• Hallo zusammen,
    mal ne ketzerische Frage:
    ist die N39.0 draussen, weil sie ein HWI ist oder wiel sie n.n.bez. ist. Auch in anderen Bereichen sind die nicht näher bezeichneten Kodes abgewertet worden oder rausgeflogen.
    Natürlich steckt hier System dahinter:
    Es sollen nur die höheren Schweregrade aufwandsrelevant sein (z.B. Herzinsuffizienz ab NYHA III aufwärts) oder COPD nur ab einem bestimmten Schweregrad. Und in den von mir genanntetn Fälle werden nach meiner Kenntnis die n.n.bez. Fälle den leichten Fällen \"zugeschlagen\".
    Und ähnlich ist es mit dem Harnwegsinfekt nicht näher bezeichnet. Der schwere Harnwegsinfekt (was immer das auch sein mag - wohl eher die Pyelonephritis oder der sog. septische Harnwegsinfekt) wird wohl ccl-relevant beleiben. Die leichten Fälle oder diejenigen, wo die Ärzte nicht mal wissen, ob es eine Urethritis oder ein Zystitis ist, werden wohl verschwinden.
    Man wird wohl in Zukunft wieder zu Beginn des Systems vermehrt auf die Kodierqualität achten.

    Nur mal so als Gedanke am Rande - von einem der sich auch fragt. wie bring ich es meinen Kollegen bei.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Zitat


    Original von T. Flöser:
    Die Gespräche sehe ich schon vor mir: N30.0 nur bei NACHGEWIESENER HARNBLASEN-Infektion. Wenn wir nicht beweisen können, dass es spezifisch die Harnblase ist, MÜSSEN wir den unspezifischeren N39.0 nehmen...

    Naja, wie gesagt - was soll es denn sonst sein? Wenn ich einen ordnungsgemäß gewonnenen Mittelstrahlurin habe, dann werden damit Erreger \"ab Harnblase aufwärts\" nachgewiesen (Urethra ist ja \"leergespült\"). Bleibt also die Frage Zystitis vs. (Pyelo-)nephritis. Und so lange es keine weiterführende Diagnostik gibt, die auf die schwerwiegendere Pyelonephritis hindeutet, bleibt die Zystitis übrig.

    Andererseits dürfte es ja auffallen, wenn sich plötzlich das Kodierverhalten einer Klinik radikal ändert, ohne dass sich die ICD-Systematik geändert hat. Da dürfte doch der MDK hellhörig werden, bevor einer \"Upcoding\" sagen kann... :)

    Prof. Dr. Tim Pietzcker, MBA
    Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie
    Technische Hochschule Ulm

  • Hallo zusammen,

    na da haben wir ja ein Fass aufgemacht :i_drink:

    R32 war natürlich Quatsch, das ist die Harninkontinenz, die aber ab 2008 auch wegfällt. Die vielen Pampers oder DK sind ja kein Aufwand, oder :d_niemals:

    Mal im Ernst: gibt es einen medizinisch definierten Unterschied zwischen akuter Zystitis und Harnwegsinfektion, an dem man sich halten könnte?

    Ich habe unsere Internisten gefragt, jemand meinte evtl. Blut im Urin, ob allerdings Makro- oder Mikrohämaturie wusste man dort auch nicht :)

    Ich habe auch mal gegooglet: Wikipedia, medinfo usw. Richtig schlau bin ich nicht geworden .. :sterne:

    Tauschen wir jetzt wirklich nur die ICD für das gleiche Krankheitsbild :d_gutefrage:

    Ciao

    riol

    Viszeralchirurg/Unfallchirurg

    • Offizieller Beitrag

    Guten Tag,

    Zitat


    Original von T. Flöser:
    Genau dies ist die Frage: Wird die N30.0 den Platz einnehmen? Denn via MDK werden natürlich alle N30.0 nachgefragt, überprüft und versucht, auf die N39.0 zu schieben.
    Die Gespräche sehe ich schon vor mir: N30.0 nur bei NACHGEWIESENER HARNBLASEN-Infektion. Wenn wir nicht beweisen können, dass es spezifisch die Harnblase ist, MÜSSEN wir den unspezifischeren N39.0 nehmen...


