Hauptdiagnosenwahl und Privatkasse

  • Hallo Forum,

    ich streite grade mit einer Privat-KV über die korrekte HD eines unfallchirurgischen Falles. Kurzer Abriss:
    Nach Reitunfall und Sturz vom Pferd Aufnahme der Pat. mit Hüftluxation li. sowie Leberhämatom. Die Hüftluxation konnte am Aufnahmetag in Kurznarkose reponiert werden, danach keinerlei wesentlicher Aufwand mehr. Das Leberhämatom erforderte jedoch eine insgesamt 9-tägige Beobachtung, unzählige Labor-/Sonokontrollen und letztlich auch ein CT, bei dem als \"Abfallprodukt\" auch die Hüfte mit beurteilt wurde. Unterschied Kostengewicht:

    • H63A (Erkrankungen der Leber außer bösartige Neubildung, Leberzirrhose und alkoholischer Hepatitis, mehr als ein Belegungstag, mit komplexer Diagnose und äußerst schweren oder schweren CC) 1,449
    • I71Z (Muskel­ und Sehnenerkrankungen oder Verstauchung, Zerrung und Luxation an Hüftgelenk, Becken und Oberschenkel) 0,608


    Ich stehe auf dem Standpunkt, dass mir lt. DKR 002d (\"2 oder mehr Diagnosen...\") ein Wahlrecht auf dem Boden des Ressourcenverbrauchs zusteht (\"ist vom behandelnden Arzt diejenige auszuwählen, die für Untersuchung und/oder Behandlung die meisten Ressourcen verbraucht hat\"). Die PKV stellt sich auf den Standpunkt, hier ein Mitspracherecht zu haben und behauptet, den betriebenen Aufwand besser beurteilen zu können.
    Nachdem sich der Fall schon seit 5 Monaten hinzieht und viel Papier die Seiten gewechselt hat, würde ich eine GKV als nächstes verklagen. In diesem Fall allerdings müsste ich dem Privat-Patienten ans Leder :rotwerd:; hat jemand Erfahrungen oder Tipps, wie man \"porzellanschonend\" hier vorgehen könnte? Danke im voraus.

    T.Rauner

    Thomas Rauner
    Allgemeinarzt
    med. Controlling

  • Hallo Herr Rauner, wenn Ihren (berechtigten), am Aufwand orientierten Argumenten nicht gefolgt wird, sollten Sie sich auf die einfachste Argumentationsmöglichkeit der DKR D002d zurückziehen: Der stationäre Aufenthalt war hauptsächlich durch das Leberhämatom bedingt, ohne dieses hätten Sie den Patienten selbstverständlich nach erfolgreicher Reposition wieder entlassen können, eine stationäre Behandlung wäre dafür nicht zwingend erfoderlich gewesen.

    Mit besten Grüßen

    Dr. Rolf Bartkowski
    Arzt f. Chirurgie, Med. Informatik
    Berlin

  • Zitat


    Original von Bartkowski:
    wenn Ihren (berechtigten), am Aufwand orientierten Argumenten nicht gefolgt wird, sollten Sie sich auf die einfachste Argumentationsmöglichkeit der DKR D002d zurückziehen: Der stationäre Aufenthalt war hauptsächlich durch das Leberhämatom bedingt, ohne dieses hätten Sie den Patienten selbstverständlich nach erfolgreicher Reposition wieder entlassen können, eine stationäre Behandlung wäre dafür nicht zwingend erforderlich gewesen.

    Hallo Herr Bartkowski,

    genau das habe ich im ersten Brief an die PKV schon vor 3 Monaten geschrieben; Antwort: Akzeptieren wir nicht, die Dauer des Aufenthaltes sei nur ein Anhalt, aber kein zwingender Grund, das Leberhämatom als aufwändiger \"darzustellen\". Tatsache ist aber, dass von Seiten der Hüftluxation praktisch ab dem Tag 2 - neben oraler Medikamentengabe - praktisch kaum Maßnahmen notwendig waren, aber fast jeden Tag Sonografien, Laborkontrollen und einmalig auch ein CT (oder war\'s ein NMR? Weiß ich jetzt gar nicht auswendig... :d_pfeid:) gelaufen ist. Das ist für mich zeitlicher, personeller und apparativer Aufwand, der deutlich den des Aufnahmetages (Reposition in Kurznarkose) übersteigt.

