Hypokaliämie als Nebendiagnose - Codierung ja oder nein

  • Hallo deffi, hallo Forum,

    Tatsache ist, daß andererseits zahlreiche Beispiele für einen erheblichen Aufwand vorliegen, der dann nicht in die Gruppierung eingeht.
    Um beim Kalium zu bleiben: Alle Intensivpatienten, bei denen über längere Zeit durch Medikamentengabe eine Hypokaliämie vermieden wird, bleiben ohne diese Nebendiagnose.
    Dies gilt auch für eine Reihe weiterer Diagnosen. Ich bin sicher nicht der Einzige, der im Rahmen des Vorschlagsverfahrens versucht hat, darauf hinzuwirken, daß Nebendiagnosen wie R63.3, F17.2 und ähnliche abgewertet werden, damit man sich einer tatsächlichen Abbildung des Aufwandses nähert.

    Dennoch bleibt die Devise: Pathologischer Zustand -> Behandlung -> Kodierung. Dies ist im Übrigen so auch verpflichtend. Und führt dann zu kuriosen Ergebnissen (E87.6: Mehrerlös >11000 Euro). In beiden Richtungen: KMT-Fall mit 100 Tagen Aufenthalt Erlös 5000 Euro.

    Wie will man jemandem erklären, daß ein Patient, wäre er 1 Minute (!) später gestorben (oder früher intubiert worden) >100.000 Euro mehr Erlös erzielt hätte?

    Man sollte also sich dem Problem also von beiden Seiten nähern um zu akzeptieren, daß das pauschalierende System derartige Widrigkeiten mit sich bringt.

    In den älteren Systematiken (bis 2005) führte das im Übrigen nicht selten zur Abwertung der DRG durch zusätzliche Prozeduren (selten Diagnosen). Dies seit seit 2006 weitgehend beseitigt.

    Die Patientensicht ist eine andere: Patienten verstehen die Systematik in der Regel nicht und können daher im Einzelfall die Höhe des Betrages nicht akzetpieren.
    Eine Beschwerde wegen auffällig niedriger Vergütung ist mir übrigens in diesem Zusammenhang noch nie untergekommen.

    Übrigens: Willkommen im Forum :D

    Gruß

    merguet

  • Hallo defi,
    Bemerkenswert, wie Sie von Ihrem ersten zum zweiten Beitrag dieses Threads die Kurve von der Hyokaliämie zum globalen Rundumschlag gegen das \"System\" kriegen. Dann noch en passant die Ärzte, die sich an (Kodier-)Regeln halten, kollektiv als patientenverachtende, geldgierige Mitläufer abqualifizieren - das macht Ihnen so schnell keiner nach.
    In der Sache haben Herr Schaffert und Herr Merguet alles nötige geschrieben. Lassen Sie mich noch ergänzen dass nach meiner Erfahrung diejenigen Ärzte, die zuverlässig kodieren, auch den gewissenhafteren Umgang mit Patienten pflegen. Zu Ihrem letzten Beitrag: eine Kodierrichtlinie kann nicht \"zuviel Geld einbringen\", höchstens umverteilen. Im übrigen werden die Kodierrichtlinien von der Selbstverwaltung in Auftrag gegeben, nicht von den raffgierigen Ärzten alleine (zum Glück auch nicht von Zahnärzten :-).

    An Herrn Balling: ob man in diesem Forum anonym bleiben möchte oder nicht sollte, so denke ich, jedem Teilnehmer selbst überlassen bleiben. Anonymität ist - in diesem Kontext - nicht unhöflich (anders sieht es aus, wenn anonyme Veröffentlichungen einen offiziellen Anstrich bekommen, siehe MDK-SEG.. aber das ist ein anderes Thema)

    Viele Grüße!

    P.S. Eins wüsste ich dann doch gerne: wie haben Sie das mit dem Link in Ihrem zweiten Beitrag hingekriegt ? Ich lande direkt in der Editierfunktion eines anderen Users und könnte dessen Beitrag ändern.

    Dr. Peter Leonhardt
    Neurologe
    Arzt für Med. Informatik
    Med. Controlling


