Kausale Kette?

  • Hallo!

    Ich würde gerne mal Ihre Meinung hören in einem - wie ich finde - interessanten Fall.

    Eine Patientin wird aufgenommen wegen eines Pilonidalabszesses. Dieser wird chirurgisch versorgt und die Patientin bei reizlosen Wundverhältnissen wieder entlassen.

    Noch innerhalb der OGVD erfolgt die Wiederaufnahme wegen einer allergischen Reaktion auf ein Antibiotikum, dass der Hausarzt verordnet hat.

    Aus medizinischer Sicht könnte man hier eine Fallzusammenführung (WA wegen Komplikation) fordern. Eine Komplikation in Zusammenhang mit der ersten Aufnahme liegt hier ja vor.
    Nun hat aber das KH nicht die Antibiotikagabe veranlasst, sondern der Hausarzt. Aus chirurgischer Sicht hätte man auf Antibiotika ja auch verzichten können (ohne hier eine Bewertung vornehmen zu wollen!!).

    Muss nun - streng nach Wortlaut der KPFV - eine Zusammenführung der Fälle erfolgen, da eine Komplikation vorliegt? Denn in der KFPV steht ja nun nichts davon, wer die Komplikation ausgelöst hat.

    Ich bin sehr gespannt auf Ihre Meinungen.

    Grüße aus dem regnerischen Essen

    S.Koch

    (sorry für den smiley-losen Beitrag. Aber ich fand keinen passenden)

  • Hallo,

    nachdem ich mir ganz schnell abgewöhnt habe, medizinisch zu denken (es lebt sich wirklich leichter ohne Verstand) würde ich nach Schema \"F\" vorgehen: Aufnahme innerhalb oGV? Selbe Basis-DRG? Bzw. Innerhalb von 30 Kalendertagen mit gleicher MDC und entsprechend erste DRG Partition M oder A und zweite DRG aus Partition O....

    Ich gebe zu, wenn man gewöhnt ist, LOGISCH zu denken, hat man schon verloren, aber ich würde stur nach Schema vorgehen (meist macht das ja schon der Computer) und medizinische Überlegungen allenfalls als potentielle Begründung gegenüber dem MDK im Zweifelsfall einbeziehen.

    Aber solange es formal korrekt ist, kann es unsinnig bis dorthinaus sein.

    ....und damit wenigstens ein Smilie in der Diskussion auftaucht... :d_zwinker:


    Gruß aus Bayern,

    Norbert Neumann

    \"Steinigt ihn, er hat ´Jehova´ gesagt!\"

  • Die allergische Reaktion ist eine Nebenwirkung des Antibiotikums und
    wahrlich keine Komplikation der OP, wenn auch die Verabreichung
    mit OP zu tun haben sollte!
    Gruß
    Ordu

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    in der FPV 2005 steht:

    Werden Patienten oder Patientinnen, für die eine Fallpauschale abrechenbar ist, wegen einer Komplikation im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung innerhalb der oberen Grenzverweildauer, bemessen nach der Zahl der Kalendertage ab dem Aufnahmedatum des ersten unter diese Vorschrift zur Zusammenfassung fallenden Aufenthalts, wieder aufgenommen, hat das Krankenhaus eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale vorzunehmen.

    Da die Aufnahme nicht wegen einer Komplikation erfolgte, die durch eine bei Ihnen erbrachten Leistung hervorgerufen wurde (Reaktion auf hausärztlich verordnetes Antibiotikum), sind die Fälle nicht zusammenzuführen.

    Anders kann ich das nicht sehen.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • ....allerdings wäre die Antibiotikagabe nicht notwendig geworden, wenn der Patient nicht operiert worden wäre (bitte das \"nicht notwendig\" nicht als Kritik sehen). Insofern ist eben u.U. doch ein Zusammenhang zur erbrachten Leistung zu sehen.

    Allerdings haben beide Fälle (Sin. Pil.-OP und allergische Reaktion) wohl weder die gleiche Basis-DRG, noch ist der erste Fall (OP) aus MDC M oder A. Dementsprechend stellt sich m.E. formal die Frage der Fallzusammenlegung nicht. Oder bin ich da jetzt völlig auf dem falschen Dampfer?? :d_gutefrage:

    Freundliche Grüße,

    Norbert Neumann

    \"Steinigt ihn, er hat ´Jehova´ gesagt!\"

    • Offizieller Beitrag

    ...mal anders formuliert:
    Patient wir wegen einer Infektion-X bei Ihnen behandelt. Er wird entlassen. Ein niedergelassener Kollege empfiehlt bei einem ambulanten Besuch des Patienten eine Laborkontrolle und führt sie durch. Die Einstichstelle infiziert sich, der Patient wird wegen einer Unterarmphlegmone wieder bei Ihnen aufgenommen.

