Transportkosten bei Verlegung in (akut-) Geriatrie

  • Schönen guten Tag allerseits,

    leider habe ich bei meiner Recherche weder in der Urteilsdatenbank noch hier im Forum etwas zu dem folgenden Problem gefunden:

    Eine Krankenkasse fordert bei einer Reihe von Verlegungsfahrten Geld von uns, da sie die \"zwingende medizinische Notwendigkeit\" nach § 60 Abs. 2 Satz 1 nicht anerkennt und daher die Kosten vom Krankenhaus zu tragen wären.

    Es handelt sich fast immer um eine Verlegung in die akutgeriatrische Abteilung entweder unseres zweiten Standortes (eigenes Krankenhaus mit eigener IK) oder eines anderen Krankenhauses. Das Argument, dass wir diese Abteilung nicht vorhalten und es aus unserer Sicht deshalb zwingend notwendig ist, die Patienten zu verlegen, lässt die Kasse nicht gelten. Sie argumentiert damit dass wir ein Haus der Grund- und Regelversorgung seien und die Verlegungen immer in Häsuer der Regelversorgung, also einer niedrigeren Versorgungsstufe stattfänden (gibt es in Hessen überhaupt nocht diese Versorgungsstufen in dieser Form ? )

    Hat jemand bereits Erfahrungen mit solchen Anfragen oder sogar im besten Fall ein Urteil ?

    Vielen Dank, Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Hallo Herr Schaffert,

    mit Ihrem Problem der Verlegung von KH zu KH hat sich die Rspr. wirklich noch nicht allzu oft befassen müssen. Die einzigen Urteile, die ich zu § 60 II 1 gefunden habe sind:
    SG Dortmund vom 21.07.2009 - S 8 KR 89/09
    BSG vom 02.11.2007 - B 1 KR 11/07 R

    Ich fürchte, diese Urteile werden Ihre Frage nicht abschließend klären aber vielleicht einen ersten Hinweis geben können. Daher zitiere ich aus dem Kommentar zu § 60 SGB V von Becker/ Kingreen (dort Rn. 14):

    \"Grundsätzlich fallen auch Fahrten zur Verlegung in ein anderes, meist wohnortnahes Krankenhaus unter [Abs. II S.1] Nr.1. Voraussetzung ist aber, dass auch die Verlegung selbst zwingend medizinisch erforderlich ist (nicht ausreichend sind daher allein wirtschafltiche oder organisatorische Erwägungen der beteiligten Krankenhäuser) oder die Krankenkasse zustimmt.\"

    Spontan fällt mir nur ein, dass Sie auf dieser Grundlage argumentieren könnten, dass, wenn eine Verlegung in ein wohnortnahes Krankenhaus aus medizinischen Gründen einen priviligierten Beförderungsfall darstelle, dies erst recht gelten müsse, wenn eine Verlegung aus medizinischen Gründen in eine Fachklinik erfolge. Die Verlegung dürfte zumindest dann zwingend medizinisch erforderlich sein, wenn das aufnehmende Haus über Mittel verfügt, die Sie als verlegendes Haus nicht vorhalten, im Behandlungsfall der Patienten aber erforderlich sind, um das spezifische Behandlungsziel zu erreichen.

    Problematisch könnte die Frage werden, ob es sich bei der Verlegung um eine \"eigenwirtschaftliche Handlung\" handelt, auch wenn die aufnehmende Klinik zwar ein eigenständiges KH ist, aber zu Ihrem Verbund gehört.

    Mit freundlichen Grüßen
    DRGRecht

  • Zitat


    Original von R. Schaffert:
    Sie argumentiert damit dass wir ein Haus der Grund- und Regelversorgung seien und die Verlegungen immer in Häsuer der Regelversorgung, also einer niedrigeren Versorgungsstufe stattfänden (gibt es in Hessen überhaupt nocht diese Versorgungsstufen in dieser Form ? )

    Hallo - wenn ich sie richtig verstehe sieht die kranke Kasse also eine Verlegung nur in eine höhere Versorgungsstufe als gerechtfertigt an?

    Ich würde mich auf \"unseren\" (M/V) Vertrag gemäß § 112 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 15GB V über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung
    beziehen dort steht zu diesem Thema unter:

    §6
    Verlegung,Verbringung
    (1) Wird bei der Aufnahmeuntersuchung oder im Verlauf der Behandlung festgestellt, dass es medizinisch notwendig und zweckmäßig ist, die Krankenhausbehandlung in einem anderen Krankenhaus durch- oder fortzuführen, ist die Verlegung des Versicherten in eines der nächsterreichbaren, geeigneten und nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhäuser unverzüglich zu veranlassen.
    (2) Eine Verlegung liegt vor, wenn mindestens zwei Krankenhäuser die Weiterbehandlung eines Patienten realisieren, der binnen 24 Stunden nach seiner Entlassung im abgebenden Krankenhaus vom aufnehmendem Krankenhaus aus demselben Krankheitsgrund aufgenommen wird.
    (3) Eine Verlegung liegt nicht vor, wenn zur Mitbehandlung ein anderes Krankenhaus in Anspruch genommen wird, und der Versicherte am selben Tag, spätestens jedoch innerhalb von 24 Stunden, in das entsendende Krankenhaus zurückkehrt (Verbringung).

