Professionelle Kodierer

  • Liebe NG,
    haben Sie in Ihren Häusern eigentlich schon Erfahrungen mit einem professionellen Kodierer oder sich dazu Gedanken gemacht? Herr Nast hatte in einem anderen Thread diese Frage schon einmal angerissen. Mich würden Ihre Meinungen sehr interessieren.

    Gruß und schönes Wochenende,

    Jan Cramer

    Dr. J. Cramer
    AGAPLESION Diakonieklinikum Hamburg

  • Hallo Herr Cramer, ich bin nach wie vor der Meinung, die Codierung gehört in ärztliche Hand und sollte dort bleiben. Die Zusammenarbeit mit Medizinischen Dokumentaren ist die sinnvolle und ergänzende Alternative. Wir kennen uns aufgrund von Ausbildung in den Klassifikationen aus, haben Zeit und Recht und Pflicht, uns darin fortzubilden. Die richtige Codierung kann aber letztlich nur der Arzt leisten, der den Patienten, sein Krankheitsbild und Therapie kennt. Mein Vorschlag ist, selbst MedDoks auszubilden. Ich bin dazu bereit, es haben sich fünf Bewerber gemeldet.


    --
    Einen freundlichen Gruß vom MDA aus Schorndorf

    [size=12]Freundlichen Gruß vom Schorndorfer MDA.

  • Hallo Herr Cramer,

    wir machen uns hierzu ebenfalls laufend Gedanken.

    Auf der einen Seite ist der behandelnde Arzt der einzige der sowohl die medizinische Fachkenntnis als auch Fallkenntnis hat und deshalb die Kodierung grundsätzlich am besten durchführen kann. Da ich als MD bereits seit Jahren Diagnosen (und z.T. auch Leistungen) kodiere, kann ich in Lied davon singen, wie oft ich bei der Kodierung entweder genauere Fall- oder Sachkenntnis gebraucht hätte, um den Fall besser zu kodieren.

    Andereseits sehe ich aber auch häufig die hohe Belastung und die daraus resultierende geringe Motivation der Ärzte zur Kodierung. Beim Nacharbeiten von bereits kodierten Fällen hatte ich zudem z.B. in der Inneren in ca. ein Drittel der Fälle massive Probleme mit der Auslegung der Kodierrichtlinien (d.h. was ist Hauptdiagnose und darf ich die Nebendiagnose kodieren oder nicht). In mehr als zwei Drittel der Fälle hätte ich mindestens eine Diagnose zusätzlich/nicht oder anders kodiert (ob nun meine Auffassung richtig ist oder nicht spielt dabei gar keine Rolle).

    Wenn ich davon ausgehe, dass die Kodierung - weil immer direkt abrechnungsrelevant - zum Zankapfel zwischen Kassen/MDK und Krankenhäusern werden, habe ich meine Zweifel ob es dann sinnvoll ist, wenn viele Ärzte (die die Arbeit meistens als unfreiwillige Nebentätigkeit in ihrer Freizeit sehen), kodieren müssen, zumal der noch folgende "Rattenschwanz", nämlich die Auseinandersetzung mit MDK/den Kassen ja erst noch auf uns zukommt. Ich befürchte deshalb auch, dass man in Zukunft - mindestens in schwierigen Fällen - um eine zusätzliche "Abrechnungsdokumentation" (Begründung weshalb diese Hauptdiagnose und keine andere, welche DKR`s habe ich angewandt, welche konkreten Maßnahmen wurden durchgeführt um eine gruppierungsrelevante Nebendiagnose "beweisen" zu können)nicht herumkommt.

    Lange Rede ... wir wissen auch nicht, was besser ist.

    Ich kann nur hoffen, dass der Bundesregierung klar ist, welcher riesige Aufwand im Zusammenhang mit den DRG`s auf Krankenhausseite entsteht und ich kann ebenfalls nur hoffen, dass irgendwann auch mal gemessen wird, ob das Ziel, das man damit erreichen will, diesen Aufwand wirklich lohnt. Es wäre doch z.B. prima, wenn die Krankenkasse pro "Überprüfung" eine "Verwaltungspauschale" bezahlen müsste. Nur so hätte man einigermaßen Sicherheit, dass sich Aufwand und Nutzen die Waage halten.

    Aber dabei handelt es sich um meine ganz persönlich Meinung.

