Osteosynthese bei Pseudarthrose

  • Hallo liebes Forum,

    folgenden Fall will die Kasse anders kodiert haben:
    Patient hatte Monteggiafraktur und zu deren Osteosynthese eine Platte in der Ulna liegen. Die Platte war aber gebrochen und eine Pseudarthrose entstanden - dazu erneute Aufnahme. Es wurde die alte Platte entfernt und eine neue Platte angelegt sowie eine autologe Spongiosatransplantation durchgeführt. Im Brief ist das als \"offene Reposition, Plattenosteosynthese und autologe Spongiosatransplantation der proximalen Ulna\" bezeichnet - im OP-Bericht ist keine Reposition extra erwähnt. Um die scheint es aber zu gehen. Kodiert hatten wir für die Osteosynthese die 5-791.28. Die Kasse will an deren Stelle die 5-786.2 mit der Begründung, eine Reposition wäre nicht zu ersehen. Die 5-786-Kodes sind aber \"zur Angabe eines zusätzlich durchgeführten Osteosyntheseverfahrens anzuwenden\" - zusätzlich wozu? Reicht dafür - sozusagen als Hauptverfahren - die Spongiosaplastik? Im Exklusivum zu 5-786 steht die Osteosynthese einer Fraktur. Ist diese Pseudarthrose darunter zu sehen oder nicht? Bisher habe ich die 5-786-Kodes immer nur genommen bei Umstellungsosteotomien, Hallux-valgus-OP\'s usw. wo also vorher Knochenkontinuität bestand. Wer kann Licht in mein Dunkel bringen?

    Mit vielen Grüßen aus Brandenburg

    Elisabeth Kosche

  • Sehr Gehrte Frau Kosche,

    Ihre Annahme ist richtig! Die Platten-(Re)osteosynthese der Ulnapseudarthose ist mit 5-791.28 zu verschlüsseln + die Spongiosaplastik. Da intraoperativ das pseudarthrotische Material entfernt wird erhält man wieder \"frische\" Frakturenden, die exakt reponiert werden müssen u. meist eine zusätzliche Spongiosaplastik zur Defektfüllung (entsstanden durch Entfernung des pseudarthrotischen Gewebes) notwendig macht. Die 5-786.....ist ein Zusatzverfahren (Ihre Annahme ist auch hier richtig), d. h. wenn eine zusätzliche Osteosynthese ergänzend zu einem Standardverfahren durchgeführt wird.(z. B. Oberschenkelfraktur wid mit verriegelungsnagelung versorgt, grosses abgesprengtes Fragment wir zusätzlich mit Schraubenosteosynthese im Bereich des Nagels an diesem vorbei durchfeführt. Siehe hierzu auch DKR P003 Beispiel 3.
    Mit freundlichem Gruß
    Michael_S

  • Sehr geehrter Herr Michael_S,

    danke für Ihre Erklärung, die mir sehr hilft. So kann eben nur ein Kliniker antworten, der zugleich Ahnung von ICD und DKR hat.

    Freundliche Grüße aus Brandenburg,
    E. Kosche

  • Guten Morgen,

    ich glaub ich hab jetzt ein Problem. Denn diese Kombination haben wir in der Handchirurgie häufig. Gemeint ist die Peseudarthrose des Scaphoid. Hier erfolgt immer zuerst die Resektion der Pseudarthrose, danach entweder Spongiosa oder Kortikospongöser Span und dann Osteosynthese mit Draht oder Schraube. Ich kodiere diese Prozeduren immer wie folgt:

    5-782.0a (partielle Resektion erkranktes Knochengewebe --> Pseudarthrose)
    5-783.0 (Entnahme Spongiosa) oder 5-783.2 (kortikospongöser Span)
    5-784.0a (Transplantation Spongiosa) oder 5-784.1a (Transplantation Span)
    5-786.0 oder 5-786.1 (Draht oder Schraube)

    also genau das Gegenteil - was ist denn nun richtig ? Ich meine halt das es nunmal keine Fraktur sondern eine Pseudarthrose ist und wenn ich die Pseudarthrose entferne ist es trotzdem keine Fraktur. Denn HD ist ja auch die Pseudarthrose oder ändert diese sich dann in eine Fraktur ? :sterne:

    ich bin gespannt

    mare

  • Hallo mare,

    die Resektion ist von Ihnen korrekt kodiert. Allerdings handelt es sich bei der anschließenden Osteosynthese immer noch um die Osteosynthese einer Fraktur, weil eine Pseudarthrose nichts anderes bedeutet als eine Fraktur, die nicht zeitgerecht (bzw. nie) stabil verheilt ist.
    Also ist ein Kode aus dem Bereich 5-79 ff. zu wählen (geht auch aus dem Exklusivum unter 5-786 hervor).

    MfG

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. med. Roland Balling

    Chirurg
    Medizincontroller
    "Ärztliches Qualitätsmanagement"
    Chirurgische Klinik, 82229 Seefeld

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    ich hatte die Frage dem DIMDI gestellt. Da man keine direkte Antwort geben konnte, wird es an die Fachgesellschaft weitergeleitet. Ich werde dann berichten.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Hallo Frau Kosche,

    es ist schon interessant, welche Fragen mit einem Mal aufgeworfen werden, wenn man nicht gleich antwortet. Und daraus soll nun eine bundesweit identische Codierung entstehen, armes IneK.

    Leider muss ich inzwischen praktisch alle Seiten etwas verbessern, denn auch die Kasse ist auf halbem Wege stehen geblieben. Also der Reihe nach.

    Eine Ulna-Pseudarthrose mit Plattenbruch nach Osteosynthese einer Fraktur wird mit der T84.1 + M84.13 codiert. Man kann sogar noch diskutieren, die T92.1 hinzuzunehmen, da ja beide Komplikationen behandelt werden (die Pseudarthrose und der Plattenbruch).

    Als Prozeduren kommt 1. die Materialentfernung, dann 2. die partielle Resektion von Knochen mit Wiederherstellung der Kontinuität, 3. die Spongiosaplastik (2 Kodes) und 4. die Plattenosteosynthese in Frage.

    Das sieht dann so aus:

    5-787.3ff vermutlich 7 als 6. Stelle
    5-782.4ff vermutlich 7 als 6. Stelle
    5-783.0 + 5-784.0
    5-786.2 (als Zusatz zur 5-782.4ff)

    Ich bin gespannt, was die KK nun sagt.

    Leider musste ich nun auch Michael korrigieren, denn die 5-786 ist nicht für zusätzliche Materialien gedacht und die Pseudarthrosenbehandlung ist auch keine Frakturversorgung mehr, sondern ein elektiver Eingriff.

    Für elektive Eingriffe an den Knochen stehen unter anderen die Codes unter 5-78 zur Verfügung. Und hier ist das verwendete Osteosynthesematerial zusätzlich mit einem Code aus 5-786.ff zu codieren.

    Auch das Beispiel von Michael zur Verriegelungsnagelung und zusätzlicher Schraubenosteosynthese bei einer Oberschenkelfraktur ist nicht richtig. Hier greift bei einem Hautschnitt (abgesehen von den Stichinzisionen bei den Verriegelungsschrauben) der Code mit der Materialkombination, bzw. wenn es eine zwei-Etagenfraktur ist, müssen beide Fraktur-Osteosynthesen getrennt codiert werden. Auch ist das Beispiel unglücklich gewählt, denn der Verriegelungsnagel wird oft als gedeckte Osteosynthese (5-79ff) eingebracht und die zusätzliche Schraube nicht selten offen also 5-79ff (außer 5-790.ff). Hier befindet sich viel Glatteis.

    Anders ist es, wenn zur Versorgung einer supracondylären Humerusfraktur im Rahmen des Zugangsweges eine Olecranonosteotomie durchgeführt wird. Dann ist die Olecranonosteotomie elektiv und wird auch elektiv codiert (5-78ff – zwei Codes einen für die Methode und einen für das Material), während die Humerusfraktur frakturmäßig codiert wird (5-79ff – ein Code; siehe jeweils die Hinweise bei den Drei- und Vierstellern).