    I'd rather have a full bottle in front of me than a full frontal lobotomy

  • Guten Abend allerseits,

    ich denke Herr \"deffi\" hat sicherlich mit seiner Kritik am System recht, das einerseits für relative Lappalien wie eine Hypokaliämie teilweise erhebliche Mehrvergütungen vorsieht, andererseits bei lege-artis-Vorgehen z.B. einer Ligatur von blutenden oder geblutet habenden Hämorrhoiden nach einer Koloskopie durch \"Verbeamen\" in eine niedrig vergütete OP-DRG eine Mindervergütung produziert. Gerade als Internist sehe ich eben, wie unscharf die Grenzen sind zwischen den verschiedenen Krankheitsbildern, gerade bei unseren multimorbiden Patienten. Und - ich habe in einem früheren Beitrag auf einen entsprechenden anderen Bericht hingewiesen - INEK und DIMDI helfen uns oft nicht weiter, weil sie zu diesen Grenzfragen nicht Stellung beziehen oder sich gegenseitig den Schwarzen Peter zuschieben. So kommen wir eben dann auch nicht weiter! Ist aber nicht die Schuld der Codierer, sondern die der genialen Kreatoren dieses typisch deutschen Systems (typisch deutsch heißt höchstmögliche Kompliziertheit bei niedrigstmöglichem Effekt, vergleiche Dosenpfand oder LKW-Maut, ich spreche auch vom Dosen-Maut-Syndrom).
    vielleicht noch soviel, dass die Vergütungen sich überhaupt nicht nach medizinischen Kriterien richten, sondern rein kaufmännische und statistische Kalkulationen sind!

    M.Rost

  • Hallo Herr Leonhardt,


    Zitat


    Original von Leonhardt:
    ...
    An Herrn Balling: ob man in diesem Forum anonym bleiben möchte oder nicht sollte, so denke ich, jedem Teilnehmer selbst überlassen bleiben. Anonymität ist - in diesem Kontext - nicht unhöflich...


    Ich habe das Outing übrigens nicht eingefordert, sondern lediglich nach der Begrüßung als Steigerung empfohlen („Bonus“).

    Im Übrigen handelt es sich ja bei Forumsäußerungen um eine Art der Kommunikation. Und Kommunikation fällt erfahrungsgemäß umso leichter, je besser ich mein Gegenüber kenne. Besonders Missverständnisse sollten so eher zu vermeiden sein.
    Z.B. weiß ich bislang immer noch nicht den wahren Grund für deffis Aufregung. Denkbar ist einiges:
    Generelle Systemkritik / Vertreter einer Krankenversicherung / MDK / als Patient KH-Rechnung erhalten und als zu hoch empfunden... ?

    MfG


    P.S. Übrigens das mit dem Link würde mich auch interessieren (vielleicht auch die admins).

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. med. Roland Balling

    Chirurg
    Medizincontroller
    "Ärztliches Qualitätsmanagement"
    Chirurgische Klinik, 82229 Seefeld

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von RolandBalling:
    P.S. Übrigens das mit dem Link würde mich auch interessieren (vielleicht auch die admins).

    Hallo,

    ich kann dies nicht nachvollziehen. Bei mir erscheint nur der Thread. Allerdings deswegen, weil der falsche Link schon von Herrn Sommerhäuser korrigiert wurde. :d_zwinker:

    Zum Thema:

    Ich wundere mich, dass überhaupt weiter diskutiert wird....

  • Hallo an alle

    Für alle, denen die Beweggründe für meine Äußerung in diesem Forum wichtig sind, sei folgendes gesagt: Eine selbst erhaltene Krankenhausrechnung hat den Auslöser dargestellt hat, über die spezielle Codierung von dem betreffenden Controller eine fundierte Begründung zu erhalten. Da ich dort ähnlich abgeblitzt bin, wie bei den meisten - offensichtlich als Controller in Krankenhäuser tätigen - Forumsteilnehmern hier, hat sich daran eine gewisee Systemkritik angeschlossen.

    Von meinem Forumsbeitrag hatte ich mir natürlich keine uneingeschränkte Zustimmung erwartet, jedoch ein gewisses Maß an inhaltlicher Objektivität bei den Antworten. Anstelle dessen gab´s erst mal einiges wegen irgendwelcher Formalien auf die Mütze. Auch ein unterschwelliger Tonfall von Polemik ist in der Wortwahl der Beiträge der Herren Selter, Leonhardt und Blaschke (die sich allesamt wohl einig sind) nicht zu überhören. Ich kann mir das nur so erklären, dass die Betreffenden aufgrund der wohl zunehmenden Diskussionen mit MDK und Vertetern der Krankenkasse, extrem leicht gereizt reagieren. Es hört sich gerade so an, als ob dieses Forum von jeglicher Art von \"Nestbeschmutzer\", die irgendetwas Kritisches gegen DRG u.Co anzumerken haben, freigehalten werden soll.

    Bei mir hat es jedenfalls gut funktioniert; ich werde mich hier wohl nicht mehr zu Wort melden.

    mit freundlichen Grüßen
    deffi

    • Offizieller Beitrag

    Hallo deffi,

    mit Verlaub:
    Sie haben völlig recht, dass z.B. in meinem Kommentaren ein unterschwelliger Ton mitklang. Dies habe ich auch gar nicht verhehlen wollen. Der Tonfall meines Beitrags ist mit \"ungläubig\" zu bezeichnen. So habe ich dann auch schon darauf hingewiesen, dass in diesem Kontext meine Antwort zu verstehen ist, nämlich diese Absurdität inhaltlich dann weiter zu spinnen.
    Wir hatte hier schon wirklich viele Diskussionen um die \"Hypokaliämie\". Ihr Beitrag konnte nur mit schierer Ungläubigkeit meinerseits betrachtet werden. Wie Sie als Arzt/Zahnarzt und auch Patient, auf die Idee kommen können, dass nur das, was man spürt, als Krankheit zu werten ist und dementsprechend kodiertechnisch alles ausschließt (inwiefern Sie sich in den DKR usw. auskennen, vermag ich nicht zu beurteilen), was der Patient nicht merkt, ist entweder hochgradig amüsant bzw. mit deutlichem Kopfschütteln zu kommentieren. Wie genau Ihre Intention begründet ist, in dieser Art das DRG-System zu kritisieren und entsprechend seltsamen Vorschläge zur Kodierung zu machen, ist nicht nachvollziehbar, muss es aber auch nicht sein.
    Da ich mir wirklich nicht sicher war, ob dies nicht als Ulk gemeint war, habe ich noch die Möglichkeit eines zeitlich schlecht platzierten Aprilscherzes abgefragt. Sie meinen dies aber Ernst, soviel ist mittlerweile klar.
    Ich kann nur hoffen, dass solche völlig absurden Überlegungen, nicht noch den bereits sehr bunten Strauß der MDK-Begründungen bereichert.

    Zitat


    Original von deffi:
    Es hört sich gerade so an, als ob dieses Forum von jeglicher Art von \"Nestbeschmutzer\", die irgendetwas Kritisches gegen DRG u.Co anzumerken haben, freigehalten werden soll.

    Dann kennen Sie das Forum nicht.

  • Hallo liebe Mitglieder,

    wie heisst es so schön in der Einleitung: \"...verpflichtet sich wirtschaftlich zu denken und handeln\".
    Wenn dies nicht so wäre, hätte dieses Forum sicherlich weniger Mitglieder.
    Also Kopf hoch und weiter geht`s!

    Mit freundlichen Grüßen,
    Lupus :erschreck:

    Wer früher stirbt ist länger tod :k_biggrin:

  • Schönen guten Tag Lupus,

    ...aber auch die Wirtschaftlichkeit hängt durchaus vom Standpunkt ab. Das Gesundheitswesen ist der größte Dienstleisungsbereich der Gesellschaft und sichert weit mehr Arbeitsplätze, als die sonst so umsorgte Autoindustrie. Die Krankenhäuser haben daran einen erheblichen Anteil. Ausgaben für das Gesundheitswesen - dessen Unternehmen größtenteils eine hohe Reinvestitionsquote haben und weniger auf Gewinnmaximierung und Anlegerrendite aus sind - senken daher die Arbeitslosigkeit und damit die Lohnnebenkosten und sind deshalb auch aus volkswirtschaflichen Gesichtspunkten \"wirtschaftlich\"!

    Ich wünsche noch einen schönen Tag.

    Übrigens: \"Wer früher stirbt, lebt länger ewig!\"

  • Zitat


    Original von R. Schaffert:


    Übrigens: \"Wer früher stirbt, lebt länger ewig!\"


    Das finde ich gut!

    Mit freundlichen Grüßen

    Claudia Mertens

  • Guten Tag miteinander,

    jetzt muss ich mich - trotz gegenteiliger Ankündigungen - doch noch mal zu Wort melden. Inzwischen hat sich der Diskussionsfaden schon relativ weit vom Ursprungsthema entfernt. Ist der letzte Beitrag von Herrn Schaffert so zu verstehen, dass eine gewisse Ungerechtigkeit bei der Berechnung von Krankenhausleistungen, die zu Mehreinnahmen führen, damit gerechtfertigt werden soll, dass Sie zumindest unter marktwirtschaftlichen Aspekten (Arbeitslosigkeit, Reinvestition, etc.) sinnvoll sei? Ich kann in meiner Praxis den Patienten auch keine dem Aufwand nicht angepasste Rechnung stellen mit der Begründung, ich müsste sonst eine Helferin entlassen.

    Um aber noch einmal auf das Ursprungsthema zurückzukommen; wie wäre es, wenn ein Patient bei der nebenbefundlichen Diagnose \"Hypokaliämie\" nach entsprechender Aufklärung über das Ausmaß und Schwere des Krankheitsbildes und der damit verbundenen Behandlungsmehrkosten selbst entscheiden dürfte, ob jetzt eine Therapie erfolgen soll oder nicht? Das fände ich absolut in Ordnung. In jedem anderen Bereich der Dienstleistung ist es absolut üblich, dass man über die Kosten informiert wird, bevor die Leistung erbracht wird (Notfälle ausgenommen). Im Gesundheitswesen werden Untersuchungs- und Behandlungskosten nur allzu gerne totgeschwiegen, was die Mehrzahl der Patienten sprich Endverbraucher auch solange nicht juckt, wie die \"Kasse\" bezahlt.


    mfg
    deffi
    (Arzt/Zahnarzt/Patient)