    Viele Grüße
    Christa Bernauer (Med. Doku.)
    Kreiskrankenhaus Heidenheim

  • Hallo,

    das Thema ist hier schon recht kontrovers diskutiert worden. (Siehe Thread) Ich halte den Einsatz von spezialisierten Kodierern schon deswegen für sinnvoll, weil die Ärzte mit der medizinischen Dokumentation genug zu tun haben. Die Unterschiede zwischen medizinischer Dokumentation und Kodierung für Abrechnungszwecke sind m.E. eklatant. Aufgabe des Arztes ist es, sauber und vollständig die erhobenen Diagnosen und durchgeführten Prozeduren zu dokumentieren (nach ICD und OPS wohlgemerkt, nicht im Klartext), ein Kodierprofi (MedCont, MDA, etc.) sollte dann diese Daten DKR-konform ins sperrige Korsett des §301- bzw. des DRG-Datensatzes zwängen. Wieso sollten das klinisch tätige Ärzte tun müssen, zumal doch bekanntermaßen deren Bereitschaft gering ist, sich neben den Patienten auch noch mit Abrechnungsfragen, Kodierrichtlinien, Diagnosenarten und dergleichen zu befassen (außer bei der Privatliquidation natürlich ;))? Und da das Interesse so gering ist, wird auch das Ergebnis entsprechend aussehen und nur für Frust bei allen Beteiligten sorgen sowie dem MDK Munition für`s Querschießen liefern. Mein Fazit: Kodierung durch die Ärzte, jedoch immer Prüfung auf DKR-Konformität, Vollständigkeit, Abrechnungsrelevanz, Plausibilität etc. durch Kodierprofis.

    jm2c

    Grüße
    C.Lehmann

    Viele Grüße
    C.Lehmann

  • Hallo Forum, lieber Herr Lehmann,

    Zitat


    Original von clehmann:
    das Thema ist hier schon recht kontrovers diskutiert worden. (Siehe Thread)

    Und nicht nur da, als dieses Forum noch ein kleiner Club war, haben wir schon Romane darüber geschrieben, und uns nichts gegönnt
    sword2.gif

    "Nicht"-Kodierrichtlinie DKR 0042 und Clinical Coder

    Was ist seit dieser Zeit geschehen? Auch wenn ich Coder ganz nett finde, habe ich leider immer noch keinen, obwohl doch jeder einen haben sollte. xyxthumbs.gif

    Aber noch ein paar Wiederholungsgedanken:

    Zitat


    Original von clehmann:
    ...
    Aufgabe des Arztes ist es, sauber und vollständig die erhobenen Diagnosen und durchgeführten Prozeduren zu dokumentieren (nach ICD und OPS wohlgemerkt, nicht im Klartext),
    ...

    Stimmt, aber dann ist doch die Arbeit schon gemacht! Was jetzt noch folgt, kann ein Computer machen, sorry, Herr Lehmann, wofür gibt es denn Verschlüsselungssoftware und Arbeitsplatzgrouper, die mir nach jeder neu eingegebenen ICD bzw. OPS-Ziffer sagen, welche DRG herauskommt?

    Und wenn ein Arzt 12000 Diagnosenschlüssel und 24000 Prozedurenschlüssel versteht, versteht er auch 600 DRG-Schlüssel.

    Zitat


    Original von clehmann:
    ..., ein Kodierprofi (MedCont, MDA, etc.) sollte dann diese Daten DKR-konform ins sperrige Korsett des §301- bzw. des DRG-Datensatzes zwängen. Wieso sollten das klinisch tätige Ärzte tun müssen, zumal doch bekanntermaßen deren Bereitschaft gering ist, sich neben den Patienten auch noch mit Abrechnungsfragen, Kodierrichtlinien, Diagnosenarten und dergleichen zu befassen (außer bei der Privatliquidation natürlich ;))? Und da das Interesse so gering ist, wird auch das Ergebnis entsprechend aussehen und nur für Frust bei allen Beteiligten sorgen sowie dem MDK Munition für`s Querschießen liefern. Mein Fazit: Kodierung durch die Ärzte, jedoch immer Prüfung auf DKR-Konformität, Vollständigkeit, Abrechnungsrelevanz, Plausibilität etc. durch Kodierprofis.

    Genau das alles sollte ein Computer uns abnehmen können, so gut muss das Programm schon sein, hier gehört investiert. Kein Nacharbeiten, kein manuelles Hineinzwängen ins Datensatzkorsett (das muss ja nicht ewig sperrig bleiben, oder?), keine Einzelfallprüfung durch den MDK, nichts davon.

