Narbenhernie und Adhäsionen

  • Hallo Forum,

    Fall: Pat. mit Narbenhernienrezidiv K43.9. Intraoperativ Eröffnung des Bruchsackes. Es finden sich nach Voroperationen ausgedehnte Verwachsungen des Dünndarms mit dem Brucksack UND DER BAUCHWAND K66.0! Nach Lösen der Verwachsungen 5-469.20 kann die Faszie mobilisiert und der Bruch mit einem Netz stabilisiert werden 5-536.43.
    Nach Meinung des MDK gehört die Adhäsiolyse zur Narbenhernie mit dazu und darf nicht gesondert kodiert werden. :d_niemals:

    Ich interpretiere die DKR 1102a anders und halte die Kodierung für sachgerecht! :i_baeh:

    Wer hat am Freitag noch Lust auf Antwort? 8)

    Trotzdem schon eine schönes Wochenende

    riol

    Viszeralchirurg/Unfallchirurg

  • Tag:

    Aus den DKR:
    P001e Allgemeine Kodierrichtlinien für Prozeduren

    Alle signifikanten Prozeduren [...]sind zu kodieren.[...]
    Die Definition einer signifikanten Prozedur ist, dass sie entweder
    · chirurgischer Natur ist

    -> ok!
    · ein Eingriffsrisiko birgt
    -> mit Sicherheit!
    · ein Anästhesierisiko birgt
    -> na ja?
    · Spezialeinrichtungen oder Geräte oder spezielle Ausbildung erfordert.
    -> besser ist. Sonst kann man ja auch zum Steinschneider auf den Wochenmarkt.
    Zu den Steinschneidern:

    Von Steinschneidern und Wundärzten

    In den Kölner Ratsprotokollen finden sich mehrfache Hinweise zu Bruch-, Stein- und Hodenschneidern, die ihre Stände auf dem Heu- und Neumarkt aufschlugen. Es liegt in der Natur dieser Quellen, dass wir über die alltägliche Arbeit wenig erfahren und nur Missstände und Komplikationen aufgelistet werden. Am 16.07.1574 erhielten die Steinschneider in Köln die Auflage, vor jeder Operation an gebrechlichen Personen den Bürgermeister zu informieren.

    Wieder aus den DKR:

    Es ist besonders wichtig, dass alle signifikanten und kodierbaren Prozeduren, einschließlich traditioneller „nicht-chirurgischer“ Prozeduren verschlüsselt werden.

    Hier finden die Steinschneider scheinbar nochmals explizite Erwähnunf in den DKR....

    Weiter:
    [...] Prozedurenkomponenten

    Normalerweise [...] mit all ihren Komponenten,
    Ebenso sind eingriffsverwandte diagnostische Maßnahmen nicht gesondert zu kodieren, wenn diese [...] regelhaft Bestandteil der interventionell-therapeutischen Prozeduren sind...

    Das trifft hier nicht zu.
    Und immer hübsch daran denken, den Bürgermeister zu informieren.
    Am besten schriftlich.

    :k_regeln:

    [center][hr]Ekhard Wille
    MedCo
    FEK Neumünster GmbH[/center]

  • hallo allerseits!

    ohne jedes wenn und aber- natürlich darf die adhäsiolyse extra codiert werden...siehe z.b. unter P001f mehrfachkodierung

    Grüße im Kampf gegen das Böse
    Dr.Wacket

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    Zitat


    Original von controlletti:
    Aus den DKR:
    P001e Allgemeine Kodierrichtlinien für Prozeduren

    Zitat


    [i]Original von Dr.Wacket:

    Zitat


    ohne jedes wenn und aber- natürlich darf die adhäsiolyse extra codiert werden...siehe z.b. unter P001f mehrfachkodierung

    Bitte daran denken, dass eine Allgemeine DKR hier ohne Relevanz ist, da es über die Spezielle DKR geregelt wird. Kann man den Mehraufwand anhand des OP-Berichts darstellen, ist es okay:

