Beatmungsstunden auf Normalstation

  • Liebes Forum,
    danke für die freundliche Begrüßung!
    Bitte nehmen Sie Stellung zu folgendem Problem:
    Ein Patient mit beatmungspflichtiger respiratorischer Insuffizienz (J96.1)bei idiopathischer beidseitiger Zwerchfellparese (J98.6) und kombinierter restriktiv-obstruktiver Ventilationsstörung (J44.99) ist seit Dezember 2005 tracheotomiert (Z93.0) und hat Heimbeatmung (Z99.1).
    Er kommt im April 2006 wegen Pneumonie (Hauptdiagnose J15.6) in die Lungenklinik und wird dort zunächst durchgehend auf Intensivstation beatmet (459 Stunden).
    Danach wird er auf Normalstation verlegt und dort weiter über sein Tracheostoma kontinuierlich BIPAP batmet, auf Normalstation sind es 448 Stunden. Nachdem sích seine Situation stabilisiert hat und seine relevanten Nebendiagnosen zufriedenstellend behandelt sind, wird er nach Hause entlassen, weiterhin ständig beatmungspflichtig.
    Ist es korrekt, in diesem Fall einer kontinuierlichen Beatmung über Tracheostoma neben den Beatmungsstunden auf Intensivstation auch die Beatmungsstunden auf Normalstation zu kodieren? Der Patient kommt in diesem Fall in die DRG A09D mit einer Beatmungszeit zwischen 499 und 1000 Stunden.

  • Hallo Diane,

    es ist die gesamte Zeit der Beatmung zu kodieren, da der Pat. ja kontinuierlich maschinell beatmet wurde. Wo die Beatmung stattfinden muss, Intensiv- oder Normalstation, darüber steht nichts in der Kodierrichtlinie (DKR 1001d).

    Schöne Grüße

    schnippler2
    Med. Controller/Chirurg

  • Hallo Schnippler2,

    das würde ich so nicht unterschreiben. In einem ähnlich gelagerten Fall erfolgte unsererseits eine Anfrage an das InEK. Die Antwort lautete:

    >>Grundsätzlich ist nach den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) und den amtlichen Klassifikationen (ICD10-GM bzw. OPS) in der jeweils gültigen Version zu kodieren, unabhängig vom Ergebnis der Gruppierung.

    DKR 1001 legt fest: \"[...] Wenn eine maschinelle Beatmung die obige Definition erfüllt, ist

    1) Zunächst die Dauer der künstlichen Beatmung zu erfassen. Hierfür steht ein separates Datenfeld im Datensatz nach § 301 SGB V (Sozialgesetzbuch Fünftes Buch) sowie \" 21 KHEntG (Krankenhausentgeltgesetz) zur Verfügung. [...]\"

    Was unter Beatmung im Sinne der DKR zu verstehen ist, ist im ersten Absatz beschrieben: \"Maschinelle Beatmung (\"künstliche Beatmung\") ist ein Vorgang, bei dem Gase mittels einer mechanischen Vorrichtung in die Lunge bewegt werden. Die Atmung wird unterstützt durch das Verstärken oder Ersetzen der eigenen Atemleistung des Patienten. Bei der künstlichen Beat­mung ist der Patient in der Regel intubiert oder tracheotomiert und wird fortlaufend beatmet. Bei intensivmedizinisch versorgten Patienten kann eine maschinelle Beatmung auch über Mas­ken­systeme erfolgen, wenn diese an Stelle der bisher üblichen Intubation oder Tracheotomie eingesetzt werden. [...]\"

    Für den Sonderfall von heimbeatmeten Patienten, die über ein Tracheostoma beatmet werden, ist analog zur Regelung zu intensivmedizinisch versorgten Patienten, bei denen die maschinelle Beatmung über Maskensysteme erfolgt, vorzugehen.