    Lieber am Anfang unscharfe Daten einschließlich unscharfer Entgelte in Kauf nehmen (Konvergenzphase!, Deckel!), als uns vormachen, wir könnten Datenqualität durch riesigen Personal-, Nacharbeits- und Kontrollaufwand herbeizaubern.

    Ein "lernendes System" brauchen wir und EDV, die uns Arbeit abnimmt.

    Die paar Coder und MedCos werden deswegen noch lange nicht arbeitslos. Wenn wir an unsere Patienten denken, sollten wir im Zweifel allerdings eher den Arztstellenplan erweitern (meine Meinung).

    --
    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. Bernhard Scholz
    DRG-Beauftragter
    Kliniken des Landkreises Freyung-Grafenau gGmbH

    [center] Bernhard Scholz [/center]

  • Hallo Herr Scholz!

    Zitat


    Stimmt, aber dann ist doch die Arbeit schon gemacht! Was jetzt noch folgt, kann ein Computer machen, sorry, Herr Lehmann, wofür gibt es denn Verschlüsselungssoftware und Arbeitsplatzgrouper, die mir nach jeder neu eingegebenen ICD bzw. OPS-Ziffer sagen, welche DRG herauskommt?

    MedCont an Computer: "Computer, die Abrechnung für letzten Monat, auf dem Holo-Deck das Golfplatz-Programm St. Andrew`s starten, und ein kühles Bier an Loch 18" 8) 8)
    Sorry, Herr Scholz, aber so weit sind wir noch nicht. Einige Optimisten im Forum reden davon, dass ca. 80% der DKR in programmierbare Algorithmen umgesetzt werden könnten. Wie lange, glauben Sie, dauert es, bis 100% der DKR automatisch geprüft werden können und diese Prüfung auch im Zusammenspiel mit allen marktgängigen KIS-Systemen sauber funktioniert? Wann werden alle Krankenhäuser Deutschlands auch in der hintersten Funktionsabteilung und im vergammeltsten Arztzimmer ein Online-Dokumentationssystem verfügbar haben? Und wer validiert in der Anfangsphase (die m.E. Jahre dauern wird) die von den fantastischen "DRG-Arbeitsplätzen" ausgespuckten Gruppierungen?
    So lange mich die Antworten auf diese Fragen nicht zufriedenstellen, bleibe ich bei meinem Konzept. Natürlich hoffe ich auch, dass der Computer eines Tages diese Arbeit unnötig macht, aber darauf können wir, fürchte ich, nicht warten.

    Zitat


    Und wenn ein Arzt 12000 Diagnosenschlüssel und 24000 Prozedurenschlüssel versteht, versteht er auch 600 DRG-Schlüssel.


    Das Problem ist m.E. keins des fehlenden Verständnisses, sondern der Zeit und des Interesses.

    Zitat


    Ein "lernendes System" brauchen wir und EDV, die uns Arbeit abnimmt.


    Genau!

    Zitat


    Die paar Coder und MedCos werden deswegen noch lange nicht arbeitslos. Wenn wir an unsere Patienten denken, sollten wir im Zweifel allerdings eher den Arztstellenplan erweitern (meine Meinung).


    Um meinen Job mache ich mir wirklich keine Sorgen :sleep:
    Und was den Arztstellenplan angeht, schliesse ich mich Ihrer Meinung vollkommen an. Auch wenn im Moment keiner weiß, woher man die Ärzte in Zukunft nehmen soll (Green cards?).

    Grüße
    C.Lehmann


    [ Dieser Beitrag wurde von clehmann am 08.04.2002 editiert. ]

    Viele Grüße
    C.Lehmann

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von c_bernauer:
    Ich kann nur hoffen, dass der Bundesregierung klar ist, welcher riesige Aufwand im Zusammenhang mit den DRG`s auf Krankenhausseite entsteht und ich kann ebenfalls nur hoffen, dass irgendwann auch mal gemessen wird, ob das Ziel, das man damit erreichen will, diesen Aufwand wirklich lohnt. Es wäre doch z.B. prima, wenn die Krankenkasse pro "Überprüfung" eine "Verwaltungspauschale" bezahlen müsste. Nur so hätte man einigermaßen Sicherheit, dass sich Aufwand und Nutzen die Waage halten.

