Neue Abrechnung nach MDK Gutachten

  • Guten Morgen zusammen,

    mal wieder ein Fall für unsere Abrechnungsprüfer bei den KKn - wobei mich die Meinung der KHs auch besonders interessiert.

    Die Abrechnung des KH wurde unter Vorbehalt gezahlt. Nach MDK Gutachten wäre eine andere (hier günstigere) DRG abzurechnen.

    Wir schicken dem KH nun eine Kopie des MDK Gutachtens und fordern gleichzeitig den überzahlten Betrag zurück.

    Das KH legt nun Widerspruch gegen das MDK Gutachten ein und schickt (manchmal erst nach der 3. Erinnerung des zurückgeforderten Betrags) eine Stellungnahme an den MDK. Gleichzeitig wird jedoch der zurückgeforderte Betrag nicht überwiesen. :a_augenruppel: Das Zweitgutachten wird wahrscheinlich erneut 4-6 Monate (manchmal auch länger) auf sich warten lassen.

    Fragen:
    Ist das KH nun verpflichtet den aus Sicht der KK zunächst überzahlten Betrag zurückzuzahlen? Oder muss zunächst das zweite MDK Gutachten abgewartet werden? :sterne:

    Wieviele Widersprüche des KH muss die KK vom MDK begutachten lassen, bis ein Anspruch auf Rückzahlung des überzahlten Betrags entsteht? :d_gutefrage:

    Lieben Gruß aus dem Bergischen Land

    Jennifer Busse

  • Schönen guten Tag Frau Busse!

    Ich fürchte, dieses Thema ist verzwickt und wird wieder zu richtig schönen Diskussionen zwischen den Mitarbeitern der Krankenkassen und der Krankenhäuser führen. Hier also meine subjektive Sicht, die ich jedoch versuchen werden, zu begründen:

    Zunächst einmal hat die Krankenkasse grundsätzlich das Recht, den strittigen Betrag mit anderen Forderungen des Krankenhauses aufzurechnen

    Zitat


    BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 28.5.2003, B 3 KR 10/02 R:
    Ein Rückforderungsanspruch und die Möglichkeit späterer Aufrechnung gegen unbestrittene Forderungen des Krankenhauses aus anderen Behandlungsfällen (§§ 387 ff BGB) werden durch die Zahlung nicht ausgeschlossen.

    Da hier auf die §§ 387 ff BGB Bezug genommen wurde, ist allerdings auch § 390 BGB zu beachten, der eine Aufrechnung ausschließt, wenn eine Einrede dagegen vorliegt. Der Widerspruch gegen Das Gutachten ist ja wohl als einrede gegen die Aufrechnung anzusehen.

    Auch wird eine Aufrechnung unmöglich, wenn der Patient ein Einzelfall der betroffenen Krankenkasse in dem jweiligen Krankenhaus ist.

    Ggf. ist letzlich die Krankenkasse dann in der Situation, in der sich sonst die Krankenhäuser befinden, nämlich dass sie einerseits das Liquiditätsrisiko der Auseinandersetzung tragen und ggf. andererseits entscheiden muss, ob sich die Einleitung einer juristischen Auseinandersetzung lohnt.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Hallo Frau Busse,

    wirklich ein hässliches Problem.

    Grundsätzlich ist die Krankenkasse zunächst einmal verpflichtet eine formal einwandfreie Krankenhausrechnung innerhalb der vereinbarten Fristen zu begleichen, tut sie dies nicht, fallen ab dem Tag der Fälligkeit Zinsen an. Es besteht natürlich die Möglichkeit die Korrektheit der Abrechnung zu prüfen. Hierbei ist das vereinbarte Verfahren einzuhalten. Ergibt die Prüfung Fehler bei der Abrechnung, so kann grundsätzlich ein Rückforderungsanspruch geltend gemacht werden. Ob eine Aufrechnung gegen andere Forderungen des Krankenhauses möglich ist, muss zunächst einmal anhand des gültigen Landesvertrages oder, falls es einen solchen nicht gibt, anhand der Pflegesatzvereinbarung geprüft werden. Dort wo ein vertragliches Aufrechnungsverbot besteht, ist eine Aufrechnung nicht möglich. Ansonsten ist die Aufrechnung im Rahmen der Vorschriften des BGB möglich, wobei der Widerspruch gegen das MDK - Gutachten eher keine Einrede im Sinne des § 390 BGB darstellen dürfte, da dieser nur Einreden, die im BGB normiert sind, meint. Anders dürfte es aussehen, wenn das vorgeschriebene Verfahren nicht eingehalten wurde oder wenn das MDK Gutachten offensichtlich formal oder inhaltlich fehlerhaft ist. Dann kann das Krankenhaus erfolgreich die \"Einrede des nicht erfüllten Vertrages erheben\". Da das Prüfungsverfahren auf eine zeitnahe Prüfung ausgerichtet ist (BSG - B 3 KR 11/01) dürften allein schon die derzeit üblichen Zeiträume, die der MDK benötigt, einen schwerwiegenden Formfehler und somit eine Einrede begründen.