    Mare ist fast richtig. Die 5-782.0a gilt aber nur, wenn – wie es auch ab und an geschieht - eine echte partielle Resektion des Naviculare durchgeführt wird und sozusagen ein Partner der Pseudarthrose ganz entfernt wird. Üblicherweise werden die beiden Teile aber wieder zusammengefügt – also statt 5-782.0ff die 5-782.4ff. Ansonsten ist alles ok. Zu Ihrem Trost, den Fehler habe ich in den ersten Jahren des OPS auch gemacht.

    Übrigens, Herr Selter, die Frage ist längst geklärt, schauen Sie bitte in das alte Sonderentgelt SE17.01, da finden Sie die auch mit der DGOT geklärte Antwort. Das war damals auch der Punkt für mich von der 5-782.0 auf die 5-782.4 überzugehen, weil der Code die Sache einfach besser beschreibt. Die Versorgung einer Navicularepseudarthrose war eine der wenigen korrekten vorgegebenen Codierungen.

    Herrn Balling muss ich leider auch korrigieren. Möglicherrweise haben Sie – was auch mir zeitweise passiert, den Hinweis bei der 5-782 überlesen, wonach das Material mit der 5-786 zu codieren ist. Es geht hier nämlich nicht um eine Frakturversorgung sondern, wie oben geschildert, um die Behandlung einer Frakturfolge und/oder deren Behandlung. Es ist auch keine geplante Weiterbehandlung einer Fraktur.

    Mit freundlichen Grüßen

    Thomas Winter
    Berlin

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von winterth:
    Übrigens, Herr Selter, die Frage ist längst geklärt,

    Guten Morgen Herr Winter,

    von dieser Klärung wußte man anscheinend beim DIMDI nichts. Wenn es dann doch klar ist, wird ja die entsprechende Antwort kommen.

  • Hallo Herr Winter,

    danke für Ihre ausführliche Antwort. Sie ist plausibel. Ich hatte auf Ihr Statement gehofft und freue mich, dass es mir so viel erklärt.

    Mit besten Grüßen auch an alle anderen

    :sonne:

    Elisabeth Kosche aus Brandenburg

  • Hallo Herr Winter ,


    Zitat


    Original von winterth:
    ... den Hinweis bei der 5-782 überlesen, wonach das Material mit der 5-786 zu codieren ist...


    Richtig, allerdings hat mich Ihr Hinweis („überlesen“), noch einmal zur intensiven Reflexion des Problems gebracht :d_zwinker:

    Nun stellt sich mir die Frage, ob es bei einer Pseudarthrose-OP wirklich um die Resektion von erkranktem Knochengewebe geht, oder ob mit „erkranktem Knochengewebe“ nicht vielmehr beispielsweise Tumoren gemeint sind (leider findet sich keine weitere Erläuterung im OPS, auch der Begriff „Pseudarthrose“ taucht im Kapitel „Operationen“ nirgends auf).

    Außerdem sehe ich im OPS nirgends eine Unterscheidung zwischen der Behandlung einer Fraktur und der Behandlung einer Frakturfolge. Und inwiefern die „geplante Weiterbehandlung einer Fraktur“ Einfluss auf die OPS-Auswahl haben soll, ist mir ebenfalls schleierhaft...

    Die Suche im OPS (Version 2006) nach dem Stichwort „durchgeführte Osteosynthese“ (5-786) bringt 11 Fundstellen, die sich z.B. auf Osteosynthesen nach Osteotomien (Thorax, Korrekturosteotomien an den Extremitäten) oder bei Arthrodesen/Spondylodesen beziehen.

    Kurz und (nicht) gut: Bisher sehe ich noch keine stichhaltige Begründung, weshalb für die Osteosynthese bei Pseudarthrosen ein Kode aus 5-786 statt 5-79 ff. zu wählen sein sollte (oder hat das DIMDI dies schon irgendwo so festgelegt? ).


    MfG

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. med. Roland Balling

    Chirurg
    Medizincontroller
    "Ärztliches Qualitätsmanagement"
    Chirurgische Klinik, 82229 Seefeld

  • Hallo Herr Balling,

    ich glaube, hier verlangen Sie von der ICD und dem OPS sowie DIMDI und dem InEK zu viel. Man kann nicht alles im OPS und ICD definieren, sonst müssten Sie überall ganze Lehrbücher anhängen.

