Kommentare zu den MDS-Kodierempfehlungen (SEG4)

  • Guten Abend,

    nichts für ungut, Herr Selter, ich schätze Ihre Meinungen als Lord of the Codes sehr und habe wirklich in diesem Forum schon viel von Ihnen gelernt. Aber als Kliniker sehe ich das anders, was den Aufwand von Blutungsanämien betrifft. Ich wiederhole mich da zwar, aber nochmal: Eine Blutungsanämie D62 generiert unterschiedliche Aufwände, z.B. wie oben beschrieben eine Suche nach der Blutungsquelle, Kreislaufstabilisierung, auch Gabe von EK, oder aber auch z.B: Gabe von Eisenpräparaten, und eben auch die Anforderung von Blut ist ein Aufwand. Ich weiß nicht ob Sie das schon mal gemacht haben: Blutgruppe abnehmen, Doktor muss persönlich ran und unterschreiben, Blutgruppe bestimmen, evtl. Blut wegen irreg. AK aus der Uni besorgen usw. Auch wenn das Blut nicht gegeben wird, ist das ein erheblicher Aufwand, das muss doch jeder zugeben. Es geht wohlgemerkt um die Diagnose D62, nicht um die Prozedur Gabe von Blut. Da ist klar, das kann nur kodiert werden, wenn das Blut tatsächlich gegeben wurde.

    OKIDOCI 8)

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von Bartkowski:
    ich betrachte eine Konservenbereitstellung schon als therapeutische Massnahme, nämlich als Vorbereitung einer Transfusion. Dies ist etwas ganz anderes als lediglich die Kontrolle pathologischer Werte. Wie würden sie denn diese Art ärztlicher Tätigkeit sonst bezeichnen wollen? Betreuung? Dann würde auch die DKR D003 greifen ;)

    Hallo Herr Bartkowski,

    da kommen wir wirklich nicht zusammen. Therapie bedeutet \"Behandlung\". Sie behandeln die Anämie nicht, wenn Sie keine therapeutischen Mittel einsetzen. Genauso wenig haben Sie einen Patienten therapiert, bei dem Sie eine geplante OP abgesetzt haben.

    Die ärztlichen Leistungen sind nicht alle kodiertechnisch zu würdigen, weder auf ICD- noch auf OPS-Seite. Sehen Sie hierzu z.B. auch die P014e.

    Die D003 greift ja hier. \"Abnorme Befunde\" ist hier inkludiert.

    Hallo okidoci,

    Zitat


    Original von okidoci:
    nichts für ungut

    Alles wird gut!

    Zitat


    Original von okidoci:auch die Anforderung von Blut ist ein Aufwand. Ich weiß nicht ob Sie das schon mal gemacht haben: Blutgruppe abnehmen, Doktor muss persönlich ran und unterschreiben, Blutgruppe bestimmen, evtl. Blut wegen irreg. AK aus der Uni besorgen usw. Auch wenn das Blut nicht gegeben wird, ist das ein erheblicher Aufwand, das muss doch jeder zugeben.

    Erinnere mich dunkel, in den 5 Jahren in der Unfallchirurgie das gemacht zu haben. Ich habe dies allerdings zu den weniger anstrengenden Tätigkeiten gezählt.

    Zitat


    Original von okidoci:Es geht wohlgemerkt um die Diagnose D62, nicht um die Prozedur Gabe von Blut. Da ist klar, das kann nur kodiert werden, wenn das Blut tatsächlich gegeben wurde.

    Von nichts anderem habe ich gesprochen. Mit Ihrer Argumentationsweise müssten Sie dann allerdings konsequent fordern, das auch nicht gegebene bzw. verworfene Konserven dann auf Prozeduren-Seite kodiert werden müssten, da ja Aufwand und Kosten entstanden. Aber wir müssen hier ja nicht streiten. Ich kann hier nichts anderes sehen, als einen abnormen Befund (HB-Wert), der keine Therapie nach sich zog (Arzt hat überlegt, angeordnet, aber nichts weiter gemacht) und auch keine weiterführende Diagnostik resultierte.

