Inkontinenz bei Kindern

  • Hallo Forum,
    ein siebenjähriges ansonsten ganz gesundes Kind, welches mit einer hochfieberhaften Gastroenteritis kommt und Appendektomiert wird, ist zeitweise in der akueten Phase harn- und stuhlinkontinent.
    Ist die Kodierung der Inkontinenz, die deutlich pflegeaufwändig war, kodierfähig? Der MDK meint: NEIN :boese:

    Pädiater bitte melden! :rotwerd:

    mfG
    Thomas Heller
    QMB/Med Co/OA Gyn
    Haßberg-Kliniken
    Haus Haßfurt/Unterfranken

  • Hallo Herr Heller,

    Hat der MDK sein Nein erläutert?

    Gruß

    MiChu ;)
    Sei nicht unglücklich vor der Zeit, denn was dich, als dir drohend, in Angst versetzt, wird vielleicht nie kommen. (Seneca)

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Herr Heller,

    es ist einzig nach der DKR 1804f Inkontinenz zu kodieren. Wenn der MDK daraus sein \"Nein\" begründen kann, hat er Recht. Aber ich sehe nicht wie:

    Der Befund Inkontinenz ist von klinischer Bedeutung, wenn
    • die Inkontinenz nicht als im Rahmen einer Behandlung „normal“ angesehen werden kann (z.B. nach bestimmten Operationen und bei bestimmten Zuständen).
    • die Inkontinenz nicht als der normalen Entwicklung entsprechend angesehen werden kann (wie z.B. bei Kleinkindern).
    • die Inkontinenz bei einem Patienten mit deutlicher Behinderung oder geistiger Retardierung andauert.

    Ein 7 jähriges Kind ist kein Kleinkind und auch nicht entwicklungsgemäß inkontinent. Ich gehe auch davon aus, dass die Behandlung die Inkontinenz nicht als normale Konsequenz nach sich gezogen hat.
    So ist dann, mit entsprechendem Mehraufwand nachgewiesen, die Kodierung vorzunehmen.

    Gegenargumente des MDK die dies entkräften könnten, sehe ich in Ihrer Beschreibung nicht.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Hallo Herr Heller,
    Medizinsicher Kram:
    1) Butler RJ et al. BJU Int. 2005 Aug;96(3):404-10.
    15,5% von 8151 Kindern waren im Alter von 7,5 Jahren \"naß im Bett\", der Rest - 84,5% - nicht. Damit kann man zumindest postulieren, daß ein Einnässen bei einem 7-jährigen Kind ungewöhnlich ist; allerdings nicht zwingend pathologisch. Über den Pflegeaufwand ist damit allerdings nichts gesagt.
    2) Behrman et al. Nelson\'s Textbook of Pediatrics, 17th Ed. Saunders, 2003. S. 74
    Most children with the mental age of 5 have obtained bladder control during the day and night. Stützt 1.
    DRG-technisch schließe ich mich Herrn Selters Auffassung an: mit Ihr ist alles gesagt.
    Grüsse

    A. Christaras
    FA Kinder- & Jugendmedizin
    Hyperbare Sauerstofftherapie
    Universitätsklinikum Düsseldorf

    --------------------------------------------------------------------------------
    Dr. med. A. Christaras
    FA Kinder- & Jugendmedizin

  • Liebe Kollegen,
    besten dank für die fundierte Hilfestellung.
    :i_drink:

    mfG
    Thomas Heller
    QMB/Med Co/OA Gyn
    Haßberg-Kliniken
    Haus Haßfurt/Unterfranken

  • Liebe Kollegen,
    ich muss den Thread nochmal aufwärmen.

    Das o.g.Kind hatte postoperativ hoch Fieber und hat in diesem Zustand sowohl eingenässt als auch mehrfach täglich dünnflüssige Stühle im Bett abgesetzt.

