Mehrmals durchgeführte Leistungen

  • Liebe Kollegen,

    ich muss jetzt mal was Ketzerisches fragen:

    Ein Patient kommt doch ins Krankenhaus, weil er krank und nicht weil er gesund ist. Ist ein bestimmter "Sockel" an Leistung nicht einfach selbstverstädnlich und braucht daher nicht kodiert zu werden? Ist er nicht dadurch begründet, dass der Patient zu recht im Krankenhaus ist? Und kann man dann nicht schon den OPS erheblich abspecken?

    Außerdem: will ich wirklich zurück zur Einzelleistungsvergütung? Warum wird in manchen Krankenhäusern täglich geröntgt (mein alter internistsicher Chef hat immer gesagt: "Schreiten wir zum Äußersten: Untersuchen wir den Patienten."), in anderen täglich abgehört und nur bei Verschlechterung des Auskultationsbefundes geröntgt? Will ich als Kasse bezahlen, dass die Qualität durchaus durch ein "zu viel" und nicht "zu wenig" an Leistung verschlechtert werden kann?
    Was werden wir eigentlich machen, wenn man auf die Idee kommt, nur in "qualitätsgesicherten" und "Ergebnisqualität-evaluierten" Krankenhäusern die Kosten zu kalkulieren? Könnte es nicht sein, dass diese unglaublich preiswert sind? (keine Sorge, es wird nicht passieren, denn so würden die effizienten Anbieter selber entsprechend weniger Gewinne erwirtschaften, da das kalkulierte Gewicht ja entsprechend niedrig liegt)

    Mal sehen, was das InEK machen wird (bzw. machen darf!)

    Patricia

    --
    Patricia Klein

    Patricia Klein

  • Zitat


    Original von PatKlein:
    Liebe Kollegen,

    ich muss jetzt mal was Ketzerisches fragen:

    Ein Patient kommt doch ins Krankenhaus, weil er krank und nicht weil er gesund ist. Ist ein bestimmter "Sockel" an Leistung nicht einfach selbstverstädnlich und braucht daher nicht kodiert zu werden?

    So ist es (und bleibt es wohl (hoffentlich) auch). Die Kontaktzeit mit der Aufnahme muß zum Glück nicht kodiert werden, auch nicht die Arztvisiten, Bett, Verpflegung etc.. Auch nicht die meisten Medikamente.
    Darüber hinaus unterscheidet sich das Krankengut aber doch wohl hinsichtlich des Ressourcenverbrauches erheblich...

    Ich bin mir nicht sicher, worauf Sie hínauswollen I) ?

    Zitat


    Ist er nicht dadurch begründet, dass der Patient zu recht im Krankenhaus ist? Und kann man dann nicht schon den OPS erheblich abspecken?

    Prinzipiell ja, aber welche Kodes wollten Sie streichen ? Derzeit sieht es ja so aus, als würde der AR-Algorithmus 1:1 übernommen. Kodes, die nicht der Eingruppierung dienen könnten wegfallen (nach Übergangsregelung wegen FP/SE). Insbesondere, wenn man das System unverändert lassen will 8).

    Aber worauf wollen Sie hinaus? Die Idee eines abgespeckten/abgekoppelten reinen Abrechnungsschlüssels - da der OPS sonst ja auch zu nicht viel anderem taugt? Wenn die Fachgesellschaften in Zukunft nicht mehr so "unqualifiziert";-) dazwischenfunken läuft es bestimmt automatisch darauf hinaus ;-). Parallel dazu könnte man dann einen richtigen Schlüssel aufbauen, der bestimmten medizinischen Ansprüchen gerecht wird.

    Oder meinen Sie gar, man sollte den Abrechnungsschlüssel auf die paar hundert DRGs beschränken? Der Arzt entscheidet dann, welche Fallpauschale er für den Fall abrechnet (ohne Computer) ?

    mfG

    Christoph Hirschberg

  • Lieber Herr Hirschberg,

    nein, ich finde nicht, dass der Arzt sich einfach mal eben die DRG raussuchen sollte. Ich finde eigentlich (wie offensichtlich auch Sie), dass ein großes Problem in Deutschland ist, dass die Selbstverwaltung halt immer die Dachgesellschaften fragen muss. Und die sind leider derzeit noch nicht so in der Thematik drin. Das wird sich hoffentlich ändern, obwohl ich da derzeit bei den konservativen Fächern noch nicht so den rechten Trend erkennen kann. Es liegt halt daran, dass Ärzte oft Schwierigkeiten haben, die Kompetenzen anderer (durchaus auch Ärzte) wahr- und ernstzunehmen. Die originäre Problematik können meines Erachtens nach nur die med. Controller vor Ort (die sich ja im ständigen, wenn auch oft stressigen Austausch mit den "direkt am Patienten tätigen" Ärzten befinden) erfassen, beurteilen und adäquate (oder auch pragmatische) Konsequenzen daraus ziehen. Die werden derzeit aber noch zu wenig mit einbezogen (sorry an Münster, aber eine Uniklinik ist vielleicht noch nicht so ganz repräsentativ).
    Aber wir sitzen ja offensichtlich alle in den Startlöchern. Sobald irgendjemand die Direktive ausgibt: "Alle Kankenhäuser erfassen jetzt zunächst mal X, Y, Z..." wird es schneller funktionieren, als man denkt.
    Bis dahin
    Patricia
    --
    Patricia Klein