    Ein klare Auslegung der DKR an dieser Stelle ist, wie wir hier ja sehen, problematisch. Diesen Umstand habe ich deswegen ja auch z.B. bei meinem Vortrag zu den DKR 2007 auf dem Herbstsymposium der DGfM Ende letzten Jahres zur Sprache gebracht. Genauso habe ich dieses Problem bei der DKG thematisiert und man ließ mich wissen, dass man dies in der AG der KEA zur Anpassung der DKR diskutieren wird.

  • Moin.

    Warum wird denn immer auf der Therapie herumgeritten?
    Steht nicht in den DKR auch diagnostischer Aufwand im Sinne einer weiterführenden Diagnostik?? Heißt das nicht, dass die alleinige Feststellung der Anämie nicht ausreichend ist (Laborwert) aber die weiterführende Diagnostik (Bestimmung der Blutgruppe) durchaus als Rechtfertigung für die Kodierung anzusehen ist?
    Ob dann auch eine Therapie stattfindet ist ja völlig unerheblich.

    Gruß
    papiertiger

    Sport: eine Methode, Krankheiten durch Unfälle zu ersetzen.

  • Schönen guten Tag allerseits!

    Ich bin sowieso für eine radikale Änderung der DKR:

    Kodiert werden die Diagnosen, die der Patient hat, unabhängig vom Aufwand. Die Frage der Kostenrelevanz ist dann über die Kalkulation und die ccl-Matrix zu klären. Dann sind eben nur noch Diagnosen relevant, die echte Kostentrenner sind.

    Im Prinzip war ja die diesjährige Anpassung der CCL-Matrix schon ein kleiner Schritt in diese Richtung: Der Patient mit Herzinsuffizienz macht letztlich ab einem bestimmten Stadium kostenrelevanten Aufwand und in niedrigeren Stadien eben keinen, egal ob er Medikamente bekommt oder nicht. Der tatsächliche kostenaufwand besteht nämlich bestimmt nicht in den drei Tabletten, die er bekommt, sondern darinn, dass sich die Behandlung der Grunderkrankung verzögert oder aufwändiger wird (z.b. Mobilisation nach Fraktur).

    Ich wünsche noch einen schönen Tag

  • Hallo,

    man erlaube mir einen bewußt provokanten Einwurf zur Prozedurenkodierung:

    Ab wann ist die Bereitstellung von EKs mit anschliessender Nicht-Gabe eigentlich eine \"abgebrochene Prozedur\"? ?)

    Darf ich denn nur EKs kodieren, die vollständig in den Patienten (und nicht ins Bett) gelaufen sind? Oder reicht es, wenn das EK am Pat. hing? Oder wenn es angestochen war? Oder erwärmt und damit nicht mehr anderweitig benutzbar - würde ja den Ressourcenverbrauch darstellen....

    Gruß, J.Helling

    PS: Und dass jetzt niemand meint, ich würde komisch....!

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von papiertiger:
    ... weiterführende Diagnostik (Bestimmung der Blutgruppe) ...

    Hallo,

    sehr schön, darauf habe ich gewartet! Völlig berechtigte Überlegung.
    Dann wird man aber jetzt einfach grundsätzlich bei einem Hb-Wert unter Norm die Blutgruppe bestimmen und immer die Anämie als ND führen. In meinen Augen nicht wirklich sinnvoll.

  • Hallo Herr Selter,

    was sinnvoll ist und was nicht, ist ja nicht die Frage (siehe E87.6). Ich hätte auch ein ungutes Gefühl, wenn bei uns so kodiert würde, aber wenn mich jemand unter Hinweis auf die weiterführende Diagnostik fragen würde, warum ich diese Kodierung ablehne, hätte ich ein Problem mit der Argumentation. Ausser eben das es nicht sinnwoll ist.
    Bei uns im Med. Controlling gilt auch noch : Therapie erfolgt -> ja? -> dann wird kodiert.

    Gruß
    papiertiger

    Sport: eine Methode, Krankheiten durch Unfälle zu ersetzen.