    Krankheit ist nach Pschyrembel definiert als: „Störung der Lebensvorgänge in Organen oder im gesamten Organismus mit der Folge von subjektiv empfundenen bzw. objektiv feststellbaren körperlichen, geistigen bzw. seelischen Veränderungen.“ Für die Pseudarthrose gilt: „sogenannte Falschgelenkbildung 1. Ausbleiben der knöchernen Überbrückung nach einer Fraktur (nach 6 Monaten oder länger) Ursache: mechanische Faktoren (z.B. Interposition von Weichteilen in den Frakturspalt, bzw. Distraktion), mangelhafte Ruhigstellung, verzögerte Kallusbildung, Gewebeverlust......; 2. angeborene Pseudarthrose....“

    Diese Definitionen sind eindeutig. Da benötige ich keine zusätzlichen Hinweise durch das DIMDI usw.

    Bei einer Pseudarthrose ist die Knochenheilung wie auch immer und aus welcher Ursache auch immer krankhaft verändert. Das hat mit einer Fraktur selbst nichts mehr zu tun. Hier liegen andere Kausalitäten als die Fraktur selbst vor (postoperativ z.B. nicht selten sperrendes Osteosynthesematerial).

    Das „erkrankte“ Gewebe ist mithin das Gewebe (z.B. nicht verknöchertes Bindegewebe, auf Grund von Durchblutungsstörungen abgestorbenes Knochengewebe, Interponat, usw.) welches bis zum Freilegen gesunden Knochengewebes entfernt werden muss, um anschließend die Kontinuität wiederherstellen zu können - z.B. durch Einbringen von kortikospongiösen Spänen, oder auch nicht selten durch eine Verkürzungsosteotomie des sperrenden Knochens. Auf jeden Fall ist eine Pseudarthrosenversorgung ein elektiver nicht selten höchst komplexer Eingriff oder sogar eine Eingriffsfolge und hat mit der eigentlichen Frakturversorgung nichts mehr zu tun. Demzufolge ist auch deren Codierung bei den elektiven Eingriffen (5-78ff) einzuordnen.

    Ohne nun auch noch ins Fieseln geraten zu wollen, in den 5-79er Codes ist allenfalls die Ausräumung eines Frakturhämatoms inklusive. Alles andere dreht sich ausschließlich um die Fraktur oder Luxation (Reposition und Osteosynthese).

    Bei den 5-782er Codes gibt es auch Codes für die Entfernung erkrankten Knochengewebes (also bis gesundes zum Vorschein kommt; das muss keineswegs ein Tumor sein; und bei der Pseudarthrose haben wir es mit erkranktem Gewebe zu tun) und auch zusätzlicher Weichteilresektion und mit Wiederherstellung der Kontinuität. Dieser Vorgang hat mit einer Frakturversorgung mit klaren Bruchkanten oder Bruchfragmenten nichts mehr zu tun.

    Warum zwischen (einfacher/Mehrfragment) Frakturversorgung also Methode und Material in einem Code und elektiver Knochen-OP also Methode und Material in zwei Codes unterschieden wird, hätten Sie 1995 die Traumatologen fragen müssen, damals kämpften beide Fachrichtungen wie so veile andere noch gegeneinander, mit genau dem fatalen Ergebnis, in das Sie jetzt verständlicherweise den Finger in die Wunde legen, denn die Dreigleisigkeit der Osteosynthese (einfache Fraktur/Mehrfragment/elektiv) war das Ergebnis.

    Die DGOT (Vorgänger der DGOOC) wollte die Diagnosen aus dem OPS raus halten, denn der OPS ist ein Prozedurenschlüssel. Die Diagnose ist Sache der ICD. Das hätte uns viel Ärger erspart.

    Nun ziehen wir aber an einem Strick und müssen mit dem Salat fertig werden. Es wäre vieles anders geworden, wenn dies 1995 auch schon so gewesen wäre.

    Ich hoffe etwas zur Klärung beigetragen zu haben.

    Mit freundlichen Grüßen
    Thomas Winter
    Berlin