wunddebridement

  • Guten Morgen liebes Forum,

    meine Frage ist heute auf den medizinischen Teil der Abrechnungen gerichtet.

    Unsere Versicherte wurde von einem PKW erfasst und ist mit dem Gesicht gegen die Frontscheibe geprallt.

    Als Diagnosen werden angegeben: S06.0 als HD; S03.2,S01.88, S02.5, S01.87 und S01.7 als ND. Abgerechnet wird die DRG B17Z.

    Diese wird erreicht durch die Prozedur 5-893.04 (Chirurgische Wundtoilette (Wunddebridement)und Entfernung von erkranktem Gewebe...). Ohne diese Prozedur ergibt sich die B80Z.

    Im OP-Bericht steht: Zunächst Replantation des Zahnes 21 nach subtiler Säuberung. Entfernung des tief frakturierten Zahnes und Adaptation der marginalen Gingiva. Anmodellation einer Drahtschiene.

    OPS-Codes: 5-231.0, 5-235.0, 5-769.0 und 5-893.4.

    Kann die 5-893.4 hier angewendet werden oder handelt es sich um eine \"normale\" Wundversorgung? Kann die Adaptation als Wunddebridement bezeichnet werden? Da die DRG von dieser Prozedur beeinflusst wird, bin ich für alle Hinweise dankbar.

    Ich wünschen allen Mitgliedern und Gästen ein schönes sonniges Wochenende.

    tina

  • Ich denke nicht, dass die 5-893.4 für die Adaption des Zahnfleisches gedacht ist. M.E. müsste das inklusive sein. Es sei denn, es ist eine Plastik durchgeführt worden.
    Sie haben mit S01.7 auch eine offene Wunde des Kopfes kodiert und hier ist das Debridement sicher korrekt. Ist diese vielleicht versorgt worden?
    Gruß Nastie

  • Hallo Nastie,

    die offene Wunde des Kopfes ist in der Dokumentation als Gesichtsschürfwunden mit Wundversorgung im Gesicht beschrieben.

    Der OP-Bericht besteht aus den o. zitierten Sätzen, die Durchführung einer Plastik ist für uns nicht erkennbar.

    Herzliche Grüße
    tina

  • Hallo Tina,

    S06.0 = Commotio HD
    S03.2 = Zahnluxation
    S01.88 = Weichteilschaden II. Grades bei offener Fraktur oder Luxation des Kopfes
    S02.5 = Zahnfraktur
    S01.87 = Weichteilschaden I. Grades …..
    S01.7 = Multiple offene Wunden des Kopfes

    5-893.04 = kleinflächige (?< 3cm oder 4 qcm??) Wundtoilette…..
    5-231.0 = Operative Zahnentfernung durch Osteotomie eines tief zerstörten Zahnes
    5-235.0 = Replantation eines Zahnes in die ursprüngliche Alveole
    5-769.0 = Maßnahmen zur Okklusionssicherung….
    5-893.4 = gibt es nicht wahrscheinlich Tippfehler zur 5-893.04

    Draus ergeben sich etliche Fragen und es wäre sicherlich besser gewesen, uns nicht nur die Codes sondern vor allem alle primären Klartexte, die zur Codierung führten, anzugeben.

    1. warum wurde die Commotio HD?
    2. warum wird ein Zahn replantiert? Der total zerbrochene wird es wohl nicht gewesen sein und der andere war nur luxiert, hätte also nur reponiert werden müssen.
    3. Hätte da nicht die Diagnose eher K08.1 lauten müssen, wenn die Replantation stimmen soll?
    4. Dann hätten auch die Weichteilschäden drum herum einzeln und nicht über die S01.88 codiert werden müssen oder gab es noch uncodierte Frakturen?
    5. die 5-231.0 ist 6-stellig, die 6. Stelle fehlt.
    6. Wurde bei den multiple Wunden des Kopfes wirklich nur eine (!) kleine Wundversorgung der Cutis und Subcutis gemacht?
    7. usw.


    Vielleicht können wir von dem Kasus noch etwas klarere Angaben (der Reihe nach, und die unverschlüsselten Klartexte) bekommen, ehe wir uns die Mühe machen, helfend einzugreifen.

