zwei Begleitpersonen

  • Hallo,

    Ein Kleinkind wird nach Ertrinkungsunfall aufgenommen. Das Kind ist extrem agitiert und wehrt sich mit Händen und Füßen (4 Personen zum Festhalten beim Infusion anlegen benötigt usw.). Nur im Beisein der Mutter ist es einigermaßen ruhig, reagiert aber weiterhin auf Annäherung einer fremden Person extrem.

    Stat. Aufnahme also nur mit Mutter möglich. Diese hat zuhause ein zweites Kleinkind (1 Jahr älter), eine Unterbringung läßt sich am Abend der Aufnahme (von der Mutter glaubhaft versichert) kurzfristig nicht organisieren (Weite Anreise der Verwandtschaft, ...). Das Kind wird also für den ersten Behandlungstag als 2. Begleitperson mit aufgenommen.

    Hat jemand mit solch einer Konstellation (insbes. auch Abrechnung) schon Erfahrungen sammeln können?

    MfG,
    M. Achenbach

  • Hallo Herr Mach,

    m.E. gibt es hier keine Möglichkeit der Abrechnung als Begleitperson. Allerdings könnte hier ggf. die Leistung der Haushaltshilfe gemäss §38 SGB V in Frage kommen (siehe hier).

    Ich hoffe ich konnte behilflich sein und wünsche einen schönen Feierabend.

    MFG

    Mr. Freundlich

  • Hallo,

    wir diskutieren das intern sehr kontrovers. Ich denke auch, daß es sich ja nicht um eine Begleitperson des Kranken sondern um eine Begleitperson der Begleitperson handelt. Inwiefern das eine rechtliche Konsequenz hat, kann ich allerdings nicht sagen.

    Allerdings ist meine (persönliche) Erfahrung mit der Bewilligung einer Haushaltshilfe gem. §38 SGB V sehr negativ getrübt: vom Antrag (Grund: drohende Frühgeburtlichkeit) bis zur Bewilligung > 4 Wochen. Ob eine Beantragung direkt im Rahmen der stat. Aufnahme (18:30) so schnell bearbeitet werden kann, daß am selben Abend noch eine Haushaltshilfe zur Verfügung steht - zudem der hier die Haushaltshilfen vermittelnde Träger um diese Uhrzeit nicht mehr erreichbar ist - wage ich zu bezweifeln.

    MfG,
    M. Achenbach

  • Hallo Herr Achenbach, hallo Herr Freundlich,

    allein schon die Vorstellung, in der von Ihnen geschilderten Situation zuständige Mitarbeiter der Kostenträger zur Bewilligung eine Haushaltshilfe zu erreichen, geschweige denn eine solche dann zeitnah aufzutreiben löst bei mir - Entschuldigung - eine gewisse Heiterkeit aus :totlach:

    Mal gesetzt den Fall, dieses Szenario würde wundersamerweise wirklich funktionieren, soll das fünfjährige Geschwisterkind dann allen Ernstes zu Hause von der wildfremden Haushaltshilfe betreut werden? Bei uns im Haus werden solche Begleitkinder (Begleitpersonen von Begleitpersonen) relativ unbürokratisch mitaufgenommen und über die Pauschale der Mutter/des Vaters mitfinanziert. Ein bisschen Menschlichkeit muss auch im heutigen Abrechnungssystem noch möglich sein

    meint und

    grüßt H. Staender :baby:
    Oberarzt Pädiatrie

  • Hallo Herr Staender,

    abgesehen davon, daß ich - genau wie Sie - die Frage der perakut zur Verfügung stehenden sollenden, vorab genehmigten Haushaltshilfe genauso kritisch (aber weniger belustigt dafür mit größerem Unverständnis) sehe, ist die Frage, ob die geltende Rechts- bzw. Vertragslage eine Abrechnung erlaubt, sehr wohl legitim. Das heißt ja - zum Glück - nicht, daß die Klinik bei Nichtabrechenbarkeit auf die Mitaufnahme verzichtet. In oben beschriebenem Fall habe ich die Mitaufnahme des Kindes mitveranlasst - und bin nach dem Prinzip \"mitgefangen - mitgehangen\" zur Recherche der Abrechnungsmöglichkeiten verpflichtet worden...was nichts daran ändert, daß ich beim nächsten Mal absolut genauso entscheiden würde.

    MfG,
    M. Achenbach

  • Hallo Forum, hallo Herr Achenbach,

    ich sehe die Frage der Abrechenbarkeit keinesfalls als legitim an.

    Auch wenn ich die übliche Schläge für meine Polemik kriege, will ich dennoch ein überspitztes Beispiel bringen:

    Ein Kind wird stationär aufgenommen, die Mutter muss mit aufgenommen werden (unstrittig). Der Arbeitgeber der Mutter hat kein Verständnis für so etwas und kündigt ihr fristlos. Da sie weder rechtsschutzversichert noch gewerkschaftlich organisiert ist, trägt die Krankenkasse des Kindes die Kosten des Arbeitsgerichtsprozesses und zahlt ihr die Differenz des Arbeitslosengeldes zu ihrem letzten Netto.