    1102a Adhäsionen
    Die Lösung von abdominalen Adhäsionen kann eine aufwändige „Hauptprozedur” oder eine im Rahmen einer anderen Prozedur mitdurchgeführte Begleitprozedur („Nebenprozedur”) sein. Auch wenn Adhäsionen im Verlauf einer anderen Bauchoperation gelöst werden, kann der Vorgang im Einzelfall relevanten Aufwand verursachen. Dann sind ein Diagnosekode (z.B. K66.0 Peritoneale Adhäsionen) für die Adhäsion und ein Prozedurenkode aus 5-469.1 Bridenlösung oder 5-469.2 Adhäsiolyse für die Lösung der Adhäsionen anzugeben.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Tag riol,
    Herr Selter trifft es präzise.
    Wir haben schon vor längerer Zeit unsere OP-berichte präzisiert,die Adhäsiolyse wird in Umfang und Zeit beschrieben, um den lästigen MDK-Diskussionen zuvorzukommen.
    Wenn natürlich nur drin steht \" Lokal wird adhäsiolysiert ,um das Nahtlager vorzubereiten\" hat man schon verloren , da das in Tat Bestandteil der OP ist.
    Dies gilt für die offene Hernioplastik mit retromuskulärer Netzeinlage.

    Problematisch sind die Fälle der laparoskopischen Hernioplastik (machen wir Z.Z. nicht, haben aber einige ältere Fälle in der Widerspruchsbearbeitung.)
    Die MDK-Argumentation war, wenn ein Netz mit 30cm Durchmesser eingebracht wird, gilt das als zum Eingriff gehörend, da ja von Anfang an klar war, dass diese Fläche zur Netzplazierung adhäsiolysiert werden muß.
    Wie sind in diesen Fällen die Erfahrungen?
    Gruß codeman.

  • Meine Herren,

    besten Dank für die Bestätigung. Werde es dem MDK so nahelegen.

    Herr Wille,
    Ihre Kommentare sind eine echte Bereicherung. Muss immer sehr schmunzeln. Vielen Dank. :totlach:


    Herr Selter,
    ich halte die 1102a auch für erfüllt in unserem Fall, da erheblicher Mehraufwand auch durch die Voroperation.

    Hallo codeman,
    bei laparoskopischer Hernioplastik (TAPP bei uns) dokumentieren wird die Adhäsionen durch Fotos und natürlich im OP-Bericht.
    Wenn Sie ein Netz von 30x30 cm einbringen, führen Sie entweder laparoskopisch die IPOM Technik durch oder eine offene Technik?
    Warum die Netzgröße automatisch bedeuten soll, dass Adhäsionen zum Darm oder Omentum zu lösen sind, ist mir nicht einsichtig!
    Es gibt große epigastrische Hernien ohne jede Voroperation und entsprechend geringen/keinen Adhäsionen.


    Allen ein schönes WE. Bin ab jetzt im Urlaub 8)

    riol

    Viszeralchirurg/Unfallchirurg

  • Schönen guten Tag allerseits, insbesondere Dirk!

    Zitat

    Original von Selter:

    1102a Adhäsionen
    Die Lösung von abdominalen Adhäsionen kann eine aufwändige „Hauptprozedur” oder eine im Rahmen einer anderen Prozedur mitdurchgeführte Begleitprozedur („Nebenprozedur”) sein. Auch wenn Adhäsionen im Verlauf einer anderen Bauchoperation gelöst werden, kann der Vorgang im Einzelfall relevanten Aufwand verursachen. Dann sind ein Diagnosekode (z.B. K66.0 Peritoneale Adhäsionen) für die Adhäsion und ein Prozedurenkode aus 5-469.1 Bridenlösung oder 5-469.2 Adhäsiolyse für die Lösung der Adhäsionen anzugeben.

    Das Problem ist doch die Frage, ab wann ein Aufwand \"relevant\" ist. Ein weder durch Entzündungen, noch durch Voroperationen belasteteter Bauch hat in der Regel keine Adhäsionen und bedarf daher keiner Adhäsiolyse. Bei den Fällen mit Adhäsionen kann die Adhäsiolyse vom stumpfen einfachen Abschieben bis zur stundenlanger scharfer darmnaher Präpariation mit entsprechendem Blutungs- und Verletzungsrisiko reichen. Die Grenzen sind fließend, daher ist die Kodierregel nicht sonderlich hilfreich.