    Mit freundlichen Grüßen
    Thomas Winter
    Berlin

  • Guten Morgen Herr Winter,

    Sie haben natürlich recht, es handelt sich um die Nr. 5-893.04 und
    5-231.00, sorry.

    Mit Klartexten ist es, in der uns zur Verfügung stehenden Patientendoku, nicht so üppig.Ich versuche es trotzdem, noch fehlende Hinweise zu geben.

    Erstbefund lt. D-Bericht: Verletzte wach und orientiert; Anhalt für SHT 1°bei retrograder Amnesie für Unfallhergang; Prellmarken Unterkiefer, Nasenrücken; Trümmerfraktur 11; Luxation 21; Schürfwunden am linken Ellenbogen.
    Rö-Schädel: kein Anhalt für Frakturen

    Entlassungsbrief:

    Diagnosen:
    - Schädelhirntrauma 1°
    - multiple Frakturen des Zahnes 11
    - Luxation des Zahnes 21
    - Gesichtsschürfwunden
    - Kiefergelenkkontusion beidseits

    Therapie:
    - operative Entfernung des Zahnes 11
    - Replantion von 21 (wurde von Notarzt auf der Straße geborgen)
    - Drahtkompositschiene von 13 - 22
    - Wundversorgung im Gesicht
    - Überwachung von Atmung, Herz und Kreislauf über 24 Stunden

    Verlauf:
    Während des 24-stündigen Überwachungszeitraumes und auch später keine Auffälligkeiten. Die Wundheilung gestaltete sich regelrecht. Nahtentfernung soll durch Hauszahnarzt erfolgen. Nach Entfernung der Drahtkompositschiene ist die Eingliederung eines prothetischen Immediatersatzes des Zahnes 11 geplant. Zum Entlassungszeitpunkt ist noch eine eingeschränkte Mundöffnung zu verzeichnen.

    OP-Bericht:

    Bei der Patientin erfolgt nach Straßenverkehrsunfall die Versorgung der Zahn- und Gingivaverletzungen. Zunächst Replantation des Zahnes 21 nach subtiler Säuberung.Entfernung des tief frakturierten Zahnes 11 und Adaptation der marginalen Gingiva. Anmodellation einer Drahtschiene von 13 nach 22, die 21 befestigt. Nach erfolgreicher Fixation wird der Zahn 21 mit Composit aufgebaut.

    ICPMs:
    - 5-231.00 Operative Zahnentfernung, tief zerstörter Zahn, ein Zahn
    - 5-235.0 Replantation eines Zahnes (in die ursprüngliche Alveole)
    - 5-769.0 Maßnahmen zur Okklusionssicherung an der Maxille
    - 5-893.04 Chirurgische Wundtoilette (Wunddebridement) und Entfernung von erkranktem Gewebe an Haut und Unterhaut: Kleinflächig: Sonstige Teile Kopf

    Auf der Überweisung zum Hauszahnarzt steht:
    Diagnose: Avulsion des Zahnes 21; Zahnfraktur 11;Rißwunde gingival; KG-
    Kontusion beidseits
    Therapie: Ex 11; Replantation 21 und Draht-Komposit-Schiene; Naht der Rißwunde
    Erbitten Nahtentfernung.

    Mit mehr Text kann ich leider nicht dienen. Zu den multiplen offenen Wunden des Kopfes gibt es gar keine Angaben. Die Commotio als Hauptdiagnose ist nicht nachvollziehbar.

    Ich weiß, dass die Angaben recht dürftig sind, aber mehr ist nicht vorhanden. Es würde mich sehr freuen, wenn Sie sich nochmal mit diesem Fall beschäftigen und wünsche Ihnen (allen anderen Anwesenden natürlich auch ) einen sonnigen Montag.

    Herzliche Grüße
    Tina

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von tina:
    Anhalt für SHT 1°bei retrograder Amnesie für Unfallhergang....Während des 24-stündigen Überwachungszeitraumes und auch später keine Auffälligkeiten.

    Die Commotio als Hauptdiagnose ist nicht nachvollziehbar.

    Guten Morgen,

    warum soll diese nicht nachvollziehbar sein? Der Patient wird hier zur Überwachung aufgenommen und stellt für mich die hauptsächliche Begründung für die Veranlassung der stationären Behandlung dar. Die anderen genannten Verletzungen haben ja wohl nicht hauptsächlich die Aufnahme verursacht.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Hallo Tina,

    Vielen Dank für die Ergänzungen.