    1) Es lohnt ein Blick in das alphabetische Verzeichnis:
    Amtliches alphabetisches ICD Verzeichnis (Dimdi)
    Zystitis
    - akut N30.0
    - bakteriell N30.8

    2) Das meint die Krankenkasse (IKK)
    http://www.vereinigte-ikk.de/main.aspx/G/11…5/A/2/ID/204942

    Blasenentzündung
    Keine Bagatelle
    Unangenehmer Harndrang und brennende Schmerzen beim Wasserlassen sind untrügliche Anzeichen einer Blasenentzündung (Zystitis).
    Die Schilderung der Symptome und die Untersuchung des Urins ergeben schnell eine verlässliche Diagnose. Eine bakterielle Zystitis wird mit spezifisch wirksamen Antibiotika therapiert

    3) siehe auch:
    Fihn, Stephan D. Acute Uncomplicated Urinary Tract Infection in Women. New England Journal of Medicine. 349(3):259-266, July 17, 2003.

    “Most acute lower urinary tract infections (also termed acute bacterial cystitis) are uncomplicated…

    Clinical History
    Specific combinations of symptoms (e.g., dysuria and frequency…) raise the probability of cystitis to more than 90 percent.”


    Gruß

    E Rembs

  • Hallo zusammen,
    also haben wir all die Jahre falsch kodiert, bzw. einen falschen medizinischen Terminus verwandt. 8o
    Wir diagnostizierten und behandelnden eine Cystitis und sprachen im Arztbrief und in der Kodierung vom Harnwegsinfekt.

    Erinnert mich irgendwie an die sprachlichen Verrenkungen bei den F1_.-Diagnosen (Abusus vs. Abhängigkeit in Sprache und Realität).

    Die N39.0 wird dann wohl für den bis jetzt so genannten asymptomatischen Harnwegsinfekt übrig bleiben.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Kann ich nicht so recht nachvollziehen - eine akute Zystitis kann auch bakteriell sein (was heißt kann - meistens ist sie\'s). Was im Volksmund als \"chronische Blasenentzündung\" läuft, ist vielmehr eine rezidivierende und genauso bakteriell (endogene Re-Infektion).

    Viele Grüße

    Prof. Dr. Tim Pietzcker, MBA
    Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie
    Technische Hochschule Ulm

  • Schönen guten Tag allerseits,

    Zitat


    Original von T. Flöser:
    Da ja eine Streichung von N39.0 in der CC-Matrix vorgenommen wurde, die N30.0 jedoch verblieben ist, denke ich mir, daß nunmehr eine inflationäre Anzahl von Patienten nicht mehr unspezifische Harnwegsinfekte haben, sondern zur Zystitis migrieren.


    Das sind natürlich ganau die Diskussionen, aus denen die Krankenkassen uns zum Vorwurf machen, es ginge auch uns nur ums Geld!

    Seien wir doch einmal ehrlich: Das Problem haben wir uns selbst zuzuschreiben. Die Zystitis war schon in den Vorjahren bewertet und wäre bei Vorliegen einer entsprechenden Symptomatik der unspezifischen Harnwegsinfektion vorzuziehen gewesen (DKR D009a (spezifische Kodierung )). Wir haben es uns einfach gemacht und alles als Harnwegsinfekt verschlüsselt, weil es im Erlös keinen Unterschied machte. Vermutlich lagen genau aus diesem Grund dem InEk zwar viele Daten vor, die zeigten, dass die N39.0 keinen wesentlichen Kostenunterschied begründete. Es lagen aber wohl nicht genug Daten vor, um auch die N30.0 zu streichen. Ich zweifel nicht daran, dass das offensichtlich lernende System dies im nächten Jahr richten wird. Aus diesen Gründen bin ich tatsächliche im Zweifel, ob ich die Information mit der noch bewerteten Zystitis (als Ersatz für den Harnwegsinfekt) an die Kodierkräfte weitergebe.