    Guten Morgen,

    beantwortet das Ihre Fragen?: ?(

    BMG, 6. März 2002

    Informationen
    zum
    Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten
    Fallpauschalensystems für Krankenhäuser
    (Fallpauschalengesetz – FPG)

    - Zur Verbesserung der Arbeitszeitgestaltung in den Krankenhäusern wird ein 200 Mio. Euro-Programm aufgelegt. In den Jahren 2003 und 2004 ste-hen damit jeweils jährlich 100 Mio. Euro zur Verfügung, mit denen insgesamt bis zu 10.000 zusätzliche Stellen in Krankenhäusern geschaffen werden können. Dabei wird pro Stelle von einem zusätzlichen Betrag von 20.000 Euro ausgegangen, Einsparungen aus Überstunden- und Bereitschaftsdienstzahlungen sind gegengerechnet. Das bedeutet, dass im Jahr 2003 jedem Krankenhaus zusätzliche Mittel in Höhe von 0,2 % des Krankenhausbudgets zur Verfügung gestellt werden, wenn auf Grund einer schriftlichen Vereinbarung mit der Arbeitnehmervertretung zusätzliche Personalkosten entstehen – in der Regel Neueinstellungen, die die Arbeitszeitregelung verbessern. Im Jahr 2004 steht ein entsprechender Betrag dadurch zur Verfügung, dass freiwerdende Mittel infolge Verweildauerverkürzungen und Erschließung von Wirtschaftlichkeitsreserven nicht aus dem Krankenhausbereich herausverhandelt werden können. In beiden Jahren ist dadurch eine Überschreitung der bis dahin noch grundlohngebundenen Budgetober-grenze möglich.

    Sind die Einsparbeträge der DRG-Einführung bezifferbar?

    Zwar lassen sich die durch die DRG-Einführung zu erreichenden Wirkungen in Richtung auf eine effizientere und effektivere Krankenhausversorgung grund-sätzlich benennen (u. a. Verweildauerverkürzung, Optimierung der Aufbau- und Ablauforganisation). Eine konkrete Bezifferung von realisierbaren Einspar-beträgen ist hingegen in Anbetracht des derzeitigen Stadiums der DRG-Entwicklung nicht möglich.

    Ist die DRG-Einführung im vorgegebenen Zeitrahmen zu schaffen?

    Der Auftrag zur Vorbereitung des Systems wurde mit der Gesundheitsreform 2000 an die Selbstverwaltung gegeben. Eine fristgerechte Einführung des Fallpauschalensystems ist möglich. Gegenteilige Bekundungen der Verantwortlichen liegen nicht vor. Die Arbeiten der Selbstverwaltungspartner werden seit März 2001 durch den DRG-Systemzuschlag unterstützt, so dass professionelle Arbeitsstrukturen aufgebaut (DRG-Institut), aber auch Fremdaufträge vergeben werden können.

    Wird nicht mit dem Fallpauschalensystem der Verwaltungsaufwand für die Ärzte erhöht?

    Zunächst einmal ist festzuhalten, dass mit der DRG-Einführung von den Ärzten keine anderen Daten als bislang auch zu dokumentieren sind. Die bestehen-den Dokumentationsverpflichtungen der Ärzte bleiben durch die DRG-Einführung formal unverändert. Daraus, dass gesetzliche Dokumentationsverpflichtungen in der Vergangenheit nicht hinreichend erfüllt wurden, können keine finanziellen Ansprüche abgeleitet werden. Zweifelsohne ändert sich mit der DRG-Einführung aber faktisch die Relevanz der Dokumentation entscheidend: schlechte Dokumentation / Kodierung kann große wirtschaftliche Folgen haben. Kodierung ist zukünftig Rechnungslegung.

    Auch in anderen Bereichen des täglichen Lebens ist es üblich, dass erbrachte Leistungen nachvollziehbar dokumentiert werden müssen, ehe sie bezahlt werden. Kodierhilfen (Software) können jedoch den zusätzlichen zeitlichen Aufwand wesentlich reduzieren. Nach wie vor werden entsprechende Programme bei weitem nicht in allen Krankenhäusern genutzt.
    Die Einführung des Fallpauschalensystems muss keinesfalls – quasi zwangsweise – zur Erhöhung des Aufwandes für die Krankenhäuser führen. Wichtig hierfür ist, dass bestehende Wirtschaftlichkeitsreserven mobilisiert werden.

    Weitere beruhigende und erklärende Worte finden Sie unter:http://www.bmgesundheit.de/fpg.doc

    Schönen Tag!
    --
    D. D. Selter
    Arzt, Med. Cont. BGU-Murnau.

