Ablehnung stationär bei Einweisung durch Facharzt

  • hallo forum,

    ungeachtet der tatsache, daß es sich um einen privatpatienten handelt, ist ja eine ablehnung der kostenüberanhme auch durch die gkv immerhin denkbar. schließlich argumentiert ja herr ToDo exakt in diese richtung, wenn er auch ein chirurgischen patienten ins feld führt.

    es wäre für mich auch aus diesem grunde dankenswert, wenn herr kessler einmal durchblenden könnten, um welche diagnosen / fälle es sich bei den neurologischen patienten gehandelt hat.

    so könnte man sich ein bild machen, was für oder gegen eine stationäre bzw. rein ambulante versorgung gehandelt hat. wichtig scheint mir in diesem zusammenhang auch der einweisungszeitpunkt zu sein (nacht- notdienst) und der einweiser selbst (niedergelassener, vertreter, notdienst, facharzt? )

    vielen dank

    gruß aus essen

    merguet

  • Hallo an alle Diskutanden,

    ich freue mich über die lebhafte Diskussion, die ich angezettelt habe und bedanke mich für die vielen hilfreichen Kommentare, insbesondere den Verweis auf das BSG-Urteil (spez. Dank an Herrn Schaffert !).
    Da ist man mal einen Tag nicht da und kommt kaum noch mit dem Beantworten hinterher :sterne: ....Leider bin ich irgendwie auch zu doof, so elegant die Zitate einzufügen. :baby: .

    1.) Auf mehrfachen Wunsch hin am Ende des Postings Näheres zu den beiden Fällen (Interessierte also bitte ganz nach unten gehen).

    2.)Wir sehen bei Ablehnung eines aus dem ambulanten Bereich eingewiesenen Pat. natürlich auch ein gewisses Problem mit den Einweisern, aber ich glaube, dass man in diesen Fällen, die ja zum Glück bislang die Ausnahme sind, das Problem schon vermitteln kann, ohne den Kollegen völlig vor den Kopf zu stoßen.

    3.) Die G-AEP-Kriterien sind natürlich gerade für die Neurologie problematisch. Schwere Schmerzzustände (z.B. Trigeminusneuralgie) fehlen, aber auch die Situation einer eindeutig geschilderten TIA am Vortag, Pat. bei Aufnahme wieder asymptomatisch lässt sich kaum unter diese Kriterien zwingen.

    4.) Zu ToDo: Das Problem der Krankenhauseinweisung zur Vermeidung der Abwanderung des Patienten ist vermutlich wirklich höher in den chirurgischen Fächern. Streitpunkt wird am ehesten noch die Liquorentnahme, die grundsätzlich in den meisten Fällen ambulant erfolgen könnte, aber in aller Regel von den Niedergelassenen nicht durchgeführt wird (wg. Vergütung, Logistik etc.). Den Punkt, dass das letzte Wort der Aufnahmearzt hat, habe ich aber zur Kenntnis genommen und habe damit kein Problem, ggf. muss halt gewährleistet sein, dass im Falle einer Nicht-Aufnahme eines durch einen Facharzt eingewiesenen Pat. dies krankenhausseitig auch fachärztlich abgesichert ist.

    Und hier nun mehr Falldetails:

    Fall 1: 28-jährige Pat. mit unspezifischer Kopfschmerzsymptomatik, anfertigung eines MRTs mit mehreren unklaren Marklagerläsionen. Einweisung als „V.a. Multiple Sklerose“ u.a. zur Liquorpunktion durch niedergelassenen Neurologen in der regulären Arbeitszeit nach telefonischer Rücksprache mit dem Chefarzt, der krankenhausseitig die Aufnahmeindikation stellt. Entlassung nach 3 Tagen (mit LP) ohne Hinweis auf entzündliche ZNS-Erkrankung. HD R51 nicht klass. Kopfschmerzen. DRG: B77Z, Verweildauer 3 Tage.

    Fall 2: 46-jährige Pat. die vom behandelnden Internisten wegen „rezidivierender Hemisymptomatik“ bei stark erhöhtem ANA-Titer unter dem Verdacht auf eine ZNS-Beteiligung bei rheumatologischer Grunderkrankung, z.B. systemischer Lupus erythematodes. Ambulante neurologische Voruntersuchungen hätten zu keinem Ergebnis geführt. Die Aufnahme erfolgt ebenfalls nach telefonischer Rücksprache mit einem Facharzt der Klinik zur LP und weiteren Diagnostik. Hier standen dann eher unspezifische Beschwerden, vor allem eine vermehrte Ermüdbarkeit im Vordergrund, so dass vor allem eine neuropsychologisch / psychiatrische Abklärung erfolgte und eine somatoforme Störung diagnostiziert wurde. (Verweildauer: 4 Tage, DRG: U64B) Das Problem in diesem Fall liegt wohl eher darin, dass die Pat. erst wenige Wochen zuvor in einer anderen neurologischen Klinik umfangreich abgeklärt worden war – mit dem gleichen Resultat, wovon wir allerdings erst am Tag der Entlassung Kenntnis erhielten.

    In beiden Fällen ist mittlerweile Widerspruch gegen die Kostenübernahmeverweigerung eingereicht und wir rechnen uns ganz gute Chancen aus. Aus Sicht der Kostenträger kann ich das Nachhaken schon verstehen, aber ich glaube \"ex ante\" war nicht anders zu verfahren.

    Mit herzlichen Grüßen

    K. Kessler

  • Zitat


    Original von kessler_k:
    Das Problem in diesem Fall liegt wohl eher darin, dass die Pat. erst wenige Wochen zuvor in einer anderen neurologischen Klinik umfangreich abgeklärt worden war – mit dem gleichen Resultat, wovon wir allerdings erst am Tag der Entlassung Kenntnis erhielten.


    Entscheidend ist die Situation und der Informationsstand zum Zeitpunkt der Aufnahme. So zumindest die Auffassung des BSG (3 RK 2/96, Urteil v. 21.08.1996) im sog. Krankenhauswandererfall:
    Bei jeder Bewertung einer ärztlichen Entscheidung darf nur auf den Kenntnisstand des behandelnden Arztes zum Zeitpunkt von dessen Entscheidung abgestellt werden.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo alle zusammen !

    Gern würd ich mich nun auch in diese Diskussion \"einklinken\" und die folgende ( Ihnen sicherlich bekannte ) Passage aus der \" Präambel zu dem Katalog der G-AEP-Kriterien\" (Anlage 2 der Empfehlung zum Prüfvervahren gem § 17c KHG) als Argumetationshilfe in die Diskussion mit einbringen:

    Zitat


    Die Kriterien können nicht alle stationären Behandlungsnotwendigkeiten abbilden (z.b. subakute Zustände, akute Exazerbation chronischer Erkrankungen). Das kann auch auf Fälle zutreffen, in denen sich durch eine Verdichtung diagnostischer bzw. therapeutischer Maßnahmen ein deutlicher Zusatznutzen durch die stationäre Behandlung erwarten läßt und dies nachvollziehbar dokumentiert wird. Darüber hinaus sind die Kriterien für nachfolgend genannte Fachbereich nicht geeignet: Psychiatrie, Psychosomatik, psychotherapeutische Medizin, Pädiatrie.

    Herr Kessler:

    Die explizite Erwähnung von \"subakuten Zustände\" würde m.E. dazu dienen, eine stationäre Behandlungs- bzw. Überwachungsbedürftigkeit bei dem von Ihnen geschilderten Fall einer abgelaufenen TIA mit asymptomatischen Pat. bei Aufnahme zu begründen (auch wenn der Begriff hier nicht 100%ig paßt... ). Die stationäre Aufnahme kann ja darüberhinaus durch die \"override option\" des Aufnehmenden Arztes auch dann erfolgen wenn die G-AEP-Kriterien nicht erfüllt sind. Nur muß es dann eben genau so auch in der Akte dokumentiert sein.

    Den zweiten von mir im obigen Zitat hervorgehobenen Satz interpretiere ich dahingehend, daß verschiedene diagnostische Maßnahmen, welche jede für sich genommen auch ambulant durchgeführt werden könnten durchaus auch stationär erbracht werden können, ohne gegen die G-AEP zu verstoßen. Interessant ist in diesem Zusammenhang sicherlich die Interpretation des Begriffs Zusatznutzen: Als Arzt sehe ich einen Zusatznutzen dann, wenn dem Pat. durch die \"verdichtete\" stationäre Diagnostik ein \"Arzt-Hopping\", lange Wartezeiten, An- und Abfahrten etc. erspart werden. Ich vermute jedoch, daß der Begriff Zusatznutzen auf Seiten der KK anders ausgelegt werden wird (nämlich: Zusatznutzen = stationär billiger als ambulant).

    Zum folgenden Zitat von Herrn Horndasch:

    Zitat


    Bei jeder Bewertung einer ärztlichen Entscheidung darf nur auf den Kenntnisstand des behandelnden Arztes zum Zeitpunkt von dessen Entscheidung abgestellt werden.

    kann ich mir die folgenden Fragen nicht verkneifen :) :

    Zunächst einmal stimme ich dieser Ansicht selbstredend voll zu. Dennoch muß man in diesem speziellen Fall natürlich schon einmal nachfragen, warum im Anamnesegespräch bei Aufnahme die 46-jährige Patienten die Vorgehende \"umfangreiche (stationäre) Abklärung wenige Wochen zuvor\" nicht erwähnte ? Ist sie nicht gefragt worden ? Oder hat sie den vorherigen Aufenthalt \"absichtlich\" verschwiegen ?