    Dies bedeutet, dass die Beatmungszeiten zu erfassen sind, wenn es sich im Einzelfall um einen \"intensivmedizinisch versorgten Patienten\" handelt.<<

    Wenn ich mich recht erinnere lag das Problem tatsächlich darin, daß Beatmungszeiten von auf Normalstation liegenden Patienten mit Heimbeatmung eben nicht als Beatmungszeit zählen.
    Dementsprechend sind eben nur die \"intensivmedizinisch versorgten\" Beatmungszeiten zu schlüsseln.

    Herzliche Grüße,
    N.

    \"Steinigt ihn, er hat ´Jehova´ gesagt!\"

  • Hallo N.,

    aber dieser Pat. wird doch gerade über ein Tracheostoma beatmet. So richtig nachvollziehen kann ich Ihre Argumentation nicht. Wo steht denn explizit, dass nur die Beatmung auf der Intensivstation abgerechnet werden kann. Ich habe in den DKR nichts gefunden! Ihr Zitat bezieht sich auf Maskenbeatmung auf der Intensivstation. Bitte bringen Sie doch Licht in das Dunkel meines Verstandes.

    Vielen Dank im Voraus

    schnippler2
    Med. Controller/Chirurg

  • Hallo schnippler2,
    hallo DarthCoder,

    zunächst mal möchte ich explizit darauf hinweisen, daß es sich nicht um MEINE Argumentation handelt, sondern um die des InEK, als Reaktion auf eine entsprechende Anfrage meinerseits.

    In unserem Fall handelte es sich ebenfalls um einen Patienten mit Heimbeatmungsgerät, der (über ein Tracheostoma) mit seinem eigenen Gerät auf der Intensivstation beatmet wurde.
    Das mochte die Kasse nicht als Beatmungszeit anerkennen. Daraufhin erfolgte meine Anfrage beim InEK mit oben zitiertem Ergebnis.

    Dementsprechend ist die Beatmung bei einem Dauerbeatmungspatienten mit der eines \"Normalpatienten\" über Maske gleichzusetzen. Und hier sprechen die DKR eben von einem INTENSIVMEDIZINISCH versorgten Patienten.
    Dementsprechend, so das InEK, ist also eine Beatmung des Dauerbeatmeten Patienten über Tracheostoma analog der eines \"Normalpatienten\" über Maske nur bei intensivmedizinischer Behandlung abzurechnen.

    Wie gesagt: Das stammt nicht von mir, sondern vom InEK.

    Über die Sinnhaftigkeit dieser Regelung mag ich nicht diskutieren - da werde ich nur depressiv ;(
    Ist beim \"Normalpatienten\" wenigstens noch en Sinn erkennbar (ich vermute selbigen in Hinblick auf Patienten mit Schlafapnoe als gegeben - jeden anderen beatmungspflichtigen Normalpatienten werde ich allein schon aus forensischen Gründen auf eine Intensiv- bzw. entsprechend angegliederte Überwachungsstation verlegen), erschließt sich mir selbiger beim dauerbeatmeten Patienten nur bedingt. Hier ist ja bei Ausfall bzw. falscher Bedienung des Beatmungsgerätes im Gegensatz zur Schlafapnoe eine vitale Bedrohung gegeben, was eine entsprechende Überwachung, Versorgung etc. erfordert.
    Das Argument \"das ist ja auch zu Hause so\" zieht meiner Meinung nach nicht, weil auch ein zu Hause gepflegter pflegebedürftiger Patient zusätzlichen Aufwand macht, der (zumindest teilweise) vergütet wird.

    Dementsprechend bin ich der Ansicht, daß der fall eben nicht so einfach liegt, daß man sagen kann: \"Die Gesamtbeatmungszeit wird abgerechnet\".

    Und wie gesagt: Ich bin unschuldig :erschreck: also bitte nicht steinigen :k_biggrin:

    Herzlichen Gruß,

    N.