    Bei allem sollte man aber eins bedenken - wer eine Forderung durch Aufrechnung zun Erlöschen bringen will, ist im Streitfall uneingeschränkt beweispflichtig, sowohl was die Aufrechnungserklärung als auch die Aufrechnungslage betrifft. Und - das MDK Gutachten muss nicht der Weisheit letzter Schluss sein - es kann im streitigen Verfahren durch ein unabhängiges Gerichtsgutachten erschüttert werden, was durchaus häufiger vorkommt.

    Mit freundlichen Grüßen

    Mährmann

  • Ich denke, die Rückzahlung des geforderten Betrags kann erst
    nach dem erneuten MDK-Begutachten aufgrund des Widerspruchs
    des KH erfolgen, wenn auch dieses Gutachten das erste
    bestätigt. Mit der Rückzahlung des Betrages im Falle einer
    gerichtlichen Auseinandersetzung bis zur Entscheidung abzuwarten,
    finde ich jedoch nicht richtig und wahrscheinlich auch juristisch nicht
    korrekt.
    Gruß
    Ordu

  • Hallo Jemebu,

    ein wirklich vertraktes Thema. Teilweise ist dies auch etwas bundeslandabhängig. In Bayern z.B. wurde im Vorgriff auf Neuabschluss des Vertrages nach § 112 bereits vorab die Zahlungsfrist neu geregelt. Unter anderem wird den Kassen nun auch das Recht eingeräumt, für säumige Rückzahlungen der KH Verzugszinsen zu verlangen. Aber dies halte ich nicht für wirklich praxisnah. Die Zinsberechnung hilft einem bei der endgültigen Erledigung des Sachverhaltes nicht wirklich weiter, was ja auch vordringliches Anliegen eines KK-Sachbearbeiters sein sollte.

    Ich räume den KH grds. eine faire Chance ein, die Rechnung selbst zu korrigieren oder Widerspruch einzulegen. Erfolgt der Widerspruch zeitnah, würde ich den vorab bezahlten Betrag auch so stehen lassen und die Klärung abwarten. Ein KH das sich aktiv an diesem Wahrheitsfindungsprozess beteiligt, darf den Betrag bis zu endgültigen Klärung auch vorerst behalten. (dann müssen sie nur noch beten, dass der MDK ein bißchen Gas gibt)

    Sollten ihre Gutachten und Monierungen (3 mal würde ich ganz sicher nicht monieren) bei den KH jedoch auf nachlassendes Interesse stossen, würde ich mir den Betrag selbst gutschreiben und eine berichtigte Rechnung im Sinne des Gutachtens bezahlen. Schweigen bedeutet unter Kaufmännern Zustimmmung
    :biggrin: Wenn ihrem Gutachten und Anschreiben nicht widersprochen wird, sollten sie Übereinstimmung mit den Ausführungen annehmen, bis sie wieder etwas Gegenteiliges hören. Auch ich verweise auf das entsprechende BSG-Urteil. Liegt das Gutachten vor, sollte dies für sie (nach wie gesagt angemessener Frist für das Haus zu reagieren) das Maß der Dinge darstellen.

    Alles eine Sache des Gebens und Nehmens. Im Zweifelsfall würde ich die Thematik auch in einem Gespräch mit den Verantwortlichen im KH besprechen. Auch hier dürfte doch gewisses Verständnis herrschen, das die unbedingte Zahlungspflicht der KK nicht die unbedingte Tatlosigkeit der KH nach sich ziehen kann.

    MFG
    Martin Wittwer

    :t_teufelboese: Abrechnungssachbearbeiter :t_teufelboese:

    Alle Menschen sind klug - die einen vorher, die anderen nachher.