    Patricia Klein

  • Zitat


    Original von PatKlein:
    Lieber Herr Hirschberg,

    nein, ich finde nicht, dass der Arzt sich einfach mal eben die DRG raussuchen sollte. Ich finde eigentlich (wie offensichtlich auch Sie), dass ein großes Problem in Deutschland ist, dass die Selbstverwaltung halt immer die Dachgesellschaften fragen muss. Und die sind leider derzeit noch nicht so in der Thematik drin. Das wird sich hoffentlich ändern, obwohl ich da derzeit bei den konservativen Fächern noch nicht so den rechten Trend erkennen kann. Es liegt halt daran, dass Ärzte oft Schwierigkeiten haben, die Kompetenzen anderer (durchaus auch Ärzte) wahr- und ernstzunehmen. Die originäre Problematik können meines Erachtens nach nur die med. Controller vor Ort (die sich ja im ständigen, wenn auch oft stressigen Austausch mit den "direkt am Patienten tätigen" Ärzten befinden) erfassen, beurteilen und adäquate (oder auch pragmatische) Konsequenzen daraus ziehen.

    Dies stimmt wohl, wenn es um die rasche 1:1-Übernahme des australischen Kodierschemas geht. Aber geht es wirklich nur darum ?

    Zitat


    Aber wir sitzen ja offensichtlich alle in den Startlöchern. Sobald irgendjemand die Direktive ausgibt: "Alle Kankenhäuser erfassen jetzt zunächst mal X, Y, Z..." wird es schneller funktionieren, als man denkt.

    Nun, irgendwann könnte allerdings auch Ermüdung eintreten.
    Den Startschuß hat man bereits einige Male vernommen ;).

    Oder die Fachgesellschaften durchschauen endlich das ganze Spiel und bauen (mehr oder weniger berechtigt, ev. dann auch mit Absicht) mehr und neue Hürden in den Weg zum DRG-Ziel.
    Natürlich wird "es" funktionieren. Irgendwie und mit viel (unsinniger) Arbeit wird es funktionieren. Muß ja, sonst gibts kein Geld. Aber wäre es nicht schöner, wenn "es" von Anfang an auf einer solideren und weniger leicht angreifbaren, weil durchdachten, Basis stünde ?

    Vor einigen Monaten (Mai 2001) bereits bat ich die DKG um Informationen zum Grouper-Algorithmus. Man teilte mir mit, von einer Definition des Algorithmus sei man weit entfernt. Nun deutet alles daraufhin, das der .au-Algorithmus unverändert übernommen wird (m.E. weil man ja sonst kein Programm zum groupen hätte und die DRGs nicht kalkulieren könnte). Hätte man da nicht früher `drauf kommen können ?

    Wo sind die Übersetzungen (nicht das ich das nicht auch in Englisch hinbekäme) ??? ?( ?( ?(

    Wo ist ein fundierter Plan für die DRG-Einführung ? ?( ?( ?(

    Mit freundlichem Gruß

    Christoph Hirschberg

  • Lieber Herr Hirschberg,

    ich sehe schon, wir müssen unbedingt mal zusammen einen trinken gehen...
    Gruss
    Patricia
    --
    Patricia Klein

    Patricia Klein

  • Kuypers Hügo, MeDoKu, Waiblingen

  • Zitat


    Original von Hab-StElisabeth:
    :ops: Welche Leistungen sind wichtig... :ops:

    Zur Antwort die Systematik, nach der in Deutschland vorgegangen (werden) wird: Man erfaßt Diagnosen, Leistungen und Fallpreise, gibt diese in eine riesige statistische Maschinerie, und ermittelt, welche kostenhomogenen Gruppen sich bilden lassen. Diese ergeben dann eine DRG. Stellt sich heraus, daß eine einzelne erbrachte Leistung ein statistisch sinnvolles Kriterium für einen signifikant unterschiedlichen Ressourcen- (=Geld-) verbrauch einer Gruppe darstellt, so kann dieses durchaus zum Trennkriterium werden.

    Man kann sich also gut vorstellen, daß "Bagatellleistungen" damit keine Bedeutung haben werden.

    Haben die codierten OPS denn nur Einfluß auf die Gruppierung in die 800 DRGs? Oder werden sie auch herangezogen, um die Krankenhäuser untereinander zu vergleichen (Ranking)?
    Wenn z.B. in einem Haus für einen Eingriff immer PDK und Arterie codiert werden und nötig sind und im anderen Haus für den selben Eingriff nicht, dann ist das ja auch ein Anhalt für die Versorgungsqualität (bei gleichem Entgelt für dieselbe Hauptleistung (OP)).
    Welcher Schluß aus dem Anlegen des PDK in einem Haus und im anderen nicht gezogen werden muß, bleibt dann noch offen:
    1.) Versorgung besser/schlechter
    2.) Vergessen zu codieren
    3.) kränkere / gesündere Patienten
    4.) mehr / weniger Patientencomfort (spielt das eine Rolle in Zukunft?)
    5.) besseres / schlechteres Outcome (PDK ist cardioprotektiv u.a.)
    6.) bessere / schlechtere OP-Technik erfordert PDK oder nicht
    7.) universitäre Medizin wg. Ausbildung/Forschung etc.
    etc.pp.

    Oder gehen all die gewonnenen Daten nicht mit ein in diese Analysen über die Unterschiede in den Krankenhäusern?

    Viele Grüße

    B. Mehlhorn

  • Zitat


    Original von Mehlhorn:

    Haben die codierten OPS denn nur Einfluß auf die Gruppierung in die 800 DRGs? Oder werden sie auch herangezogen, um die Krankenhäuser untereinander zu vergleichen (Ranking)?
    ...
    Oder gehen all die gewonnenen Daten nicht mit ein in diese Analysen über die Unterschiede in den Krankenhäusern?

    Aber dann sollte doch erst einmal eine in der Einleitung zu den DKR benannte Voraussetzung

    " Da die Leistungsbeschreibung der DRGs neben anderen Kriterien im wesentlichen über die Diagnosen- und Prozedurenklassifikation erfolgt, müssen diese in der Lage sein, das vollständige Krankheits- und Leistungsspektrum in deutschen Krankenhäusern abzubilden. "

    gegeben sein ;)

    mfG

    Christoph Hirschberg

  • Zitat


    Original von C-Hirschberg:

    Aber dann sollte doch erst einmal eine in der Einleitung zu den DKR benannte Voraussetzung

    " Da die Leistungsbeschreibung der DRGs neben anderen Kriterien im wesentlichen über die Diagnosen- und Prozedurenklassifikation erfolgt, müssen diese in der Lage sein, das vollständige Krankheits- und Leistungsspektrum in deutschen Krankenhäusern abzubilden. "

    gegeben sein ;)

    Ich denke, so wie es jetzt aussieht, werden erst einmal alle deutschen Patienten in vorgegebene Schubladen gesteckt. Unterschiede von Patienten oder Krankenhäusern zu erfassen, das ist wohl zur Zeit nicht das Thema.

    Bis jetzt werden lediglich Vergleiche im Stil von "Gewinnern" und "Verlierern" angestellt, wobei hier vorgegebene, auf fremden Daten basierende Schubladen (australischer Casemix, australisches Costing) die Individualität deutscher Krankenhäuser und Patienten eben gar nicht berücksichtigt.

    Mal im Ernst, wie es gehen könnte, dass man die Individualität nicht verliert, habe ich vorgeschlagen (Refined ICD/OPS, Freitext für alle). Ich hoffe, dass dieser grundlegende Vorschlag, ohne dessen Beachtung m. E. die Individualität auf der Strecke bleiben muss, doch noch irgendwann umgesetzt wird - oder zumindest etwas Ähnliches.

    Mit freundlichen Grüßen

    Bernhard Scholz

    [center] Bernhard Scholz [/center]

  • Zitat


    Original von Mehlhorn:
    gehen all die gewonnenen Daten nicht mit ein in diese Analysen über die Unterschiede in den Krankenhäusern?


    Ich glaube, der Einfluß auf die Vergütung ist nur der Anfang.

    Mal unmoralisch gesprochen: in einem Fallpauschalensystem ist ja die wirtschaftliche Motivation, möglichst viele, teure Fallpauschalen in möglichst kurzer Verweildauer möglichst preiswert zu behandeln.
    Marketingjargon: Den Absatz des jeweiligen DRG-Produktes möglichst hoch zu halten bei möglichst niedrigen Produktionskosten.
    Um die medizinische Versorgungsqualität zu sichern, wird man also Mindeststandards entwickeln müssen, die hoffentlich von den Fachgesellschaften kommen werden. In diesem Rahmen würde man dann wahrscheinlich bestimmte Leistungen in die DRG-Definition mit aufnehmen.
    Was man sonst noch mit den Daten machen wird, steht noch in den Sternen:
    Werden die Details überhaupt an die Kassen gehen?
    Wie werden die Rasterfahndungen der Sachbearbeiter aussehen?
    Wird man die Daten zum Marketing verwenden?: ("In unserer Reibach-Privatklinik werden alle Patienten mit PDK und Arterie versorgt, um eine optimale versorgung zu garantieren, während der Bundesdurchschnitt bei 50% liegt!") -> dazu gibt´s eine große, sehr amerikanische Anderson-Studie, die glaubt, daß Patienten in Zukunft viel mehr Krankenhausvergleiche anstellen werden.
    Außerdem kann man ja interne Analysen machen: bewirken die Maßnahmen tatsächlich ein besseres Outcome? Vielleicht rechnen sich die Maßnahmen ja sogar bei gleicher Fallpauschale finanziell (wg. kürzerer Verweildauer, weniger Komplikationen...).
    Aber mutmaßen könnte man jetzt noch stundenlang...

    Jan Haberkorn
    Internist/Medizincontroller
    St. Elisabeth-Krankenhaus Köln