    \"Steinigt ihn, er hat ´Jehova´ gesagt!\"

  • Hallo Herr N, liebe Forumsteilnehmer,

    ich werde mal ein bischen Öl ins Feuer gießen:

    Die Argumentation des InEK macht, aus intensivmedizinischer Sicht, durchaus Sinn, auch wenn es für die Vergütung des speziellen Einzelfalles (und diese Betrachjtung ist in einem Fallpauschaliertem System in jeder Hinsicht ungeeignet)ungerecht erscheint.
    Wenn die Beatmungszeit von Patienten auf Normalstation an Heimbeatmungsgeräten genauso zu zählen wäre wie auf einer Intensivstation, so kämen die beiden Patientengruppen ja auch in die gleiche DRG. Die Kosten für beide sind aber, trotz des sicherlich erhöhten Aufwandes auf Normalstation, erheblich unterschiedlich, da die personelle Besetzung auf Intensiv pro Patient mehrmals höher ist, als die auf Normalstation, und Personalkosten etwa 70-80% der Fallkosten ausmachen. Dann würden beide Gruppen (beatmet auf Intensiv und Heimbeatmet auf Normal) auch gemischt kalkuliert, was zu einer Abwertung der Beatmungs-DRGs führen würde, wobei dann die Erlöse die (durchschnittlichen) Kosten auf Intensiv dann nicht mehr decken könnten.
    Das Argument der \"vitalen Bedrohung\" ist für mich nicht Nachvollziehbar, denn einen solchen Patienten würde ich niemals (und nicht nur aus forensischen Gründen sondern im wesentlichen um den Patienten nicht zu gefährden!) auf einer Normalstation beatmet legen.
    Zu fordern wäre also evtl. eine eigene DRG für Fälle mit Heimbeatmung auf Normalststion, falls dieses Problem relevant häufig auftritt.

    Übrigens, Herr N., finde ich zwar auch, das \"Das Leben des Brian\" ein lustiger Film ist, aber hier im Forum halte ich Blasphemie in einer Signatur unangebracht und \"steinigen\" ist auch kein Spass, sondern eine der grausamsten Hinrichtungsmethoden überhaupt.

    Nichts für Ungut,

    beste Grüße,

    Stefan Stern

    Dr. Stefan Stern :sterne:
    Klinik für Anästhesiologie
    Klinikum der Universität München

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von N.:
    In unserem Fall handelte es sich ebenfalls um einen Patienten mit Heimbeatmungsgerät, der (über ein Tracheostoma) mit seinem eigenen Gerät auf der Intensivstation beatmet wurde. Das mochte die Kasse nicht als Beatmungszeit anerkennen.

    Dementsprechend, so das InEK, ist also eine Beatmung des Dauerbeatmeten Patienten über Tracheostoma analog der eines \"Normalpatienten\" über Maske nur bei intensivmedizinischer Behandlung abzurechnen.

    Guten Morgen!

    Stehe ich auf dem Schlauch? Sie erfüllen doch dann die Kriterien zur Beatmungszeitangabe oder wurde der Patient nicht intensivmedizinisch auf Intensiv betreut?

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Hallo Herr Selter,

    nein, Sie stehen nicht auf dem Schlauch. Hier handelte es sich um ein \"versuche-wir-es-mal\" seitens der Kasse. Letztendlich wurde dann keine Stornierung der Rechnung mehr eingefordert.
    Unsere hektische Aktivität erklärte sich schlicht daraus, daß es in vorliegendem Fall um eine nicht unerhebliche Summe ging, die wir nicht gefährden wollten. Deswegen haben wir sicherheitshalber gleich schweres Geschütz aufgefahren und uns Rückhalt beim InEK gesucht.

    Dadurch, daß der Patient durchgehend auf Intensiv lag, haben sich weitere Streitereien dann gottseidank nicht mehr ergeben.

    Herzliche Grüße,

    N.

    BTW Herr Stern: Dann sind Sie also der Meinung, es gäbe auch ungrausame Hinrichtungen? Interessant....

    \"Steinigt ihn, er hat ´Jehova´ gesagt!\"

  • Hallo liebe Forumsteilnehmer,

    ich möchte dieses Thema nochmals anwärmen.

    Wenn wir o.g. Pat. auf der ITS versorgen gibt es in der Regel keine Probleme.
    Wenn wir die gleichen Pat. auf der Normalstation versorgen sind die Probleme vorprogrammiert.