    Der MDK behauptet, die Stuhlinkontinenz sei nicht kodierbar, da bereits in einer Gastroenteritis-Diagnose (K52.9) enthalten. :d_neinnein:

    Ich finde nicht, dass jeder, der eine Gastroenteritis hat, deshalb auch ins Bett machen darf. :d_niemals:
    Aufwand ist die Behandlung der Inkontinenz durch Bettwäsche wechseln oder Windelversorgung auf jeden Fall.

    Im IneK-Browser ist bei der DRG G67E, in der die meisten Gastroenteritiden landen, als Nebendiagnose die Stuhlinkontinenz häufig vertreten.

    Hat jemand ähnliche MDK-Erfahrungen gemacht?

    :i_drink:

    mfG
    Thomas Heller
    QMB/Med Co/OA Gyn
    Haßberg-Kliniken
    Haus Haßfurt/Unterfranken

  • Hallo,
    es gibt schon interessante Ansichten. Für mich ist die Inkontinenz nicht regelhafter Bestandteil einer K52.9 (oder A09).

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo herr Heller,

    die Inkontinenz ist bei einem 7 jährigen Kind kein \"normaler\" Zustand und nur durch die Erkrankung hervorgerufen.
    Die DKR 1804f sagt dazu:
    \"Die Inkontinenz ist von klinischer Bedeutung, wenn -die Inkontinenz nicht als im Rahmen einer Behandlung als \"normal\" angesehen werden kann (z.B. nach bestimmten Operationen und bei bestimmten Zuständen).\"
    Für mich heist das, die Inkontinenz ist bei dieser Krankheit ein normaler Zustand, auch bei einem 7 jährigen Kind und damit nicht zu kodieren.
    Andere Meinungen?

    Mit frdl. Grüßen
    [c=blue]Mikka[/c]

    :d_zwinker:
    Das Leben ist die Suche des Nichts aus dem Etwas.
    (Chr. Morgenstern)

  • Hallo.
    aber die spannende Frage ist doch die:
    ist bei einem 7jährigen die Inkontinenz bei einer Gastroenteritis \"normal\" i.S. der DKR? :d_gutefrage:

    Pädiater an die Front!

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo Herr Horndasch,
    was treibt Sie um drei Uhr morgens ins Internet.
    Mussten Sie auch aus Bereitschaftsdienstgründen um diese Zeit raus wie ich? ;(
    Oder ist es senile Bettflucht? :biggrin: (Ich versuche gerade einen Standard für die Kodierung der Senilität R54 zu entwickeln) :d_gutefrage:

    Ich bin auch kein Pädiater, aber ich habe zwei Kinder im Alter von 5 und 7 Jahren, die bei einer Gastroenteritis bisher nicht stuhlinkontinent sind. Deshalb habe ich der Kasse schon einen Widerspruch geschrieben. :d_niemals:

    Ein schönes Wochenende :i_drink:

    mfG
    Thomas Heller
    QMB/Med Co/OA Gyn
    Haßberg-Kliniken
    Haus Haßfurt/Unterfranken

  • Liebe Kollegen,

    als Haus mit einer recht großen Pädiatrie gebe ich zu der Frage \"Inkontinenz\" bei Gastroenteritis auch gerne eine Meinung ab: zu einer Gastroenteritis gehören sicher die Diarrhoe, sowie Übelkeit und Erbrechen, ggf. auch Fieber als Leitsymptome dazu- alles andere definitiv nicht. Tritt also Inkontinenz auf und ist der Aufwand dokumentiert, kann das auch verschlüsselt werden. Ähnliche Diskussionen führe ich immer wieder bei der Frage der Kodierbarkeit der R63.3 Ernährungsprobleme und unsachgemäße Ernährung (Nahrungsverweigerung) im Zusammenhang mit einer Gastroenteritis. In einem rechtskräftigen Urteil vor dem Sozialgericht habe ich diese Konstellation schon durchgespielt und Recht bekommen (trotz der gegenteiligen Kodierempfehlung der SEG4 Nr. 11). Also: hart bleiben!

    Allen ein schönes Wochenende!

    J. Frings
    Medizincontrolling
    Bethlehem-Krankenhaus Stolberg