Symptom als HD vs. Z03.8

  • Hallo Forum,
    Ich bin aktuell mit zwei Fällen befasst, in denen der MDK Aachen (gleiche Gutachterin) bei vergleichbarem Sachverhalt zu einer unterschiedlichen Einschätzung kommt.

    Fall 1:
    Stationäre Aufnahme eines Kleinkindes zur schlafmedizinischen Diagnostik, weil die Mutter bei dem Kind eine nächtliche Schnappatmung bemerkt hatte. Sämtliche Untersuchungen waren unauffällig. Wir hatten uns hierfür die Hauptdiagnose Z03.8 (Ausschluss einer schlafgebundene Atmungsstörung) entschieden. Die MDK Gutachterin hielt in diesem Fall die Diagnose R06.88 (sonstige und nicht näher bezeichnete Störung der Atmung) für richtig. Begründung: "Die stationäre Aufnahme und Diagnostik erfolgt, nachdem der Mutter bei dem Kleinkind eine nächtliche Schnappatmung aufgefallen war. Eine Ursache für das Aufnahme veranlassende Symptome benennt die Klinik nach Abschluss der Diagnostik nicht, sodass in Behandlungsfall entsprechend den Vorgaben der DKR D002 das Aufnahme veranlassende Symptom zu kodieren ist."

    Fall 2:
    Stationäre Aufnahme ebenfalls eines Kleinkindes zur Schlaflabor-Diagnostik, da die Eltern eine röchelnde Atmung und Atemaussetzer von einigen Sekunden im Schlaf beobachtet hatten. Als weiteres Symptom wurde über einen übermäßiges Schwitzen berichtet. Außerdem bestand eine Durchschlafstörung. Wie im ersten Fall waren das alles anamnestische Angaben, welche zur Diagnostik mit der Frage auf das Vorliegen eines obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms geführt haben. Auch bei diesem Kind waren die Untersuchungen unauffällig. In diesem Fall haben wir uns dazu entschieden, als Aufnahme veranlassendes Symptom die geräuschvolle Atmung mit R06.5 (Mundatmung, Schnarchen) zur Hauptdiagnose zu machen. Hier möchte die Gutachterin jedoch jetzt Z03.8 als Hauptdiagnose sehen.
    In der Erstbegutachtung beschränkte sich die Begründung auf dem Satz: "Die stationäre Aufnahme erfolgte Z.A. Schlafapnoesyndrom bei anamnestisch beobachteten Atemaussetzern von einigen Sekunden und Röcheln."
    Nach unserem Widerspruch erfolgte dann im zweiten Gutachten eine ausführliche Begründung: "die seitens der Klinik vorgeschlagen Hauptdiagnose ist nicht objektiviert und wird durch die klinische Diagnostik sogar widerlegt.... bei nur fremdanamnestisch angegebenen nicht objektivierten Symptom und Aufnahme mit Verdacht auf Schlafapnoesyndrom... wird im Behandlungsfall nicht empfohlen, dem Widerspruch stattzugeben. In die die DKR, die der Widerspruch zitiert, ist nur anwendbar wäre auch im Behandlungsfall akzeptiert worden, wenn es sich um ein nachvollziehbares, objektiviert es Symptom gehandelt hätte.

    In beiden Fällen ergibt sich durch die jeweils gewünschte Veränderung der Hauptdiagnose ein geringerer Erlös - wer hätte das gedacht.

    Grundsätzlich bleibt die Frage interessant, inwieweit lediglich anamnestisch berichtete Symptome, welche sich bei der Aufnahme nicht objektivieren lassen, aber letztendlich den Grund für die stationäre Aufnahme darstellen, Hauptdiagnose sein können. Hier würde mich die Meinung des Forum interessieren.

    Mit besten Grüßen aus Köln

    Dr. Hans-Peter Hammerich
    Krankenhaus Porz am Rhein
    Kinderklinik

    Einmal editiert, zuletzt von HammerichHP (12. Dezember 2012 um 13:01)

    • Offizieller Beitrag

    Guten Tag

    siehe hierzu auch:


    SEG 4 Kodierempfehlung: 47


    Ein Patient wird mit pectanginösen Beschwerden unter Verdacht auf koronare
    Herzkrankheit aufgenommen. Die kardiologische Diagnostik einschließlich
    Linksherzkatheteruntersuchung ergibt keinen Hinweis auf eine
    kardiale Ursache.
    ...
    Die reine Symptomatik ohne Hinweis auf eine Ischämie ist entsprechend
    mit einem Kode aus R07.- Hals- und Brustschmerzen (z.B. R07.2
    Präkordiale Schmerzen) zu verschlüsseln


    In Ihrem Fall
    Die reine Symptomatik (die geräuschvolle Atmung) ohne Hinweise auf das Vorliegen eines obstruktiven
    Schlafapnoe-Syndroms wird mit einem R Kode kodiert.


    Gruß
    E Rembs

  • Guten Tag Herr Rembs,

    danke für die Rückmeldung.

    Dass ein Symptom zur HD werden kann, wenn keine zugrundeliegende Diagnose ermittelt wird, ist klar. In diesen Fällen geht es aber darum, ob dieses Symptom bei der Aufnahme vorhanden bzw. objektivierbar ist oder ob die anamnestische Angabe reicht, wenn daraufhin entsprechende diagnostische Maßnahmen erfolgen.

