Pneumonie mit SIRS? Sepsis?

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    Zuerst ist da noch was zu klären:

    Wann entfieberte der Patient? Wann wurden die Antibiotika gestoppt?
    Wurde Ihr Patient mit der Diagnose Sepsis im E-Bericht entlassen?


    Nein, das ist nicht zu klären.
    Die SIRS-Kriterien sind definiert. Da geht es nicht darum, wann man entfiebert, sondern, ob dies vorlag:
    Fieber (größer oder gleich 38,0° C) oder Hypothermie (kleiner oder gleich 36,0°C)
    Wann eine Therapie gestoppt wird, spielt hier ebenfalls keine Rolle. Dass eine Therapie durchgeführt wurde (muss nicht ursächlich sein, ist bereits dargestellt worden), ist wohl anzunehmen.
    Was in einem E-Brief steht, ist ebenfalls nicht ein 100% Ausschluss- oder Bestätigungsmerkmal, dafür ist die Akte heranzuziehen. Und wenn dort die Erfüllung der Merkmale nachvollziehbar ist, dann wird SIRS kodiert, so wie in der DKR 0103 vorgegeben.

    Die MDK-Vorstellung der "Therapie" hatten wir schon mal:
    Sepsis oder nicht

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • hallo Herr Selters!

    Die SIRS-kriterien sind sehr sensitiv, die Sepsis-Spezifität ist bei Infektionen geringer.
    Ich lehne es ab, eine (bakterielle) Sepsis zu diagnostizieren/ kodieren, wenn gar keine vorlag (Verlauf!).
    Es geht mir bei Infektionen nicht um dieses Konstrukt SIRS, es geht um die Infektion und Sepsis.
    Eine Sepsis hat im Entlassungsbericht zu stehen, nicht nur in der kodierung


    Oder wedelt auch in diesem Land jetzt der Schwanz mit dem Hund, die Kodierung mit der Medizin?


    mfg ET.gkv

  • Guten Morgen ET.gkv,
    wie man so schön sagt, "Fliegen und Frikadellen sind getrennt zu zählen". :)
    Die Klinik muss ja auch oft immer wieder manchmal hinnehmen, dass bei klinisch zweifellos vorliegender Sepsis diese kodiertechnisch nicht abbildbar ist (SIRS-Kriterien, Sie wissen schon).
    Kodierung und Medizin sind nicht gleichzusetzen.
    Gruß
    GenS

    • Offizieller Beitrag

    Hallo ET.gkv,

    zuerst: Es heißt Selter. Ein 2. s war zu teuer...

    Wie auch schon an anderen Stellen, ist festzustellen, dass Sie die formalistischen Vorgaben (an die sich eben nun mal alle halten müssen) nur dann akzeptieren, wenn sie ihren Vorstellungen von Medizin gleichzusetzen sind. Dabei sind ihre Vorstellungen hierfür völlig unerheblich. Wenn die Kriterien erfüllt sind, dann ist zu kodieren. Es geht gar nicht simpler.... Und genau Ihre hier dargestellte Vorstellung, dass Sie "ablehnen" können, nicht weil klassifikatorische oder kodiertechnische Vorgaben nicht beachtet wurden, sondern weil es Ihrer privaten Vorstellung von zu lebendem medizinischen Alltag widerspricht, zeigt, dass Sie noch nicht verstanden haben, dass Kodierung und Medizin nicht einen Ursprung haben. Das sollte aber eigentlich nach fast 10 Jahren DRG rüber gekommen sein.

  • hallo Herr Selter!


    sorry für das s, war keine Absicht.
    Ja, so ist das mit "meiner" medizin. "Kodierkrankheiten" stellen für mich die moralische Systemfrage.


    Hallo GenS!
    Bei Puls 91, Fieber 38,1 etc sind falsch-negative doch selten. Oder?
    Wie schrieb hier sinngemäß ein Teilnehmer vor Jahren: Sie ahnen gar nicht wie viele Sepsen sie haben, wenn sie darauf (gemeint SIRS) achten!


    mfg ET.gkv

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    vielleicht abschließend:


    Ja, so ist das mit "meiner" medizin. "Kodierkrankheiten" stellen für mich die moralische Systemfrage. 

    Frei nach Charles Perrault:
    "Und die Moral von der Geschicht; SIRS-Kriterien lügen nicht!"

  • Vielen Dank Herr Selter für den Hinweis auf den anderen Thread, auf den war ich bei der Suchfunktion nicht gestoßen.

    Letztendlich bleibt doch für die Beurteilung der Kodierfähigkeit der Sepsis/SIRS die Definition nach DIVI und Sepsisgesellschaft, auch wenn bei letzterer in den Erläuterungen auf die aufwändige Therapie und Überwachung verwiesen wird. Ich werde weiter so kodieren wie bisher und beim nächsten Streitfall mal eine Klage in Erwägung ziehen. Dann wird es vielleicht auch in Baden-Württemberg wieder Patienten mit MDK-Sepsis geben. ;)

    MfG

    hajott

  • Hallo zusammen,
    ich muss mich auch wieder in eines meiner "Lieblingsthemen" einmischen - auch weil sich wieder die Standard-Kontrahenten versammeln ;)

    Ich glaube manchmal auch im falschen Film zu sein, denn von Seiten der Kassen(-vertreter) oder dem MDK werden Regeln so hingebogen, dass zum Schluß (und das ist der Sinn des Ganzen) weniger zu zahlen ist. Dann wird mal schnell ein Kriterium erfunden, dass erfüllt sein müsse, um dies oder jenes zu kodieren. Hier eben die Intensivbehandlung oder dort (früher) die ASA mit der erschwerten Intubation, obwohl es diese Kriterien in den für uns verbindlichen Regelwerken nirgends gibt.

    Und Herr Selter hat einfach Recht: Sind formale Kriterien erfüllt (wenige sind so klar bei Sepsis/SIRS), dann kann es - muss es!! - kodiert werden.

    Aber besten ist aber die Methode der Kostenträger, beim Inek diese relevanten Dinge einfach "rauszukegeln" - siehe erschwerte Intubation - oh sorry- SCHWIERIGE Intubation musste man schreiben, sonst meinte der MDK "erschwert" sei ja nicht "schwierig"... Und die schaffen das auch noch mit dem SIRS.

    Viele Grüße
    P. Dietz

  • Hallo,
    Beispiel aus dem Leben.
    (Sub-)Ileus mit septischem Verlauf (als erste Diagnose so im Arztbrief genannt)
    Akutes Nierenversagen mit Crea 5.65, Leukos 26.000, HF 112/min.KEINE Blutkulturen, dafür PCT und CRP hoch
    meine Argumentation. R65.1 + 2 Kriterien ==> Sepsis

    Gegenseite: Tachykardie kann auch von TARA kommen, Entzündungszeichen vom Harnwegsinfekt.
    Wenn klinisch an Sepsis gedacht wurde, dann müssen auch BKs abgenommen werden! also keine Sepsis.

    Mal schauen wie der Kassenmitarbeiter die SIRS-Kriterien sieht, sonst müssten wir tatsächlich den Richter bemühen.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch