Kommunikation Kasse Krankenhaus

  • Wertes Forum,

    zunächst möchte ich mich als neuen User kurz vorstellen. Ich bin Krankenpfleger, habe Pflege studiert mit dem Vertiefungsstudium Evidence based medicine/ nursing und arbeite seit einiger Zeit bei einer gesetzlichen Krankenkasse im Bereich stationäre Versorgung (KH/Reha).

    Es stößt mir zunehmend sauer auf, dass Telefonanfragen an die Krankenhäuser zunehmend kategorisch abgelehnt werden (mit dem freundlichen Hinweis auf den MDK und §275 SGB V). Vieles könnte so einfach auf dem \"kurzen Dienstweg\" telefonisch geklärt werden.
    Gerne möchte ich dies an einem Beispiel verdeutlichen. 18-jähriger, männlicher Patient, übermittelte Diagnose \"Gynäkomastie\", Prozedur \"Mastektomie\". Es handelt sich um ein renommiertes Krankenhaus, welches sehr wahrscheinlich keine kosmetischen OP´s durchführt, aber wir als GKV werden nun auch durch das BVA geprüft, also können die Kosten nicht einfach übernommen werden. Ich rief das KH an und fragte, ob ggf. eine Diagnose vergessen wurde, z.B. Gewebeneubildung. Es kam der Hinweis auf den MDK. :boese:
    Also können beide Seiten schön Briefe schreiben und haben einen weiteren Vorgang in ihrer \"Wiedervorlage\".

    Ich möchte betonen, dass sicher nicht alles auf dem kurzen Dienstweg erledigt werden kann. Aber die Entwicklung in den letzten Monaten deutet darauf hin, dass bald gar nichts mehr geht.

  • Hallo Simon,
    wir als KH haben es zunehmend mit wenig qualifizierten Anfragen der Kassen (auch über den MDK) zu tun. Prüfraten von 33 bis 50 % bei kleineren Kassen kann ich belegen. Da vergeht einem schon die Lust zur Kommunikation. Würde die Kasse eine med. \"Clearingstelle\" mit einem ärztlichen oder zumindest med. gebildeten Ansprechpartner bereitstellen, die mit uns Kontakt aufnimmt, wäre sicher vieles leichter. Aber warum soll ich einer Verwaltungsfachangestellten, die mir mitteilt, dass die Abrechnung von 10xHistologieziffer bei einer amb. Koloskopie nach §115b unglaubwürdig erscheint, auseinandersetzen warum dies notwendig ist. Letztlich wird sie sich auf mangelnde Entscheidungsbefugnis berufen und doch den MDK einschalten. Da kann ich mir die Vordiskussion gleich sparen.
    MfG

    :augenroll: Joris Schikowski
    MC Klinikum Bad Salzungen
    Vors. RV MD der DGfM e.V.

  • Hallo Simon!

    Wir klären mit den Kassen schon einiges telefonisch. Leider gibt es auch genug Kassen, die uns mit MDK-Anfragen, trotz telefonischer Abklärung, eindecken. Ich kann den Frust von Herr Schikowski sehr gut nachvollziehen.

    Leider sind fehlt bei manchen Kasse die Entscheidungskompetenz der Sachbearbeiter. Damit werden beide Seiten wohlleben müssen.

    Mit freundlichem Gruß
    F. Killmer

    Frank Killmer

  • Da kann ich mich nur anschliessen.
    Auch bei uns läuft viel auf dem kurzen Dienstweg,
    im allgemeinen auch in freundlichem Tone.

    Meine armen DRG-Kollegen allerdings, die, gerade von einzelnen Kassen (und dort auch oft ganz besonderen Spezialisten) bekommen, brauchen da schon manchmal gute Nerven. Aber es geht viel auf dem kleinen Dienstweg, natürlich in freundlichem Ton.

    Egal, ob bei den Kassen oder im KH - Wer diese Dinge persönlich nimmt, ist im falschen Geschäft.

    Meine Erfahrung ist aber auch, daß eine Menge des Kommunikationsfrustes schlicht auf Mißverständnissen und unzureichenden Datenstrukturen beruht.

    Beispielsweise wenn 301 mal wieder nur die Hälfte der Diagnosen rübergibt. Kein Wunder, daß dann plötzlich völlig andere Grouping-Ergebnisse bei der Kasse herauskommen.

    Oder die 301-Daten zwar nachweislich heil bei der Kasse ankommen, aber bei bestimmten Kandidaten hinter ihrem elektronischen Briefkasten ein elektronischer Schredder zu stehen scheint...

    Dieser Quatsch hält einen ja ewig auf - 301 hat da reichlich Optimierungspotential. :baby:

    seufzend grüßt: Lag :sonne:

  • Hallo zusammen,

    herzlichen Dank für die Antworten.
    Der Verlust von 301er Daten (oder ganzen Dateien) ist sicher ein eigenes Thema. Jedoch ist nach meinen Erfahrungen den meisten Krankenhäusern klar, dass schonmal etwas verlorengeht. Bedauerlicherweise ist eine Recherche (zumindest mir alleine) nicht möglich, wo die Daten hängen geblieben sind, aber solange es nicht um Fragen zur Abrechnung geht, werden Fragen meinerseits von den Krankenhäusern gerne beantwortet. Da sehe ich nicht so das Problem.

    Das Kassen keine medizinischen Berater haben, konnte ich mir bisher nicht vorstellen. Da ich relativ wenig Erfahrung habe, war ich irrtümlich der Annahme jede Kasse hat einen Arzt/ eine Ärztin und verschiedene Mitarbeiter aus medizinischen Hilfsberufen (Pflege/ Arzthelfer). So könnten die Anfragen \"vorgefiltert\" werden.

    Da dies Ihren Antworten nach nicht so ist, verstehe ich nun auch kategorisch ablehnendes Verhalten von telefonischen Anfragen zu medizinischen Inhalten.

  • Guten Morgen,

    Simon
    Eine kategorische Ablehnung des telefonischen Gespräches über einen bestimmten Fall kann ich mir bei meinen Kollegen nicht vorstellen. Es hat sich aber gezeigt das mit verschiedenen Kassenmitarbeitern die telefonische Falldiskussion keinerlei Erfolge hat. Am Ende wird doch der \"normale\" Dienstweg beschritten. Warum soll dann beim nächsten Fall wieder mit dem Sachbearbeiter gesprochen werden.

    Ich habe bei einigen KK Mitarbeiter gefunden mit denen es bei Falldifferenzen gemeinsame Lösungswege geben kann ohne MDK.
    Leider eben nur bei einigen KK.

    Hoffe auf mehr medizinische Kompetenz bei den Kassen.

    Schönen Tag

    MiChu :sonne:

    Gruß

    MiChu ;)
    Sei nicht unglücklich vor der Zeit, denn was dich, als dir drohend, in Angst versetzt, wird vielleicht nie kommen. (Seneca)

  • Liebes Forum,

    ich bin mir zwar nicht so ganz sicher wohin diese Diskussion führen soll, aber ich möchte dennoch meine Meinung und meine Eindrücke schildern.

    1. Der Kostendruck ist auf Seiten der Leistungserbringer wie auch auf Seiten der Kostenträger in den letzten Jahren stetig angestiegen. Haben die Kostenträger (KK) vor Jahren schlicht die Rechnungen bezahlt, ist Ihnen spätestens seit Einführung der DRGs aufgefallen, dass der Krankenhausbereich ca. 1/3 der gesamten Leistungsausgaben ausmacht. Es wurde eine Einsparpotential gesehen, was zumindest eine genauere Prüfung rechtfertigen würde. Erzielte Einsparungen aufgrund falscher Abrechnungen / Kodierungen müssten doch dann Grund genug sein.

    2. Was folgte war die medizinische Diskussion. Ursachen können vielschichtig sein. Von schlechten Datenstrukturen bis hin zu Unwissenheit bei den Sachbearbeitern in den KK. Sind sie doch meist medizinisch eher unerfahren. Der Support durch den MDK ist bei den Kassen auch nicht in jedem Fall besonders gut. Wartezeiten bei Gutachten von Monaten helfen nicht weiter.

    3. Viele KK stellen medizinisches Fachpersonal ein, Pflegekräfte und Ärzte, um eine gezielte Selektion von Fällen vorzunehmen. An dieser Stelle stoßen wir dann an den vielzitierten Datenschutz, oder das was daraus gemacht wird. Klärungen auf dem \"kurzen Dienstweg\" sind kaum möglich. Berichte und andere Unterlage, z.B. die teilweise so wichtige Pflegedoku (Kurvenblätter), werden nur an den MDK geschickt...

    4. Was bleibt ist ein riesiger Bürokratismus, der beide Seiten mehr lähmt als Ihnen zu helfen. Personal, was evtl. an anderen Stellen dringender benötigt würde muss sich mit \"Schreibkram\" rumärgern. Das gilt auch für die Kostenträger. Denn manche haben erkannt, dass Versicherte auch deren Kunden sind und im Mittelpunkt des Tuns und Handelns stehen sollten. Solange sich dieser Einsatz für beide Seiten aber noch rechnet....

    Hier geht es doch schon lange nicht mehr um die Akzeptanz und Respekt. Bei manchen (beide Seiten) ist es das pure Überleben oder eben doch nur die Gewinnoptimierung.

    Vielleicht hilft ja dieses Statement !?! Die meisten Forumsteilnehmer haben es ja schon aus den verschiedensten Blickwinkeln erkannt. Doch allzu oft gerät das bei den ganzen formalen Problemen in Vergessenheit!

    ...Man saß der Frust tief..Danke!

    Liebe Grüße

    Versus

  • Hallo versus,

    danke für den Beitrag. In vielen Punkten stimme ich mit Ihnen überein. Er hat mich an einem Punkt getroffen, den ich oft versuche zu verdrängen...der Rollenkonflikt ?(

    Ja, es ist Bürokratie pur, dieses System. Ohne die DRG´s gäbe es vermutlich die Arbeitsplätze aller Forenteilnehmer hier nicht (meinen eingeschlossen, genauso wie die Arbeitsplätze beim MDK und...). Dafür würde ich vielleicht jetzt in einer Krankenpflegeschule arbeiten, die nicht von der Schließung bedroht ist, und Sie in einem Krankenhaus, das nicht auf der Seite http://www.kliniksterben.de auftaucht.
    Es hat sich einiges verlagert. Wir haben das Abrechnungssystem und nun sollte es sich entwickeln, in der Entwicklung sind natürlich einige Hürden zu nehmen, ja sie haben recht, auch das Prüfverfahren der Kassen muss sich entwickeln, genauso wie die Personalsituation beim MDK.

    Ja, es geht auch um das Überleben, vermutlich sogar häufiger auf beiden Seiten als Sie vermuten.

    Aber in einem Punkt möchte ich doch widersprechen, nämlich dass es schon lange nicht mehr um Respekt und Akzeptanz geht. Ich finde diese Einstellung schade, es wäre schön wenn alle daran arbeiten könnten. Wir haben das Fallpauschalensystem, nun liegt es an uns allen, es mit Leben zu füllen.
    Ich hoffe ihr Arbeitsalltag ist nicht nur durch Frust geprägt, sondern Sie haben auch angenehme bzw. für Sie erfolgreiche Gespräche oder Diskussionen mit KK, genauso wie ich sie mit Medizincontrollen oder MDA´s habe.