    Ich plädiere erneut für die Regelung: Kodiert wird, was gemacht wird (ohne die wenig konkrete Grenze eines \"relevanten Aufwandes\"). Der Rest ist eine Frage der Bewertung im Rahmen der Kalkulation ( ist der Kode für Adhäsiolyse tatsächlich ein Kostentrenner? )

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von R. Schaffert:
    Das Problem ist doch die Frage, ab wann ein Aufwand \"relevant\" ist.
    ...
    Ich plädiere erneut für die Regelung: Kodiert wird, was gemacht wird (ohne die wenig konkrete Grenze eines \"relevanten Aufwandes\").

    Hallo Reinhard,

    natürlich kann man kodieren was gemacht wird und sich dann im Zweifelsfall mit dem MDK (sonstige Prüfinstanzen) um genau dieses Problem streiten. Es hilft dann eben, wenn der OP-Bericht entsprechend formuliert ist. Wenn ich z.B. bei Prüfungen lese \"Lösung von Verwachsungen\" oder \"Adhäsiolyse\" und sonst nix, bezweifle ich einen \"relevanten\" Aufwand, auch ohne allgemeingültige Definition.

  • Schönen guten Tag Dirk,

    ich hoffe, Du hattest einen schönen Urlaub!

    Zur Problematik:
    Reicht Dir denn ein \"stumpfes Lösen der Verwachsungen\" oder muss es denn scharf sein. Oder muss eine Zeitangabe im OP-Bericht stehen um den Aufwand zu dokumentieren? Reichen 5 Minuten?

    Wie auch in anderen Fällen bin ich für eine möglichst formale, aber scharfe Definition - auch wenn eine solche Definition im Einzelfall einmal der Sache nicht gerecht wird (auch wenn es zum Nachteil der Krankenhäuser sein sollte).

    Solche wachsweichen Regelungen wie \"relevanter Aufwand\" führen zwangsläufig zu Auseinandersetzungen, die letztlich auch nicht geklärt werden können.

    Ich bleibe dabei: für mich ist nicht unbedingt die Frage, ob Adhäsiolysen (oder andere Dinge) zu verschlüsseln sind, wenn sie im OP-Bericht stehen. Die Frage ist eher, ob es richtig ist, dass sie erlössteigernd wirken. Dies ist über die Kalkulation zu regeln.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Hallo zusammen,

    bin wieder zurück aus dem Urlaub :)
    Herzlichen Dank für die vielen Kommentare!

    Es ist in der Tat so, dass diese Adhäsiolyse in BEIDEN Richtungen erheblich triggert!!
    Bei laparoskopischen Leistenhernien oder Appendektomien kommt es zu einem DRG-Wechsel und damit Erlössteigerung.
    Demletzt hatte ich eine GE-Anlage beim Pankreaskarzinom. Wegen Voroperationen lagen ausgedehnte Adhäsionen vor mit entsprechendem Präparationsaufwand. Durch die Kodierung der Adhäsiolyse sind wir in eine SCHLECHTER bewertete DRG gerutscht!!!

    Wir versuchen, sachgerecht zu dokumentieren/kodieren.
    Die Operationsberichte sollen den Aufwand genau wiedergeben. Im digitalen Zeitalter hat jetzt fast jede Akte Bilder von relevanten Lokalbefunden,
    sei es im Abdomen, an den Füßen oder sonst wo ........!

    Mit Gruß

    riol

    Viszeralchirurg/Unfallchirurg

  • Hallo Forum,

    da das Problem kürzlich mal wieder aktuell geworden ist:

    Ab welchem Aufwand also werden Adhäsionen und deren operative Lösung als \"relevant\" im Sinne der DKR 1102a (die auch im nächsten Jahr unverändert bleibt) betrachtet?

    Beste Grüße,
    fimuc