    Hier zeigt sich wieder einmal die Wichtigkeit einer konsequenten, korrekten, vollständigen und spezifischen Kodierung für die langfristige Entwicklung des Systems unabhängig vom der Erlösrelevanz. Wer sich auf die erlösrelevanten Spielchen einlässt lebt eben mit dem Risiko, dass seine DRG-Leistungsdaten durch solche kleinen Änderungen emfpindlich getroffen werden.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Zitat


    Original von E_Horndasch:
    also haben wir all die Jahre falsch kodiert, bzw. einen falschen medizinischen Terminus verwandt.

    Direkt falsch war er ja nicht, nur unspezifisch - und da er im Gegensatz zu vielen anderen unspezifischen Codes trotzdem cc-relevant war, ist das auch verständlich (wozu unnötigen Aufwand betreiben?). Jetzt muss man halt auf jeden Fall angeben, wo\'s denn zwickt. Die Kodierqualität steigt mal wieder, juhu.

    Prof. Dr. Tim Pietzcker, MBA
    Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie
    Technische Hochschule Ulm

  • Hallo zusammen,
    hallo Herr Schaffert,

    ich kann mir auch vorstellen, dass die Kodierung der sog. Harnwegsinfektions ein begrifflicher Automatismus war bedingt durch zwei Vorgänge:
    1. spricht man bei den Visiten eher von Harnwegsinfektion und verwendet den Begriff \"Zystitis\" selten.
    2. SCHREIBT man bei den Kodiersoftwareprogrammen automatisch Harnwegsinfektion oder sogar schnell nur HWI (den Infarkthinweis übergeht man). Und flugs hat sich dann der Kode N39.0 inflationär verbreitet.

    Heisst es ab jetzt eben N30.0, oder?!
    N30.8 ist übrigens die sonstige Zystitis, Harnblasenabszess. Gibt es so etwas überhaupt?!

    Schönes Wochenende

    riol

    Viszeralchirurg/Unfallchirurg

  • Hallo liebes Forum,
    Da nun das Jahr 2008 fast vorbei ist, und der obenstehende Thread vor über einem Jahr beendet wurde, möchte ich fragen, wie das \"Ergebnis\" (nachdem der HWI nicht mehr ccl-relevant ist) bzw. das Kodieren wann N30. und wann N39.0 in anderen Kliniken dieses Jahr praktiziert wurde. Wir bei uns haben das Problem, dass wir unseren dokumntierenden Ärzten nicht beibringen konnten, dass bei Vorliegen bzw. bei Verdacht einer Zystitis, dies auch aus der Akte ersichtlich sein muß, um eine N30. zu kodieren. Sie werfen mit den Worten nur so umher (HWI oder Zystitis ist alles das Gleiche) und mal steht in einer Akte HWI, an anderer Stelle Zystitis etc.Wie können wir unsere Ärzteschaft dazu bringen, genau zu dokumentieren und sich mit den unterschiedlichen ICD Nummern (N30,N39......)zu beschäftigen? Dies haben sie nämlich voll und ganz in die Abteilung Medizincontrolling gelegt, und es erscheint einem (als Kodierer) als ob ein großer Teil der Ärzte ein ICD-Buch geschweige die Kodierrichtlinien noch nie von innen gesehen zu haben. Hat jemand Vorschläge dies EFFEKTIV zu ändern?

    Schon mal vielen Dank für hilfreiche Tipps. Grüße aus Sachsen Medicus

  • Guten Morgen Medicus,

    EFFEKTIV werden Sie es wahrscheinnlich nur ändern können, wenn es eine Verbindung zwischen der Kodierung und dem Gehaltszettel des einzelnen Arztes gäbe :d_zwinker:
    Sonst kann man nur an die Ärzte appellieren.


    MFG

    Mr. Freundlich