    [ Dieser Beitrag wurde von Selter am 08.04.2002 editiert. ]

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Hallo Herr Lehmann,

    nur kurz eine Bemerkung, ausführlicher können Sie ja hier Bemerkung über Kodierrichtlinien in meinem Posting vom 6.4. nachlesen.

    KR sind nette Hinweise, so wie sie derzeit aus dem Boden schießen, ist für mich aber noch vieles unklar: Vermittelbarkeit, Verbindlichkeit, Aktualität, Abstimmung der Fachgesellschaften untereinander, kurz: ich habe Angst vor überflüssiger Regelungswut.

    Zitat


    Original von clehmann:
    ... Einige Optimisten im Forum reden davon, dass ca. 80% der DKR in programmierbare Algorithmen umgesetzt werden könnten. Wie lange, glauben Sie, dauert es, bis 100% der DKR automatisch geprüft werden können und diese Prüfung auch im Zusammenspiel mit allen marktgängigen KIS-Systemen sauber funktioniert? Wann werden alle Krankenhäuser Deutschlands auch in der hintersten Funktionsabteilung und im vergammeltsten Arztzimmer ein Online-Dokumentationssystem verfügbar haben? Und wer validiert in der Anfangsphase (die m.E. Jahre dauern wird) die von den fantastischen "DRG-Arbeitsplätzen" ausgespuckten Gruppierungen?

    In Software integrierte Kodierregeln (z. B. KODIP) sind ganz nett, aber doch nicht nötig für ein funktionierendes DRG-System. Rein technisch gesehen geht das Groupingergebnis immer vor. Und im Gruppierungsalgorithmus sind 100% Fallklassifikation bereits realisiert. Hier läßt sich auch die Plausibilität ablesen (Arbeitsplatzgrouper). Und selbst wenn das Groupingergebnis (bei korrekter Dokumentation und Kodierung) nicht plausibel ist, gilt es trotzdem.

    Und rein rechtlich gesehen geht die wahrheitsgemäße Dokumentation und Verschlüsselung vor. Zum Verständnis des Systems sind die D001a bis D003a (Verantwortlichkeit des Arztes, Hauptdiagnose, Nebendiagnosen) und vielleicht ein oder zwei weitere Regeln m. E. völlig ausreichend.

    Was wollen Sie eigentlich validieren? Immer wenn Sie meinen, etwas besser zu wissen, als der kodierende Arzt, fragen Sie den, oder wie geht das praktisch?

    Diese ganze Aufregung ist m. E. übertrieben. Unter der m. E. wichtigen Voraussetzung, dass jede ICD und OPS von einem Arzt verantwortet wird (D001a) und dieser im schlimmsten Fall bei falschen Angaben bestraft werden kann, brauchen wir keine weiteren Regeln. Oder Sie vertrauen Ihren Ärzten nicht? Dann können Sie aber regeln und kontrollieren, bis Sie schwarz werden.

    Und ein paar weitere Voraussetzung sollten beachtet werden: Die Mittel sind begrenzt, man kann nicht jeden Sonderfall vorher regeln, eine gewisse Unschärfe toleriert das System. Wir brauchen Luft zum Atmen und wieder Zeit für Patienten. Don Hindle: KISS = Keep ist super simple!
    --
    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. Bernhard Scholz
    DRG-Beauftragter
    Kliniken des Landkreises Freyung-Grafenau gGmbH

    [center] Bernhard Scholz [/center]

  • Hallo liebe Forumsteilnehmer,

    ich denke, der Einsatz proffessioneller Untersützer für die Ärzteschaft ist spätestens dann unumgänglich, wenn weiter immer mehr Arztstellen nicht zu besetzten sind (in ländlichen Flächenländern in Mitteldeutschland fängt das Problem jetzt schon an).

    Den Begriff des Coders halte ich übrignes für nicht geeignet als Bezeichnung für das, was diese Hilfskräfte leisten sollten.

    Schließlich sollten diese Kräfte neben der Codierung, auch die Überwachung bzw. Kontrolle der QS-Formularausfüllung, auch zur Leistungserfassung für die Kostenträgerrechnung, PPR und weiteren Dokumentationsaufgabenentlastungen auch für die Pflege und Verwaltung zur Verfügung stehen.

    Zur Rekrutierung halte ich die Pflegeberufe, bzw. auch Arzthelferinnen für die geeigneten Berufsgruppen, da ja sowohl die sichere Umgang mit der medizinischen Terminologie, die Kenntniss der Abläufe im Krankenhaus und EDV-Kenntnisse Grundvoraussetzungen sind.