    MfG,

    M. Ziebart

  • Hallo Herr Ziebart,

    herzlichen Dank für die \"Schützenhilfe\" - die Botschaft der Präambel der G-AEPs hört ich wohl - allein mir fehlt der Glaube..., dass hier der Zusatznutzen ein anderer als ein pekuniärer sein soll.

    Die Nachfrage bei Fall 2 liegt auf der Hand. Die Pat. war mit der auswärts gestellten und ihr mitgeteilten Diagnose (somatoforme Störung) nicht einverstanden und rückte damit erst heraus, als ihr im Entlassungsgespräch bei uns die gleiche Diagnose genannt wurde. Noch besser war aber, dass auch der einweisende Arzt das Spiel mitspielte und auf unsere Nachfrage angab, von dem Aufenthalt in der anderen Klinik gewusst zu haben, aber eine unvoreingenommene Zweitmeinung von uns haben wollte :noo:
    ..Kein weiterer Kommentar, aber glgtl. verprellen auch die Einweiser die Kliniken, nicht immer nur umgekehrt...

    Einstweilen sind wir auf den Ausgang des Widerspruchs gespannt,
    mit besten Grüßen

    K. Kessler

  • Hallo, Herr Kessler,

    nachdem ich jetzt einige Zeit den Verlauf beobachtet habe, verdichtet sich auch bei mir durchaus die Meinung, dass am Aufnahmetag eine stationäre Behandlung notwendig erschien.

    Gleichwohl bin ich der Meinung, dass in diesem Fall prüfbar ist, ob der einweisende Arzt nicht wegen eines sonstigen wirtschaftlichen Schadens durch die Kasse in Regress zu nehmen ist. Das Verhalten des Arztes, dass der Patientin steht hier (leider?) nicht in Rede, ist sicherlich alles andere als ein Verhalten, wie es im täglichen Rechtsverkehr üblich ist bzw sein darf. Sie sehen, dass ich in zivilrechtlichen Problematiken denke. Die zitierten BSG-Urteile sind zweifellos spannend, aber in diesem Fall nicht einschlägig. Wie anfänglich dargestellt, geht es hier um eine Privatpatientin. Insoweit kann hier auch nur zivil(privat-)rechtlich entschieden werden. Hier stellt sich mich für die Frage, ob Ihr Haus, wie wohl manche andere es tun, für PKV-Versicherte einen Forderungsübergang i.S. von § 398 BGB abschließen. In diesem Fall kann man sich keinesfalls gemütlich zurücklegen und sich ggf. an den Patienten halten.

    Dennoch ein Wort zu den Urteilen: Was ich immer wieder irritiert feststelle, ist die Tatsache, dass von Seiten der KH immer wieder gerne das Urteil herangezogen wird, dass die Entscheidung über die Notwendigkeit zunächst dem Urteil des aufnehmenden Arztes anheim stellt. Wird es aber kritisch, dann wird immer wieder auf den einweisenden Arzt verwiesen.- Ja, was denn nun? :d_gutefrage:

    Ich denke, wenn man das eine als Recht einfordert, kann es im Verpflichtungsfall nicht ausgeschlossen sein.

    Gruß
    Dieter R
    MA einer KK

  • Zitat


    Original von kessler_k:
    Klar ist, der Aufnahmearzt entscheidet medizinisch noch einmal über die Notwendigkeit der Aufnahme, wird sich aber z.B. im Dienst als z.B. Nicht-Facharzt nur ungern gegen die Meinung/Weisung eines Facharztes stellen wollen....

    So handhabe ich das auch - manchmal auch mit einem schlechten Gewissen im Bauch wegen der Möglichkeit der Fehlbelegung.
    Da ja Notwendigkeit einer stationären Aufnahme und auch einzelner Behandlungstage immer wieder dem MDK nachzuweisen ist, habe ich mir wiederholt überlegt, ob ich bei von mir vermuteten Problemfällen Rücksprache mit der/dem einweisenden KollegenIn halte und das auch im Aufnahmebefund/Arztbrief entsprechend dokumentiere. Besonders höre ich hin, wenn mir mitgeteilt wird, daß die weitere ambulante Behandlung nicht mehr möglich / abgelehnt / gewährleistet ist.

    Notfalls möge der Kollege einen [ehrlichen!] zusätzlichen Vermerk auf seinen Einweisungsschein vermerken, der die Dramatik der Einweisungssituation verdeutlicht.

    Andreas Raether
    Winnenden