    Weiteres Kassen-Statement: Es sei abenteuerlich von mir, der Kasse bei der Auswahl der HD kein Mitspracherecht zuzuerkennen :noo: . Hab\' ich was nicht mitgekriegt? DKR 002d:

    Zitat

    Wenn zwei oder mehrere Diagnosen in Bezug zu Aufnahme, Untersuchungsbefunden und/oder der durchgeführten Therapie gleichermaßen die Kriterien für die Hauptdiagnose erfüllen und ICD-10-Verzeichnisse und Kodierrichtlinien keine Verschlüsselungsanweisungen geben, [c=red]muss vom behandelnden Arzt entschieden werden[/code], welche Diagnose am besten der Hauptdiagnose-Definition entspricht. Nur in diesem Fall [c=red]ist vom behandelnden Arzt diejenige auszuwählen, die für Untersuchung und/oder Behandlung die meisten Ressourcen verbraucht hat[/code]. Hierbei ist es unerheblich, ob die Krankheiten verwandt sind oder nicht.

    Ist da Platz für ein \"... wenn wir aber eine billigere Idee haben?\" der Krankenkasse? Ich halte diese Kodieranweisung für völlig eindeutig und glasklar, zumal es für mich abenteuerlich klingt, wenn mir ein Kassen-Sachbearbeiter aus naheliegenden Gründen erklären will, dass er den betriebenen Behandlungsaufwand in einem konkreten Fall besser beurteilen kann, als der behandelnde Arzt (Chefarzt in diesem Fall).

    An diesem Punkt bin ich auch nicht bereit, weiter zu diskutieren; ich wollte aber hier im Forum auch nach Tipps forschen, wie man am besten der Kasse beikommt, ohne dabei dem Privatpatienten (der in dem Fall wirklich nichts dafür kann) allzu sehr auf die Füße zu treten. Und vor allem möchte ich natürlich keine Präzendenzfälle schaffen nach dem Motto \"... wenn wir nur stur genug mauern, dann werden sie\'s schon akzeptieren, weil sie sich\'s ja nicht mit dem Privatpatienten verscherzen wollen...\".

    Haben Sie in Ihrem Krankenhaus solche Fälle schon bearbeitet? Und wenn ja, wie haben Sie die Kurve gekriegt? Bin für jeden Hinweis dankbar :biggrin: !

    T. Rauner
    med. Controlling
    Allgemeinarzt

    Thomas Rauner
    Allgemeinarzt
    med. Controlling

  • Schönen guten Tag Herr Rauner!

    Wenn Sie über eine Klinik-Karte direkt mir der Krankenversicherung abrechnen, dann besteht meines Erachtens doch eine Beziehung zwischen Ihnen und der Krankenkasse, da der Patient mit Vorlage der Klinikcard die Zahlungsverpflichtung direkt an die Krankenkasse übertragen hat. Ansonsten könnte die Krankenkasse ja auch nicht mit Ihnen diskutieren. Allerdings bin ich kein Jurist.

    Wenn dem so sein sollte, würde ich ein Mahnverfahren einleiten und zwar (wenn Direktabrechnung vereinbart ist) gegen die Kasse. Hier unterscheidet sich das Vorgehen etwas von der GKV, da nicht primär die Sozialgerichte zuständig sind. Sollte es also zu einem Mahnverfahren kommen, dürfen Sie unter Umständen einem Amtsrichter das DRG-System und die Kodierrichtlinen erklären. Viel Spaß dabei.

    Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag,

  • Guten Morgen, Herr Schaffert,

    Zitat


    Wenn Sie über eine Klinik-Karte direkt mir der Krankenversicherung abrechnen, dann besteht meines Erachtens doch eine Beziehung zwischen Ihnen und der Krankenkasse, da der Patient mit Vorlage der Klinikcard die Zahlungsverpflichtung direkt an die Krankenkasse übertragen hat. Ansonsten könnte die Krankenkasse ja auch nicht mit Ihnen diskutieren. Allerdings bin ich kein Jurist

    Danke erstmal für Ihre Antwort. Die Rückfrage in der Rechnungsabteilung hat leider den Status \"Selbstzahler\" ergeben. Zudem meint unser Abrechnungsleiter, dass die BKG (Bayerische Krankenhausgesellschaft) in diesem Fall keine Hoffnungen hat, dass Ihre Argumentation trägt, da sich die PKV bereits in früheren Fällen regelmäßig erfolgreich auf ihre vertraglichen Bezihungen alleine mit dem Patienten zurückgezogen habe. :deal:

