiert ist, gilt sie als durchgeführt und kann auch verschlüsselt werden. Dies ist für mich das allerwichtigste Lernziel sowohl beim DRG-, als auch beim Psychatrie-System. Deshalb halte ich von \"automatisierten\" Kodegenerierungen bei jedem Patienten nichts, denn genau dieser Prozess: Leistung - Dokumentation - Kodierung - Abrechnung (und später auch noch: MDK-Prüfung) muss etabliert und eingeübt werden.

    Und zu guter letzt ist es es auch nicht hilfreich, wenn jedes Krankenhaus \"für sich\" bestimmte Festlegungen hinsichtlich der Kodierung trifft. Dafür gibt es die Kodierrichtlinien, die in der derzeitigen Form zugegeben nicht sonderlich vollständig und hilfreich sind. Ganz sicher lässt sich daraus aber nicht ableiten, dass der Diagnostik Kode bei jedem Patienten verschlüsselt werden kann. Und was nicht abgebildet werden kann, ist auch nicht zu verschlüsseln, weder durch \"umbiegen\" noch durch pauschale Anwendung eines Schlüssels. Dafür gibt es ein etabliertes System der Weiterentwicklung, an dem sich auch jeder Betroffene beteiligen kann.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Herr Schaffert,
    vielen vielen Dank für diese Ausführliche Zusammenfassung und Argumentation. Sie sprechen mir damit aus der Seele.
    Nun müssen wir nur noch hinbekommen, dass das die entsprechenden behandelnden Fachbereiche das genauso sehen...

    Einen schönen Sonntag,

    B. Gohr

    Das Problem am Gesundheitssystem ist der aufrechte Gang. Der aufrechte Gang ist moralisch wünschenswert, orthopädisch aber eine Katastrophe.