    Werden Sie hier auch eine Fallzusammenführung vornehmen?

    Die formale Frage der Fallzusammenführung ist hier: Komplikation ja/nein. Nicht die, die Sie erwähnen.

  • Iiih, Herr Selter, Sie bringen aber garstige Beispiele :erschreck:

    Ich habe den Fall gerade nochmal mit meinem DRG-Assistenten durchgekaut. Zu einem richtigen Ergebnis sind wir aber auch nicht gekommen. Der Knackpunkt ist wohl die Auslegung des Begriffes \"im Zusammenhang mit der Leistung\".
    Versteht man darunter \"direkt durch das Krankenhaus veranlaßt\" ist es in diesem Fall keine Fallzusammenlegung; versteht man darunter \"in irgendeiner Weise mit der Behandlung des Falls zusammenhängend\" (ist jetzt etwas schwammig formuliert, aber ich denke, Sie verstehen, worauf ich hinauswill) wäre es eine.
    Von der medizinischen Argumentation wäre in diesem speziellen Fall m.E. beides haltbar (denn hier ging es direkt um eine Mitbehandlung).

    BTW: Wir haben uns dann hier darauf geeinigt, daß wir im Zweifelsfall schauen würden, was günstiger für´s Krankenhaus ist und es erstmal so probieren :biggrin:

    Herzliche Grüße,

    Norbert Neumann


    Ach ja: Wenn wir schon bei Beispielen sind: Was wäre mit einer Wundinfektion durch mangelnde Wundpflege bzw. Hygiene des Patienten?? Komplikation oder nicht?? :d_pfeid:

    \"Steinigt ihn, er hat ´Jehova´ gesagt!\"

  • Zitat


    Original von Thunderbolt:

    BTW: Wir haben uns dann hier darauf geeinigt, daß wir im Zweifelsfall schauen würden, was günstiger für´s Krankenhaus ist und es erstmal so probieren :biggrin:

    Glauben Sie mir, dass machen die KK auch und raten Sie mal wie die den Fall dann sehen ? :biggrin: :biggrin: :biggrin:

    Zitat


    Ach ja: Wenn wir schon bei Beispielen sind: Was wäre mit einer Wundinfektion durch mangelnde Wundpflege bzw. Hygiene des Patienten?? Komplikation oder nicht?? :d_pfeid:


    Hier wohl relativ deutlich Komplikation :jaybee:


    Schönes Wochenende

    Mr. Freundlich

  • Hallo, Forum!
    Ich stimme hier Herrn Selter vorbehaltslos zu:
    Entscheidend ist die Formulierung
    wegen einer Komplikation im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung
    und der weitere Text ist \"innerhalb der oGVD\"...

    Somit bezieht sich die Komplikation nach meiner Interpretation eindeutig auf eine Leistung, die während des vorherigen Krankenhausaufenthaltes erbracht wurde - und das war die Antibiotikagabe sicherlich nicht!

    Grüße

    T. Flöser

  • Hallo Forum,

    vielen Dank für die Diskussion. Ich sehe es ähnlich wie Sie.
    Sie haben mit sehr weitergeholfen!


    Viele Grüße aus Essen. Bedeckt und windig (aber die Frisur hält) :d_zwinker:

    S.Koch

  • Hallo Forum,
    ich möchte dieses Thema nochmals \"aufwärmen\" und wäre für Meinungen dankbar. Wie üblich :) ein Fallbeispiel:
    Pat.nach Sturz liegt wg. Rippenserienfraktur und einem kleinen,dazupassenden Erguß (nicht punktiert) und ein paar Begleiterkrankungen ein paar Tage stationär,DRG E66A.
    Kommt 4 Tage nach Entlassung wieder mit einem Spannungspneu, und wird, da er ausser einer Drainage noch ein NIV-Beatmung bekommt für 30 Std. in die DRG E43Z sortiert - allerdings schlägt das medico//s KIS eine Zusammenlegung wg. Komplikation vor...

    1. Aufenthalt \"KEINE\" Leistung erbracht - Pat. lag \"nur\" im Bett.
    2. Aufenthalt dann doch ein zweiter Fall?
    Natürlich war beim ersten Aufenthalt ATG, KG usw. gemacht worden - keine \"Leistung\"?
    Der Begriff \"Leistung\" ist nicht definiert (oder doch?) - oder meint man \"OPS\"?

    Viel häufiger als der geschilderte Fall werden Dinge auftreten wie infektexazerbierte COPD, Pat., die man manchmal am nächsten Tag wieder da hat. Auch hier wurde ja keine \"Leistung\" erbracht beim Aufenthalt auf der Inneren :d_zwinker: .

    Zusammenlegen oder nicht?

    Viele \"föhnige\" Grüße (Zitat SKOCH \"...aber die Frisur hält...\")
    P.Dietz