    Was aber wen diese Pat. in IMC Betten auf einer normalen (laut KIS) Station versorgt werden.

    Wir versuchen dem MDK klarzumachen das wir als Fachkrankenhaus Pneumologie IMC Betten auf der „Normalstation“ betreiben.
    D.h. erhöhte personelle und technische Ausstattung, intensivere Patientenversorgung, genaueste Dokumentation von typischen Beatmungsparametern (sowohl Pat. als auch Geräten) u.s.w.
    Insgesamt sehen wir eine nahezu gleichwertige Versorgung wie auf der ITS.
    Wir würden den Begriff „intensivmedizinisch“ nicht ausschließlich an die ITS gebunden sehen.

    Was uns aber bei dieser ganzen Sache auffällt, ist dass der MDK erst in letzter Zeit (seit ca. 3Monaten) die Bestätigung der Beatmungsstunden von der Versorgung auf einer ITS abhängig macht.

    Und zur Freude aller sind diese entsprechenden Gutachten jetzt Grund genug für einige Kassen alte (1Jahr und älter) Fälle bezüglich der Beatmungsstunden durch den MDK überprüfen zu lassen.

    Leider lassen uns die DKR 2007 auch diesbezügliche wieder im Stich. Und dies obwohl InEK, Dimdi und Selbstverwaltung über diese Problematik seit längerem unterrichtet sind.

    Gruß

    MiChu ;)
    Sei nicht unglücklich vor der Zeit, denn was dich, als dir drohend, in Angst versetzt, wird vielleicht nie kommen. (Seneca)

  • Grüß Gott...
    was mache ich blos?
    Wir haben nur eine interdisziplinäre Station ( Innere, Chirurgie, Gyn. ) mit einem Intensivzimmer. Also keine FA Intensiv lt. KH- Plan. Und die Zimmernummern werden vom §301 glücklicherweise noch nicht abgefordert...
    Aber zum Thema: der oben angeführte Fall ist doch tracheotomiert und erfüllt somit voll und ganz die Definition nach DKR 1001d. Oder habe ich etwas überlesen?

    P.S. Wiki zu Blasphemie (um das Thema abzuschliessen):
    Blasphemie (von griechisch blasphemos: „Schaden redend\") bezeichnet ursprünglich eine sogenannte Lästerung - öffentliche Leugnung, Verhöhnung, Verfluchung - eines Gottes. Dies gilt in vielen Religionen als schweres religiöses Vergehen. Im übertragenen Sinn wird auch die Verspottung gesellschaftlich höhergestellter Personen als Blasphemie bezeichnet.

    Ob und in welchem Umfang bestimmte Handlungen oder Äußerungen als Blasphemie betrachtet werden, hängt stark vom Stellenwert religiöser Traditionen und Wertorientierungen in einer Gesellschaft ab. Blasphemie ist in vielen Staaten strafbar, in manchen sogar mit der Todesstrafe: z.B. in den vom Islam geprägten Ländern Saudi-Arabien, Pakistan und Iran.

    In der Bundesrepublik Deutschland ist die Beschimpfung sowohl von religiösen als auch weltanschaulichen Bekenntnissen bzw. Religionsgemeinschaften oder Weltanschauungsvereinigungen dann nach § 166 StGB (dem Gotteslästerungsparagraphen) strafbar, wenn sie geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, ähnlich in Österreich nach § 188, 189 StGB.

    Wer ist eigentlich schlimmer? Der der böses tut oder der der böses sagt???

    HUCH. DER THREAD IST JA ALT. HABE ICH GAR NET GESEHEN...

    Gruß-

    N. Richter
    medCo, DRGB, DSB

    \"Haben Sie jemals darunter gelitten, dass sie trotz Ihrer enormen Intelligenz
    von Menschen abhängig sind, um Ihre Aufgaben ausführen zu können?\"
    - \"Nicht im geringsten. Ich arbeite gerne mit Menschen.\"