    Herzliche Grüße

    Dr. Hans-Peter Hammerich
    Krankenhaus Porz am Rhein
    Kinderklinik

  • Hallo zusammen,

    meiner Meinung nach reicht hier auch die anamnestische Angabe. So sind ja z.B. viele Patienten, die wegen einer Synkope stationär aufgenommen werden, beim Eintreffen im Krankenhaus nicht mehr bewußtlos. Wird keine Ursache gefunden, kodiere ich die R55 als HD. Entsprechend würde ich in dem geschilderten Fall vorgehen.

    Gruß

    S. Stephan

  • Hallo Dr.Hammerich,ich hätte in bd. Fällen einen R-Code gewählt, das Symptom war Aufnahmegrund und hierauf erfolgte die Diagnostik.Z code nur wenn kein speziellerer code zur Verfügung steht .das Gutachten finde ich insofern fragwürdig, da die Atemaussetzer ja im Schlaf auftreten und das Kind vermutlich nicht schlafend aufgenommen wurde.Eine Fremdanamnese bei einem Kleinkind würde ich als völlig normal erachten.Gerade in Bezug auf V.a Schlafapnoe,selbst in der Erwachsenenschlafdiagnostik kommt ein grosser Prozentsatz zur Diagnostik weil dem Partner/erin Atemaussetzer ect. auffallen.Der Rest klagt über Tagesmüdigkeit oder Sekundenschlaf diese Begrifflichkeiten dürften einem Kleinkind wohl fremd sein. Viel erfolg Kris

  • Hallo,
    ich möchte zu gleichen Problematik noch einen weiteren Fall zur Diskussion stellen (ähnliche Problematik, gleiche Gutachterin):
    Stationäre Aufnahme eines Kleinkindes nach Schädelprellung und anschließender Benommenheit und Gangunsicherheit unter dem Verdacht auf eine Commotio cerebri. Unter 48-stündiger stationärer Beobachtung keine weiteren Auffälligkeiten, insbesondere kein Auftreten von Erbrechen oder Bewusstseinsstörungen. Retrospektiv war also die Verdachtsdiagnose Commotio cerebri nicht bestätigt. Daher wurde als Hauptdiagnose S00.95 (Schädelprellung) gewählt.
    Die MDK-Gutachterin möchte hier Z03.8 als Hauptdiagnose sehen. Dem habe ich mit Hinweis auf die DKR D002 widersprochen, wonach Symptome, welche mit einer Verdachtsdiagnose in Zusammenhang stehen, die sich nicht bestätigt, bei der Codierung den Vorzug erhalten vor Schlüsselnummern aus der Kategorie Z03.-. Diese Symptome wären in diesem Fall die Benommenheit (Somnolenz R40.0) und die Gangunsicherheit (R26.8). Beide würden als Hauptdiagnose in eine sehr viel höherer bewertete DRG führen. Wie sehen Sie das?

    Gruß

    H.-P. Hammerich

    Dr. Hans-Peter Hammerich
    Krankenhaus Porz am Rhein
    Kinderklinik

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    es ist doch in der DKR erwähnt:

    "Schlüsselnummern aus Z03.0 bis Z03.9 werden ausschließlich dann als Hauptdiagnose für die Abklärung des Gesundheitszustandes des Patienten zugeordnet, wenn es Hinweise auf die Existenz eines abnormen Zustandes, auf die Folge eines Unfalls oder eines anderen Ereignisses mit typischerweise nachfolgenden Gesundheitsproblemen gibt und sich der Krankheitsverdacht nicht bestätigt und eine Behandlung derzeit nicht erforderlich ist."

    Hinweise werden durch die Mutter/Vater/Eltern gegeben, dass möglicherweise ein abnormer Zustand besteht. Der Hinweis begründet sich in den bemerkten Symptomen.

    Welcher Kode dann zuzuordnen ist, richtet sich nach Folgendem:

    "Können für die Hauptdiagnose spezifischere Schlüsselnummern angegeben werden, haben diese Vorrang vor einer Schlüsselnummer aus der Kategorie Z03.– Ärztliche Beobachtung und Beurteilung von Verdachtsfällen. Wenn ein Symptom, das mit der Verdachtsdiagnose im Zusammenhang steht, vorliegt, wird die Symptom-Schlüsselnummer als Hauptdiagnose zugewiesen, nicht ein Kode aus der Kategorie Z03.– Ärztliche Beobachtung und Beurteilung von Verdachtsfällen (s.a. DKR D008 Verdachtsdiagnosen (Seite 16))."

    Diese inkonsequente "gutachterliche" Perspektive ist so auffällig, dass es selbst der Gutachterin auffallen müsste...

  • Hallo Herr Selter,

    vielen Dank für die klärenden Worte. Ich sehe mich in meiner Argumentation gestärkt. In meinen Stellungnahmen habe ich bereits auf die, wie Sie es nennen "inkonsequente gutachterliche Perspektive" hingewiesen. Bin schon gespannt auf die Antwort ...

    Grüße aus Köln

    Dr. Hans-Peter Hammerich
    Krankenhaus Porz am Rhein
    Kinderklinik