    Ich fürchte, ich muss doch mal dem Patienten was über seine Versicherung erzählen ... :erschreck:

    Thomas Rauner
    Allgemeinarzt
    med. Controlling

  • Hallo Herr Rauner,
    in diesem Fall besteht Ihr Rechtsverhältnis nur mit dem Patienten, der Ihre Ansprüche auch nicht an die Kasse abtreten kann, wenn Sie dem nicht zustimmen. Dieses tun Sie jedoch automatisch mit der Klinik-Card, indem Ihr Haus einen Vertrag mit der Versicherung unterschreibt, aber das ist hier nicht der Fall.

    Das Abtreten der Ansprüche wäre bspw. mit einem Autoverkauf vergleichbar. Sie als (fiktiver) Verkäufer würden ja auch nicht zustimmen, wenn der Käufer sagt: \"Neee, ich will nicht zahlen, holen Sie sich das Geld bei meiner Frau/Großmutter/Tante, die hat mir doch damals ein Auto versprochen...\"

    Somit bleibt, daß Sie das Geld vom Patienten holen (ggf. einklagen) müssen. Dieser steht dann in der Zwickmühle zwischen Ihrer Forderung und der (teilweisen) Erstattung durch die Kasse. Dann kann er wohl die Kasse mit der Prüfung der Rechnung beauftragen (er selbst vermag die Prüfung wohl nur in den seltensten Fällen selbst durchzuführen aufgrund fehlender Kenntnis), anschließend bliebe wohl nur der Klageweg bzw. eine außergerichtliche Einigung.

    Der Privatpatient ist hier der eigentlich Gekniffene, und wie Ihr Haus es mit den Privaten hält, muß vor Ort entschieden werden.

    Viel Erfolg,

    V. Blaschke

    _____________________
    Dr. med. Volker Blaschke

  • Zitat


    Der Privatpatient ist hier der eigentlich Gekniffene, und wie Ihr Haus es mit den Privaten hält, muß vor Ort entschieden werden.
    Viel Erfolg

    Hallo Herr Blaschke,

    Danke für Ihren guten Wunsch ?( ; ich fürchte, den können wir brauchen.

    So eine ähnliche Antwort hatte ich befürchtet. Leider ist\'s eine von den größeren PKVs, die sich jetzt einen ablacht :lach:.

    Mal sehen, was sich die Geschäftsführung so vorstellen kann an Maßnahmen ...

    Falls doch noch jemand eine zündende Idee hat, immer her damit. Ansonsten vielen Dank für die Antworten.

    Thomas Rauner
    Allgemeinarzt
    med. Controlling

  • Guten abend Herr Rauner, guten abend Forum.

    Haben Sie die Patientin schon informiert?

    Ich würde der Patientin den gesamten Schriftverkehr in Kopie überlassen, und sie freundlich aber unmissverständlich darauf hinweisen, dass sie, als Vertragspartnerin, sollte die KV auf ihrem Standpunkt beharren, für die Kosten aufkommen muss.

    schönen abend noch, und von mir ebenfalls viel Erfolg!
    papiertiger

    Gruß
    papiertiger

    Sport: eine Methode, Krankheiten durch Unfälle zu ersetzen.

  • Guten Morgen,

    Zitat


    Haben Sie die Patientin schon informiert?
    Ich würde der Patientin den gesamten Schriftverkehr in Kopie überlassen, und sie freundlich aber unmissverständlich darauf hinweisen, dass sie, als Vertragspartnerin, sollte die KV auf ihrem Standpunkt beharren, für die Kosten aufkommen muss.

    beinahe hätte ich gesagt \"natürlich\", aber Scherz beiseite :d_zwinker: :
    Ich lasse von jedem Schriftverkehr mit Krankenkassen von Privatpatienten immer dem Versicherten eine Kopie des Schreibens der Kasse genau so wie auch meiner Antwort zukommen, sodass jeder Privatpatient immer auf dem gleichen Kenntnisstand wie ich ist. Der betreffende Patient hat in diesem Fall leider nichts von sich hören lassen ...

    Thomas Rauner
    Allgemeinarzt
    med. Controlling