  • Hallo Herr Selter,

    hier sehe ich tatsächlich ein Problem. Das DRG-System ist nicht nur von der Verschlüsselung her problematisch, sondern auch darin, dass es Fehlanreize bietet. Und insbesondere wenn, um eine Diagnose zu sichern und damit abrechenbar zu machen, eigens Diagnostik betrieben wird. Z.T. wird das letztendlich durch Verhalten von MDK und KK provoziert, wie z.B. bei den Harnwegen in diesem Forum mehrmals diskutiert: Die Vernunft sagt: pathologischer U-Status und aua-Pipi ist HWI, man gibt CoTrim (so würde man es als Hausarzt machen), dann kommt die Kasse und stänkert, dass kein Erreger nachgewiesen sei und will den HWI nicht anerkennen. Also werden Uriculte gemacht, mit der zusätzlichen Folge, dass beim Nachweis des Erregers nicht nur die N39.0 anerkannt wird, sondern auch noch zwei Punkte für B96.2 anfallen. Und dadurch vielleicht mehr Geld für die Herzinsuffizienzbehandlung rausspringt. :k_biggrin: Und natürlich zusätzliche Kosten. Der Labormediziner lebt davon. :lach: Kein Wunder dass unser Gesundheits-System trotz hohen materiellen Aufwands nur Unzufriedenheit produziert. :boese: Ein Außerirdischer, der mit diesem System konfrontiert würde, würde das für ein Irrenhaus halten. :totlach:
    Der Geburtsfehler des Systems - das wissen Sie - liegt darin , dass im Ursprungsland mit den Kängurus das DRG gar nicht für die Bezahlung genommen wird, sondern nur für Planung, Budgetierung und Leistungsallokation.
    Wenn ich sehe, wie das Controlling eine bestimmte zu erreichende CMI fordert, wie Dinge die nicht planbar sind als planbar eingefordert werden (z.B: die Zahl der zu implantierenden Schrittmacher), wird doch klar, dass der \"Planende\" im Zweifel die Indikation auch nach dem richtet, was gerade angesagt ist. Denn Indikationen können ja weiter oder enger gefasst werden. Eine sinnvolle Gesundheitsversorgung sieht da anders aus. Und dervon dem System provozierte massenhafte Auftrieb von Controllern, MDK usw. zieht das Geld von den Patienten und denen ab, die für die Patienten da sind und nicht für dieses fiktionale System.

    OKIDOCI 8)

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von okidoci:
    Das DRG-System ist nicht nur von der Verschlüsselung her problematisch, sondern auch darin, dass es Fehlanreize bietet. ...
    Wenn ich sehe, wie das Controlling eine bestimmte zu erreichende CMI fordert, wie Dinge die nicht planbar sind als planbar eingefordert werden (z.B: die Zahl der zu implantierenden Schrittmacher)...

    Hallo okidoki,

    natürlich bietet das System Fehler und Fehlanreize, aber unter den Vorbedingungen hatte wir das auch: Da durfte der Patient auch gerne etwas länger liegen und FP/SE waren im Budget auch zu planen. Mit der Konsequenz, dass dann teilweise zum Ende des jeweiligen Jahres ganze Abteilungen geschlossen wurden, wenn das Budget erschöpft war, bzw. dann z.B. die Termine für TEPs und ähnliches ins nächste Jahr verschoben wurden.

    Aber die Kritik am DRG-System ist besser an anderer Stelle zu diskutierten. Hier sollten wir bei der Kritik an den Kodiervorgaben bleiben.

  • Guten Abend Herr Selter.

    Sie haben recht. Das alte System war auch nicht besser, und Verweildauerstreit für mich noch schwieriger zu führen als DRG-Diskussionen. Und die Fehlanreize gab es auch.

    Schönes Wochenende!

    OKIDOCI 8)

  • Einen schönen Tag allerseits,
    das WE wartet schon.

    Wir haben das Register für die MDK Kodierempfehlungen aktualisiert.

    Bei der Überprüfung sind nur auffällige Änderungen in den Kodierempfehlungen #20, 68, 94 und 105 zu finden. Die # 129 ist sicherlich nicht gestrichen worden.

    Für Anregungen sind wir weiterhin dankbar.

    Gruß

    MiChu ;)
    Sei nicht unglücklich vor der Zeit, denn was dich, als dir drohend, in Angst versetzt, wird vielleicht nie kommen. (Seneca)