    Nun werde ich es mal versuchen.

    S06.0 = Commotio aber nicht HD (Leitsymptom retrograde Anmesie), da aus Ihrer Bemerkung … „und auch später“ geschlossen werden kann, dass die Patientin länger als nur die 24 Stunden Beobachtung stationär lag und somit der Ressourcenverbrauch für die Versorgung der kieferchirurgischen/zahnmedizinischen Maßnahmen größer gewesen sein dürfe. Wenn es aber tatsächlich nur um 24 Stunden ging, kann die Commotio doch einbezogen werden.
    S03.2 = Zahnluxation ist falsch, er wurde offensichtlich separat mitgeliefert.
    Hier ist die
    K08.1 Zahnverlust durch Unfall…. Eindeutig besser. Dadurch entfällt dann auch die S01.88.
    (die offene Oberkieferwunde Wunde hier dürfte logisch sein und ist wohl dann auch nicht extra zu codieren.)
    Wenn im E-Bericht von einer Risswunde gingival gesprochen wird, kann es natürlich auch eine zusätzliche Wunde sein.
    Diese wäre dann mit
    S01.53 zu codieren (aber nur, wenn es keinen Zusammenhang mit der Zahnfraktur gibt)
    S02.5 = Zahnfraktur
    S01.87 = Weichteilschaden I. Grades …..
    S00.71/5 = Multiple Prellungen und Schürfwunden des Kopfes
    Zu überlegen wäre eine Aufschlüsselung in:
    S00.35 + S00.85 + S00.71 (Prellung Nase / Unterkiefer; Schürfung multipel)
    S50.81 = Schürfwunde UA
    S03.4 = Kiefergelenkkontusion (Verstauchung; diese finde ich besser als die schon vorhandene S00.85; nachfragen, ob es wirklich eine Kontusion war, die lt. ICD derzeit nur als simple Prellung zu codieren wäre.)

    Bei den Prozeduren scheint mir im Gesicht und Ellenbogengelenk eher die 5-913.ff statt der 5-893.04 zuzutreffen
    Ob die Entfernung der Reste eines Schneidezahnes wirklich eine Osteotomie erforderte, sollten Sie nachfragen, denn sonst würde die
    5-230.0 wohl besser passen als die 5-231.0.
    Die
    5-235.0 = Replantation eines Zahnes in die ursprüngliche Alveole ist nun erklärbar
    5-769.0 = Maßnahmen zur Okklusionssicherung…. Hier ist nun zu klären, ob die 5-235.5 nicht besser wäre oder beide sinnvoll sind. Ich fand keinen Code für das Material (Drahtschiene). Mit Ihren Zahnärzten sollten Sie klären, ob die 5-774.x sinnvoll ist.
    5-242.4 = Gingivanaht sofern extra notwendig geworden und nicht mit der Repla und Zahnextraktion zusammenhängend.

    Ob die Überwachung ein Fall für die 8-93ff oder 5-98ff war, müssen Sie an Hand der KG ablesen können.

    HD dürfte je nach Aufwand die Behandlung des Zahnverlustes (Replantation) oder der Zahnfraktur sein. Vielleicht kommen Sie mit diesen Angaben weiter. Lücken bitte ich zu entschuldigen, da das Kiefergelenk samt Umgebung eigentlich das einzige größere Gelenk ist, für dass ich nicht zuständig bin.

    Mit freundlichen Grüßen
    Thomas Winter
    Berlin

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von winterth:
    S06.0 = Commotio aber nicht HD (Leitsymptom retrograde Anmesie), da aus Ihrer Bemerkung … „und auch später“ geschlossen werden kann, dass die Patientin länger als nur die 24 Stunden Beobachtung stationär lag und somit der Ressourcenverbrauch für die Versorgung der kieferchirurgischen/zahnmedizinischen Maßnahmen größer gewesen sein dürfe. Wenn es aber tatsächlich nur um 24 Stunden ging, kann die Commotio doch einbezogen werden. HD dürfte je nach Aufwand die Behandlung des Zahnverlustes (Replantation) oder der Zahnfraktur sein.