    Voltaire ( 1694-1778 )

  • Wertes Forum,

    auch ich, als Mitarbeiter einer Kasse, die alle Rechnungen (die nicht sachlich falsch sind) in der Zahlfrist zahlt, habe dieses Problem.

    Derzeit sieht die Rechtslage für uns ja eher schlecht aus. Ich denke auch die KH-Vertreter können da teilweise zustimmen.
    Ein BSG Urteil sagt mir wie detailliert ein MDK-Gutachten sein muss, ein anderes sagt mir, wie schnell (zeitnah) es vorliegen muss....schwierig. Dass \"wir\" Kassen zeitnah zahlen müssen ist in der rechtsprechung mehrfach entschieden. Aber ich will nicht jammern :d_zwinker:

    Bisher wurden die Urteile, die die Zahlungsverpflichtung der Kassen beinhalten ja u.a. damit begründet, dass das KH ja eine Leistung erbracht hat, die auch finanziert werden muss. Die mir bekannten Urteile beziehen sich aber alle auf Pflegesatzrechnungen. D.h. ein Pat. war 14 Tage im KH, so müssen auch erstmal 14 Tage bezahlt werden, er war ja zweifelsfrei da.

    Was fehlt sind aktuelle Urteile zur DRG-Abrechnung. Hier habe ich in dem von Frau Busse beschriebenen Fall ja erstmal eine (scheinbar...) zu hohe Fallpauschale gezahlt. Nach dem MDK-Gutachten zweifele ich ja nicht die Dauer und Behandlung an, sondern nur die Fallpauschale (z.B. in Form der Partition). Ich fordere also den Differenzbetrag zurück. Das KH bekommt also seine Leistung bezahlt, nur in der neuen Kodierung kommt es eben zu einem günstigeren Rechnungsbetrag.
    Damit sind meines Erachtens die \"alten\" Urteile nicht mehr gültig. Also erste Mahnung ....und dann klagen? Ich bin gespannt!

  • Hallo Forum,

    nicht alle \"alten\" BSG- Urteile beziehen sich auf Pflegesatzrechnungen, in der Entscheidung B 3 KR 64/ 01 ging es um Fallpauschalen (nach altem Recht) und auch hier wurde eine Pflicht der KK zur zeitnahen Rechnungsbegleichung festgestellt. Der wesentliche Grund für die BSG- Rechtsprechung liegt aber nicht darin, dass das Krankenhaus, übrigens nach wie vor, in Vorleistung tritt, sondern darin, dass die Pflicht der Krankenkassen zur zeitnahen Rechnungsbegleichung in den Sicherstellungsverträgen bzw. Pflegesatzvereinbarung eben vereinbart ist. Und daran hat sich auch in DRG - Zeiten nichts geändert. Auch das Krankenhausentgeltgesetz sieht ja in § 11 I 3, wie die Bundespflegesatzvereinbarung in § 17 I 3, vor, dass eine Pflegesatzvereinbarung Regelungen enthält, \"die eine zeitnahe Zahlung der Entgelte an das Krankenhaus gewährleisten.\" Insoweit kann man als Krankenhaus etwaigen Rechtsstreitigkeiten gelassen entgegen sehen.

    Soweit Herr Wittwer das Schweigen eines Krankenhauses auf Gutachten und Mahnungen als Einverständnis auslegt, kann ich dem nicht folgen. Zwar ist eine solche Vorgehensweise seitens eines Krankenhauses eine ziemliche Unverschämtheit (die ich übrigens bei Krankenkassen auch schon erlebt habe), aber keine Zustimmung. Die kann nämlich nur bei Vorliegen eines entsprechenden Handelsbrauches angenommen werden (§ 346 HGB). Und den kann es im Verhältnis Krankenkasse/ Krankenhaus gar nicht geben, da hier keine Handelsgeschäfte getätigt werden. Daneben - § 69 Satz 3 SGB V verweist lediglich auf das BGB - und im BGB gilt Schweigen als Nichterklärung, hat also keinen rechtlichen Inhalt.

    Mit freundlichen Grüßen

    Mährmann

  • hallo forum,

    wie bereits geschrieben wurde, findet man näheres im jeweiligen ländervertrag §112. in hamburg ist es zb. so, dass die kostenträger bei einschaltung des MDK zunächst den unstrittigen betrag zahlen müssen.
    in der praxis sieht das dann so aus, dass wir eine \"überzahlte\" DRG-FP eigenständig zurück buchen können und im anschluß die unstrittige DRG zahlen.

    viele grüße ...