Distra zur Prophylaxe bei Alkoholikern

  • Hallo zusammen,

    ich konnte leider keinen Hinweis finden, deshalb meine Frage:

    Bekannter Alkoholiker kommt mit Oberschenkelfraktur ins KH. Pat. erhält zur Prophylaxe (damit er eben keine Entzugssymptome entwickelt) Distra.
    1. MDK-Gutachter: F10.2 wird gestrichen
    Widerspruch
    2. MDK-Gutachter: keine neuen Erkenntnisse; F10.2 nicht kodierfähig.

    Meiner Meinung nach, haben wir das Alkoholproblem wahrgenommen und entsprechend behandelt.

    Gruß

    Pöfi

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    mit welcher Begründung?
    Ich hätte ja verstanden, wenn man F10.3 streichen würde, aber F10.2?

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Hallo Herr Selter,

    Text im 1. Gutachten: ... Prophylaktische Distra-Gabe bei Alkoholanamnese ... Dissens mit der Klinik .... Wegfall der F10.2

    Text im 2. Gutachten: Die prophylaktische Gabe von Clomethiazol rechtfertigt nicht zur Kodierung der F10.2 als Nebendiagnose, da dies eher als Substitutionstherapie zu sehen ist.

    :boese:

    Pöfi

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    was ein Unsinn!!
    Die Alkoholabhängigkeit hat die Medikamentengabe verursacht und somit liegt eine Ressourcenaufwand im Sinne der DKR D003 vor. Hier ist dann F10.2 zuzuordnen (und im Sinne der Prophylaxe eben nicht F10.3).

    Hier sollten Sie dann ggf. mal Rücksprache mit der Kasse halten. Falls diese sich dennoch kritiklos dem \"Gutachten\" anschließt, würde ich klagen.

  • Hallo Poefi,

    hier könnte man doch auch passend die Kodierempfehlung 157 des MDK zur Argumentation heranziehen: \"I48.11 Vorhofflimmern, chronisch wird als Nebendiagnose kodiert. Die entsprechende Beeinflussung des Patientenmanagements (Antikoagulation) ist durch diese Nebendiagnose veranlasst worden. In der Nebendiagnosendefinition wird nicht gefordert, dass eine als Nebendiagnose zu kodierende Krankheit auch ursächlich oder spezifisch behandelt werden muss\". Wenn sie statt I48.11 die F10.2 und statt Antikogulation die Gabe von Distraneurin einsetzen, wird deutlich, dass ihnen selbst der MDK in seinen Empfehlungen recht gibt (auch wenn es sich hier nur um Empfehlungen handelt).

    MfG findus

    MfG findus

  • hallo forum,

    am besten finde ich hieir den verweis auf D001, \"Sich anbahnende oder drohende Krankheit \"

    Im beispielfall von D001 droht ein gangrän des beines I70.24, tritt aber nicht ein infolge therapie.
    In den icd10-VZs gibt es keine drohende gangrän, also ist diese drohende krankheit auch nicht kodierbar.
    Kodiert wird dann im beispiel 1 die zugrunde liegende krankheit, das ist die Atherosklerose der beinarterien (zb I70.23 ).

    Im obigen fall droht ein Alkoholentzugssyndrom F10.3, tritt aber wegen therapie mit distra nicht ein. Wenn es ein drohendes entzugssyndrom in den diagnose-VZs nicht gibt, dann ist die grundkrankheit alkohol-abhängigkeit F10.2 zu kodieren.

    Ich denke, D001 begründet F10.2 (ND D003 siehe oben Selter ) und auch warum F10.3 nicht.

    mfg ETgkv

  • Hallo zusammen,

    danke für eure Tipps und eure Meinung. Ich habe leider noch nicht den KK-Mitarbeiter erreicht bzw. ich warte noch auf den Rückruf.

    Bei diesem Fall bin ich damals in die MDK-Begehung gegangen und war mir eigentlich sicher, dass es bei diesem Fall keine Diskussion gibt. Man soll sich doch nicht zu früh freuen.

    Pöfi

  • Hallo Pöfi, liebes DRG-Forum ;)
    Mein erster Post im Nicht-Pschiatrie-Bereich. Bin ja ein Bisschen aufgeregt.

    Ausgehend von der DKR D001 könnte man natürlich theoretisch sagen, dass man den sich anbehnenden Entzug frühzeitig behandelt hat. Da es, wie schon beschrieben, keinen Code gibt, wird dann F10.2 kodiert.
    Das Problem sehe ich hier eher in der Prophylaxe.
    Zum Einen ist Distraneurin kein Medikament, das zur Prophylaxe eines Entzugssyndroms zugelassen ist (fachinfo.de), zum Anderen kann man doch nicht einfach davon ausegehen, dass sich ein Entzugssyndrom entwickeln wird.
    Problematisch sehe ich ferner die Begriffe \"anbahnend\" und \"drohend\" im Bezug auf das Entzugssyndrom. Das ist, als würde ich jedem adipösen patienten prophylaktisch gegen eine \"kann ja mal passieren\"-Hypertonie Betablocker geben und die Hypertonie verschlüsseln.

    Nun ist, lieber Pöfi, auch Ihre Ausführung etwas dürftig. Wurden denn prophylaktisch Alkoholentzugssyndrom-Skalen gemessen und ausgewertet, nach denen dann entsprechend einer Arztanordnung Distra gegeben wurde, oder war es eher ein \"gib mal alle 2 Stunden \'ne Kapsel\"? Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, aber ich sehe keinen gerechtfertigten Aufwand (die Distra-Gabe, wie Sie sie beschreiben ist mMn nicht korrekt).

    Gern allerdings lasse ich mich von Ihnen mit entsprechendem MDK-Hintergrundwissen überzeugen.

    Viele Grüße,

    B. Gohr

    Das Problem am Gesundheitssystem ist der aufrechte Gang. Der aufrechte Gang ist moralisch wünschenswert, orthopädisch aber eine Katastrophe.

  • Moment, Herr Gohr:
    Sie beginnen eine fachliche Diskussion, allerdings fehlen uns hierzu die detaillierten Unterlagen und zweitens darf der MDK nicht in die Behandlung eingreifen. Man kann über die Indikation trefflich streiten. Das ist hier aber gar nicht versucht worden. Die Gabe von Distr ist ja wahrgenommen worden. Verschlüsselt worden ist aber nicht der Entzug, sondern die zugrundeliegende Alkohokrankheit.
    Diese hat mithin Ressourcen verbraucht. Das ist doch ganz einfach.

    Gruß

    merguet

  • Vielleicht geht es dem MDK auch nur um formale Kriterien der Doku?

    Ist die Diagnose F10.2 (oben steht nur \"Alkoholanamnese\") begründet und dokumentiert?

    There is a theory which states that if ever anyone discovers exactly what the universe is for and why
    it is here, it will instantly disappear and be replaced by something even more bizarre and inexplicable.
    There is another theory which states that this has already happened. ~Douglas Adams

  • Hallo,

    lt. Angabe des Patienten trinkt er tägl. 4 Bier. In einem Aufenthalt 2002 wurde ebenfalls vom Arzt ein tägl. Alkoholkonsum dokumentiert.
    Es kann doch nicht sein, dass wir abwarten, ob der Patient Alkohol benötigt bzw. ob sich Entzugserscheinung einstellen. Der Behandlungserfolg der Fraktur kann doch nur dadurch unterstützt werden, dass der Patient eben keine Entzugserscheinung bekommt.
    Was passiert, wenn der Patient in den Entzug kommt und z. B. aus dem Bett fällt, Drainage entfernt, ...

    Pöfi