    Natürlich muß die Verantwortung bei den Ärzten verbleiben, aber nicht die Ausführung...

    Leider ist die Situation derzeit nicht unbedingt günstig um solche Veränderungen herbeizuführen... auch der Pflegerat ist sicher nicht begeistert von der Idee (obwohl sich da ja ein komplett neues Berufsfeld für die Pflege auftun würde...)

    Aber dennoch halte ich es für unausweichlich, auch gegen alle noch vorhandenen Widerstände...

    Gruß

    Thomas Lückert
    Direktionsbereich Medizincontrolling/Qualitätsmanagement
    Vivantes Humboldt-Klinikum
    --
    Thomas Lückert
    Stabsstelle Medizinisches Controlling
    Krankenhaus Reinickendorf
    ein Haus der Vivantes

    Thomas Lückert
    Stabsstelle Medizincontrolling
    Unfallkrankenhaus Berlin

  • Lange Gespräche mit Clinical Codern aus Melbourne brachten für mich folgendes Fazit:
    - das Kodieren mit :icd: :ops: :kr: ist zu komplex, als daß ein Arzt dies (abgesehen von Minifachgebieten wie Kinderproktologie o.ä.) nicht optimal leisten kann, wenn er primär gute Medizin machen soll.
    - Es muß also eine spezialisierte, nachgeordnete Instanz geben, die sich primär für die Qualität der Abrechnungsinformation verantwortlich fühlt.
    - Entscheidend für deren Erfolg ist eine enge Zusammenarbeit mit dem Arzt (es gibt Krankenhäuser, wo ALLE Entlassungen besprochen werden).
    - ob man sich hierbei über die Qualität der vom Arzt verschlüsselten ICDs oder die Qualität der in der Akte dokumentierten Klartextdiagnosen unterhält, ist m.E. hierbei zweitrangig. In beiden Fällen muß die vom Arzt geleistete Dokumentation vollständig und eindeutig sein.

    Also: her mit der kompetenten, psychologisch geschickten, extrovertierten Kontrollinstanz, ob sie nun Coder heißt oder Groupingassistent! :dance1:
    --
    Jan Haberkorn
    Arzt/Medizincontroller
    St. Elisabeth-Krankenhaus Köln

    Jan Haberkorn
    Internist/Medizincontroller
    St. Elisabeth-Krankenhaus Köln

  • Hallo Forum,
    hmm, ich bin auch ein wenig vom Saulus zum Paulus mutiert...als Verfechter einer arztbezogenen Kodierung habe ich lernen müssen, dass es nicht um die Abrechnung einer Handschlagsmedizin analog der gebührenordnung der niedergelassenen geht. Motto: mehr Kodierung-mehr Geld. Anders wird ein Schuh daraus...es gibt immer weniger Geld für immer mehr Leistung. Also müssen wir den ärztlichen Bereich umstrukturieren.
    Abgesehen von meiner eigenen Motivation ist es den immer weniger Ärzten kaum noch vermittelbar, eine Stationseinheit von 8-16 Betten mit im Durchschnitt 10 Diagnosen zu verschlüsselen. Ok, da steht man im Benchmarking an der Spitze der PCCL usw, aber meine nächste aufgabe liegt darin, Arzthelferinnen als ärztliche Sekretärinnen zu rekrutieren. Die Verschlüsselung wird dabei durch Abfragesoftware generiert (Körperliche Untersuchung, Endoskopie, Sonographie) und automatisch in das KIS übertragen. Die Verschlüsselung wird durch mobile Geräte vielleicht bei Visite erledigt, ebenso die Untersuchungsanforderung und Terminvergabe. Alles nichts neues, ein Blick über den Teich (USA) gibt die Richtung vor. Ein Blick auf 18 Jahre DRG (Medicare) lässt den Weg vielleicht leichter erkennen.
    Die Kosten sind niedriger als bei einer flächendeckenden Versorgung
    aller Stationen, der Effekt eines ektopen Gehirns als Taschenbuchersatz ein angenehmer Nebeneffekt.
    Das ist meine Vorstellung einer idealen Kodierung. Die Überprüfung sollte dann durch nichtärztliche Spezialisten (nicht am Krankenbett, sondern nach Aktenlage) vorgenommen werden

    Grüße aus Hanau, sonnig

    Poschmann