    Guten Morgen Herr Winter,

    die HD-Regel sagt: \"was hauptsächlich die Veranlassung...\". Wie soll ein ausgebrochener Zahn hauptsächlich die stationäre Aufnahme verursachen, wenn parallel dazu eine Commotio cerebri vorliegt? Der Ressourcenverbrauch kommt erst ins Spiel, wenn mehrere Diagnosen gleichberechtigt die stationäre Aufnahme bedingen. Da kann man mich dann eher nicht überzeugen, den Zahn mit der Commotio auf eine Stufe zu stellen. Und eine \"24-Regel\" bei Commotio gibt es auch nicht (es geht um die Veranlassung, nicht um die Dauer des Aufenthalts).

  • Hallo Herr Selter,

    Sie verwundern sich über meine Einschätzung im Bezug zur Commotio. Natürlich ist da auch Subjektivität dabei im Spiel. Ich habe den Bericht von Tina so interpretiert, dass die Beobachtung der Commotio nur kurz war und der Rest des Aufenthaltes mit den kieferchirurgischen Diagnosen und Maßnahmen zusammenhing. Die Entlassung erfolgte anscheinend noch vor dem Fädenziehen nach den kieferchirurgischen Maßnahmen.

    Zur Aufnahmezeit bestanden abgesehen von den Prellungen und Schürfungen drei (vier oder fünf) Diagnosen deren Schweregrade von außen nicht beurteilt werden können. Commotio, frakturierter Zahn, verlorener Zahn und vielleicht auch eine erwähnenswerte Gingivaverletzung und die Kiefergelenkskontusion. Mithin hatten alle Diagnosen entsprechenden Ressourcenverbrauch. Ob es nur Liegezeit (Commotio) oder die kieferchirurgischen Maßnahmen – denn zum Nulltarif gibt es auch keine kieferchirurgischen Maßnahmen - und Liegezeit waren, können wir von außen nicht beurteilen.

    Welche der Diagnosen nach §39 SGBV den Ausschlag für die Aufnahme gab oder ob es das Konglomerat aus den Diagnosen war, können wir von außen nicht beurteilen. Nach meiner Einschätzung (subjektiv) dürfte der operative, pflegerische und ernährungsmäßige Aufwand bezüglich der kieferchirurgischen Maßnahmen und zielgerichteter Nachbehandlung höher einzuschätzen gewesen sein, als der parallel dazu laufende Beobachtungsaufwand der Commotio. Den Punkt, an dem die Beobachtung hinter tatsächlichen pflegerischen Maßnahmen ins zweite Glied rückt, habe ich nach 24 Stunden eingeschätzt. Ich stelle mir z.B. die Nahrungsaufnahme nach frisch versorgten Schneidezähnen (Zahn 11 und 21; Lücke + Repla) und mit Drahtschienung versorgtem Frontalgebiss und zuzüglicher Mundöffnungsbehinderung durch die Kiefergelenkskontusion zummindesten als erheblich erschwert vor.

    So ist meine Einschätzung zu verstehen. Aber Sie müssen ja nicht gleicher Meinung sein.

    Mit freundlichen Grüßen
    Thomas Winter
    Berlin

  • Hallo Herr Winter,

    bin zufällig auf diese Diskussion gestoßen und mir ist aufgefallen, dass sie für den Zahnverlust die ICD K 08.1 angeben würden. In dem Kapitel XI wird im Exkl. aber darauf hingewiesen, dass Verletzungen, Vergiftungen und andere Folgen äußerer Ursachen im Kapitel XIX klassifiziert sind. In sofern wäre diese ICD hier nicht angebracht. Wie wäre es mit S08.8 (traumatische Amputation sonstiger Teile des Kopfes)? Ansonsten stimme ich ihnen zu.

    Grüße

    Mikki :d_gutefrage:

  • Hallo Mikki,

    die S08.8 ist für den vorliegenden Fall ein in meinen Augen viel zu unspezifischer Code. Hier scheint sich meiner Meinung nach die ICD selbst ins Bein geschossen zu haben. Denn die Rückübersetzung der K08.1 lautet wörtlich: \"Zahnverlust durch Unfall, Extraktion oder lokalisierte parodontale Krankheit\". Mit anderen Worten der Unfall (Verletzung) gehört auch hierher - trotz Exclusivum (??!!).

    Mit freundlichen Grüßen
    Thomas Winter
    Berlin