    Was ich schlicht mit dieser (zugegebenermaßen) Provokation zum Ausdruck bringen will:

    Wie weit kann/soll/muss/darf man gehen, dass die Krankenkasse (Solidargemeinschaft) für mittelbare Folgen aus einer erbrachten Leistung haftet!? Die Mitaufnahme einer Begleitperson wird als Nebenleistung der Krankenhausbehandlung des eigentlichen Patienten finanziert, wenn die medizinische Notwendigkeit vorliegt. Was sich aus dieser Mitaufnahme wiederum für die Begleitperson für Zwänge oder Nöte ergeben, kann nicht mehr von der eigentlichen Hauptleistung (Krankenhausbehandlung) abgeleitet werden (unterscheide unmittelbar und mittelbar). Und ich glaube auch nach ganz reiflicher Überlegung nicht, dass ich das jetzt zu einseitig sehe (so als Kassenfürst :d_zwinker: )


    Gruß,


    ToDo

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Hallo Forum, hallo Herr Achenbach, hallo Herr Staender,
    ich wäre auch wie ToDo dafür, die Kassenleistungen auf das unbedingt medizinisch Notwendige zu begrenzen. Wir werden uns in naher Zukunft wegen der Bevölkerungsentwicklung ohnehin nichts Anderes mehr leisten können.
    Außerdem könnte man mehr Krankenkassenmitarbeiter freisetzen und das Rationalisierungspotential für die notwendige medizinische Behandlung verwenden. :biggrin:

    mfG
    Thomas Heller
    QMB/Med Co/OA Gyn
    Haßberg-Kliniken
    Haus Haßfurt/Unterfranken

  • Hallo Forum,
    hallo ToDo,

    mir waren die neuen, zukünftigen (?) arbeitsrechtlichen Konsequenzen (\"Kündigungsschutz entfällt vollständig !\") noch nicht bekannt, insofern bin ich für das provokante Beispiel dankbar. Aber hoffentlich \"Spaß\" beiseite.

    Dem Kern der Aussage von ToDo hinsichtlich der Verantwortung der Solidargemeinschaft der Beitragszahler der GKV kann ich durchaus zustimmen.

    Gruß

    Der Systemlernende

  • Hallo Forum,

    Im geschilderten Beispiel bin ich durchaus der Meinung, daß eine solche Aufnahme des 2. Kindes vom KH ohne größere Verluste auch weggesteckt werden kann. Der Mehraufwand ist gering, sieht man einmal von dem möglicherweise gegebenen Ausfall eines anderen Behandlungsfalles durch die Bettenbelegung des Geschwisterkindes ab.

    Hier geht es um eine Nacht(?). Sorry, aber etwaige Anstrengung zur Refinanzierung könnten, an anderer Stelle angebracht (Kodierqualität, Zusatzentgelte) wahrscheinlich zu deutlich höherem Erlöszuwachs führen.

    Gruß aus Essen

    merguet

  • Hallo Forum,
    hallo ToDo,

    mir waren die neuen, zukünftigen (?) arbeitsrechtlichen Konsequenzen (\"Kündigungsschutz entfällt vollständig !\") noch nicht bekannt, insofern bin ich für das provokante Beispiel dankbar. Aber hoffentlich \"Spaß\" beiseite.

    Dem Kern der Aussage von ToDo hinsichtlich der Verantwortung der Solidargemeinschaft der Beitragszahler der GKV kann ich durchaus zustimmen.

    Gruß

    Der Systemlernende

  • @ Herrn Heller,

    Zitat


    Original von Thomas_Heller:
    Wir werden uns in naher Zukunft wegen der Bevölkerungsentwicklung ohnehin nichts Anderes mehr leisten können.
    Außerdem könnte man mehr Krankenkassenmitarbeiter freisetzen und das Rationalisierungspotential für die notwendige medizinische Behandlung verwenden. :biggrin:

    da frage ich mich nur, ob nicht gerade der von Herrn Achenbach geschilderte Fall mal wieder ein Beispiel für die vielschichtige Ursache der Bevölkerungsentwicklung darstellt. Wenn gerade Kinder und Familien mit solchen durch die Maschen des sozialen Netzes fallen, möchten sich halt immer weniger Menschen damit belasten. Damit will ich gar nicht beanspruchen dass die Kostenträger nun unbedingt die Mitaufnahme aus den Beiträgen der Versicherten bezahlen sollen. Mir geht es mehr darum, dass solche Situationen \"vom System\" einfach nicht berücksichtigt werden!

    Es

    grüßt H. Staender :baby:
    Oberarzt Pädiatrie