    Alle im Zusammenhang mit der Verbringung entstehenden Kosten sind allgemeine Krankenhausleistungen und im Innenverhältnis zwischen den leistungserbringern zu regeln soweit keine abweichende Regelung durch Gesetz oder Verordnung besteht.

    Mehr nicht.

    Herzlichst.

    „Quod non in actis est, non est in mundo.“ (Was nicht in den Akten ist, ist nicht in der Welt)

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Reinhard,

    es gab doch mal ein Schreiben von Herrn Tuschen (allerdings zu Verlegung - Rückverlegung und Berechnung 2. FP), welches - synoptisch - in diesem Zusammenhang darauf abstellte, dass ausschließlich zu klären sei, ob die medizinische Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung bestehe. Falls ja, sei die 2. Fallpauschale zu berechnen. Ich erinnere aus dem Stegreif leider nicht mehr, ob auch die Transportkosten darunter fielen.

    Viele Grüße
    sendet
    Burkhard

  • Guten Morgen,
    wir hatten seinerzeit auch häufiger Probleme mit Verlegungsfahrten, die häufig auch äquivalent zur Frage der Notwendigkeit einer Verlegung an sich aufgeworfen wurden. Wir haben dabei regelmäßig damit argumentiert, dass es - wie von meinen Vorrednern angeführt - lediglich darum geht, ob eine stationäre Behandlungsnotwendigkeit vorliegt. Da als Plankrankenhaus für diese Patienten eine Aufnahmepflicht besteht, ist die Aufnahme im zweiten Haus rechtens. Da gleichzeitig eine medizinische Notwendigkeit der stationären Behandlung vorliegt, geht somit auch der Transport zu Lasten der Krankenkasse. Eine wie auch immer verstandene Berücksichtigung von Versorgungsstufen ist m.E. nicht zu fordern. Ganz im Gegenteil: So wird doch meist von KK und/oder MDK mit \"unserem gestuften Versorgungssytem\" argumentiert, wenn es darum geht, besonders frühzeitige Entlassungen aus dem stationären Bereich oder auch mal Verlegungen von Intensivstation auf IMC bzw. Normalstation zu fordern - dann muss gleiches auch für Verlegungen aus \"höheren\" in \"niedrigere\" Versorgungsstufen gelten, gerade im Hinblick auf die Ressourcen der höheren Versorgungsstufe, die für Patienten mit komplexeren Erkrankungen benötigt werden. Damit hatten wir bislang jede (!) dieser Forderungen zurückgewiesen.
    Herzlichen Gruß
    L. Nagel

    Dr. Lars Nagel
    Leiter Medizincontrolling
    Kreiskliniken Darmstadt-Dieburg
    [Groß-Umstadt | Seeheim-Jugenheim]

  • zusammen,
    die Rechtslage ist bei den Fahrtkosten anders als bei den stationären Behandlungskosten. Bei der Kostenübernahme von Fahrtkosten sieht § 59 SGB V vor, dass Verlegungsfahrten nur dann übernommen werden, wenn eine zwingende medizinische Notwendigkeit für die Verlegung besteht. Es reicht nicht aus, dass weiterhin stationäre Behandlungsbedürftigkeit besteht.
    Das klassische Beispiel hierfür ist nun mal die \"Bergauf-Verlegung\", z. B. vom erstbehandelnden Haus zur OP ins Herzzentrum, o.ä.

    Viele Grüße

    Michael Bauer :)
    Krankenkassenbetriebswirt

  • Schönen guten Tag allerseits,

    vielen Dank für die vielen Hinweise.

    @Herrn Bauer: Ich gebe Ihnen Recht, dass stationäre Behandlungsbedürftigkeit und \"zwingende medizinische Notwendigkeit\" bei Verlegung nicht unbedingt übereinstimmen müssen. Wenn allerdings die Weiterbehandlung in der erforderlichen Fachabteilung nicht möglich ist, weil sie beispielsweise mangels Versorgungsauftrag nicht vorgehalten wird, so liegt aus meiner Sicht die \"zwingende medizinische Notwendigkeit\" augenscheinlich vor.

    Wen es interessiert: Ich stelle hier einmal mein Antwortschreiben ein:

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Hallo Hr. Schaffert,

    mit diesem Schreiben ist alles gesagt - mein Kompliment dazu.

    Ihr Beispiel ist von meinem nicht so weit weg, da das verlegende Haus in meinem Beispiel ja auch mangels Versorgungsauftrag keine Herz-OPs durchführt! Einer möglichen rechtlichen Klärung würde ich an Ihrer Stelle gelassen entgegensehen.

    Viele Grüße

    Michael Bauer :)
    Krankenkassenbetriebswirt